Protocol of the Session on December 17, 2004

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(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist das!)

Das Land soll sich dann nur darüber freuen dürfen, weiterhin den moralischen Anspruch auf eine mögliche spätere Auszahlung zu behalten. Mit den Provinzialaktien kann der SGV bis zum Tag des Jüngsten Gerichts Geschäfte machen, ohne dass auch nur ein Cent Bargeld fließt - zum Beispiel bei Vermögenstauschgeschäften. Deshalb bestünde nach dieser Vertragsänderung zwar weiterhin der rechtliche Anspruch des Landes auf Auszahlung des Übererlöses, er wäre aber wirtschaftlich keinen einzigen Cent mehr wert. Denn die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Geldwert dieses Anspruches geht voll und ganz auf den Sparkassen- und Giroverband über.

Interessant wäre übrigens die Antwort auf die hypothetische Frage, ob dies europarechtlich eine unzulässige Beihilfe sein könnte. Aber diese Frage müsste gar nicht erst gestellt werden. Es gibt nämlich eine ganz einfache Lösung, um den Streit mit Brüssel zu vermeiden, eine Lösung, bei der einerseits die Bürgerinnen und Bürger des Landes SchleswigHolstein das bekommen, was ihnen rechtlich und moralisch zusteht - den Übererlös nämlich -, und bei der andererseits der Wert der Provinzial nicht durch die Auszahlung des Übererlöses gemindert wird. Diese Lösung ist ein bargeldloser Vermögenstausch.

Zunächst einigen sich das Land und der SGV auf die Höhe des ursprünglichen Übererlöses und dessen Barwert. Dieser Wert würde heute irgendwo zwischen 242 Millionen € und 750 Millionen € liegen, je nach dem relativen Verhandlungsgeschick der beiden Seiten. Sodann übereignet der SGV dem Land Aktien der HSH Nordbank AG, und zwar so viele, dass der

Barwert des Aktienpakets dem ausgehandelten Barwert des Übererlöses entspricht. Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, würde es natürlich auch mit Brüssel klappen.

Aber ich habe heute Morgen zwischen 9 Uhr und 9:10 Uhr, in der anberaumten gemeinsamen Sitzung des Wirtschafts- und des Finanzausschusses, feststellen müssen, dass die sozialdemokratische Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gar nicht willens sind, sondern lieber das Geld an den SGV verschenken. Die Kollegin Heinold hat sogar zu Protokoll gegeben, alles, was 1994/95 passiert sei, interessiere sie überhaupt nicht.

Vor diesem Hintergrund ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die FDP-Fraktion diesem Vertrag nicht zustimmt.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon ein einmaliger Vorgang.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Ja!)

Da wirft die FDP dem Land vor, bei dieser Fusion - so die Formulierung - würden 700 Millionen € verschenkt, und anschließend wird dazu von der FDP im Finanzausschuss keine einzige Frage gestellt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das war offen- sichtlich! Was soll man denn fragen?)

- Auch so kann man von der Sitzung des Finanzausschusses, die heute Morgen stattfand, berichten.

Herr Garg, nun haben Sie hier mühsam versucht, eine Rechnung aufzustellen, um die unseriöse Aussage Ihres Fraktionsvorsitzenden ein Stück weit zu begründen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wenn Sie etwas von der Unternehmensbewertung verstehen würden, würde ich mich mit Ihnen einmal unterhalten!)

- Herr Kubicki, ich muss mir von Ihnen wirklich nicht vorwerfen lassen, dass ich nichts von der Sache verstehe. Sie sind es, die eine unseriöse Zahl nach der anderen in den Raum stellen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Un- glaublich!)

(Monika Heinold)

Sie behaupten, bei dieser Fusion würden 700 Millionen € verschenkt. Das ist schlicht falsch. Selbst der Landesrechnungshof hat heute Morgen auf Nachfrage gesagt: Wenn es etwas zu kritisieren gibt, dann sind es die Verträge von 1995.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Aha!)

Der Rechnungshof hat sehr deutlich gesagt, dass die Fusion, die wir heute beschließen, von ihm nicht kritisiert wird.

(Zuruf von Brita Schmitz-Hübsch [CDU])

Ich bin mir sicher, Herr Kubicki: Wenn Ihre Aussage, dass bei dieser Fusion 700 Millionen € vom Land in den Sand gesetzt würden, stimmte, hätte sich der Landesrechnungshof mit Sicherheit gemeldet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW)

Die Liberalisierung der Versicherungsmärkte durch die EU vor elf Jahren hat dazu geführt, dass das Land im Jahre 1995 die Trägerschaft der Provinzial an den Sparkassen- und Giroverband übertragen hat. Das ist heiß diskutiert worden. Ich war damals nicht dabei. Aber wir haben im Finanzausschuss mehrfach versucht, die Angelegenheit aufzuarbeiten.

Man muss es immer wieder sagen, wenn es heißt, hier würde Geld verschenkt: Das Land hat selbst nie finanzielle Mittel in die Provinzial investiert. Es hatte damals im Kaufvertrag abgesichert, dass es bei einem Weiterverkauf von Aktien der Provinzial Nord durch den SGV im Falle eines Übererlöses einen finanziellen Ausgleich für die Landeskasse gibt. Außerdem wurde vertraglich festgelegt, dass der Sitz der Provinzial in Kiel bleibt, um den Finanzplatz SchleswigHolstein zu sichern und um Arbeitsplätze in der Region zu halten. Das ist Ihnen immer total egal. Das muss man an dieser Stelle sagen, wenn man einmal den Bogen zur HSH Nordbank und Ihren Vorstellungen spannt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Im Rahmen nun anstehender weiterer Veränderungen haben wir hier im Plenum schon mehrfach darüber diskutiert, wann wir diese rechtlich verankerten Ansprüche einfordern können und müssen. Dabei hat die Landesregierung plausibel gemacht, dass es als ersten Schritt ein Rechtsgutachten geben muss. Dies liegt ebenso vor wie ein gutachterlich ausgearbeiteter und begründeter neuer öffentlich-rechtlicher Vertrag, der heute zur Abstimmung steht. Im Verbund mit der ebenfalls vorgelegten Abwägung der Fusionsalterna

tiven sind die Entscheidungsgrundlagen für uns offen und transparent dargelegt.

Um die Fusion vertragskonform zu machen, muss es eine Änderung des alten Vertrages geben, da zukünftig weniger als 75,1 % der Anteile beim SGV verbleiben, allerdings verbleiben - und das ist entscheidend - nach wie vor mindestens 75,1 % im öffentlichen Bereich. Das ist schon erwähnt worden. Eine weitere Konsequenz ist eine klarstellende Neuformulierung des Tatbestandes der Übererlöse, um dessen Definition wir als Parlament schon mehrfach gerungen haben.

Mit dem neuen Vorschlag wird klargestellt, wann der Übererlös fällig wird, nämlich wenn der SGV seine Beteiligung an der Holding veräußert oder aber ein Erlös aus der bisherigen Fusion unmittelbar an den SGV fließt, dass heißt, wenn tatsächlich Cash gemacht wird.

Der vollständige Vorschlag der Landesregierung zur Änderung des Vertrages ist im Umdruck dokumentiert. Dabei geht es insbesondere um den Erhalt von Arbeitsplätzen und von Gewerbesteuereinnahmen in Kiel, um festgeschriebene Sitze der Holdingtöchter und um weitere rechtliche Klarstellungen.

Meine Fraktion möchte der geplanten Fusion mit der Westfälischen Provinzial zustimmen. Wir schließen uns der Bewertung der Boston Consulting Group an, dass diese Fusion der auch diskutierten Nord-Lösung vorzuziehen ist. Auch dies ist im Landtag und in den Ausschüssen überzeugend dargestellt worden. Wir teilen also die Auffassung der Landesregierung, dass eine Fusion grundsätzlich notwendig ist, um die Zukunftsfähigkeit der Provinzialversicherungen sicherzustellen. Wir bitten die FDP, Ihren Vorwurf, dass das Land bei dieser Fusion 700 Millionen € verschenkt, zurückzunehmen. Er ist unseriös, das wissen Sie! Nicht einmal die CDU hat diese Aussage gestützt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich erteile Frau Abgeordneter Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist wichtig, dass wir bei der heutigen Debatte klar und deutlich zwischen der Entscheidung zur Fusion der Provinzial Nord mit der Provinzial Münster und der damit verbundenen Änderung des öffentlich-rechtlichen Vertrages mit dem Sparkassen-

(Anke Spoorendonk)

und Giroverband unterscheiden, denn zur geplanten Fusion zwischen diesen beiden Provinzialversicherungen gibt es kaum eine Alternative. Ich hoffe, dass wir uns zumindest darüber hier im Landtag einig sind.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Wirtschaftsminister hat in den vergangenen Monaten die zuständigen Ausschüsse des Landtags umfassend über die möglichen Alternativen informiert. Aus Sicht des SSW möchte ich gern festhalten, dass die gefundene Lösung die überzeugendste ist, auch wenn auf den ersten Blick eine Fusion der Provinzial Nord mit dem niedersächsischen Partner logischer erschienen hätte. Fakt ist, dass der Trend zu Fusionen und Zusammenlegungen auch vor der Finanzwirtschaft und vor dem öffentlich-rechtlichen Sektor nicht Halt macht. Wenn die Provinzial Nord nicht für den verstärkten Wettbewerb auf dem Finanzmarkt fit gemacht wird, könnte sie, um es vage zu formulieren, womöglich in Zukunft große Probleme bekommen.

Insgesamt verläuft die Fusion aus schleswigholsteinischer Sicht also glimpflich, denn im Gegensatz zu den ersten Erwartungen bleibt die Lebensversicherungsabteilung der Provinzial Nord in Kiel und auch der Sitz des vereinten Lebensversicherers wird in Kiel bleiben. Vor dem Hintergrund der faktischen Verhältnisse und der Größenordnungen, zum Beispiel der Prämieneinnahmen zwischen den beiden Versicherungen, ist das aus unserer Sicht ein akzeptables Ergebnis.

Im Zuge der Fusion muss auch der öffentlichrechtliche Vertrag zwischen dem Land und dem Schleswig-Holsteinischen Sparkassen- und Giroverband, der ja der Eigner der Provinzial Nord ist, geändert und angepasst werden. Dabei ist es unbestritten, dass durch die geplante Holding, an der der Sparkassen- und Giroverband mitwirken wird, kein realer Weiterverkauf der Anteile an die Provinzial Nord stattfindet. Diese Tatsache ist nicht unwesentlich für die Diskussion, da das Land SchleswigHolstein per Vertrag an einem etwaigen Übererlös des Verkaufs der Anteile teilhaben soll.

Wir haben im Finanzausschuss eine kontroverse Debatte über ein mögliches Wertgutachten über die 1995 vom Land an den Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein verkauften Anteile der Provinzial Nord geführt. Dies kann man in den Protokollen nachlesen. Ich will daran erinnern, dass auch der SSW dem interfraktionellen Antrag zur Erstellung des Wertgutachtens zugestimmt hat. Dieses Gutachten liegt im Grunde immer noch nicht vor, und zwar mit der Begründung, dass die Anteile auch mit der ge

planten Fusion nicht weiterverkauft werden. Die Debatte hat jetzt durch die geforderten Änderungen des Vertrages eine andere Wende genommen, weil dadurch die Bestimmungen zum möglichen Übererlös des Landes neu definiert werden. Es geht darum, was ein angemessener Übererlös ist.

Die beiden Vertragspartner haben sich darauf geeinigt, dass das Land Schleswig-Holstein nicht an solchen Wertsteigerungen der Provinzial Nord teilhaben soll, die allein durch die Leistungen des Sparkassen- und Giroverbandes entstanden sind. Dass künftig nur noch ein angemessener Anteil geschuldet wird, hängt also mit dem seit 1995 verstrichenen Zeitraum zusammen, in dem das Land keinen Einfluss mehr auf die Provinzial hatte. Im Vertrag wird aber klargestellt, dass die Parteien den angemessenen Anteil im Wege gegenseitiger Verhandlungen zu bestimmen haben. Kann man sich nicht einigen, entscheidet ein Schiedsgericht.

Im Grunde ist so eine Übererlösregelung in der Wirtschaft gang und gäbe und aus wirtschaftlicher Sicht auch gerecht, weil derjenige, der die Wertsteigerung erwirtschaftet hat, auch den größten Anteil eines möglichen Übererlöses erhält. Das ist also im Grunde nicht das Problem. Die entscheidende Frage bleibt vielmehr, ob die 345 Millionen € von 1995 ein angemessener Verkaufspreis für die Provinzial Nord waren. Ohne Wertgutachten ist das leider sehr schwer feststellbar und ich frage mich daher auch, wieso der Kollege Kubicki in diesem Zusammenhang von einem damaligen Wert der Provinzialanteile von 560 Millionen € ausgeht.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Weil das damals im Gutachten stand!)

Mir ist auch schleierhaft, wie der Kollege Kubicki davon sprechen kann, dass das Land bei der Provinzial-Fusion 700 Millionen € verschenkt. Darüber wurde schon diskutiert. Diese Zahlen sind durch keinerlei Fakten oder Gutachten belegt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Es wäre gut, die Gutachten von 1994 zu lesen!)