Protokoll der Sitzung vom 18.10.2000

(Zurufe der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Martin Kayenburg [CDU]: Zuerst Tagesordnungspunkt 43!)

(Unterbrechung: 13:06 bis 15:05 Uhr)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir treten wieder in die Beratung ein.

Bevor ich Tagesordnungspunkt 43 aufrufe, will ich bekannt geben, dass wir die nächsten Redezeiten manuell stoppen, bis das kleine technische Problem mit der Zeitanzeige hier oben gelöst ist.

(Holger Astrup [SPD]: Wenn das mal gut geht!)

- Die guten Wünsche des Kollegen Astrup für dieses Vorhaben nimmt das Präsidium dankend entgegen.

Wir treten nun in die Beratung ein und ich rufe den Tagesordnungspunkt 43 auf:

Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen

Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/82

Bericht und Beschlussempfehlung des Europaausschusses Drucksache 15/459 (neu)

Ich erteile dem Berichterstatter des Europaausschusses, Herrn Abgeordneten Rolf Fischer, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Innenund Rechtsausschuss sowie der federführende Europaausschuss haben den Ursprungsantrag des SSW in mehreren Sitzungen beraten. Diese Diskussion ist durch weitere Stellungnahmen begleitet worden. Ich möchte mich besonders beim Wissenschaftlichen Dienst des Landtages und bei der Minderheitenbeauftragten der Landesregierung, Frau Schnack, ganz herzlich für diese Arbeit bedanken.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich möchte mich insbesondere deshalb bedanken, weil es so gelungen ist, den größten Problempunkt, nämlich die Diskussion über die Qualität der Sprachkenntnisse als Einstellungskriterium zu lösen und eine rechtlich abgesicherte und der Charta adäquate Formulierung zu

finden. Die beiden ersten Punkte des neuen Antrags berücksichtigen dies.

Dank deshalb an dieser Stelle auch dem SSW, der die kritischen Punkte aus der Landtagssitzung sehr schnell aufgenommen und seinen Antrag entsprechend neu ausgerichtet hat. So war es möglich, einen interfraktionellen Antrag zu formulieren, im Europaausschuss einstimmig zu verabschieden und dem Parlament heute vorlegen zu können.

Die Europäische Sprachencharta ist neben der Menschenrechtskonvention und der neuen Grundrechtecharta, über die wir hier noch reden werden, eine wichtige Säule europäischer Politik. Sie ist dabei ein Instrument zur Stärkung des Europas der Regionen. Bürgerinnen und Bürger können unmittelbar Regeln und Umsetzung beeinflussen. Dies gilt es zu nutzen.

Ich weise an dieser Stelle darauf hin, dass der Focus dieser Charta nicht beim Minderheitenrecht liegt; sie ist ein Instrument des Sprachenschutzes. Das ist ein kleiner, aber sehr wichtiger Unterschied, denn der Adressat dieser Charta sind nicht ausschließlich die Minderheiten, sondern der Adressat dieser Charta ist auch die jeweilige Mehrheit. Das heißt, ihre Umsetzung geht uns alle an und ist nicht in einen Bereich der Minderheiten abzuschieben oder wegzudrängen.

(Beifall bei SPD und SSW)

Mehrsprachigkeit als Chance und Vielsprachigkeit als kultureller Reichtum, das ist das Credo der Charta. Wer seine Sprache verliert, verliert einen Teil seiner Identität, egal ob Friese, Sinti, Däne oder Plattdeutscher. Wir wollen das Vielsprachenland SchleswigHolstein erhalten. Dazu dient die Umsetzung der Charta.

Folgende Prinzipien und Ziele gilt es in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen.

Erstens: Die Charta hat einen dynamischen Charakter. Das heißt, es können Verpflichtungen nachgemeldet oder verändert werden. Der regelmäßig vorzulegende Bericht ist deshalb Bilanz und Auftrag zugleich. Dies ist ein zentraler Punkt der Umsetzung. Ich weiß, dass es eine Diskussion insbesondere mit der Minderheit der Sinti und Roma gibt, die gern in den Teil III der Charta wollen. Wir sollten deutlich machen, dass der dynamische Prozess bedeutet, dass durchaus eine Chance zur Aufnahme besteht, wenn die Punkte zur Anmeldung da sind.

(Beifall bei SPD und SSW)

Zweitens: Die Charta muss auch auf kommunaler Ebene stärker als bisher wahrgenommen werden. Auch die Kommunen stehen in der Pflicht der Umsetzung.

(Rolf Fischer)

Das ist nicht nur eine Aufgabe der Landespolitik. So ist es, um einmal ein Beispiel aus der Praxis zu nennen, durchaus leicht und auch nicht kostenintensiv, deutlich und sichtbar zu machen, welche Mitarbeiter etwa plattdeutsch oder eine Minderheitensprache sprechen und dies auch am Arbeitsplatz tun wollen.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Sehr gut!)

Minderheitensprachen spielen auch in diesem Haus eine große Rolle. Ich möchte einen Vorschlag des Kollegen Harms aufgreifen und wiederholen. Wenn der Landtag schon umgebaut wird, wenn wir hier schon ein neues Haus bekommen, sollte man für die Beschilderung im Haus mehrsprachige Ausführungen wählen und nicht nur beim Deutschen bleiben.

(Beifall bei SPD und SSW)

Drittens: Wir müssen auch in den Bereichen Wirtschaft, Medien und Justiz für die Umsetzung der Charta werben. Insbesondere im Medienbereich könnte es zu erfolgreichen Kooperationen zwischen dem NDR und den Minderheiten kommen, um gemeinsame Projekte auf den Weg zu bringen.

Viertens: Die Umsetzung der Charta bedarf wissenschaftlicher Unterstützung und Expertenwissen. Wir haben Hochschulen mit entsprechenden Fachleuten. Wir haben auch wissenschaftliche Einrichtungen der Minderheiten. Hier Kooperationen anzuschieben, entspricht dem Geist der Charta. Ich denke, dass die angekündigte Expertenrunde beim Landtagspräsidenten oder vor kurzer Zeit die wissenschaftliche Tagung beim ECMI zur Umsetzung, zur Implementierung der Charta gute Ansätze sind. Ich bin überzeugt: Wir können in dem Verfahren der Implementierung bundesweit Zeichen setzen. Wir haben dazu in Schleswig-Holstein sowohl die Kompetenz als auch die Möglichkeiten.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und SSW)

Der fünfte Punkt: Die Berichte - nicht nur der nationale Bericht - bieten die Chance zur kontinuierlichen Prüfung und zum Monitoring. Die damit verbundenen Plenardebatten schaffen Öffentlichkeit und sind meinungsbildend. Sie unterstützen im Übrigen das Prozesshafte der Charta.

Ich komme damit zum Schluss - fast vor Ablauf meiner Redezeit. Das Jahr 2001, das Europäische Sprachenjahr, ist für uns Anlass, die Umsetzung der Charta voranzutreiben und uns gemeinsam für dieses Instrument und die Sprachen unserer Region einzusetzen vielstimmig in der Form, aber einstimmig in der Sache. Ich danke an dieser Stelle ganz ausdrücklich den Kolleginnen und Kollegen des Europaausschusses für die sehr konstruktive Debatte und für die Möglichkeit, diesen Antrag einstimmig durchzusetzen.

(Lothar Hay [SPD]: Ein sehr guter Ab- schluss!)

- Der Abschluss kommt gleich noch. Ich sage Dank für Ihr Verständnis, denn mit einem Halskatarrh über die Sprachencharta zu reden, ist auch nicht gerade leicht. In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit, verbunden mit der Bitte um Zustimmung.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW sowie von Abgeordneten der CDU)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Wortmeldungen zum Bericht liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

Ich lasse über den Antrag in der empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der CDU)

Bevor ich Tagesordnungspunkt 15 aufrufe, möchte ich ganz herzlich unsere Gäste auf der Tribüne begrüßen. Es handelt sich zum einen um den Seniorenbeirat der Gemeinde Scharbeutz und zum anderen um die Senioren der IG Metall Flensburg. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Leitlinien für eine ordnungsgemäße Landbewirtschaftung in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/461

Ich frage, ob das Wort zur Begründung gewünscht wird. - Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU hat der Herr Abgeordnete Peter Jensen-Nissen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte es grundsätzlich für gut und richtig, eine Annäherung von Landwirtschaft und Naturschutz durch eine intensive Diskussion herbeizuführen.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube aber, das, was wir in den Leitlinien der Landesregierung vorgelegt bekommen haben, ist kontraproduktiv. Ich bedauere, dass hier eine Chance