Protocol of the Session on September 23, 2004

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Für die Veräußerung der Kommanditanteile an NordwestLotto bitte ich um Abstimmung über die vom Finanzausschuss beschlossene Empfehlung.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Neugebauer, von uns kommt ein volles, kräftiges Nein, und zwar unter vollen Segeln und nicht unter Segelfetzen, liebe Kollegin Kähler!

Eben hat der Landtag unter anderem die gesetzliche Grundlage für das beschlossen, was Sie jetzt durchziehen wollen, liebe Frau Kollegin Kähler, den Immobiliendeal bei Lotto. Darüber haben wir schon im August debattiert. Ich habe damals angekündigt, dass wir diesen Antrag ablehnen werden. Ich sage Ihnen heute: Wir bleiben dabei. Denn seit August sind die Tatsachen dieser Transaktion völlig unverändert.

Die Landesbank will NordwestLotto an die Investitionsbank verkaufen. Die Investitionsbank soll dafür Schulden aufnehmen und das Geld ans Land überweisen. Zins und Tilgung soll die Investitionsbank aus den Nettoglücksspielerträgen bezahlen. Völlig egal, wie viele Briefkastenfirmen Rot-Grün zwischen dem Land und der landeseigenen Investitionsbank aufbaut: Selbstverständlich ist dieser Lottodeal eine verdeckte Kreditaufnahme des Landes. Da nützt es auch

nichts, dass Sie hier sehr charmant, aber immer falsch das Gegenteil behaupten, liebe Frau Kollegin Kähler.

Die Briefkastenfirmen haben übrigens nur einen Zweck: Das Land kann dadurch Steuern sparen. Lieber Herr Finanzminister, diese Art der Steuervermeidung beschimpft Rot-Grün übrigens bei allen anderen immer lauthals.

Der Landesrechnungshof hat die Schwächen dieses landesinternen Scheingeschäftes schonungslos aufgedeckt. Unter anderem hat er nachgewiesen, dass das Land bei dem Geschäft Geld verliert, dass die Landesregierung diese Verluste dadurch zu übertünchen versucht, dass sie sich den kalkulatorischen Zinssatz zurechtmogelt und dass die Landesregierung der Investitionsbank verdeckte Risiken aufbürdet. Weil die Investitionsbank dem Land gehört, steht das Land im Zweifel mit in der Pflicht. Der Finanzminister streitet das ab. Das ist sein gutes Recht, aber Recht hat er deswegen noch lange nicht. Seine rhetorischen Klimmzüge helfen ihm nicht; die Tatsachen widerlegen ihn. Der Landesrechnungshof widerlegt Sie, Herr Dr. Stegner!

Damit steht der Lottodeal in einer langen teuren und traurigen Reihe rot-grüner Geschäfte zulasten unseres Landes: 1994 der Verkauf von Landesbankanteilen, 1995 der Verkauf der Provinzial, 1997 der Verkauf von Forderungen, 1998 eine Sonderausschüttung aus dem LEG-Vermögen, 1998 und 2000 der Verkauf der Anteile am Flughafen Hamburg, 1999 der Griff in die Kasse der Investitionsbank, ab 1999 der Immobiliendeal, 2001 und 2004 der Verkauf der LEG. Bei all diesen Geschäften hat die Landesregierung das Vermögen des Landes nicht so teuer wie möglich verkauft, sondern für leere Versprechungen Abschläge eingeräumt. Schleswig-Holstein hat dadurch Milliardenbeträge verloren. Selbstverständlich wurden mit den erzielten Erlösen keine Schulden gedeckt. Die einmaligen Einnahmen brauchte die Landesregierung jeweils, um einen Teil ihres ausufernden Staatskonsums zu bezahlen. Das Einzige, was dem Land davon geblieben ist, ist ein rot-grüner Schuldenberg, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

So hat der Lottodeal nur einen einzigen positiven Aspekt: Es ist das letzte rot-grüne Verlustgeschäft dieser Art. Hätte die Landesregierung beim Lottoverkauf zugunsten des Landes handeln wollen, hätte sie die Lottostaatsverträge verworfen und die Lottogesellschaft meistbietend versteigert. Aber die Landesregierung will ja gar nicht so viel Geld wie möglich für das Land einnehmen. Rot-Grün will nur noch

(Dr. Heiner Garg)

möglichst schnell verdeckt ein paar Schulden aufnehmen, um die Beschleunigung der offiziellen Neuverschuldung noch ein bisschen zu bremsen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, schadet dem Land und weil es dem Land schadet, wird es Rot-Grün auch nicht nutzen. Die Tage, lieber Herr Finanzminister Stegner, von Rot-Grün sind gezählt. Rot-Grün ist für Schleswig-Holstein nur noch ein Block versunkener Kosten.

(Zuruf der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

- Frau Schümann, dass Sie da laut werden, dass Sie das verstehen, zeigt mir, dass Sie es bisher nicht verstanden oder nicht zugehört haben. Aber irgendwie ist es Klasse, weil ich weiß, Sie reagieren da reflexartig.

Rot-Grün ist wirklich nur noch ein Block versunkener Kosten. Das ist das Wesen versunkener Kosten, lieber Herr Dr. Stegner, dass sie für die Zukunft keine Rolle mehr spielen. Sie werden in der Zukunft dankenswerterweise keine Rolle mehr spielen. Wir lehnen heute diesen Antrag aus Überzeugung ab.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt Frau Abgeordneter Monika Heinold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Garg, ich gratulieren Ihnen auch von dieser Stelle zu Ihrem Wunschkoalitionspartner.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Was ich mir wün- sche, wissen Sie doch gar nicht!)

- Ich kann verstehen, wenn Sie sich etwas anderes wünschen, als beschlossen wurde.

Meine Damen und Herren, der Finanzausschuss hat sich ausführlich mit der Frage der Wirtschaftlichkeit des Verkaufs beschäftigt. Festzustellen ist, die Höhe der Lotteriesteuer und der Zweckerträge verringern sich durch den Verkauf nicht. Die Investitionsbank ist ein bewährter und guter Partner des Landes. Der jährliche Überschuss aus Lotto geht zwar dem Land vorerst verloren, aber in dem Moment, in dem die Investitionsbank Überschüsse macht, kommen die Mittel den vom Land definierten Förderzwecken der Investitionsbank wieder zugute.

Der Landesrechnungshof hat den Verkauf auf seine Wirtschaftlichkeit und seine Rechtssicherheit hin überprüft und dem Parlament damit eine Hilfestellung

für die Entscheidungsfindung gegeben. Dabei hat der Rechnungshof die Wirtschaftlichkeit und die Kreditfrage anders bewertet als die Landesregierung und zudem die Frage der EU-Konformität aufgeworfen. Dem Finanzausschuss ist vom Rechnungshof und vom Finanzministerium dargestellt worden, warum die jeweiligen Wirtschaftlichkeitsberechnungen voneinander abweichen. Zinsschätzungen sind zurzeit schwer prognostizierbar. Das war der eine Grund. Die Folgen der Regionalisierung der Lottoeinnahmen sind schwer kalkulierbar. Das war ein anderer Grund. Ich gehe davon aus, dass die Zahlen und Annahmen der Regierung genauso belastbar sind wie die des Rechnungshofes und dass wir beide Berechnungen gleichberechtigt nebeneinander stehen lassen können.

Zur Frage des EU-Wettbewerbsrechts hat der Finanzminister ausgeführt, dass er sich im Bundesfinanzministerium rückversichert hat, dass der von der Landesregierung vorgeschlagene Weg EU-konform ist.

Der dritte strittige Punkt war, ob die Einnahmen aus dem Verkauf haushaltsrechtlich wie ein Kredit des Landes bewertet werden müssen. Da das Land den aufgenommenen Kredit der Investitionsbank nicht durch anschließende laufende Zahlungen bezahlt, sondern die Investitionsbank ihre Belastung aus dem Kauf der Gesellschaftsanteile durch die Einnahmen des Glücksspiels finanziert, teilen wir die Einschätzung des Rechnungshofes nicht.

In der Abwägung aller Argumente kommt meine Fraktion zu der Bewertung, dass wir dem von der Regierung vorgeschlagenen Weg folgen.

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben im Finanzausschuss dieses Thema ausführlich in mehreren Sitzungen diskutiert. Wir hatten eine genauso ausführliche Diskussion in der AugustTagung des Landtages. Darum werde ich meine Argumente jetzt nicht wiederholen. Ich denke mir, es hat seit der August-Tagung des Landtages keine neuen Argumente gegeben. Darum bleibe ich dabei, wir haben zwei Gutachten, ein Gutachten des Landesrechnungshofes mit den von der Kollegin Heinold genannten Kritikpunkten, und ein Gegengutachten der Landesregierung. Letztlich stehen wir vor einer ganz schwierigen Beurteilung und letztlich haben wir es

(Anke Spoorendonk)

mit einer politischen Bewertung zu tun. Wer immer meint, es gebe hier eine hundertprozentig objektive Bewertungsmöglichkeit, der irrt aus unserer Sicht. Wie kann es sonst angehen, dass zwei verschiedene und gut ausgearbeitete Stellungnahmen genau das Gegenteil aussagen? Wir haben uns mit dieser Problematik nicht nur vor dem Hintergrund des letzten Tagesordnungspunktes, sondern auch vor dem Hintergrund dessen, was im Finanzausschuss diskutiert wurde, sehr eingehend befasst. Wir bleiben dabei, dass wir keine Privatisierung der Lottogesellschaft wollen. Von daher steht uns nur dieser Weg offen.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich Herrn Finanzminister Dr. Stegner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl Sie von der rechten Seite mich immer wieder enttäuschen, was Ihre Bereitschaft angeht, auf Fakten zu reagieren, möchte ich die Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen, unsere Gründe für den Verkauf von NordwestLotto geduldig erneut darzulegen. Lieber Herr Arp, Sie sind ein sympathischer Mensch, deswegen erspare ich es mir, auf die Widersprüche Ihres Beitrages einzugehen.

Der Landesgesetzgeber hat mit dem Haushaltsgesetz 2004/2005 beschlossen, Anteile an NordwestLotto zu veräußern. Bis Ende 2004 soll der Verkauf erfolgt sein. Selbstverständlich kommt die Landesregierung diesem Auftrag des Landtages nach. Wir sind uns fraktionsübergreifend einig, dass ein Verkauf sinnvoll ist, aber viel weiter scheint die Einigkeit leider nicht zu gehen. Einiger als mit der Opposition bin ich da schon mit dem Landesrechnungshof. Bei den sachorientierten Diskussionen im Finanzausschuss am 19. August 2004 wurde deutlich, dass wir den Anforderungen des Landesrechnungshofes Rechnung tragen. Ich danke noch einmal an dieser Stelle dem Herrn Präsidenten für die konstruktive Auseinandersetzung.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir haben nachgewiesen, dass es sich nicht um eine verdeckte Kreditaufnahme handelt, dass der Kaufpreis seriös ermittelt wurde und die Lösung der Landesregierung EU-rechtskonform ist. Die Opposition hingegen macht es sich ein wenig zu bequem. Sie stellt ungeachtet der ihr vorliegenden Informationen die Behauptung in den Raum, die sie nicht belegen

kann. Sie hat leider an einer inhaltlichen Sachdebatte wenig Interesse.

Ich bin erstaunt darüber, dass in der Finanzausschusssitzung am 2. September 2004 kein inhaltlicher Diskussionsbedarf mehr bestand, wo doch die Kritik im Landtag von Ihnen mit so viel verbaler Schärfe in der letzten Runde vorgetragen worden ist. Nur Gemeinplätze und Fensterreden sind selbst für eine Opposition ein bisschen wenig. Wie man auf der einen Seite vorwerfen kann „linke Tasche, rechte Tasche“ und sich auf der anderen Seite darüber beschwert, dass die öffentlichen Hände untereinander Steuern sparen, vermag mein Verständnis von Logik nicht zusammenzubringen, muss es ja vielleicht auch nicht.

Doch zurück zu den Behauptungen, die hier erneut aufgestellt worden sind. Erstens zur Forderung nach einer echten Privatisierung. Immer noch scheint die größere Oppositionspartei nicht erkannt zu haben, dass die Erfüllung dieser Forderung ungesetzlich wäre; das will ich hier einfach mal feststellen. Mit dem in diesem Haus verabschiedeten Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über das Lotteriewesen in Deutschland und dem soeben verabschiedeten Lotterie- und Sportwettengesetz des Landes SchleswigHolstein ist die von Ihnen vorgeschlagene Privatisierung nicht möglich. Ich bin froh, dass wenigstens Herr Dr. Garg diesen Punkt verstanden zu haben scheint. Insgesamt ist aber Ihre Alternative nicht deutlich geworden. Sie meckern zu dem Punkt zwar, aber ich habe nicht das Rechenkunststück verstanden, wie Sie die Erträge erhöhen wollen, wenn Sie Zweckerträge verkaufen. Das passt logisch alles irgendwie nicht zusammen. Sie geben sich da wenig Mühe.

Die so genannte Vollprivatisierung kam aber aus einem anderen Grund für die Landesregierung nicht infrage. Ich kann gut verstehen, dass die Beschäftigten des NordwestLotto wegen dieser Debatte inzwischen nervös geworden sind. Das müssen sie aber nicht, weil nach der Wahl das Gleiche sein wird wie vor der Wahl.

(Lachen bei CDU und FDP)

Könnte sich nämlich die Opposition mit einem Verkauf an private Dritte durchsetzen, dann wäre die Angst um die Arbeitsplätze berechtigt. Aufgrund des Lotto-Staatsvertrages ist eine Vollprivatisierung aber bis 2014 unmöglich. Wir sichern allen Beschäftigten zu, dass sie mit allen Rechten und Pflichten in die neue Gesellschaft übernommen werden.

Zweitens zur Kritik an der Wirtschaftlichkeit eines Verkaufs und an der Kaufpreishöhe! Bei einem Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen Verkauf und Nichtverkauf ergibt sich unter Einbeziehung der

(Minister Dr. Ralf Stegner)

Hinweise des Landesrechnungshofs, dass wir mit einer vorsichtigen Überschussprognose auch vor dem Hintergrund der Privatisierung richtig liegen. Der Kaufpreis wurde auf der Grundlage eines renommierten Wertgutachtens festgesetzt. Die Opposition sollte sich hinsichtlich des Gegenstandes ihrer Kritik entscheiden. Es ist zwar nicht wahrscheinlich, aber wenn - man kann sich das vorstellen - in späteren Jahren ein Student ein solches Plenarprotokoll zu Forschungszwecken liest, dann müssten Sie an dieser Stelle, was die Logik Ihrer Argumente betrifft, rot vor Scham werden.

Lieber Herr Garg, was Ihre Heldenträume angeht, so bin ich - das habe ich Herrn Kubicki schon gesagt - sehr gern bereit, am Wahlabend des 20. Februar bei Ihnen vorbeizukommen, damit wenigstens einer etwas zu lachen hat.

Drittens. Was die verdeckte Kreditaufnahme angeht, so ist es keine Kreditaufnahme des Landes. Der Erwerber entscheidet frei, ob zum Erwerb des Vermögensgegenstandes Barmittel verwendet, stille Reserven realisiert oder Kredite aufgenommen werden. Der Kredit wird nicht vom Land bedient, nicht einmal indirekt, sondern aus den Gewinnen des NordwestLottos. Damit gibt es keinerlei Fakten, die den Vorwurf einer verdeckten Kreditaufnahme stützten.

Was das europäische Recht angeht, will ich mit Blick auf meine Redezeit meine Argumente vom letzten Mal nicht wiederholen. Sie stehen im Protokoll.