Das ist mit den von mir genannten Methoden um bis zu 2 Millionen Versuchstiere pro Jahr weniger möglich. Ich glaube, ich brauche nicht zu erwähnen, dass eine solche Strategie, die weitgehend auf Tierversuche, verzichtet und molekularanalysengestützt ist, auch unter dem Gesichtspunkt der Aufwendungen erhebliche Vorteile bringen wird. Das ist meine Sicht.
Zweitens. Die Orientierung an der Menge der produzierten Chemikalien ist der von der EU gewählte Ansatz. Hauptkriterium oder zumindest zusätzliches Kriterium sollte aber vielmehr die Gefährlichkeit der Chemikalien für die Definition des Untersuchungsaufwands sein. An diesen Themen arbeiten wir hier in Schleswig-Holstein genauso wie die Grünen auf Bundesebene. Der CDU-Antrag greift zwar ein wichtiges Thema auf, aber die von mir benannten und aus unserer Sicht vordringlichen Probleme tauchen darin nicht auf. Der CDU-Antrag ist daher aus den genannten Gründen nicht zustimmungsfähig.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die EU-Chemikalienverordnung, REACH, ist mit ihren 137 Artikeln und ihrem 1.200 Seiten starken Anhang die wohl umfangreichste und komplizierteste europäische Richtlinie. Das Ziel, das mit der EUChemikalienverordnung verfolgt wird, trägt zu einer Verbesserung des Umwelt- und Verbraucherschutzes bei. Das ist begrüßenswert. Die Europäische Kommission hat mit REACH ein System zur Registrierung, Bewertung und Zulassung von rund 30.000 chemischen Stoffen entwickelt. In dem Zeitraum von elf Jahren sollen die Stoffe auf ihre Umweltverträglichkeit überprüft werden. Ich gebe zu,
Dass dies durchaus kritisch gesehen wird, insbesondere von der Chemieindustrie, ist nachvollziehbar. Vonseiten der Chemieindustrie wurde insbesondere das bürokratische und aufwendige Registrierungs- und Zulassungsverfahren für die auf dem Markt befindlichen 30.000 Stoffe kritisiert. Dies würde eine Erhöhung der Produktionskosten mit sich führen, die die Konkurrenzfähigkeit mit ausländischen Anbietern erschwere. Darüber hinaus gäbe es einen Rückstand bei der Markteinführung neuer Produkte. Dies sind die Argumente der Chemieindustrie. Gleichzeitig wird auch mit Konsequenzen gedroht, wenn die EUChemikalienverordnung in diesem Umfang erlassen wird. Massenentlassungen und Abwanderungen ins Ausland sind das angedrohte Ergebnis.
Ich sage ganz deutlich, dass ich diese Drohungen der Chemieindustrie für unredlich halte. Wer in diesen Zeiten derartig Panikmache mit der Abschaffung von Arbeitsplätzen betreibt, spielt mit dem Feuer. Dieser Verantwortung sollte sich auch die Chemieindustrie bewusst sein. Ehrlicherweise sollte sie doch eingestehen, dass die Kostenbelastung nicht so groß ist wie in anderen EU-Staaten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bereits viele der benötigten Daten bei uns hier in Deutschland vorliegen.
Um es noch einmal klarzumachen: Bei der Chemikalienverordnung geht es nicht darum, diesen Wirtschaftssektor zu schikanieren. Es geht vordringlich um Verbraucher- und Umweltschutz. Das ist auch gut so. Wenn auf EU-Ebene eine Chemikalienverordnung erlassen wird, dann sehe ich darin auch Standortvorteile für die europäische Chemieindustrie. Durch eine derartige Richtlinie wird es natürlich für außereuropäische Anbieter schwerer, wenn nicht gar unmöglich, chemische Stoffe auf den europäischen Markt zu bringen, wenn diese keine entsprechende Umweltverträglichkeit aufweisen. Das nennt manch einer Protektionismus. So wurde das auch in der Anhörung bezeichnet. Es gibt also auch eine andere Seite der Medaille. Darüber hinaus schafft eine derartige Richtlinie auch Sicherheit im Umgang mit chemischen Stoffen. Dies ist im Sinne der Verbraucher und letztendlich auch ein Gewinn für die Chemieindustrie.
Durchaus kritisch sehe ich in dem gesamten Verfahren die Vorgehensweise der EU. Hier weicht sie erheblich von den bisherigen Vorgehensweisen beim Erlass von EU-Richtlinien ab. Wir sind der Auffassung, dass EU-Richtlinien einen gesetzlichen Rahmen darstellen sollen, in dem sich die Mitgliedsländer bewegen können, um entsprechende nationale Ver
ordnungen zu erlassen. Ich halte es nicht für die Aufgabe der EU, Verordnungen zu erlassen, die alles bis ins Detail regeln.
Das zähe Ringen um die EU-Chemikalienverordnung macht noch einmal deutlich, wie schwer es ist, die unterschiedlichen Interessen auf EU-Ebene unter einen Hut zu bringen. Daher frage ich mich, wie sich die CDU eine weltweite Chemikalienregelung vorstellt, damit es nicht zu Wettbewerbverzerrungen kommt. Dieser Ansatz ist meiner Auffassung nach nahezu unerfüllbar, auch wenn er natürlich gut gemeint ist.
Der Intention des CDU-Antrags können wir durchaus folgen, jedoch sehen wir bei einigen Formulierungen im Antrag Klärungs- und Nachbesserungsbedarf. Einige Vorredner haben es auch schon gesagt: Normalerweise würde man jetzt sagen, wir verschieben den Antrag in den Ausschuss und versuchen dort, etwas Gemeinsames hinzukriegen. Leider schaffen wir das nicht mehr. Deshalb werden wir ihn formell ablehnen, obwohl die Intention - so glaube ich - von uns allen getragen wird.
Zum guten Schluss: Obwohl ich hoffe, nicht aus dem Landtag auszuscheiden, und die nächsten drei Wochen all meine Energie dafür aufwenden werde, möchte ich mich trotzdem zumindest bei den drei Kollegen, die sich eben gemeldet und sich dann verabschiedet haben, noch einmal ganz herzlich bedanken. Ich als immer noch junger Spunt im Parlament sage ganz ehrlich: Ich habe von Ihren Erfahrungen und Ihrem Umgang miteinander viel gelernt. Dafür bin ich dankbar.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Die chemische und die chemikalienverarbeitende Industrie ist von großer Bedeutung für unsere Lebensqualität und auch für unseren Arbeitsmarkt. Das gilt für Deutschland und im besonderen Maße auch für Schleswig-Holstein. Dies soll und wird durch die neue europäische Chemikalienpolitik REACH auch nicht infrage gestellt werden. Jeder aber, der sich damit beschäftigt hat, weiß, dass Chemikalien auch gefährlich sein können. Insofern liegt die Zuständigkeit schon seit Jahren in enger Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium bei uns im Haus.
In den letzten 20 Jahren haben sich in Europa deutliche Schwächen des Chemikalienrisikomanagements gezeigt. Deshalb wird heute von niemandem bestritten, dass Europa eine neue Chemikalienpolitik braucht. Ich glaube, dass wird auch nicht von der CDU bestritten.
Von über 100.000 Stoffen auf dem europäischen Chemikalienmarkt sind nur knapp 4.000, die so genannten neuen Stoffe, seit 1981 eingehend geprüft worden. Für die übrigen Altstoffe sind nur wenige Daten über deren Gefährlichkeit vorhanden. Genau diese Unkenntnis birgt Unsicherheit und Risiken für die Gesundheit von den Arbeitsnehmern just der Firmen, über die wir reden, sowie für Verbraucherinnen und Verbraucher und für die Umwelt.
Fehlende Chemikaliensicherheit hat in der Vergangenheit vielfach zu schweren Gesundheitsschäden geführt. Denken wir nur an PCB oder bestimmte Holzschutzmittel. Auch die wirtschaftlichen Folgekosten sind groß. Ich weiß, wovon ich rede: Die Sanierung des PCB-verseuchten Umweltministeriums, des Mercator-Hauses, hat rund 9 Millionen € gekostet. Mit diesem Geld hätte man viele Chemikalienprüfungen finanzieren können.
Die Krebs erzeugenden, Erbgut verändernden und Fortpflanzungsfähigkeit schädigenden Stoffe, kurz CMR-Stoffe genannt, sollen zu Recht - auch das kann niemand bestreiten - besonders streng behandelt werden. Durch ein Zulassungsverfahren soll ein sicherer Umgang gewährleistet werden, denn leider gibt es immer noch chemikalienbedingte Krebserkrankungen bei Arbeitnehmern und das sind Kosten für die Wirtschaft.
Insbesondere über die CMR-Eigenschaften der Altstoffe ist wenig bekannt. Gerade tückische Langzeitwirkungen treten häufig nicht offensichtlich zutage und auch nicht akut. Genau dem soll REACH abhelfen. Die Kommission erwartet infolge weniger chemikalienbedingter Krankheitsfälle langfristig Einsparungen von 50 Milliarden € im Rahmen der EU.
Natürlich ist REACH nicht zum Nulltarif zu haben. Die Kosten- und Folgeschätzungen differieren erheblich und sind vielleicht auch interessengeleitet. Aber die Kosten werden über zehn Jahre hinweg verteilt. Die jährliche Belastung wird - gemessen am Umsatz - voraussichtlich deutlich unter 1 % liegen. Im Übrigen fallen von den 100.000 Altstoffen nur höchstens 30.000 überhaupt unter REACH. Von diesen müssen die meisten, circa 20.000, lediglich registriert werden. Bereits 95 % der erforderlichen Daten
Selbstverständlich muss REACH so gestaltet werden, dass die Abläufe einfach, transparent, sicher und kostengünstig sind. Die Unternehmen müssen Unterstützung durch die Verwaltung vor Ort, die Mitgliedstaaten und die europäische Chemikalienagentur erhalten.
Ich bin mir sicher, dass am Ende ein sachgerechtes und verträgliches Ergebnis stehen wird, das zu besseren Lösungen für Arbeitsschutz-, Gesundheit- und Umweltprobleme führt.
Die Interessen des Mittelstandes und die Erfordernisse des internationalen Wettbewerbs werden wir dabei im Auge behalten. REACH soll die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie nicht beeinträchtigen, sondern sogar verbessern. Die bezweckte Chemikaliensicherheit wird vielmehr für die europäische Chemieindustrie einen erheblichen Informationsvorsprung und Innovationsschub bewirken.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einzelne Punkte des CDU-Antrages beleuchten: Die im zweiten Punkt bemängelten 1.000 Seiten Anhang enthalten seit langem geltende Vorschriften, die weiterhin benötigt werden. Etwa 40 andere Vorschriften werden abgelöst, was zu einer erheblichen Rechtsbereinigung führt. Auch das ist ein Teil der Wahrheit. Ich glaube, das dürfte auch bekannt sein.
Auch die etwa 200-seitige REACH-Verordnung enthält viele Elemente bereits geltenden Rechts. Es handelt sich also nicht - wie der Antrag suggeriert - um ein bürokratisches Papiermonster. Es geht auch um Bündelung und Modernisierung des europäischen Chemikalienrechts.
Die auch in Punkt 2 geäußerte Meinung, REACH sei von der Kostenseite her nicht hinnehmbar, ist meiner Ansicht nach etwas über das Ziel hinausgeschossen. An der Verbesserung der Praktikabilität wird mit großer Gründlichkeit gearbeitet und die neue EUKommission hat weitere Schritte im Rahmen ihrer Anhörung zu REACH im Europäischen Parlament am 19. Januar dieses Jahres bereits angekündigt. Insofern ist sichergestellt, dass die berechtigten Anliegen, gerade der mittelständischen Wirtschaft, in die weiteren Beratungen einfließen können.
Auch der dritte Punkt des Antrages ist überholt. Der Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses der Industrie ist und wird der Landesregierung in all ihren Aktivitäten ein besonderes Anliegen sein. Auch
Ich komme zum Schluss. - Die Landesregierung hat bereits ihre Einflussmöglichkeiten durch die Internetkonsultation und zwei Bundesratsverfahren genutzt, um Verbesserungen bei REACH zu erreichen.
Die chemische Industrie nimmt die Herausforderungen von REACH an und die Landesregierung wird sie dabei gemeinsam konsensual unterstützen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion über die EU-Chemikalienverordnung REACH offenbart schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem Umweltministerium.
Ich habe die Befürchtung, dass das, was der Kranich für den Ausbau des Flughafens Blankensee und der Graureiher für den Bau des Erlebnisbades in Glückburg ist, REACH für die chemische Industrie in unserem Land wird,
nämlich ein Instrument, der Wirtschaft viele Kosten aufzuerlegen, einer Wirtschaft, die weltweit agiert und im weltweiten Wettbewerb steht, ohne zu fragen, wie die Wirtschaft insgesamt daraus hervorgeht.
Frau Ministerpräsidentin, ich bitte Sie, von Ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen und uns zu sagen, welche Meinung diese Landesregierung vertritt.
Folgen Sie der ausführlichen Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums - wir haben zu dem Thema ja schon eine Anhörung durchgeführt - oder folgen Sie der Argumentation des Umweltministers? Wollen Sie, dass wirtschaftliche Entwicklungen unterstützt und gefördert werden oder dass sie behindert und verzögert werden? - Das ist die Grundfrage, um die es