Ich danke für die Aufmerksamkeit und ich finde, wir sollten uns immer wieder mit diesem Thema befassen.
Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des modifizierten Antrages Drucksache 15/3008. Wer dieser Beschlussempfehlung folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Beschlussempfehlung Ablehnung des modifizierten Antrages ist mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des SSW gegen die Stimmen der Fraktion der CDU gefolgt worden.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Frau Abgeordnete Tengler.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor Sie uns vorwerfen, ständig die gleichen Anträge zu stellen, zwei Punkte zur Erläuterung.
Erstens ist der Inhalt gleich, aber zweitens hat sich die Realität an den Schulen in den letzten drei Jahren leider wesentlich verschärft. Aus diesem Grunde stellen wir den Inhalt des Antrages „SchleswigHolsteinische Schulen als rauchfreie Zonen“ erneut zur Debatte und hoffen dieses Mal auf das notwendige, bessere, richtige Ergebnis.
Ende 2001 hatte die LSSH ein Durchschnittseinstiegsalter beim Rauchen bei Jungen von 12,3 Jahren und bei Mädchen von 12,8 Jahren ermittelt. Nur drei Jahre später beträgt das Einstiegsalter bei Jungen 12,1 Jahre und bei Mädchen 12,6 Jahre - trotz aller Präventionsbemühungen der KOSS und des Programms der Landesregierung „Be smart, don’t start“.
Präventionsarbeit an Schulen ist und bleibt notwendig, sie reicht aber nicht aus. Die drogenpolitischen Sprecher aller Fraktionen waren von der LSSH zu den traditionellen Herbstgesprächen am 15. November in Kiel eingeladen. Wir alle haben die dringende Forderung von Maike Latten von der KOSS gehört, die sagte: „Zur Unterstützung unserer Präventionsarbeit an den Schulen brauchen wir die rauchfreie Schule per Erlass.“ Ich denke, Sie erinnern sich daran.
geraucht werden, nicht von Lehrern, nicht von Schülern, nicht von Personen, die von außerhalb in die Schule kommen.
Erziehung ist Liebe und Vorbild. Einige Schulen haben sich bereits auf den Weg gemacht, zum Beispiel die Realschule Raisdorf und die Grundschule Barsbüttel, Schulen, die Gesundheitsschutz und Jugendschutz als ihre Aufgaben betrachten. Ab Anfang nächsten Jahres wird ein generelles Rauchverbot an den Hamburger Schulen gelten. Das Abgeordnetenhaus Berlin beschloss am 9. Juni 2004 ein generelles Rauchverbot an Berlins Schulen.
Grundlage der Entscheidung in Berlin ist die wissenschaftlich begründete Erkenntnis, dass das Einstiegsalter in das Rauchen bei Kindern kontinuierlich gesunken ist. Je niedriger das Einstiegsalter des Nikotinkonsums liegt, desto größer sind gesundheitliche Schädigungen und die Bereitschaft, weitere Drogen auszuprobieren.
In der Kleinen Anfrage vom 18. November 2004 bestätigt die Landesregierung die Zigarette als Einstiegsdroge generell. Professor Dr. Thomasius von der Drogenambulanz des UKE in Hamburg bestätigt dies: „Es gibt eine hohe Korrelation zwischen Nikotinkonsum und experimentellem CannabisGebrauch.“ Während des bereits erwähnten Herbstgespräches, an dem unter anderem auch Leiter von Drogenberatungsstellen teilnahmen, wurde deutlich, dass sich auch die Situation des Cannabis-Konsums deutlich verschärft hat. Die Probierer und Konsumenten werden immer jünger. Professor Thomasius sprach in Einzelfällen von elf bis zwölf Jahren, vielfach von 13 bis 14 Lebensjahren. Diese Verschiebung bestätigt die Realschule Satrup.
Die Art des Konsumierens - Wasserpfeifen beziehungsweise Eimer- und Bongrauchen - verändert sich derart brutal, dass eine größere THC-Dosis schneller aufgenommen wird. Die Marihuana-Produkte verändern sich zusätzlich im Wirkstoffgehalt, entgegen der Aussage der kleinen Anfrage. Ich zitiere Andreas Gantner, Therapieladen eV Berlin, Referent der Herbstgespräche:
„Durch Kreuzungen und verbesserte Züchtungsmethoden konnte der THC-Gehalt von Marihuana von durchschnittlich 4 % auf bis zu 16 % (holländisches Nederwiet) gesteigert werden.“
Die Situation erfordert aktives Handeln. Die Umsetzung unseres Antrages soll den Erlass der Landesregierung zur Suchtprävention von 1992 unterstützen. Das Ziel dieses Erlasses ist „Abstinenz im Hinblick auf alle Suchtmittel zum Schutz der Gesundheit“.
Selbstverständlich muss ein Erlass „rauchfreie Schule“ weiterhin durch Präventionsarbeit unterstützt werden. Die Senatsverwaltung Berlin schreibt in ihrem Rundschreiben 80/2004 an alle Schulen:
„In Schulen, in denen klare Regeln zum Nichtrauchen für alle Personen gelten, gewinnen Lehrkräfte in ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag an Glaubwürdigkeit.“
So fordert die DHS in ihrer Pressemitteilung vom 28. Juli 2004: „Zeit, endlich zu handeln“. Heute, meine Damen und Herren, am 15. Dezember 2004, stellen die Krebsforscher aus Heidelberg fest, der Zigarettenmarkt sei zu einem Kindermarkt geworden, und fordert ein umfassendes Tabakwerbeverbot. Aber dazu kommen wir noch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir in Schleswig-Holstein sollten das tun, was wir können. Lassen Sie uns endlich handeln!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Sache oder - besser - im Ziel sind wir uns, glaube ich, weitestgehend einig: Rauchen an der Schule soll möglichst nicht stattfinden.
- Bevor Sie weiter klatschen: Unterschiede gibt es allerdings bei den Vorstellungen, wie wir dieses Ziel erreichen.
Die Frau Kollegin Tengler hat ihren Antrag, der außerordentlich kurz und knapp ist, erläutert. Nett fand ich übrigens, dass Sie bis heute nicht selbst über Ihren erstaunlichen Begriff „Antiraucherpräventionskampagne“ gestolpert sind. Diese doppelte Verneinung, Frau Kollegin, lässt nicht gerade vermuten, dass Sie den Antrag mit Ihren Bildungsexperten diskutiert haben.
Wir werden uns aber weiterhin mit diesem Wort beschäftigen. Wir begrüßen den Normwandel, der in den letzten Jahrzehnten insbesondere gegenüber dem öffentlichen Konsum von Tabak stattgefunden hat, ausdrücklich. Es ist eine zentrale Aufgabe aller, die an der Erziehung junger Menschen beteiligt sind, sie
davon zu überzeugen, dass Tabakkonsum für sie selbst und für andere Menschen schädlich ist. Über rechtliche Rahmensetzungen hinaus bleibt deshalb jede Schulkonferenz und jede Schulleitung aufgefordert, sich an der Prävention von Tabakkonsum zu beteiligen.
Die Schule als rauchfreie Zone muss das Leitbild sein. Die offene Frage ist, wie wir dahin kommen. Wir unterstützen und anerkennen es daher, dass viele Schulkonferenzen im Rahmen ihrer Eigenverantwortung Richtlinien beschlossen und umgesetzt haben, die diesem Ziel dienen.
Gleichzeitig ist aber auch festzustellen: Nach 12 Jahren haben die Anti-Raucher- und die AntiRaucherinnen-Programme nicht den von uns erwünschten Erfolg gebracht. Der Nikotinkonsum an Schulen ist gestiegen. Das Alter der mit dem Rauchen beginnenden Kinder sinkt immer weiter. Sie haben es eben gesagt: Wir stehen bei einem durchschnittlichen Eintrittsalter in die Sucht von 12,6 Jahren. Wir stellen einen signifikanten Unterschied bei der Rauchfrequenz zwischen den einzelnen Schularten fest. Am Gymnasium wird später und weniger geraucht als an der Hauptschule. Der Anteil der rauchenden Mädchen steigt ebenfalls. Es kann wohl als einigermaßen gesichert angesehen werden, dass eher diejenigen Schüler an den Cannabis-Konsum geraten, die vorher schon rauchen, als die nicht rauchenden Schüler.
Das heißt überhaupt nicht, dass die bisherigen Maßnahmen unsinnig waren. Nein, sie waren sinnvoll und richtig. Sie werden weitergeführt und weiterentwickelt. Der nicht in dem Umfang eingetretene Erfolg gibt aber Anlass zu einer Zäsur.
Unter Berücksichtigung der Position der Schulen und der Fachleute im Bereich der Suchtprävention sollte deshalb auch geprüft werden, ob ein größerer Erfolg bei der Eindämmung des Nikotinkonsums an Schulen durch ein völliges Rauchverbot an Schulen erreicht werden kann. Das wollen wir in der 16. Wahlperiode mit den Drogenfachleuten und den Schulen diskutieren. Wir sollten bis dahin sehr genau beobachten, was in den Ländern geschieht, die diesen Weg schon gehen. Dazu gehört nicht nur Berlin. Frau Kollegin, es ist natürlich klar, warum Sie dieses Beispiel gewählt haben. Dazu gehören auch Niedersachsen und Hamburg, Bayern, aber auch Berlin. Dort wird dieser Weg übrigens mit starker Unterstützung der Grünen gegangen, was zeigt, dass dieses Thema für die parteipolitische Brille eigentlich gar nicht so gut taugt.
Ich betone: Niemand von uns will ein reines Verbot, denn es gilt noch immer, dass stumpfe Verbote wenig geeignet sind, Pädagogik zu ersetzen. Wir wissen, dass Erfolge eher dann erzielt werden, wenn alle - Eltern, Lehrkräfte und Schüler - am Entscheidungsfindungsprozess beteiligt sind. Es ist aber zu überlegen, ob die Schulen die individuell entwickelten Programme und Bemühungen nicht besser und mit mehr Rückendeckung durchführen können, wenn wir das Prinzip auf den Kopf stellen: Präventionsprogramme auf der Basis eines generellen und auch medizinisch begründeten Verbots, das aber den Schulen individuell Spielraum gibt, damit umzugehen. So könnten per Erlass rauchfreie Schulen geschaffen werden, den Schulen jedoch die Regelungen von Ausnahmen eingeräumt werden.
Dieses Verfahren erscheint in der politischen und psychologischen Auswirkung besser, da es eine klare Willensbekundung der Regierung beinhaltet und die Nichtraucherinitiativen vor Ort unterstützt. Es ist richtig, damit würde ein Paradigmenwechsel hin zum Nichtraucherschutz eingeleitet werden. Das Nichtrauchen würde im Sinne von vorbildlichem Handeln Orientierung für Jugendliche und Lehrkräfte sein, nicht das Rauchen.
Ein weiterer Beitrag liegt aber auch im außerschulischen Bereich. Ich denke, dies darf man nicht vergessen. Ich halte es für die erwachsenen Raucher durchaus für zumutbar, zu einer Konzessionierung von Tabakverkauf zu kommen und die Zigarettenautomaten abzuschaffen, um die völlig problemlose Verfügbarkeit von Tabakwaren einzuschränken. Ich persönlich teile das Bedauern des Finanzministers nicht, wenn durch höhere Tabakpreise nicht die Steuereinnahmen steigen, sondern der Tabakkonsum zurückgeht.
Auch die kaum beschränkte Werbung für Tabakprodukte, die besonders Jugendlichen vermittelt, man müsse beim Rauchen dabei sein, um im Leben dabei zu sein, ist kritisch zu hinterfragen.
Ich komme zu meinem letzten Satz, der dies kurz zusammenfasst: Es gibt Diskussionsbedarf, da die bisherigen Maßnahmen, das Rauchen an den Schulen
deutlich einzuschränken, nicht den gewünschten Erfolg hatten. Dabei schließen wir ein generelles Verbot von Rauchen an Schulen nicht aus, wenn es durch geeignete Maßnahmen begleitet wird und den Schulen die Möglichkeit eröffnet, damit flexibel gestaltend umzugehen.
Frau Präsidentin, mein allerletzter Satz ist: Den Antrag werden wir an den Sozialausschuss und an den Bildungsausschuss überweisen.