Protocol of the Session on May 26, 2004

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Künftig könnte sich der Staatsvertrag jedoch auch zugunsten Schleswig-Holsteins auswirken, wenn beispielsweise gewerbliche Spielvermittler, die gegenwärtig Spieleinsätze beim NordwestLotto tätigen, zu Lottounternehmen anderer Länder wechseln würden. Dabei erinnere ich daran, dass niemand die Firma Fluxcom hindern kann, zu einem anderen Land abzuwandern - so wie bekanntlich die umsatzstarke Firma Faber von Nordrhein-Westfalen nach Niedersachsen gewechselt ist.

Der Staatsvertrag enthält die notwendigen Regelungen zur Durchführung der Regionalisierung. Von besonderer Bedeutung für Schleswig-Holstein ist die Bestimmung in § 4 Abs. 1 mit dem Vorwegabzug der Bearbeitungsgebühr und einer weiteren Pauschale, weil dadurch sichergestellt ist, dass nur die durch die Spielvermittlung tatsächlich erlangten Vorteile ausgeglichen werden.

Das In-Kraft-Treten der beiden Staatsverträge ist für den 1. Juli 2004 vorgesehen. Die Staatsverträge würden gegenstandslos, wenn die Ratifizierungsverfahren nicht bis zum 30. Juni abgeschlossen sind. Ich wäre Ihnen daher für eine möglichst zügige Beratung in den Ausschüssen sehr dankbar.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Arp das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im November letzten Jahres haben die Ministerpräsidenten in der Ministerpräsidentenkonferenz die Zustimmung zu den uns vorliegenden Staatsverträgen gegeben. Sie haben alle 16 unterschrieben. Seitdem ist ein halbes Jahr vergangen und viele Landesparlamente haben sich mit dem Thema beschäftigt; der Innenminister sprach das eben an. In Schleswig-Holstein gab es bisher weder im Finanzausschuss noch im Innen- und Rechtsausschuss Vorabinformationen durch die Landesregierung. Auch sonst haben wir nichts erfahren. Dabei geht es durchaus um richtungsweisende Entscheidungen für die Zukunft des Lotteriewesens in unserem Land.

(Hans-Jörn Arp)

Ich weise hier und heute ausdrücklich darauf hin, dass dies eigentlich kein parteipolitisches Thema ist,

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

weil es hier ausschließlich um die Interessen Schleswig-Holsteins geht. Die Frage ist allerdings - Herr Minister, Sie haben das eben etwas anders gedeutet -, ob der Staatsvertrag ordnungs- oder wirtschaftspolitisch zu betrachten ist. Man kann das eine oder das andere sehen. Die Ministerpräsidenten haben das auf der ordnungspolitischen Ebene gesehen. Ich finde es entscheidend, aus welcher Sicht dies nach europäischem Recht gesehen wird.

Deshalb sehen wir als CDU-Fraktion noch einen enormen Beratungsbedarf, bevor wir uns hier eine abschließende Meinung bilden. Etliche Fragen bleiben offen. Handelt es sich - wie eben gesagt - um wirtschafts- oder ordnungspolitische Maßstäbe? - Sie haben das bewertet, wir können das im Moment noch nicht.

Geht der Staatsvertrag mit europäischem Recht konform? - Darauf können weder Sie - glaube ich - noch ich im Moment eine Antwort geben.

Wie reagieren wir, wenn andere europäische, zum Teil private, Lottogesellschaften auf den Markt drängen? Ist dies überhaupt mit dem Staatsvertrag zu verhindern oder wird der Privatisierungsdruck von außen eher beschleunigt?

Zur Klärung dieser Fragen fordern wir in einem Anhörungsverfahren, das alsbald erfolgen muss, die Auskunft von Staatsrechtlern und die Beteiligung sowohl des Finanz- als auch des Innen- und Rechtsausschusses.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Der so genannte kleine Staatsvertrag, bei dem es um die Regionalisierung der Zweckerträge geht, wirft dabei für uns noch mehr Fragen auf, Herr Minister. Der Anteil der Internet-Spieler am Deutschen Lottoblock - Sie sprachen das eben an - wird künftig rasant steigen. Die Anzahl der Spielgemeinschaften wird ständig größer. Auch das wissen wir.

Ist durch den kleinen Staatsvertrag garantiert, dass Schleswig-Holstein keine finanziellen Nachteile hat? - Das ist für uns in diesem Haus eine parteiübergreifend wichtige und existenzielle Frage. Kann sich das Handeln anderer Bundesländer, wie zum Beispiel die Einführung der so genannten Postannahmestellen oder die Ausgliederung einer Tochterfirma nach Luxemburg, wie andere Bundesländer es machen, nachteilig auf Schleswig-Holstein auswirken? Kann

der kleine Staatsvertrag garantieren, dass SchleswigHolstein nicht nur heute, sondern auch zukünftig keine Nachteile erwachsen und wir die großen Verlierer des Systems werden?

Herr Minister, bei der Aufteilung der Spielerträge sind Sie als Sportminister sehr großzügig gewesen, weil Sie auch gern Sport machen, im Interesse des Landessportverbandes. Aber die Bedürftigkeit anderer Verbände, der Kulturverbände, der Musikverbände, der Behindertenverbände, der Umweltverbände, haben Sie bislang weitgehend außer Acht gelassen. Ich sage Ihnen heute schon zu: Auch da möchten wir die Interessen aller interessierten Verbände hören. Die können ihre Bedürftigkeit gern anmelden und dann werden wir sehen, wo Sie in dieser Diskussion stehen. Wir haben nichts gegen den Sportverband - wir finden es ohne Frage in Ordnung, dass der Sportverband unterstützt wird -, aber nach welchem Prinzip Sie die Mittel verteilt haben, kann ich im Moment noch nicht erkennen.

Die Stiftung Naturschutz noch mehr mit Geld zu bedienen, ist einer Ihrer ideologischen Gründe. Was wir brauchen, ist aber Geld für Investitionen. Man sollte die Zweckerträge auch an Investitionen binden. Denn das ist das Problem, das wir in SchleswigHolstein zurzeit haben, dass wir nicht genug Arbeitsplätze haben. Nur Investitionen lösen Arbeitsplätze aus.

(Beifall bei CDU und FDP)

Auch hier die gleichen Vorwürfe wie eben beim NordwestLotto: viele Fragen, wenig Transparenz. Warum haben wir nicht schon in den letzten Monaten oder Jahren von der Ministerpräsidentin oder vom Finanzminister erfahren, dass darüber auf Bundesebene diskutiert wird? Ich weiß von Claus Möller, dem ehemaligen Finanzminister, dass diese Diskussion schon seit zwei Jahren läuft. Wir werden von unseren Kollegen aus den anderen Bundesländern informiert. Was ist das für eine Art! Wir wollen ja schließlich gemeinsam schleswig-holsteinische Interessen vertreten. Sie, Herr Innenminister, und auch der Finanzminister sollten uns auf diesem Weg mitnehmen!

Beweisen Sie, welchen Stellenwert Sie diesem Parlament beimessen! Ändern Sie das! Schaffen Sie Transparenz!

Ich befürworte eine Ausschussüberweisung und Anhörungen, die ich eben angesprochen habe. Mitbewerber am freien Markt, Staatsrechtler, europäisches Recht - all das muss dabei berücksichtigt werden. Neben dem Innen- und Rechtsausschuss muss ohne Frage auch der Sozialausschuss beteiligt werden,

(Hans-Jörn Arp)

denn die Frage der Spielsucht interessiert sicherlich auch die Sozialpolitiker.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich habe ein großes Interesse an den Beratungen und freue mich auf die Diskussion, die mit Ihnen wahrscheinlicher ist als mit Ihrem Kollegen, dem Finanzminister.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Puls.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetz über Lotterien und Sportwetten in öffentlicher Trägerschaft, das der Innenminister soeben eingebracht hat, wird es endlich gelingen, die Sportförderung in Schleswig-Holstein auf sichere Füße zu stellen. Zum ersten Mal soll in einem Gesetz festgelegt werden, wie viel Geld das Land für den Sport zur Verfügung stellt. Die Sportförderung wird damit unabhängig von konjunkturbedingt schwankenden Haushaltsansätzen und die Sportverbände erhalten Planungssicherheit. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass künftig ein bestimmter Prozentsatz der dem Land zufließenden Konzessionsabgaben für Lotterien und Sportwetten, mindestens jedoch jährlich 6,3 Millionen €, zur Förderung des Sports aufgewendet wird. Für 2004 - dies zum Vergleich - sind die Sportfördermittel mit 4,8 Millionen € im Landeshaushalt noch nach Maßgabe konjunkturbedingter Einnahmeschwankungen und allgemein erforderlicher Ausgabenkürzungen bereitgestellt worden.

Wir begrüßen und unterstützen den Gesetzentwurf. Er unterstreicht unsere Überzeugung: Sportförderung ist eine gesellschaftliche Aufgabe ersten Ranges.

(Vereinzelter Beifall)

Sie hat in Schleswig-Holstein in Form eines Staatszieles sogar Verfassungsrang. In Artikel 9 Abs. 3 unserer Landesverfassung heißt es seit Mitte der 90erJahre: „Die Förderung der Kultur einschließlich des Sports… ist Aufgabe des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände.“

Doch Sportförderung ist nicht nur Kulturpolitik in diesem verfassungsrechtlich normierten übergeordneten Sinn. Sie ist ganz praktisch und konkret Gesundheitspolitik für Jung und Alt, für fast 40 % der schleswig-holsteinischen Bevölkerung, die in Sportvereinen organisiert sind;

(Beifall bei der SPD)

sie ist effiziente Sozialpolitik für alle Bevölkerungsgruppen, auch und insbesondere für sozial schwächere Gruppierungen, für behinderte Menschen, für gefährdete Jugendliche, und sie ist funktionierende Integrationspolitik auch für Ausländer und Aussiedler, Migrantinnen und Migranten.

(Beifall bei der SPD)

Junge Leute, egal woher sie kommen, lernen Kollegialität, Sportkameradschaft und soziale Kompetenz. Das Zusammenleben unterschiedlichster Menschen unterschiedlichster Herkunft, Schicht und sozialer Zuordnung ist im Sportverein schlicht eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der SPD)

Mit den Sportfördermitteln des Landes wird im Wesentlichen der Breitensport gefördert, wozu zukünftig auch der VfB Lübeck gehört.

(Heiterkeit)

Wer sich in Schleswig-Holstein an einer öffentlichen Lotterie oder Sportwette beteiligt, trägt auch dann, wenn er nicht selbst das große Los zieht, konkret dazu bei, die wichtige Arbeit unserer Sportvereine im Land zu unterstützen. Es ist gut, dass die Vereine auch in finanziell schwierigen Zeiten künftig mit sicheren Einnahmen rechnen können.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt den Gesetzentwurf der Landesregierung nicht zuletzt aber auch deshalb, weil er ein wichtiges Signal und ein kräftiges Dankeschön an die vielen ehrenamtlich aktiven Sportlerinnen und Sportler ist, deren Tätigkeit nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordne- ten Martin Kayenburg [CDU])

Wir beraten mit dem Sportwettengesetz, Herr Kollege Kayenburg, auch zwei Staatsverträge,

(Martin Kayenburg [CDU]: Ach nein! - Bei- fall bei CDU und FDP)

den zum Lotteriewesen allgemein beziehungsweise den zur Regionalisierung gewerblicher Lotto- und Toto-Einnahmen. Auch diese Staatsverträge bedürfen in Gesetzesform unserer parlamentarischen Zustimmung. Ich teile das von Herrn Arp vorgetragene Kritische zu dem generellen Zustandekommen der

(Klaus-Peter Puls)