Protocol of the Session on November 10, 2004

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(Zuruf)

- überhaupt nicht Schiss! - versucht, mit Mitteln ihrer Mitglieder in den Wahlkampf einzugreifen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Da Sie als Sozialdemokraten das jetzt goutieren und sagen, das sei so in Ordnung, können jetzt auch Landwirtschaftskammer, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern als öffentlich-rechtliche Körperschaften in den Wahlkampf eingreifen und ihre Mitglieder auffordern, nicht Rot-Grün zu wählen, weil die Wirtschaftspolitik unter aller Sau ist und die Unternehmen leiden.

(Beifall bei der CDU)

Kammern, nicht Verbände! Nicht Bauernverband, nicht private Organisationen, sondern Kammern, öffentlich-rechtliche Einrichtungen! Das ist eine neue Qualität. Ich bin sehr dafür, dass wir das beibehalten -

(Wolfgang Kubicki)

dann aber auch gegen euch und nicht nur gegen uns. Ich habe überhaupt keine Probleme damit.

Ich halte das für in Ordnung, weil sich die Funktionäre des Sparkassen- und Giroverbandes und die Sozialdemokraten entlarven. Warum entlarven sie sich? - Ich höre: Niemand will es. Wenn das so ist, braucht ihr überhaupt keine Angst zu haben. Dann können wir doch einfach die gesetzlichen Möglichkeiten schaffen, dass die kommunalen Entscheidungsträger eine entsprechende Entscheidung treffen können, weil es doch keiner will. Dann passiert doch nichts. Offensichtlich besteht doch die Angst, dass es Leute - entgegen der Verbandsaussagen - wollen. Sonst müssten Sie nicht darauf bestehen, dass der Gesetzgeber dem einen Riegel vorschiebt.

(Beifall bei der CDU)

Wenn ich die Sozialdemokraten gerade richtig verstanden habe, dann ist Privatisierung oder die Umwandlung in eine private Rechtsform per se schlecht. Dann frage ich, warum die Landeskliniken in eine private Rechtsform übergeführt werden sollen. Dann frage ich, warum die LEG in eine private Rechtsform übergeführt worden ist. Dann frage ich, warum die HSH Nordbank in eine private Rechtsform übergeführt worden ist. Kollege Hay und andere müssten doch dann jetzt massiv dafür eintreten - Neugebauer, ich habe dich doch bei den Demonstrationen erlebt -, dass die Post wieder verstaatlicht wird, die Telekom wieder verstaatlicht wird, die Lufthansa wieder verstaatlicht wird, weil dort die Mitarbeiter drangsaliert worden sind, die Kunden schlecht bedient worden sind und anderes mehr. Welch ein Unsinn! Ihr wisst es doch, welch ein Unsinn das ist.

Ich sage euch Folgendes voraus. Der Finanzminister grinst doch schon vor sich hin. Die Wahl ist gelaufen und, Gott bewahre, Rot-Grün regiert weiter - dann dauert es keine drei Monate, dann werden die Jungs, die den Sparkassen- und Giroverband mit der Haspa unter einem Dachverband gemeinsam organisieren wollen, auf den gleichen Tripp kommen und sagen: Wir müssen selbstverständlich bei uns in SchleswigHolstein die private Rechtsform einführen, damit Überkreuzbeteiligungen möglich sind.

Ich habe mit Herrn Dielewicz darüber geredet und gesagt: Herr Dielewicz, Sie sind Sozialdemokrat, dafür können sie nichts, aber Sie können doch einmal nach vorn denken.

(Beifall bei FDP und CDU)

- Der Mann wird auch hoch bezahlt. Ich habe nichts gegen seine Bezahlung.

Stellen Sie sich einmal vor, wir wandeln das um, und Sie als intelligenter Sparkassen- und Giroverband würden organisieren, dass an allen Sparkassen eine 25,1-prozentige Überkreuzbeteiligung stattfindet. Dann haben Sie eine Schleswig-Holstein AG und niemand kann gegen Ihren Willen in die Sparkassenlandschaft eindringen. Niemand. Weder die Haspa noch sonst jemand. Denken Sie doch einfach einmal kreativ, anstatt sich rückwärtsgewandt in einen Wahlkampf einzumischen, den Sie so verlieren werden.

Ich habe ihm in aller Ruhe eines gesagt: Sie haben eine Chance. Es kann sein, dass Ihre Kampagne wirkt und Rot-Grün gewinnt. Dann können Sie sich freuen. Wir gucken uns in Ruhe an, was anschließend passiert. Wir gucken uns dann auch an, wie die Verbandsfusion Schleswig-Holstein/Niedersachsen dann nicht stattfindet. Warten wir einmal ab.

(Glocke der Präsidentin)

- Letzter Satz! Es kann auch sein, dass die Kampagne nicht funktioniert. Dann sagen wir Ihnen zu, dass wir nach dem 20. Februar 2005 trotz Ihrer Kampagne weiter mit Ihnen reden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Frau Abgeordnete Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon lustig. Da läuft die CDU der FDP programmatisch hinterher, ohne mit ihren Landräten vor Ort zu kommunizieren - alles CDU-Mitglieder.

(Uwe Eichelberg [CDU]: Das hast du aber gedacht!)

Anschließend kommen die CDU-Landräte, die alle in den Verwaltungsräten sitzen, und die anderen CDUPolitiker in den Verwaltungsräten zu ihrer Fraktion und sagen: Halt, stopp, ihr lauft in die falsche Richtung, bitte lasst uns noch einmal diskutieren. Und schon stellt sich die CDU hier hin, fühlt sich ferngesteuert - anscheinend von ihren CDU-Landräten -, fühlt sich unter Druck gesetzt - von ihren CDULandräten. Ich frage Sie: Was für eine Politik machen Sie, wenn Ihre CDU-Landräte - wie Sie sagen - für uns Wahlkampf machen?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

(Monika Heinold)

Das sollten Sie, meine Damen und Herren von der CDU, miteinander diskutieren, statt Ihre Fraktionsspitze hier in die Bütt zu schicken.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Warten Sie mal drei Monate ab! - Thomas Stritzl [CDU]: Wir sind eine christliche Partei! - Heiterkeit)

- Herr Stritzl, ich weiß aus Erfahrung, dass es in der eigenen Partei manchmal schwer ist.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Thomas Stritzl [CDU]: Man muss auch gön- nen können! - Klaus-Dieter Müller [SPD]: So viel Wahlhilfe ist ein bisschen viel!)

Ein Letztes. Für uns ist es in den letzten neun Jahren, seitdem wir hier Politik aktiv mitgestalten, völlig normal gewesen und immer noch normal, dass sich die einzelnen Interessengruppen - man mag sie auch Lobbygruppen nennen - einmischen, dass sie sich in den Wahlkampf einmischen, dass sie Wahlkampfprüfsteine machen und uns zuschicken. Es gibt genug Veranstaltungen, in denen wir die „Bösen“ sind,

(Thomas Stritzl [CDU]: Das seid ihr sowie- so!)

weil wir die Lobby nicht bedienen können und in denen Sie damit glänzen, indem Sie Ihre Wahlversprechen ausbreiten. Insofern halte ich es für gerecht, dass ein Verband auch einmal guckt, was diese CDU eigentlich will, und sich damit beschäftigt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Professor Müller das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Doch nicht der!)

Meine Damen und Herren! Ich wundere mich doch. Sie spielen sich hier als Henker der Sparkassenorganisationen auf und wundern sich, dass die sich wehren. Das hat für uns wenig mit Wahlkampf zu tun, sondern mehr damit, sich mit Ihnen auseinander zu setzen.

Ich möchte die Polemik eigentlich wieder ein wenig zurückdrehen.

(Veronika Kolb [FDP]: Wie sollte Ihnen das gelingen?)

Herr Kubicki, Sie haben sich in Ihrem Wortbeitrag damit auseinander gesetzt, dass die Eigenkapitalversorgung insbesondere unserer kleinen und mittelständischen Unternehmen zu gering ist. Das ist gar keine Frage.

Dass es hier einen Anpassungsbedarf gibt, ist auch zutreffend. Aber ich bitte bei allen Überlegungen auch zu bedenken, dass dieser Anpassungsbedarf gerade für viele kleine und mittlere Unternehmen nicht von heute auf morgen darstellbar ist und dass man ihnen nicht mit der Pistole auf der Brust kommen kann. Dann gehen nämlich viele in die Knie. Es bedarf hier sicherlich auch Übergangsphasen und daher auch einer verstärkten Unterstützung der kleinen und mittleren Betriebe.

Ich möchte auch davor warnen - das haben Sie auch gesagt, Herr Kubicki -, dass Sie sagen, die Risiken bei vielen der abgeforderten Kredite von kleinen und mittleren Unternehmen seien zu hoch. Sie wissen - und das bitte ich zu bedenken -, dass bei den Gründen, warum die großen Geschäftsbanken Kreditanträge von kleinen und mittleren Unternehmen ablehnen, eben nicht die Risiken vorrangig sind, sondern es sind tatsächlich die zu geringen Margen, die bei kleinen Krediten stattfinden.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Wir haben es so weit getrieben, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau die Margen bei ihren Krediten sehr hoch angesetzt hat. Dennoch haben die großen Geschäftsbanken diese Kredite lange nicht in der Form in Anspruch genommen, wie sie es hätten tun können. Herr Reich sitzt auf vielen Milliarden, die nicht abgerufen wurden. Das ist das Problem.

Die Sparkassen - das wissen wir - handeln anders. Sie tragen eine andere regionale Verantwortung. Sie verspüren eine andere Verantwortung gerade gegenüber den mittelständischen Betrieben und dieses tun sie nicht zuletzt deswegen, weil die Träger dieser Sparkassen dieses auch ein Stück von ihnen verlangen. Das ist in dieser wirtschaftlichen Situation, in der wir uns befinden, für unsere kleinen und mittleren Unternehmen gut so und deshalb sollten wir die Gedanken der Privatisierung zu diesem Zeitpunkt nicht weiter verfolgen.

(Beifall bei der SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Es redet doch niemand von Privati- sierung!)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Hay das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich, Herr Kayenburg, Herr Kubicki, dass Sie meine Bemerkungen getroffen haben und dass wir von Ihnen sehr deutlich gehört haben, welche Auffassung Sie hinsichtlich einer Demokratie haben.

Wir haben jahrelang aushalten müssen, dass Interessenverbände gegen bestimmte politische Dinge protestiert und demonstriert haben. Nun müssen Sie es in einem Fall aushalten und da kommen Sie mit verfassungsrechtlichen Bedenken und Aussagen wie „Gesteuert aus Berlin“. Dieses „Gesteuert aus Berlin“ erinnert mich ganz fatal, Herr Kollege Kayenburg - ich habe Geschichte studiert -, an ein Plakat der 50erJahre. Mit einem solchen Vokabular sollten wir vorsichtig sein. Wir stehen dazu, dass Demonstrationen auch stattfinden können, wenn sie unangenehm sind. Das gehört zu einer Demokratie. Das müssen Politiker aushalten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)