Warum die Antragsteller das unterlassen haben, bleibt offen - vielleicht sind ja die unterschiedlichen Schriftgrößen im Antragstext ein Hinweis. So liegt uns ein ungeordnetes Menü eisenbahnpolitischer Wünsche vor. Ich ordne es für mich so: Schwerpunkt ist das Schienennetz mit den Punkten 2, 3, 5, 8, 9 und
10. Dann kommt der Schienenpersonennahverkehr mit den Punkten 1, 4 und 7. Übrig bleibt Punkt 6: Die Deutsche Bahn soll kundenfreundlicher werden - für Fahrgäste und Netznutzer.
Diese Forderung - wir hören es gerade von dem Kollegen Kubicki - kommt immer gut an. Bei den Fahrgästen sollte es ureigenes Interesse der Deutschen Bahn sein, bei den Netznutzern nicht, denn das sind ja Konkurrenten der DB. Hier liegt der erste Anhaltspunkt, dass und warum Netz- und Fahrbetrieb organisatorisch streng getrennt werden sollten.
Meine Damen und Herren, zum Schienennetz! Wir fordern - wie übrigens alle in diesem Hause - seit langem, Fahr- und Netzbetrieb organisatorisch zu trennen. Wir stimmen mit den Antragstellern überein, dass der Staat die Verantwortung für die Netze behalten soll.
Meine Damen und Herren, wenn wir ganz ehrlich sind, müssen wir feststellen, dass das in Artikel 87 e des Grundgesetzes auch so festgehalten ist. Insofern ist das eigentlich keine besondere Forderung. Aber, wie gesagt, wir stimmen mit den Antragstellern überein.
Das Schienennetz für den Fernverkehr sollte in der Kompetenz des Bundes verbleiben, aus Gründen der Effizienz sollte sich Erhalt und Ausbau dieses Netzes nach der Nachfrage der Trassennutzung richten. Deshalb ist es widersinnig, gerade hierbei stärkere Mitsprache der Länder über den Einsatz von Bundesmitteln zu fordern - so wie die Antragsteller dies in Punkt 2 tun.
Warum widersinnig? Allerorten wird immer deutlicher, dass starke Vermischung politischer Kompetenzen und Verantwortlichkeiten Deutschland eher bremst als voranbringt. Um diese Blockaden zu beseitigen, beteiligt sich auch der Schleswig-Holsteinische Landtag an einer großen Kommission zur Reform des deutschen Föderalismus.
Eindeutige Zuordnung von Verantwortung und Kompetenz ist das Prinzip, nach dem Deutschlands politisches System für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts fit gemacht werden sollte. Und gerade bei den Eisenbahnen soll das Gegenteil richtig sein? Das glaube ich nicht. Wir sollten eindeutig abgrenzen, wer für welches Schienennetz zuständig ist, und dann die Mitbestimmungsrechte anderer weitgehend streichen.
Folglich wären die Länder für die regionalen Netze zuständig - zuständig und verantwortlich für den Erhalt, den Betrieb, den Vertrieb und den Ausbau der regionalen Schienennetze für den Schienenpersonennahverkehr. Dabei sollten wir nicht vergessen: Wer bestellt, bezahlt, also nicht der Bund.
Selbstverständlich sollte es den Ländern erlaubt sein, untereinander oder mit dem Bund auf streckenbezogener Vertragsbasis zusammenzuarbeiten, aber auf eigene Verantwortung und eigene Kosten.
Damit das klappt, muss auch die Finanzierung der Netze entschärft werden. Sie sollte auf zwei Säulen beruhen: Erstens auf der „Schienenmaut“. Jeder Netzbetreiber erhebt von allen Netznutzern Gebühren, die mindestens die variablen Kosten der Netzbereitstellung decken sollten, wann immer möglich selbstverständlich auch mehr. Die zweite Säule der Finanzierung sind Steuergelder. Es wäre utopisch zu glauben, wir könnten den Verkehrsanteil der Schiene steigern und gleichzeitig den Nutzern der Schiene die von ihnen verursachten Kosten voll anlasten, während die Nutzer aller anderen Verkehrswege zum großen Teil aus allgemeinen Steuermitteln subventioniert werden.
Deshalb werden die öffentlichen Haushalte auch bei den Schienennetzen noch lange einen großen Teil der Investitionskosten zu tragen haben. Dabei sollten wir sauber trennen. Jede staatliche Ebene subventioniert das Netz in ihrer Verantwortung und Kompetenz. So wenig Mischfinanzierung wie möglich!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wird sich allein für die Eisenbahn nicht verwirklichen lassen. Das wird nur verwirklicht, wenn die Kompetenzen und Verantwortungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden entzerrt, insgesamt geordnet und eindeutig neu zugewiesen werden. Insoweit sind die Probleme unseres Schienennetzes die Probleme unseres Föderalismus im Kleinen.
Meine Damen und Herren, am deutlichsten werden diese Probleme übrigens beim Bundeshaushalt. Keine andere Demokratie hat so viel Angst vor der sozialstaatlichen Regierungsmehrheit, dass sie ihr zumutet, ihr zentrales politisches Instrument, den Haushalt, der nächst niedrigeren staatlichen Ebene zur Genehmi
gung vorzulegen, und damit im Zweifel sogar der nationalstaatlichen Opposition. Nun werden viele sagen: Bei einer rot-grünen Bundesregierung ist das ganz in Ordnung so. Dann dürfen wir uns allerdings auch nicht beschweren, wenn wir demnächst die Regierung stellen und es dann umgekehrt auch so gemacht wird.
Also besser klare Verhältnisse. Jede staatliche Ebene bekommt grundsätzlich Kompetenz, Verantwortung und eigenständige Finanzierungsquellen für ihre Aufgaben und nur für ihre Aufgaben.
Zurück zur Eisenbahn! Damit die Trennung von Fahr- und Netzbetrieb klappt, sollte die DB AG in zwei völlig getrennte Organisationen gespalten werden. Erstens in die private DB AG, die ihr Geld im internationalen, nationalen und regionalen Fahrbetrieb verdient und dafür Trassen mietet. Zweitens in eine wie auch immer organisierte staatliche Organisation - Behörde, Anstalt oder auch Gesellschaft -, die für das Bundesschienennetz verantwortlich ist,
so wie die Länder ihre regionalen Schienennetze verwalten würden. Wir sollten vermeiden, für das Bundesschienennetz zwei Organisationen zu schaffen, eine für das Netz und dann noch eine zur Regulierung desselben. Ich meine, das wäre wirklich übertrieben.
Jetzt zu einer rot-grünen Politposse in der Gegenwart, aufgeschrieben in Punkt 8 des Antrages. Hier fordern die Antragsteller von der DB AG alle die Projekte für den Ausbau des Schienennetzes in SchleswigHolstein, die damalige Landesregierungen schon vor 1988 verwirklichen wollten. SPD-geführte Landesregierungen sind seitdem kaum weitergekommen. Ich glaube, ich brauche dazu nicht viel mehr zu sagen, weil dankenswerterweise der Kollege Poppendiecker schon darauf hingewiesen hat, dass selbst die Elektrifizierung der Strecke Lübeck-Hamburg, die ja nun von einigen jedenfalls groß gefeiert wird, durchaus nicht befriedigend gelöst ist und dass auch der Engpass Pinneberg-Elmshorn - ich bin zwar noch nicht so lange hier im Landtag wie Herr Poppendiecker, der das gesagt hat - schon 17 Jahre lang diskutiert wird. Leider sind wir keinen Schritt weitergekommen.
Es geht doch nicht darum, dass wir hier Forderungen erheben. Es geht darum, dass die Dinge passieren!
- Lassen Sie mich erst einmal ausreden, Herr Kollege Neugebauer. - Jetzt hat die dilettantische Finanz- und Verkehrspolitik der Bundesregierung das Geld für Investitionen im Schienennetz noch weiter zusammengeschmolzen. Das deutlichste Beispiel Ihres Versagens ist das Maut-Desaster. Ihr Bundesverkehrsminister versucht übrigens, die Schuld dafür auf die Koch-Steinbrück-Liste zu schieben. Ich bin dem Kollegen Poppendiecker sehr dankbar dafür, dass er heute darauf hingewiesen hat, dass es der Maut-Flop und nicht etwa die Koch-Steinbrück-Liste ist.
Zum Stopfen der Löcher nimmt die Bundesregierung der bundeseigenen DB AG Geld weg. Rot-Grün bei uns beschwert sich nun indirekt über die DB AG, weil die das Geld nicht mehr bei uns ausgeben kann, das die Bundesregierung der DB AG weggenommen hat. Die richtige Adresse für Ihre Beschwerde ist die Bundesregierung. Die hat das Geld verplempert und ist für den Investitionsausfall verantwortlich.
Trotzdem sind alle die aufgezählten Projekte selbstverständlich wünschenswert; das ist keine Frage. Kollege Eichelberg, Sie haben das auch gesagt. Dass Rot-Grün sie nun nach 16 Jahren von anderen fordert, ist typisch.
Meine Damen und Herren, abschließend zum SPNV! Mehr Wettbewerb in den regionalen Schienenverkehr zu bringen, ist die einzige seiner vielen Ankündigungen, denen der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ziemlich erfolgreich hat Taten folgen lassen. Das ist die rühmliche Ausnahme in seiner ansonsten schmählichen Bilanz. Trotzdem ist diese Bahnpolitik ein Erfolg für Schleswig-Holstein. Ich sage das ganz deutlich. Diesen Weg sollte das Land weiter gehen und sich auch durch Vorgänge um die FLEX-Strecken davon nicht abhalten lassen.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. - Ich will nicht behaupten, die Ausschreibung beziehungsweise die Vergabe sei in diesem Fall problemlos oder ohne Fehler verlaufen; keineswegs. Aber der Weg in den Wettbewerb auf der Schiene ist trotzdem richtig. Da
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Trotz einiger polemischer Bemerkungen, die ich gleich richtig stellen werde, bedanke ich mich für den Beitrag von Ihnen, Frau Aschmoneit-Lücke, weil das, was Sie gesagt haben, ein klares Bekenntnis zum Wettbewerb, aber auch ein Bekenntnis zur staatlichen Infrastruktur war. Das ist natürlich der Kern grüner Bahnpolitik. Insofern kann ich da eine weitgehende Übereinstimmung feststellen.