Ich vermisse eine strukturierte Planung der Landesregierung, wie diese Ausbildungsmöglichkeiten künftig sichergestellt werden sollen. Wurde der Bedarf an künftigen Ausbildungsplätzen und Ausbildungsmöglichkeiten bei den verschiedenen Einrichtungen in Schleswig-Holstein jemals abgefragt? Ich habe davon nichts hören können. Inwieweit hat darüber hinaus
eine regionale Abstimmung darüber stattgefunden, wo und in welchem Umfang die Altenpflegeausbildung in unserem Land durch die verschiedenen Einrichtungen stattfindet und stattfinden wird. Wie können wir den zusätzlichen Bedarf an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern decken, wenn in Schleswig-Holstein PLAISIR umgesetzt werden soll? Diese Fragen sind bis heute nicht beantwortet.
Gerade hierzu hätte ich vonseiten des Sozialministeriums bei der Vorstellung der neuen Pflegequalitätsoffensive konkretere Aussagen gewünscht. Anderenfalls sehe ich das Problem, dass ohne eine hinreichende Strukturplanung die künftige Entwicklung der ambulanten und stationären Pflege in SchleswigHolstein nicht genügend gesichert ist.
Das fängt schon mit den bestehenden Strukturen an. Wie ist die Finanzierung der Schulkosten für Auszubildende in den Pflegeberufen in SchleswigHolstein gesichert? Wir haben nicht nur steigende Schülerzahlen in der Pflegeausbildung, sondern auch steigende Ausbildungskosten durch neue gesetzliche Rahmenbedingungen und neue Qualitätsvorgaben. Gleichzeitig werden die derzeit durch die Bundesagentur für Arbeit finanzierten Umschulungszuschüsse eingestellt, da künftig nur noch Erstausbildungen finanziert werden. Wenn jede der 650 Pflegeeinrichtungen im Land nur einen Schüler pro Jahr einstellen würde, wären dies bei einer dreijährigen Ausbildung rund 2.000 Schüler jährlich. Bei den Kosten, die für Pflegeschulen mit 400 € pro Schüler und Monat angesetzt werden, müsste über ein Gesamtvolumen von 9,6 Millionen € pro Jahr gesprochen werden und nicht von den derzeit 2,4 Millionen €, die das Land für die Altenpflegeschulen ausgibt.
Umso wichtiger ist es an dieser Stelle, dass die Frage der Finanzierung endgültig und für die Zukunft geklärt wird, damit die ausbildungswilligen Frauen und Männer oder ausbildende Heime nicht künftig das Schulgeld bezahlen müssen.
Meine Damen und Herren, wenn eine bessere Qualität der Pflege und eine umfassende Qualitätssicherung gewollt ist, dann reicht es künftig nicht aus, ein Netz von unabhängigen Beschwerdetelefonen auszubauen, an die sich jeder Bürger wenden kann.
Wir dürfen uns nicht auf Einzelbeschwerden vor Ort beschränken, sondern müssen uns darauf konzentrieren, wie ein Gesamtkonzept der Pflege und die qualitative Umsetzung der Pflege geschaffen werden kann.
Auch der Ansatz, unabhängige Hilfe- und Beratungsstellen einzurichten, kann sinnvoll sein, wenn dadurch eine individuelle Beratung über entsprechende Pflegeangebote erreicht werden kann, die die Lebensqualität der betroffenen alten Menschen verbessert. Doch können die Beratungsstellen nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Pflegekontrolle vor Ort hierdurch nicht ersetzt werden kann. Dabei sind die beiden Bausteine PflegeNotTelefon und Pflegeberatungsstelle keineswegs neu. Sie waren bereits Bestandteil der letzten Qualitätsoffensive. Leider wissen wir auch aus der Vergangenheit, dass sie Qualitätsprobleme in der Pflege nicht haben verhindern können.
Meine Damen und Herren, die Sozialministerin lässt in ihrer neue Offensive für die Pflege jeden konkreten Anstoß zur Qualitätskontrolle vermissen. Dabei ist gerade die Einrichtung eines unabhängigen Kontrollmechanismus dringend erforderlich. Die überzeugendsten Qualitätsstandards nutzen nichts, wenn ihre Einhaltung nicht kontinuierlich und vor allem unabhängig sowohl im ambulanten als auch stationären Bereich kontrolliert werden. Angesichts des zu erwartenden Anstiegs der Zahl pflegebedürftiger Menschen wird der Zielkonflikt zwischen Pflegequalität und Wirtschaftlichkeit in Zukunft deutlich an Schärfe gewinnen. Umso notweniger wird deshalb eine unabhängige Instanz, die unangemeldet vor Ort kontrolliert.
Die verschiedenen Bausteine zur Verbesserung der Pflege dürfen deshalb nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Erfolg langfristiger Konzepte vor allem damit steht und fällt, ob die Pflege künftig ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellt und darstellen wird. Ich erwarte deshalb mit Spannung den Bericht, den wir in der 48. Tagung vorgelegt bekommen.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Soeben kam uns eine zweiseitige Drucksache der CDU-Fraktion mit sehr vielen Spiegelstrichen auf den Tisch. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass ich im Augenblick nicht in der Lage bin, diese zu übersehen.
Wir werden ein Verfahren verabreden müssen. Gegebenenfalls müssen wir morgen abstimmen. Das ist so nicht zu machen.
- Die Überweisung an den Ausschuss wurde beantragt. Ich muss den Antrag aber erst einmal lesen, um entscheiden zu können, ob er an den Ausschuss überwiesen werden soll. Bevor ich ihn nicht gelesen habe, überweise ich nichts.
Zunächst einmal befasse ich mich mit dem, was vorliegt. Das sind zum einen die zweite Phase der Qualitätsoffensive der Landesregierung und zum anderen unser Antrag von Rot-Grün.
Ich möchte mein Statement hierzu mit der für manche vielleicht etwas provokativen Überschrift „Neue Pflegeformen anstatt neuer Heime“ versehen. Auch mir ist bewusst, dass es zukünftig Heime geben wird. Wahrscheinlich wird sogar das eine oder andere Heim eröffnet werden.
Trotzdem brauchen wir nicht eine ausschließliche Orientierung auf die Heime, sondern wir brauchen eine Orientierung auf neue Pflegeformen und auf eine Vernetzung.
Ich begrüße es außerordentlich, dass wir uns jetzt von den Skandalen lösen können und uns umschauen, was es in der Pflege außer den Heimen sonst noch gibt. Andere diskutierten in den letzten Wochen vor allem über 1-€-Jobs in der Pflege. Die Landesregierung Schleswig Holstein hingegen startet die nächste Phase ihrer Pflegequalitätsoffensive. Wenn ich lese, was hier vorgesehen ist, dann finde ich es geradezu demagogisch, diese Offensive darauf zu reduzieren, dass die Inhaber von 1-€-Jobs diese Aufgaben in Schleswig-Holsteins Heimen nunmehr massenhaft übernehmen sollen. Um nur ein paar Stichworte zu nennen, die überhaupt nicht in die Perspektive der
1-€-Jobs passen: Hier steht etwas von mehr Ausbildung sowie von einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Attraktivität des Pflegeberufes. Es wird also ausdrücklich Wert auf eine Qualität, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugute kommt, gelegt. Daneben wird auch ein Preis für innovative Projekte ausgesetzt.
Eines Antrags der CDU bedarf es nicht, um die neue Sozialministerin an ihre Pflichten im Bereich der Pflege zu erinnern. Folgerichtig haben Sie ihn zunächst einmal ja auch zurückgezogen. Mal schauen, was der neue bringt.
Frau Trauernicht-Jordan, für Sie hat die Verbesserung der Pflege höchste Priorität. Wir freuen uns ausdrücklich darüber.
Der Ansatz der Landesregierung, die Pflege, besser gesagt, die Menschen, die die Pflege benötigen, in die Mitte der Gesellschaft zu holen, ist goldrichtig. Dies ist überfällig und war von der Initiative, die 40.000 Menschen unterschrieben haben, gefordert worden; denn die Pflegesituation krankt trotz unserer Anstrengungen immer noch daran, dass pflegebedürftige Menschen abgeschoben und allein gelassen werden. Dies gilt sowohl im wortwörtlichen, als auch im übertragenen Sinne. Wir merken das immer wieder - manchmal auch an der Präsenz in solchen Debatten. Ich freue mich, dass gerade jetzt mehr Abgeordnete als sonst zugegen sind.
Auch die Debatte um die so genannte „gefährliche Pflege" und die Missstände in Pflegeheimen spiegelt dies wider. Stationäre Einrichtungen sind aber nur ein kleiner Teil der realen Pflege. Die Mehrzahl der Menschen möchte auch im Fall der Pflegebedürftigkeit zu Hause oder in kleinen überschaubaren Einheiten bleiben; sie ist es auch noch. Hier müssen wir ansetzen.
Die nächste Stufe der Pflegequalitätsoffensive und auch der Antrag von Rot-Grün zielen deshalb auf neue Pflegeformen, auf integrierte Pflegeausbildung und - das füge ich hinzu - auch auf die Etablierung von Pflegeforschung an unseren Hochschulen. Gerade Schleswig-Holstein hat mit seinen bundesweit bahnbrechenden Modellversuchen, die immer auch wissenschaftlich begleitet wurden, gezeigt, wie notwendig Pflegeforschung ist. Sollen wir uns immer nur den Sachverstand aus anderen Hochschulen in anderen Ländern holen? Wäre es nicht auch sinnvoll, dass sich
diejenigen, die hier wissenschaftlich arbeiten wollen, vor Ort mit unseren Modellversuchen befassen?
Das könnte zumindest eine Perspektive für die mittelfristige Zukunft sein. Wir sollten hier den ersten Schritt gehen.
Um die Pflege als Beruf aufzuwerten und angemessen zu bezahlen, bedarf es nämlich mehr als einer Imagekampagne. Natürlich muss auch am Image gearbeitet werden. Es geht aber auch um die Fakten. In diesem Punkt muss ich meiner Kollegin von der FDP, bezogen auf die Zahlenverhältnisse, die sie aufgezeigt hat, Recht geben. Durch das Wegfallen der Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit stehen wir vor neuen Tatsachen. Diesen müssen wir begegnen. Ich denke, das wird eine Debatte im Ausschuss wert sein. Die Ministerin hat schon gehandelt und ist den ersten Schritt gegangen, um zum einen mehr Nachwuchs für die Pflegeberufe zu gewinnen und um zum anderen durch eine gemeinsame Ausbildung verschiedener Pflegeberufe an der Integration des Pflegeleitbildes zu arbeiten.
Wir brauchen in erster Linie neue und bedarfsgerechte Angebote für eine ambulante und für eine teilstationäre Pflege, zum Beispiel auch in Haus- und Wohngemeinschaften. Dieser Ansatz wird durch das Konzept „PflegePlus" unterstützt und in das soziale Umfeld eingebettet. Wir begrüßen das. Wir glauben, dass es richtig und notwendig ist, Pflegeeinrichtungen für die Gesellschaft zu öffnen.
Ich möchte an dieser Stelle auch einen kleinen, zarten Hinweis auf die Initiative des Sozialausschusses geben. Mit der Ausschreibung eines Preises für das Zusammengehen von Jung und Alt hoffen wir, auch ein Stück Öffentlichkeitsarbeit für dieses Anliegen zu leisten.
An dieser Stelle werbe ich also ausdrücklich für den Tag der Initiativen, den wir im Oktober veranstalten.
Wir werden uns aber auch Gedanken darüber machen, wie andernorts bereits erfolgreich mit dem Thema Demenz umgegangen wird. Hier möchte ich besonders für das Modell, das wir in Berlin kennen lernen konnten, werben. Dort werden in inzwischen über 100 Wohneinheiten Menschen mit Demenzerkrankungen professionell und rund um die Uhr betreut.
Dies geschieht durch ein festes Team und unter großer Mitwirkung der Angehörigen. Das kostet nicht mehr als ein Heimaufenthalt - oft sogar weniger - und fördert die Lebensqualität aller Beteiligten. Es ist überhaupt nicht schwierig, Pflegekräfte für diese Wohnprojekte zu finden; denn dort wollen die Leute gern arbeiten.