Ich komme zu dem Haudrauf-und-Schluss-Argument mit den Hauptschulen. Die einzigen Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland, die Hauptschulen bisher abgeschafft haben, waren bis auf eine Ausnahme CDU-regiert. In keinem allein von der SPD regierten Land ist die Hauptschule abgeschafft worden. Dies gilt für Sachsen-Anhalt, Thüringen und das Saarland. Es geht auch gar nicht darum, eine Schulform abzuschaffen. Es geht darum, eine Schulentwicklung zuzulassen, die kooperative und integrative Modelle beinhaltet, ob man sie Regionalschule, Sekundarstufe oder wie auch immer nennt. Die Bundesländer gehen unterschiedliche Wege.
Ich will, meine Damen und Herren, abschließend nur so viel sagen: Ich glaube, dass der Prozess deutlich kreativer und an der Sache orientierter verlaufen wird, übrigens auch unter Beteiligung der Union. Das zeigen andere Bundesländer und das zeigen die Diskussionen auf nationaler Ebene. Ich wünsche mir sehr, dass Schule so gestaltet wird, dass man bei Problemen und Defiziten nicht mit Rückstufung und Sitzenbleiben reagiert, sondern die Probleme mit Fordern und Fördern positiv aufgreift. Dies wollen wir. Ich bin sicher, auch Sie werden irgendwann dahinterkommen.
Bevor ich weiter das Wort erteile, will ich Gäste begrüßen. Auf der Tribüne haben Bürgerinnen und Bürger aus dem Kreis Pinneberg sowie Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften der Rektor-Simonsen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Opposition hat seit gestern Wahlhelfer in Form von zwei Lehrerverbänden. Ich muss ehrlich sagen, ich finde es ausgesprochen ungewöhnlich, dass sich ein Berufsverband von Beamten aufgefordert fühlt, hier Position zu beziehen.
Meine Damen und Herren, überlegen wir doch einmal: Wenn in den Grundschulen gewährleistet ist, dass leistungsstarke Schüler leistungsstarke Schüler bleiben
- ein notwendiger Einstieg, lieber Herr Kollege -, und wenn wir wissen, dass leistungsschwächere Schüler in den Klassengemeinschaften nur profitieren können, dann muss man sich fragen, warum das eigentlich nicht weitergehen kann. Es gibt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, keinen wissenschaftlichen, keinen biologischen, keinen entwicklungsphysiologischen oder pädagogischen Beweis, dass man mit Beginn der fünften Klasse eine Trennung von leistungsstärkeren und leistungsschwächeren Schülern vornehmen muss.
Es waren in Deutschland wie in Schleswig-Holstein ausschließlich historische standespolitische Entscheidungen, die 1919 dazu geführt haben, dass wir die Volksschule mit einer gemeinsamen vierjährigen Schulzeit einführten. Nur solche Gründe sind es gewesen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, ich glaube, Sie sollten aufpassen, dass Sie bundesweit den Zug nicht verpassen. Auch in CDU-regierten Ländern sieht alles sehr viel anders aus. Ich nenne einmal das Beispiel der staatlichen Thüringer Regelschule. Dort heißt es: Im Kurssystem der Regelschule
werden Schülerinnen und Schülern nur in den Fächern getrennt, in denen nach unterschiedlichen Anforderungsprofilen unterrichtet wird. Daneben besteht die Möglichkeit, ab Klasse 7 auf einen Schulabschluss bezogene Klassen einzurichten. Welche Organisationsformen eingerichtet werden, entscheidet aber die jeweilige Schule nach regionalen und lokalen Gegebenheiten. Auch das wollen wir.
Für Thüringen, dass schon immer CDU-regiert war, bedeutet dies, dass mindestens sechs Jahre lang gemeinsam unterrichtet wird und dann erst nach Leistungsgruppen in den Fächern Deutsch, Mathematik und in der ersten Fremdsprache differenziert wird.
Auch mit der großen Koalition in Brandenburg wird es mit der Einführung der Oberschule, die im Übrigen nach einem Schulstrukturgutachten von Professor Jürgen Baumert zustande gekommen ist, der immer als Papst des gegliederten Schulwesens zitiert wird, neue Formen von Integration geben, ebenso im Bereich des Landes Sachsen.
Es gibt in Schleswig-Holstein 37 Schulen kooperativer Art, bei der Hauptschule und Realschule verbunden sind. Ich kann nicht feststellen, warum Hauptschülerinnen und Hauptschüler darunter leiden müssen
- Herr Präsident, ich komme zum Schluss - oder benachteiligt werden, wenn sie mit Realschülern unterrichtet werden. Sie haben hier gesagt, es wäre schlecht, wenn Hauptschulen mit anderen Schularten kooperieren müssten. Ich sehe den Grund einfach nicht.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es immer wieder interessant zu sehen, welche Vorstellungen von Schule und welche Vorstellungen von Unterricht in den verschiedenen Aussagen zum Ausdruck kommen. Der Kollege Wagner meint anscheinend immer noch, dass Unterricht am besten als Frontalunterricht vor sich gehen kann, hier der Leh
Er meint, dass man am besten Ergebnisse erzielen könne, wenn der Lehrer vorn Vorträge hält und die Schüler alles abnicken.
(Joachim Wagner [CDU]: Keine Unterstel- lung, Frau Kollegin! - Jost de Jager [CDU]: Wie kommen Sie zu der Aussage, Frau Spoorendonk?)
Lieber Kollege Wagner, Sie sagen, Unterricht könne nur in einer Art und Weise vor sich gehen. Das war die Konklusion Ihres Beitrags. Ich sage: Natürlich ist das nicht so, natürlich ist Unterricht heute ganz anders, natürlich ist es so, dass Unterricht am besten funktioniert, wenn sich Kinder und Jugendliche aktiv daran beteiligen, wenn Unterricht aufgebrochen wird und wenn man begreift, dass man selbst mitlernen will. Das ist das Entscheidende.
Ich finde es auch immer wieder interessant, wenn man auf die Frage, wie man die Einstellung von 600 neuen Lehrer finanzieren will, eigentlich keine Antwort weiß. Offen bleibt zum Beispiel die Frage, ob man gewillt ist, den Klassenquotienten zu erhöhen. Dann sollte man sich hier hinstellen und das sagen. Auch das wäre für viele, die mit Schule zu tun haben, ein wichtiges Argument dafür, wie sie sich zu entscheiden haben. Denn - ich habe das vorhin schon gesagt und es ist mir ganz wichtig, dass das noch einmal deutlich gemacht wird - wer sich hier hinstellt und sagt, wir wollen alles so belassen, wie es ist,
- Von den Strukturen her, lieber Herr Kollege! Von den Strukturen her will man alles belassen, wie es ist. Man will alles fünfmal aufrechterhalten.
- Das ist doch das, was gesagt wird. - Ach so, Sie wollen das gegliederte Schulsystem nicht aufrechterhalten? Das ist ja eine interessante Sache. Dann stellen Sie sich hier hin und sagen Sie das!
Das ist doch eine völlig diffuse Diskussion. Sie wollen alles Mögliche, aber Sie wollen nicht sagen, wie man Ressourcen optimieren kann, wie man dafür Mittel kriegen kann.
Darum noch einmal: Ich bin ganz sicher, dass wir in fünf Jahren in Schleswig-Holstein eine völlig andere Schulstruktur haben werden als heute.
Ich bin völlig sicher, dass wir - auch weil die Finanznot unseres Landes uns dazu zwingt - das gegliederte Schulsystem nicht aufrechterhalten können.