Es bleibt bei den drei klaren Prämissen, die hier immer wieder formuliert worden sind, und genau diese drei Prämissen prüft der Gutachter für uns. Das heißt, wir werden dann durch den Gutachter wissen, ob überhaupt eine Übererlösklausel in diesem Zusammenhang in Kraft tritt.
Liebe Frau Schmitz-Hübsch, lieber Herr Garg, Sie wissen auch aus Ihren Erfahrungen außerhalb dieses hohen Hauses, dass man ein Wertgutachten erst dann erstellt, wenn klar ist, dass ein übererlösrelevanter Tatbestand ausgelöst wird. Das genau wird dieses Gutachten klären, und es kann dies auch erst klären, wenn klar ist, inwieweit das Fusionsmodell, das jetzt von der Provinzial-Versicherungsgruppe verfolgt wird, relevant ist oder nicht.
Das ist völlig klar. Das sollte auch Ihnen einleuchten. Ich bin gespannt, ob Sie das gleich bestätigen werden.
Wir werden jedenfalls in den nächsten Wochen weitere Gespräche mit der Provinzial-Versicherungsgruppe führen, denn die Beteiligten auf deren Seite haben klar erklärt: Die Ergebnisse des Rechtsgutachtens sind auch für das Fusionsmodell verbindlich. Das heißt: Die Fusion, wie immer sie am Schluss aussieht, wird nur stattfinden, wenn zuvor alle vertraglichen
Bedingungen geklärt sind und wenn das Rechtsgutachten abgearbeitet ist. Das ist doch die entscheidende Frage, die Sie hoffentlich auch interessiert.
Wir sollten die Überlegungen der Provinzial konstruktiv begleiten. Es geht darum, ein schleswigholsteinisches Unternehmen leistungsfähiger zu machen. Das soll mit dieser Fusion geschehen. Ich bitte Sie, den weiteren Prozess zu unterstützen.
Ehe ich die Aussprache eröffne, möchte ich etwas nachholen. Es sind ein mündlicher und ein schriftlicher Bericht gefordert. Deshalb lasse ich über die Anträge abstimmen.
Mit dem Antrag Drucksache 15/3409 wurde ein Bericht während dieser Tagung des Landtages erbeten. Ich frage zunächst, wer diesem Antrag zustimmt.
- Trotzdem. Es muss formell getan werden. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dies ist einstimmig so beschlossen.
Ich lasse ebenfalls über den Antrag Drucksache 15/3466 abstimmen. Wer diesem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dies ist ebenso einstimmig beschlossen. Der Form halber musste dies geschehen.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Bei unserer letzten Landtagssitzung, genauer gesagt am 28. April, habe ich schon einmal an dieser Stelle gestanden und Sie mit einem Dringlichkeitsantrag aufgefordert, über die Zukunft der ProvinzialVersicherung hier in Kiel zu beraten. Leider haben Sie, meine Damen und Herren von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW, die Dringlichkeit meines Antrages nicht gesehen und die Diskussion kurzerhand abgelehnt. Das war fatal. Denn jetzt ist es eigentlich zu spät und das Kind ist in den Brunnen gefallen. Ihr Wort, Herr Minister, in Gottes Ohr. Wir werden sehen, ob wir noch Einfluss auf die Verträge der Fusion haben. Wir werden es beobachten.
Jetzt müssen wir allerdings in der Presse lesen, dass die Fusion der Provinzial in Münster und in Kiel feststeht und ein Personalabbau geplant ist. Ist es das,
Es ist schon bedrückend zu sehen, wie ein Traditionsunternehmen nach dem anderen Schleswig-Holstein verlässt und wie die Arbeitsplätze dahinschwinden. Kommt es zur Unternehmensfusionen, wandert der Hauptsitz und damit auch immer das gesamte BackOffice des Unternehmens in andere Bundesländer ab. Die an sich zu begrüßende Fusion der Thyssen-Werft mit HDW lässt in dieser Hinsicht ebenfalls nichts Gutes ahnen. Nach den nahezu täglichen Hiobsbotschaften ist jetzt also die Provinzial-Versicherung hier in Kiel an der Reihe, und die Landesregierung und der Wirtschaftsminister stehen staunend daneben und schauen tatenlos zu. - Bis jetzt haben wir keine Taten von Ihnen gesehen, und die Frage ist, Herr Minister: Was wollen Sie tun? Sie sagen, Sie wollen die Arbeitsplätze weitestgehend erhalten. Wir werden sehen.
Seinen Einfluss - dort liegt nämlich der gravierende Fehler - hat das Land im Jahre 1995 durch den Verkauf an den Sparkassen- und Giroverband aufgegeben.
Unseren damaligen Vorschlag zur Umwandlung in eine Aktiengesellschaft nach einer weitreichenden Unternehmensanalyse blieb ungehört. Meine Kollegin Frau Brita Schmitz-Hübsch hatte vor 10 Jahren schon vorhergesagt, was heute auf uns zukommt. Einige, auch Herr Neugebauer, waren seinerzeit dabei. Sie hat damals gesagt, welches Ergebnis dabei herauskommen wird, und das Ergebnis haben wir jetzt: Wir haben jetzt keinen Einfluss mehr.
Obwohl in den damaligen Gutachten der Wert der Provinzial-Versicherung auf 1 Milliarde DM festgesetzt worden war, erfolgte der Verkauf völlig willkürlich für 245 Millionen DM.
Auf ein neues Wertgutachten, das diese Summe begründen könnte, Herr Minister - ich sage dies auch im Namen meines Kollegen Heiner Garg von der FDP - warten wir im Finanzausschuss seit Jahren, und es wird uns nicht vorgelegt. Sie können uns auch nicht erklären, dass es dieses Gutachten nicht schon längst gebe. Denn wo ist die Basis der Wertermittlung für die Aufteilung von 25:75? Das muss doch auf der Basis eines Wertgutachtens erfolgt sein, man macht doch die Aufteilung der Beteiligung nicht willkürlich.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Einnahmen und die weiteren Unternehmenskennzahlen der Provinzial Versicherung der Landesregierung unbekannt waren, Herr Minister. Ich glaube, Sie legen sie dem Finanzausschuss nur nicht vor, sondern erst dann, wenn die Fusion fertig ist. Dann können wir eh nichts mehr daran machen. Aber wir sind jahrelang hingehalten worden.
Es waren immer die FDP und wir, die darauf gedrängt haben, endlich ein Wertgutachten zu bekommen. Nun können wir das Ergebnis aus der Presse erfahren. Auf die Provinzial Münster entfallen bei der Fusion 75 % der Anteile an der neuen Holding, und der schwächere Partner sitzt wieder einmal in Kiel. Wir wissen, wie man mit schwächeren Partnern umgeht, das haben wir jetzt oft genug erfahren. Der Anfang der Synergieeffekte soll mit dem Abbau von 190 hoch qualifizierten Arbeitsplätzen hier in Schleswig-Holstein erfolgen. Man muss sagen, von denen haben wir in Schleswig-Holstein nicht so viel, nun werden sie abgebaut. Ich möchte wissen, wie dies aufgefangen werden soll und wo die Betroffenen einen neuen Job finden sollen.
Wie lange sollen wir eigentlich noch zuschauen, wie Schleswig-Holstein immer mehr Arbeitsplätze verliert, immer weitere Unternehmen wegziehen und der Norden wirtschaftlich und finanziell immer weiter ausblutet? Sie, Herr Minister Rohwer, haben hier gestern Abend einen Wirtschaftsbericht gehalten. Ich hätte von Ihnen gern gehört, dass auch Sie bedauern, dass die 190 Leute in Kiel weggehen oder in dieser Woche bei Bayer in Brunsbüttel 300 Arbeitsplätze verloren gehen. Das ist die wirkliche Situation, die wir in Schleswig-Holstein haben.
Sie sagen - damit zitiere ich Sie sinngemäß -, es geht auch in Schleswig-Holstein bergauf. Der einzige Berg, der steigt, ist der der Schulden, das haben wir eben gehört, und der der Arbeitslosen. Ich fordere die Landesregierung und die sie tragenden Parteien auf, endlich mehr für die heimische Wirtschaft zu tun. Der Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein muss attraktiver werden, denn unsere Jugend braucht eine Zukunft in diesem schönen Land. Wenn Sie es nicht machen: Wir machen es im nächsten Jahr garantiert!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, den Kollegen Arp nicht zu enttäuschen. - 1995 verkaufte das Land die Provinzial für 245 Millionen DM an den Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein, obwohl die von der Landesregierung beauftragten Gutachter der Provinzial einen Marktwert von 1,1 Milliarden DM zusprachen. - Dass Sie da den Kopf schütteln, Frau Heinold, ist unverständlich. Es war nicht die FDP-Fraktion, es war nicht die CDU-Fraktion, es waren die von der Landesregierung beauftragten Gutachter, die in ihr Gutachten hineingeschrieben haben, das Ding ist 1,1 Milliarden DM wert. Da brauchen Sie nicht den Kopf zu schütteln. Das ist wirklich albern.
Die Differenz von 857 Millionen DM oder 438 Millionen € war der Rabatt an den Sparkassen- und Giroverband. Gegen diesen Rabatt war der SGV unter anderem bereit, Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein zu erhalten. Es wurde aber vereinbart, dass dem Land nicht näher definierte Übererlöse zustehen könnten, wenn die Provinzial erstens in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und zweitens Aktien verkauft würden. Die Landesregierung hat damals aber so schlecht verhandelt, dass sie bis heute nicht so recht weiß, wie denn diese Überlöse definiert sein könnten. Dafür hat sie dann nach langen Verzögerungen, Herr Professor Rohwer, eingewilligt, dies extern begutachten zu lassen.
- Das ist kein Quatsch, das sind die Tatsachen. - Am Ende dieses Rechtsgutachtens - vielleicht hatten Sie es schon ein Jahr vorher, Herr Neugebauer, wir nicht - steht dann hoffentlich eine Rechenformel, in die man als Variablen den Wert der Provinzial 1995 und einen späteren Wert der Provinzial einsetzen kann und dann die Höhe der Übererlöse ausrechnen kann. Diese Formel, ihre Entstehungsgeschichte und die Begründungen für die einzelnen Parameter und deren Werte wird die Landesregierung uns nach zehn Jahren dann endlich - da wird sich Frau SchmitzHübsch besonders freuen - erklären, wenn das Rechtsgutachten, das Herr Neugebauer offensichtlich schon viel früher hat, vorliegt.
Diesen Aufwand hätten wir uns allerdings ersparen können, wenn die Provinzial 1995 gleich ordentlich privatisiert worden wäre,
und ordentlich privatisiert heißt, erst in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und dann verkauft. Das
Das Rechtsgutachten zur Berechnung der Übererlöse ist das eine. Der Wert der Provinzial Nord das zweite. Diesen aktuellen Wert kennt die Landesregierung, denn die vorgestern verkündete Fusion, Herr Professor Rohwer, wurde nicht beschlossen, ohne dass sich alle Beteiligten über die Werte geeinigt hätten, mit denen die Unternehmen in die Fusion gehen. Es würde mich allerdings überraschen, wenn es anders gewesen wäre.
Seit Jahren drückt sich die Landesregierung davor, Angaben zum aktuellen Wert der Provinzial zu machen. Sie sagte bisher immer, es sollen auch gar keine Aktien verkauft werden. Dieses Problem hat sie jetzt nicht mehr. Die Provinzial Nord ist aktuell bewertet worden.
Der Haupteigentümer der Provinzial Nord, der Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein, kennt den Wert selbstverständlich. Er wird sicherlich bereit sein, diesen Wert der Landesregierung und dem Landtag mitzuteilen. Somit haben wir am 15. Juni 2004 alles, was wir brauchen: erstens den Wert der Provinzial 1995, den aktuellen Wert der Provinzial und die Formel, wie wir hieraus die theoretischen Übererlöse ermitteln können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dann werden wir sehen, wie nahe diese theoretischen Übererlöse an 714 Millionen € herankommen. 714 Millionen €, dieser Betrag errechnet sich, wenn man den Rabatt von 1995 mit den jährlichen durchschnittlichen Zinssätzen auf die Landesschuld bis 2003 hochrechnet. So viel Geld hat die Landesregierung bis jetzt dem Sparkassen- und Giroverband geschenkt. Genau das wird problematisch, denn Zeitungsberichten zufolge beträgt das Prämienaufkommen der beiden fusionierenden Versicherungen 3 Milliarden €, 1 Milliarde € davon kommt von unserer Provinzial. Legt man jetzt die Daumenregel der Gutachter der Landesregierung, also nicht der FDP oder der CDU, von 1995 an, 1 € Prämie entspricht 80 c Marktwert des Unternehmens, dann wäre die fusionierte Provinzial 2,4 Milliarden € wert. Davon wird nach den Angaben der beiden Versicherer ein Viertel auf die Provinzial Nord entfallen, also 600 Millionen €.