Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im zurückliegenden Jahr ist über die Besetzung kommunaler Ausschüsse und die Bildung von sogenannten Zählgemeinschaften viel diskutiert worden. Auch ich bin über die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. Dezember letzten Jahres nicht glücklich. Weiter will ich die Entscheidung nicht kommentieren.
Wir haben mit der bisherigen Praxis der Ausschussbesetzung sehr gut leben können. Die Zulässigkeit fraktionsübergreifender Wahlvorschläge war von den Oberverwaltungsgerichten wiederholt bestätigt worden und für die Kommunalpolitikerinnen und -politiker zu einem vertrauten Verfahren geworden. Seit einem guten halben Jahr stehen wir vor einer veränderten Situation. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist in der Welt. Wir können sie nicht ignorieren, auch wenn uns das Ergebnis möglicherweise nicht zusagt.
Das Innenministerium hat deshalb unverzüglich nach dem Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung - das war eine Forderung aus dem politischen Raum - die schleswig-holsteinischen Kommunen über die Entscheidungsgründe und die Folgerungen für Schleswig-Holstein unterrichtet. Die den Belastungen unterliegende Interpretation des Urteils ist nach meiner festen Überzeugung juristisch konsequent. Ich halte das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes in diesem Punkt nicht für richtig. Insoweit sehen wir uns im Übrigen mit zahlreichen anderen Ländern in völliger Übereinstimmung.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes hat in der Kommunalpolitik Unruhe ausgelöst. Auch wenn ich aus anderen betroffenen Ländern den Eindruck erhalten habe, dass man dort wesentlich gelassener mit der neuen Situation umgeht, wollen und werden wir die Sorgen der Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker ernst nehmen. Aber Verwirrung - das Wort ist jetzt zweimal gefallen -, kann es nicht geben, da die Entscheidung und der Erlass aus meiner Sicht klar sind.
Wir müssen sorgfältig analysieren, welche Probleme die Umsetzung des Urteils in der kommunalen Praxis konkret mit sich bringt. Auf der Basis wären mögliche gesetzgeberische Maßnahmen zu diskutieren, mit denen wir den insoweit festgestellten Unzuträglichkeiten wirksam begegnen können.
Ob das von der FDP-Fraktion einmal mehr in die Diskussion gebrachte Verfahren Hare/Niemeyer sowie die Einrichtung eines Grundmandates die Musterlösung für die vor Ort entstehenden Probleme sein werden, will ich an dieser Stelle nicht bewerten. Die Angelegenheit wird, so denke ich, im Innen- und Rechtsausschuss diskutiert werden. Dort kann die gesamte Problematik mit der gebotenen Sorgfalt erörtert werden. Für die anstehende Erörterung möchte ich dem Ausschuss ausdrücklich die fachliche Unterstützung des Innenministeriums anbieten. Wir sind für alle Lösungen, die gewollt werden, offen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so beschlossen.
b) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/3343 (neu)
c) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen
Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/3523 Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 15/3506
Ich weise zunächst daraufhin, dass der Tagesordnungspunkt 6 a), Gesetzentwurf über in öffentlicher Trägerschaft veranstaltete Lotterien und Sportwetten, zu Beginn der Tagung abgesetzt wurde. Zunächst erteile ich der Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, Frau Abgeordneter Schwalm, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland, Drucksache 15/3343 (neu), und den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen, Drucksache 15/3346, durch Plenarbeschluss vom 26. Mai 2004 federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Finanzausschuss und den Sozialausschuss zur Beratung überwiesen.
Zu der am Anfang dieser Tagung abgesetzten Drucksache 15/3342, Entwurf eines Gesetzes über in öffentlicher Trägerschaft veranstalteten Lotterien und Sportwetten, wird der Innen- und Rechtsausschuss eine Anhörung durchführen. Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich in seiner Sitzung am 9. Juni 2004 und die beteiligten Ausschüsse haben sich jeweils in ihren Sitzungen am 10. Juni 2004 mit den Vorlagen befasst.
Im Einvernehmen mit dem beteiligten Finanzausschuss und dem beteiligten Sozialausschuss empfiehlt der Innen- und Rechtsausschuss dem Landtag mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, gegen die Stimmen der CDU, den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland, Drucksache 15/3343 (neu) , und den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Staatsvertrag über die Regionalisierung von Teilen der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen, Drucksache 15/3346, anzunehmen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Frau Abgeordnete Gröpel hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns liegen heute die beiden Staatsverträge zum Lotteriewesen und zur Regionalisierung zur Entscheidung vor. Ich erkläre gleich zu Beginn für die SPD Landtagsfraktion: Wir werden beiden Verträgen unsere Zustimmen geben. Wir stehen ausdrücklich zum Staatsmonopol und somit zur Lotteriehoheit der Länder.
des staatlichen Glücksspiels gewährleistet und die Zulassung privater gemeinnütziger Lotterien unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht werden. Gleichzeitig sind Regelungen zur Durchführung von Lotterien durch Dritte sowie zu den Aufsichts- und Überwachungsbefugnissen der Behörden und zur gewerblichen Spielvermittlung vorgesehen.
Die unterschiedlichen Regelungen in den Ländern, die sich zum Teil hier in Schleswig-Holstein auf die Lotterieverordnung von 1937 stützen, sowie auch eine neuere Rechtsprechung zur Zulassung von privaten Lotterien machten es erforderlich, zu einer Neuordnung und länderübergreifenden Vereinheitlichung zu kommen.
Alle Landesregierungen der 16 Bundesländer haben den Lotteriestaatsvertrag bereits unterzeichnet; er soll am 1. Juli 2004 in Kraft treten. Auch die Parlamente haben fast alle schon beschlossen oder beschließen bis Ende Juni. Meine Damen und Herren von der Opposition, wir wundern uns schon über Ihre ablehnende Haltung. Sie nehmen damit bundesweit eine Außenseiterposition ein. Würde der Landtag heute so beschließen, dann wären wir das einzige Bundesland, das sich in diese Position begeben würde.
- Wir kommen noch dazu! Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt die Ziele des Staatsvertrages, die ich hier nachfolgend noch einmal vortragen möchte und die bei vielen in der öffentlichen Diskussion vollkommen abhanden gekommen sind. Es ist abhanden gekommen, warum wir überhaupt die Befugnis haben, hier ein staatlichtes Monopol haben zu dürfen. Ziel des Staatsvertrages ist erstens, den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken und insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern.
- Sie können anschließend sagen, dass sie das alles nicht wollen, wir stehen dazu! Zweitens sollen übermäßige Spielanreize verhindert werden. Drittens soll eine Ausnutzung des Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken ausgeschlossen werden. Viertens soll sichergestellt werden, dass Glücksspiele ordnungsgemäß und nachvollziehbar durchgeführt werden. Fünftens soll sichergestellt werden, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verwendet werden.
- Herr Garg, gerade über den letzten Punkt, das heißt über die Verwendung von Lotterieeinnahmen, werden wir uns ja noch in der nächsten Landtagstagung zum Gesetz über Lotterien und Sportwetten ausführlich unterhalten.
Um insbesondere den gemeinnützigen Vereinen und Organisationen weiterhin die wirtschaftliche Veranstaltung von Lotterien und Ausspielungen zu ermöglichen, ist im Lotteriestaatsvertrag vorgesehen, dass für so genannte Lotterien abweichende Regelungen getroffen werden können. Der Reinertrag muss aber ausschließlich und unmittelbar für gemeinnützige, kirchliche oder mildtätige Zwecke verwendet werden.
Neu hinzugekommen ist die Verpflichtung, dass gewerbliche Spielvermittler, die ihren Sitz in Schleswig-Holstein haben, ihre Tätigkeit anzuzeigen haben. Durch diese Anzeigepflicht soll der zuständigen Behörde die Kontrolle über die gewerblichen Spielvermittler ermöglicht werden. Die Tätigkeit bleibt weiterhin unter zumutbaren Bedingungen möglich.
Insgesamt trägt der Lotteriestaatsvertrag mit seinem ordnungsrechtlichen Ansatz auch dem so genannten Gambelli-Urteil des Europäischen Gerichtshofs Rechnung. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass der Staat - hier bezogen auf Italien - sich nicht auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung berufen kann, um einschränkende Maßnahmen zu rechtfertigen, wenn er zur Teilnahme an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten mit dem Ziel ermuntert, daraus Einnahmen zu erzielen.
Bei der Zulassung von Lotterien und Sportwetten können Beschränkungen zugunsten staatlicher Veranstalter nur erlassen werden, wenn sie unter Berücksichtigung der sichtlichen und finanziellen Folgen für den Einzelnen sowie für die Gesellschaft und zum Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung erforderlich sind. Alle Bundesländer sind einvernehmlich der Auffassung, dass der Lotteriestaatsvertrag mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist und mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Warum bedarf es nun darüber hinaus noch eines Regionalisierungsstaatsvertrages?
In den letzen Jahren sind verstärkt gewerbliche Spielvermittler aufgetreten, die in ganz Deutschland und zum Teil auch im Ausland Spielteilnehmer akquirieren und Spielerträge an ein oder mehrere Lotto- und Totounternehmen vermitteln. Dadurch kommen die Lotterieerträgen aus diesen Spielvermittlung der Lot
to- und Totogesellschaft - beziehungsweise dem Land - zugute, in dem der gewerbliche Spielvermittler die Spieleinsätze tätigt. Sie kommen dann nicht dem Land zugute, in dem die Spielteilnehmer ihren Wohnsitz haben, wie es die Lotteriehoheit der Länder vorsieht. Diese Tätigkeiten sind im Grunde nicht zulässig und wurden bisher lediglich geduldet. Daher hatte die Finanzministerkonferenz bereits am 20. September 2001 einstimmig beschlossen, diese Umsätze zukünftig zu regionalisieren. Daraufhin ist der Entwurf des Staatsvertrages erarbeitet und von der Finanzministerkonferenz am 11. September 2003 genehmigt worden. Mit der Regionalisierung soll durch eine Art Finanzausgleich der rechtmäßige Zustand wieder hergestellt und somit der Lotteriehoheit der Länder Rechnung getragen werden.
- Dazu komme ich jetzt. Herr Garg, das bedeutet konkret, dass Schleswig-Holstein in der jetzigen Situation Einnahmeverluste hinnehmen müsste, da bei NordWestLotto in Schleswig-Holstein überproportional viele Spieleinsätze von gewerblichen Spielvermitteln eingezahlt werden. Schleswig-Holstein müsste also in den sauren Apfel beißen und die anderen Bundesländern anteilmäßig an seinen Einnahmen beteiligen. Wir wären sozusagen zurzeit Geberland.
Abgesehen davon, dass Schleswig-Holstein in anderen Fällen Nehmerland ist und vom Föderalismus profitiert, kann heute niemand von uns sagen, wie die Aktivitäten der gewerblichen Spielvermittler in Zukunft sein werden. Sie können flugs in ein anderes Bundesland wechseln oder es können sich in anderen Bundesländern ebenso gewerbliche Spielvermittler niederlassen. Dann würde Schleswig-Holstein natürlich auch an den dortigen Einnahmen beteiligt werden. Ohne die Regionalisierung bestünde also ebenso ein Risiko von Mindereinnahmen. Daher begeben wir uns langfristig auf die sichere Seite.
Die SPD-Landtagsfraktion geht allerdings davon aus, dass die Länder auch alle Einnahmen gemäß dem Regionalisierungsstaatsvertrag melden. Der Finanzausschuss hat aus gutem Grund sehr kritisch nachgefragt, ob es eine Postwettannahmestelle in Bayern gibt und wenn ja, ob die Einnahmen ebenso regionalisiert werden.
Wir haben nicht nur großes Vertrauen in unsere Landesregierung, sondern auch in die bayerische Staatsregierung und denken, dass sie sich an diesen Vertrag hält. Dieses Vertrauen sehen wir bestärkt durch das Schreiben des Staatssekretärs Meyer aus dem bayerischen Finanzministerium an unseren Staatssekretär
Döring. In dem Schreiben vom 8. Juni 2004 wird ausdrücklich bestätigt, dass auch die von gewerblichen Spielvermittlern der Postwettannahmestelle in Bayern erzielten Einnahmen nach den Vorschriften des Staatsvertrages der Regionalisierung unterworfen würden.
Da hier aber ein Rechtsstreit der Staatlichen Lotterieverwaltung des Freistaates Bayern anhängig ist und niemand sagen kann, wie der Prozess ausgeht beziehungsweise wie das Gericht entscheidet, möchten wir als SPD-Landtagsfraktion gemeinsam mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vorsorge treffen. Für den Fall, dass der Prozess für die bayerische Landesregierung negativ ausgeht und die Einnahmen nicht regionalisiert werden können, fordern wir mit unserem gemeinsamen Antrag in der Drucksache 15/3346 die Landesregierung auf, Neuverhandlungen aufzunehmen.