Protocol of the Session on January 27, 2005

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Jetzt komme ich zur Sozialstaffel. Ich gebe ja zu, dass das Thema Sozialstaffel hochkompliziert ist. Die Landesregierung hat gemeinsam mit den Kommunen, überwiegend CDU, vereinbart, dass Sozialhilfe- und die ALG-II-Empfänger nicht mehr pauschal und grundsätzlich von den Kindertagesstättengebühren befreit werden, sondern dass die Kommunen jetzt selbst entscheiden, ob Sozialhilfeempfängerinneren und -empfänger und ALG-II-Empfänger zu 100 % zukünftig befreit werden oder nicht. Die überwiegend schwarzen Kommunen scheinen sich zum Teil so zu entscheiden - da gibt es erste Zahlen -, dass sie Sozialhilfeempfänger und -empfängerinnen belasten wollen. Reden Sie mit Ihren kommunalen Vertretern und Vertreterinnen von der CDU vor Ort und fragen Sie, warum Sozialhilfeempfängerinnen zukünftig bezahlen sollen!

Ich sage Ihnen, hätten wir die 100 % voll angesetzt, wären es Ihre Kommunalvertreter gewesen, die das Land als erstes auf Konnexität verklagt hätten. Insofern nur Mut, den Dialog vor Ort zu führen, statt hier pauschale Vorwürfe zu machen. Wir werden zum Sommer das Ganze evaluieren. Die Revisionsklausel haben nicht Sie hineingestimmt, die haben wir hineingestimmt. Im Sommer werden wir - da hoffen wir auf Ihre Unterstützung - uns mit den Kommunen darüber unterhalten müssen, wie wir nachsteuern können, falls es eine Fehlentwicklung gibt. Erinnern Sie sich dann bitte schön an Ihre Worte von heute,

(Monika Heinold)

auch die FDP, damit wir dann gemeinsam mit den Kommunen verhandeln, wer die Kosten trägt!

Ein letztes zum Thema Krippen. Diese bescheuerte Diskussion um dieses Tagesbetreuungsstättengesetz: Wir sind uns immer alle einig, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, dass wir etwas tun müssen, und wir sind uns einig, dass es im Krippenbereich anfangen muss. Inzwischen haben Sie ja immerhin verstanden, dass wir Ganztagsschulen brauchen. Ich setze darauf: Zehn Jahre weiter und Sie meinen, Sie waren die Vorreiter im Krippenbereich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Baasch das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Klug, vielleicht ist es wirklich sinnvoll zu schauen, wie sich die Finanzierung von Kindertagesstättenbeiträgen zusammensetzt. Es ist das Land, das entsprechend der Gesetzesvorgabe mit 20 beziehungsweise 22 % an den Personalkosten beteiligt ist. Es sind die Eltern, die beteiligt sind, je nach den unterschiedlichen Kriterien in den Gemeinden und Kreisen auch oft in unterschiedlicher Höhe, auch mit einer Sozialstaffel, und es sind die Gemeinden und Kreise vor Ort, die Geld aufbringen.

Was Sie zitiert haben, was da gesprochen wird, ist die Vereinbarung, dass man gerade jetzt, wo Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger mehr Geld in der Tasche haben - denn nach ALG II sind es Menschen, die mehr Geld haben -, auf die Kreise zugeht und sagt: Zieht es ihnen nicht wieder heraus aus der Tasche, indem ihr die Gebühren der Kindertagesstätten erhöht. Genau das hat man versucht, hat es in Bad Segeberg oder im Kreis Segeberg übersehen und deswegen muss man da nachsteuern.

Ich glaube, die haben auch begriffen, dass es vernünftig ist, nachzusteuern. Es ist aber, wie ich glaube, das falscheste, was man machen kann, das mit dem ALG II zu verbinden. Das ist nicht schuld daran. Der Vorteil bei ALG II ist, dass diese Menschen jetzt mehr Geld haben. Das kann man nachrechnen. Meine Kollegin Höfs hat die Zahlen durchgerechnet, was allein an Kindergeld und Kinderzuschlägen bei Familien mit Kindern über ALG II läuft. Das ist nicht nur positiv, und vielleicht ist das ja auch der Ärger, der dahinter steht, dass man gehofft hat, dass ALG II und Hartz IV nicht funktionieren. Gott sei Dank funktio

nieren die und es scheint sogar in Schleswig-Holstein so zu sein, dass wir dies auch noch sehr gut umsetzen.

Ein zweiter Punkt, den man in dem Zusammenhang noch einmal ansprechen sollte: die Gebührenerhöhung an sich. Ich glaube nicht, dass wir darüber diskutieren müssen, ob man Kindertagesstättengebühren anheben soll, sondern vielmehr, wie man die Qualität in den Kindertagesstätten verbessern kann. Wenn es so ist, dass die 60 Millionen €, die im Haushalt stehen, reichen - und das ist die Aussage -, dann kann man sich doch nicht hinstellen und sagen, da sei eine Deckelung drin. Das Geld, das gezahlt werden muss, weil wir eine gesetzliche Vorgabe haben, wird gezahlt. Das mag Ihnen passen oder nicht, aber die Landesregierung und die den Haushalt beschließenden Fraktionen waren sehr schlau, denn sie haben genau das gemacht, was per Gesetz gefordert worden ist, und das trifft dann auch noch ein. Das ist etwas, was Sie vielleicht nicht haben wollen, weil Sie einfach nur Wahlkampf daraus machen wollen.

Der letzte Gedanke, den Sie angesprochen haben, betrifft die Krippenplätze. Auch da hoffen Sie, dass ALG II und Hartz IV nicht funktionieren. Ich sage Ihnen ganz im Ernst, wenn Sie heute in der Lage sind zu erklären, wie groß die Einsparungen bei Hartz IV sind, dann sollten Sie auf jedem Jahrmarkt als Wahrsager auftreten, denn genau das wäre dann Ihr Job. Heute kann überhaupt noch kein Mensch sagen, wie groß die Einsparungen sind, dass aber dabei Einsparungen herauskommen, ist klar.

(Zurufe von der CDU)

- Nein, die Bundesregierung hat etwas ganz anderes gemacht. Das Geld, von dem Sie sagen, da seien die Einsparungen, ist garantiert. Die 2,5 Milliarden € Entlastung der Kommunen werden gezahlt. Die sind unabhängig von den Einsparungen. Die sind vielmehr von der Bundesregierung garantiert und werden an die Kommunen weitergegeben, auch wenn es Ihnen nicht passt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind wieder bei § 58 Abs. 1 der Geschäftsordnung. In dem Rahmen erhält Frau Abgeordnete Hinrichsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde gern noch einmal kurz auf das Thema Sozialstaffel zurückkommen. Ich möchte darauf hinweisen, dass

(Silke Hinrichsen)

wir im Landtag gegen unsere Stimmen, die Stimmen des SSW, eine Sozialstaffel beschlossen haben. Die niedrigste Schwelle legt der Landtag fest. Diese niedrige Schwelle lautete, dass circa 85 % des ALG-IISatzes der späteste Zeitpunkt sein soll, ab wann es eine Befreiung vom Kita-Beitrag geben muss. Die Sozialstaffeln selbst werden aber von den Kreisen und kreisfreien Städten festgelegt. Das will ich hier ausdrücklich sagen. Eine Stadt wie Flensburg hat zum Beispiel festgelegt, die Beträge noch höher zu setzen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Landtag hier - das möchte ich ausdrücklich noch einmal kritisieren, und das geht wirklich an alle - hat festgelegt, dass bei ALG-II-Empfängern gegebenenfalls, wenn die Kreise sagen, sie bekämen es nicht anders finanziert, der Unterschiedsbetrag zwischen dem ehemaligen Sozialhilfesatz und dem, was man jetzt über das ALG II bekommt, tatsächlich eingesetzt werden darf. Es gibt die Evaluationsklausel, nur hätten wir es begrüßt, das genau umgekehrt zu machen, nämlich die Freigrenze bei den 345 € beziehungsweise beim ALG-II-Satz zu machen und am 30. Juni dieses Jahres zu sehen, wie das läuft.

(Beifall bei SSW und der FDP)

Ich finde diese Auseinandersetzung etwas schwierig. Ich finde es aber auch nicht gut, wenn sich jetzt umgekehrt Kreise hinstellen und sagen, der Landtag habe das ja beschlossen und deswegen sei der auch schuld. So geht es auch nicht. Auch die Kreise und kreisfreien Städte haben Verantwortung für die Kinder, die in ihren Gemeinden leben. Es gibt Kreise, die von vornherein gesagt haben, eigentlich sollten alle dafür bezahlen, dass ihre Kinder in die Kita kommen, heute stehen sie wirklich zum Teil vor der Wahl: Kind im Kindergarten oder Ansparung für den neuen Kühlschrank, der im halben Jahr kaputt gehen kann. Das ist im Moment das ganz große Problem bei dieser Sozialstaffel.

(Beifall bei SSW und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratungen.

Wir stimmen zunächst zu Tagesordnungspunkt 43 a ab. Ich lasse über den Antrag in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung, Drucksache 15/3867, abstimmen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Zu Tagesordnungspunkt 66 ist kein Antrag gestellt worden. Der Tagesordnungspunkt ist erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hafenanlagensicherheitsgesetzes

Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/3838

b) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hafenanlagensicherheitsgesetzes - HaSiG

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 15/3858

Bericht- und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 15/3918

Ich erteile der Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, Frau Abgeordneter Schwalm, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat die beiden Gesetzentwürfe zur Änderung des Hafenanlagensicherheitsgesetzes mit Plenarbeschluss vom 12. Januar 2005 federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss überwiesen.

Beide Ausschüsse haben sich mit den Gesetzentwürfen in ihrer Sitzung am 12. Januar 2005 befasst und eine alternative Abstimmung zwischen ihnen durchgeführt. Dabei votierten im federführenden Innen- und Rechtsausschuss für den Gesetzentwurf von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/3838, die Vertreter der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Gesetzentwurf von CDU und FDP, Drucksache 15/3858, bekam die Stimmen der Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP.

Damit empfiehlt der Innen- und Rechtsausschuss im Einvernehmen mit dem beteiligten Wirtschaftsausschuss dem Landtag, den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Hafenanlagensicherheitsgesetzes, Drucksache 15/3838, unverändert zur Annahme. Er empfiehlt weiter, den Gesetzentwurf von CDU und FDP, Drucksache 15/3858, abzulehnen.

Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Malerius das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass kein Land der Erde vor terroristischen Handlungen sicher ist. Zu solchen Akten, wie auch immer sie motiviert sein mögen, kann es an jedem Ort und zu jeder Zeit kommen. Auch die Seeschifffahrt ist hiervon nicht ausgenommen. Jedes Schiff kann zu einer Waffe oder zu einem Träger einer Massenvernichtungswaffe umfunktioniert und auch für die Beförderung unzulässiger Ladungen missbraucht werden, sofern keine geeigneten Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Kontrolle ergriffen werden.

Ein Schiff kann insbesondere dann Gegenstand terroristischer Handlungen werden, wenn es von einem anderen Wasserfahrzeug angegriffen wird oder wenn Terroristen sich bereits zuvor Zugang zum Schiff verschafft haben oder unter Anwendung von Gewalt an Bord gelangen. Fahrgastschiffe stellen aufgrund der hohen Zahl unmittelbar bedrohter Menschenleben besonders gefährdete Ziele dar. Auch Frachtschiffe sind nicht sicher, da sie als gefährliche Träger benutzt werden können.

Die Arbeiten zum Thema Gefahrenabwehr im Seeverkehr wurden in der International Maritime Organisation im Februar 2002 aufgenommen. Herr Kubicki, Sie sollten zuhören! Sie wurden am 12. Dezember 2002 auf der Diplomatischen Konferenz der IMO durch Annahme einer Änderung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See und eines Internationalen Codes für Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen abgeschlossen und sind damit internationales Recht. Alle Änderungen des SOLAS-Übereinkommens und des Teils A des ISPS-Codes haben verbindlichen Charakter. Teil B dieses Codes enthält Empfehlungen, zu deren Umsetzung die Staaten aufgefordert werden.

Diese Bedingungen gelten für Fahrgastschiffe unter Einschluss von Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen und für Frachtschiffe mit einer Größe von mindestens 500 BRZ, was einem kleinen Küstenmotorschiff entspricht. Sie gelten für ortsbewegliche OffshoreBohreinheiten sowie für Hafenanlagen für den internationalen Verkehr. Sie betreffen die Ausstattung der Schiffe mit einer unveränderlichen Schiffsidentifika

tionsnummer, einem automatischen Schiffsidentifizierungssystem, einem Gefahrenalarmsystem sowie die Ausstellung eines lückenlosen Stammdatendokuments, anhand dessen sich die Geschichte des Schiffes zurückverfolgen lässt.

Weiter sehen sie ein Paket aktiver und passiver Maßnahmen vor. Daraus ergibt sich insbesondere die Verpflichtung, Beauftragte zur Gefahrenabwehr für das Schiff, die Reederei und in den Hafenanlagen zu benennen, unter Berücksichtigung einer Risikoanalyse Pläne zur Gefahrenabwehr für das Schiff und die Hafenanlagen zu erarbeiten und ein Zeugnis über die Gefahrenabwehr an Bord eines Schiffes und auch für die Hafenanlagen auszustellen. Zusätzlich werden Maßnahmen zur Ausbildung des beteiligten Personals und Übungen durchgeführt.

SOLAS und der ISPS-Code, dieses internationale Regelungswerk mit völkerrechtlichem Rang, war innerstaatlich bis zum 1. Juli 2004 umzusetzen. Dies haben wir getan. Da die Seeschifffahrt Bundeszuständigkeit ist, regelt der Bund im Ausführungsgesetz die Umsetzung in der Schifffahrt, während die Umsetzung in Hafenanlagen Länderangelegenheit ist.

Die Landesregierung muss sicherstellen, dass für alle in Schleswig-Holstein gelegenen Hafenanlagen, in denen Schiffe der internationalen Seefahrt bedient werden, Gutachten zur Risikobewertung für Hafenanlagen erstellt werden. Diese müssen von der zuständigen Behörde genehmigt und in regelmäßigen Abständen überprüft werden.

In Schleswig-Holstein gibt es 31 Häfen mit 98 Hafenanlagen, wovon zurzeit 61 dem ISPS-Code unterliegen. Die Schaffung von Befugnisnormen in diesem Gesetz ist erforderlich, um es der zuständigen Behörde zu ermöglichen, die für die Risikobewertung erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Hierzu muss sie insbesondere befugt sein, die Hafenanlage zu betreten und zu besichtigen sowie entsprechende Auskünfte zu verlangen.

Die Diskussion darüber, ob diese Sicherheitsvorkehrungen in Schleswig-Holstein wirklich notwendig sind, brauchen wir nicht zu führen, Herr Kubicki. Dieses Gesetz, das mit den anderen Küstenländern abgestimmt wurde, ist notwendig, um schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile, zum Beispiel Ausschluss vom USA-Verkehr, auszuschließen.