Der Gesetzentwurf zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen trägt das Datum 30. März 2004 und der Gesetzentwurf zum Staatsvertrag zur Regionalisierung das Datum 13. April 2004. Die erste Lesung der Staatsverträge sollte im April stattfinden. Danach wäre genug Zeit für ein geordnetes parlamentarisches Verfahren gewesen, Zeit genug für eine Anhörung tatsächlicher Experten. Aber daraus wurde nichts. Die Beratung wurde auf Wunsch der SPD-Fraktion in den Mai verschoben. Anschließend lehnten die Vertreter eben dieser SPD-Fraktion im Innen- und Rechtsausschuss eine öffentliche Anhörung zu den Staatsverträgen ab, angeblich wegen Termindrucks. Es ist ein Termindruck, den Sie sich selber geschaffen haben, damit es zu keinem geordneten Verfahren kommen kann.
Das alles riecht nicht nur, es stinkt geradezu nach rotgrüner Verdunkelungspolitik, ebenso wie beim Haushalt 2004/2005.
Erst zögert die Landesregierung alles so lange wie möglich hinaus, um sich vor den unangenehmen, aber höchst berechtigten Fragen der Opposition zu drücken. Dann peitschen die regierungstragenden Fraktionen die ministerialen Vorlagen so schnell sie eben können durch das Parlament, und das offensichtlich aus zwei Gründen, liebe Frau Kollegin Gröpel. Erstens wollen Sie sich den Beweisen für die Unfähigkeit der von Ihnen getragenen Regierung nicht länger als unbedingt nötig aussetzen. Zweitens kuschen Sie ganz offensichtlich vor Ihrer Ministerpräsidentin. Ich sage Ihnen: Wir kuschen vor Frau Simonis mit Sicherheit nicht.
Zum Inhalt! Den Staatsvertrag zum Lotteriewesen lehnen wir ab, weil Schleswig-Holstein hierdurch für zehn Jahre rechtlich so eingeschränkt würde, dass wir auf die zu erwartenden Entwicklungen auf dem deutschen und europäischen Lotteriemarkt überhaupt nicht mehr angemessen reagieren könnten. Rot-Grün ist das selbstverständlich egal. Sie glauben immer noch an die internationale Marktmacht deutscher Verwaltungsvorschriften. Der zweite Punkt ist meines Erachtens entscheidend, warum Sie heute Parteiräson und nicht die Interessen des Landes berücksichtigen: Sie sitzen seelisch und geistig bereits längst auf den Oppositionsbänken, und das mindestens für die Bindungsfrist der beiden Staatsverträge.
Den Staatsvertrag zur Regionalisierung lehnen wir ab, weil er Schleswig-Holstein zu viel Geld kostet. Rot-Grün ist bereits zu teuer für dieses Land. Wir können uns zusätzliche Lasten durch Rot-Grün nicht leisten. Die Landesregierung gibt selber bereits zu, dass der Staatsvertrag unser Land rund 45 Millionen € kosten wird. Wir halten diese Zahl für weit untertrieben. Wenn Sie jetzt fragen, wie ich zu dieser Zahl komme, lieber Kollege Astrup, dann will ich Ihnen das gerne erklären.
Der Finanzminister hat in den Gesetzentwurf geschrieben, dass Schleswig-Holstein jährlich netto 6 Millionen € entgehen werden. Der Vertrag soll zehn Jahre laufen. Zinsen wir diesen 10-jährigen Zahlungsstrom mit dem durchschnittlichen Zinssatz auf die rechnerischen Landesschulden Ende 2004 ab, also knapp 4,4 %, beträgt der Barwert exakt 47,7 Millionen €. Steigen die Zinsen - das werden sie vermutlich -, dann wird das etwas weniger, daher meine Schätzung von rund 45 Millionen €. Wie gesagt, wir halten die Angaben des Finanzministeriums ohnehin für weit untertrieben. Denn darin ist augenscheinlich nicht berücksichtigt, dass der den Berechnungen zugrunde liegende Umsatz über die Vertragslaufzeit enorm wachsen dürfte. Allein das könnte die Verluste des Landes rechnerisch vervielfachen. Im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, misstrauen wir den Zahlen des Finanzministers grundsätzlich, vor allem, wenn er sie nicht belegt. Davor hat er sich bis heute erfolgreich drücken können. Ich vermisse den Finanzminister übrigens heute in dieser Debatte.
Dieser Finanzminister kostet uns Millionenbeträge und er sitzt heute noch nicht einmal im Plenum, wenn
diese kostenträchtige Entscheidung mit den Stimmen von Rot-Grün getroffen wird. Ich finde das unerhört. Das ist ein Skandal.
Davor hat sich der Finanzminister bis heute erfolgreich drücken können, weil die rot-grünen Landtagsfraktionen ihn dabei tatkräftig unterstützt haben. Hierzu ein Zitat von Frau Heinold, und zwar nicht das übliche von der rot-grünen Pleite, sondern vom 26. Mai. Frau Heinold, Sie haben im Landtag zur Frage der Einnahmeverluste für Schleswig-Holstein gesagt: „Natürlich müssen wir das im Finanzausschuss beraten. Natürlich müssen wir uns darüber unterhalten, ob die 6 Millionen stimmen oder ob es mehr sind.“ - Recht haben Sie, Frau Heinold. Ich glaube, gerade Sie wollten sich eigentlich nicht nur darüber unterhalten, sondern von der Landesregierung vorher belastbares Zahlenmaterial zum Nachrechnen erhalten. Aber genutzt hat das alles nichts. Der Finanzminister drückt sich weiter.
Damit zum dritten Grund, warum wir beide Staatsverträge ablehnen. Die Ministerpräsidentin hat ihren Kollegen Ministerpräsidenten versprochen, dass Schleswig-Holstein Geld abliefert, vor allem an die wirklich bedürftigen Länder Bayern, NordrheinWestfalen und Baden-Württemberg. Selbstverständlich will sie in den letzten acht Monaten ihrer Mitgliedschaft in diesem illustren Kreise ihr Gesicht nicht verlieren, weil sie sich dem Willen des Schleswig-Holsteinischen Landtages beugt. Da könnte ja jedes Parlament kommen und Einspruch erheben. Das ist Frau Simonis die 46 Millionen € Verlust für Schleswig-Holstein wert oder möglicherweise auch ein Vielfaches davon. Es wird kolportiert, Frau Simonis habe in einer sozialdemokratischen Fraktionssitzung viele Machtworte gesprochen und sogar mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht, sollte die Fraktion für die Vernunft und gegen die Gesichtswahrung von Frau Simonis entscheiden.
wäre es ungeheuerlich, wenn Sie der Gesichtswahrung der Ministerpräsidentin den Vorzug geben und zum Schaden dieses Landes hier heute entschieden, anstatt zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins.
Lieber Kollege Astrup, einerseits kürzt die Landesregierung den Beamten die Gehälter, lässt unsere Infrastruktur vergammeln und verschuldet das Land maßlos und gleichzeitig kreischt die Ministerpräsidentin landauf, landab nach höheren Steuern. Andererseits ist sie offensichtlich bereit, hinterrücks hohe Millionenbeträge nach Bayern und Baden-Württemberg zu schleusen, um ihr Gesicht im Kreis der Ministerpräsidenten zu wahren. Ich sage Ihnen für die FDPFraktion in aller Deutlichkeit: Uns ist die Gesichtswahrung von Heide Simonis keine 46 Millionen € wert. Uns ist sie keinen einzigen Cent wert. Wir werden beide Staatsverträge ablehnen und freuen uns auf die namentliche Abstimmung.
Ich weise aus gegebenem Anlass noch einmal auf Folgendes hin. Ich hatte zu Beginn der Sitzung sowohl Frau Ministerpräsidentin Simonis als auch Herrn Minister Dr. Stegner offiziell entschuldigt. Frau Ministerpräsidentin Simonis nimmt ganztätig an der Ministerpräsidentenkonferenz teil. Herr Minister Dr. Stegner ist auf dem Weg zum Vermittlungsausschuss in Berlin.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da die Tagesordnung im Ältestenrat jeweils im Einvernehmen aufgestellt wird, hätten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, sagen können, dass Sie diesen Tagesordnungspunkt gern in Anwesenheit der beiden jetzt abwesenden Regierungsvertreter beraten hätten. Dann hätten wir diesen Punkt gestern oder morgen auf die Tagesordnung gesetzt. Es ist ja nicht neu und spontan, dass dieser Punkt heute auf der Tagesordnung steht. Er ist vielmehr trotz bekannter Abwesenheit der beiden Regierungsvertreter im Einvernehmen auf die heutige Tagesordnung gesetzt worden. Insofern haben Sie Ihren Vorwurf hier ein
Herr Garg, Sie sagen, dass Sie den Zahlen des Finanzministers grundsätzlich misstrauen. Angesichts dessen frage ich mich natürlich, warum wir überhaupt ernsthaft im Finanzausschuss miteinander in die Beratung gehen.
Wir könnten uns das dann eigentlich sparen. Tragen Sie dann doch einfach vor, was Sie denken. Alles andere scheint Ihnen ja relativ egal zu sein. Sie werfen uns Verdunkelungspolitik vor. Nach Ihrer Verdunkelungsrede braucht man erst einmal eine Taschenlampe, damit man wieder einigermaßen Licht in das Dunkel bringt.
Meine Fraktion hat beide Staatsverträge ausführlich beraten. Im Interesse des Landes werden wir diesen Staatsverträgen zustimmen. Natürlich haben wir uns ausführlich mit der Frage beschäftigt - ich habe dies in der ersten Lesung auch schon deutlich gemacht -, ob Schleswig-Holstein insbesondere mit dem Regionalisierungsstaatsvertrag zukünftig besser oder schlechter abschneiden wird. Unser Ergebnis ist dies: Kurzfristig bedeutet der Regionalisierungsstaatsvertrag eine erhebliche Einbuße für unser Land. Perspektivisch gesehen ist er aber die einzige Möglichkeit, um nicht das Risiko einzugehen, zukünftig ganz ohne Hemd und Hose dazustehen, und zusehen zu müssen, dass die Einnahmen schleswigholsteinischer Lottospieler immer mehr am Land vorbeigehen.
Ohne einen Regionalisierungsstaatsvertrag würden wir zukünftig zunehmend feststellen müssen, dass nur noch dasjenige Bundesland, in dem eine Internetlotterie eher zufällig ihren Standort hat, steigende Konzessionsabgaben und Lotteriesteuern zu verzeichnen hat, während in anderen Bundesländern die Einnahmen sinken würden, da immer mehr Bürgerinnen und Bürger an der Online-Lotterie teilnehmen und ihren Lottoschein nicht mehr, wie es in den letzten Jahren der Fall war, im Laden um die Ecke abgeben. Es kann auch nicht unser Ziel sein - ich will das sehr deutlich sagen -, dass durch Länderwettbewerb den gewerblichen Spielevermittlern besonders attraktive Angebote für hohe Gewinnspannen gemacht werden und sie damit von einem Land in das andere gelockt werden. Auch das ist nicht im Interesse unseres Föderalismus.
Die CDU verweigert sich dieser Argumentation, die FDP ebenso, meines Wissens allerdings nur in Schleswig-Holstein.
Es ist schlicht falsch, zu behaupten, dass das Land ohne Not zukünftig freiwillig auf mehrere Millionen Euro jährlich verzichten will. Die CDULandtagsfraktion sieht in dem vorgelegten Staatsvertrag ein Teufelswerk - das ist eben noch einmal deutlich geworden -, die FDP ebenso. Selbst dass alle CDU-Ministerpräsidenten ihren Parlamenten eine Annahme dieser Staatsverträge empfehlen, beeindruckt die CDU-Landtagsfraktion nicht.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie machen es sich wieder einmal zu einfach, wenn Sie ignorieren, dass sich die Lottolandschaft zunehmend verändert und dass deshalb neue Regularien notwendig sind. Nur durch diesen Staatsvertrag ist sicherzustellen, dass das Land auch zukünftig an den Lottoeinnahmen partizipiert - unabhängig davon, wie sich die Lottolandschaft verändert und wo sich gewerbliche Spielevermittler ansiedeln. Bei der Wahl zwischen kalkulierbaren Mindereinnahmen und deutlich höheren unkalkulierbaren Mindereinnahmen entscheidet sich meine Fraktion für die erste Variante, so schwer es auch fällt.
Allerdings erwarten wir, dass bundesweit alle gewerblichen Spielevermittler erfasst werden und dass so alle Einnahmen regionalisiert werden. Das gilt insbesondere - Frau Gröpel hat es erwähnt - für die Gelder der Postannahmestelle in Bayern. Konsequenterweise stellen wir heute gemeinsam mit der SPD einen Antrag dazu. Er ist von Frau Gröpel vorgestellt worden. Mit diesem Antrag dokumentieren wir, dass diese Forderung Grundlage für unsere heutige Zustimmung ist und Leitlinie für die Landesregierung sein soll.
Allerdings gehen wir nicht so weit wie die CDU, die ein derart großes Misstrauen gegen die bayerische CSU-Regierung pflegt, dass sie der bayerischen Regierung schlicht nicht glaubt, wenn diese versichert, sich ernsthaft für eine redliche Erfüllung des Staatsvertrages einsetzen zu wollen.
Die Ministerpräsidenten aller Bundesländer haben sich parteiübergreifend auf die heute vorliegenden Staatsverträge verständigt. Angesichts dessen erscheinen die Vorwürfe der Opposition hier im Landtag als etwas aufgebauscht. Die Vorwürfe werden frei nach dem Motto erhoben: Hauptsache, der Landesregierung kann etwas vorgeworfen werden.
Ich möchte deshalb noch einmal auf den Gang der Beratungen hinweisen. Die Landesregierung hat den Landtag bereits am 10. Januar 2003, also vor anderthalb Jahren über den Entwurf des Staatsvertrages zum Lotteriewesen und am 15. Dezember 2003 über den Entwurf des Regionalisierungsstaatsvertrages unterrichtet und dem Landtag die Entwürfe der Staatsverträge übermittelt. Herr Arp und Herr Garg, wenn Ihre Fraktionen es nicht schaffen, den Parlamentariern diese Unterlagen zur Verfügung zu stellen, obwohl sie in Ihren Geschäftsstellen ankommen, dann sollten Sie nicht uns Verdunkelungspolitik vorwerfen, sondern in Ihren Geschäftsstellen nachfragen, was mit den Unterrichtungen dort passiert.
- Ja, ein bisschen Ordnung schaffen. - Im April standen beide Staatsverträge bereits auf der Tagesordnung des Landtages, sodass auch für eine ausführliche Anhörung im Ausschuss genügend Zeit gewesen wäre. Es war aber das Parlament - diesbezüglich bestand Einvernehmen im Ältestenrat, wie ich hier noch einmal sehr deutlich sage -, das die erste Lesung, die für April vorgesehen war, um einen Monat hinausgeschoben hat. Damit hat es, bewusst oder auch nicht, in Kauf genommen, dass die parlamentarische Beratungszeit um einen Monat verkürzt worden ist. Es war bekannt, dass die zweite Lesung vor der Sommerpause stattfinden muss, um die von den Ministerpräsidenten gesetzten Termine einhalten zu können.
Sowohl der Innen- und Rechtsausschuss als auch der Finanzausschuss haben die Staatsverträge beraten. Das Finanzministerium hat dazu die notwendigen Unterlagen - die Urteile, die Zahlen - zur Verfügung gestellt. Das Finanzministerium sagt ja auch sehr deutlich, dass die Einnahmeverluste nur begrenzt abschätzbar sind. Ich würde mir wünschen, dass die Opposition, bevor sie hier behauptet, dass Zahlen nicht vorlägen, endlich zur Kenntnis nimmt, was vorliegt, dieses dann auch liest, sodass wir uns dann über die Inhalte unterhalten können. Die Opposition sollte also hier nicht Vorwürfe in den Raum stellen, weil sie damit Punkte machen zu können glaubt.