Ich bin heute noch dem „sh:z“ dankbar dafür, dass er diese Maßnahme - die, im Gegensatz zu dem, was jetzt kommt, keine Kosten verursacht hat - mitgetragen hat.
Ich kann Ihnen sagen - nachdem ja solche Bekenntnisse neuerdings abgefordert werden -: Ich bin stolz auf das, was wir damals gemacht haben.
Von Schleswig-Holstein aus begann übrigens ebenso früh die gezielte Werbung für den Berufsschullehrernachwuchs. Die übrigen norddeutschen Länder haben dann nachgezogen. Ich nehme für mich auch in Anspruch, dass ich in den vergangenen Jahren keinen Hehl daraus gemacht habe, dass wir absehbar fachspezifische und regionale Engpässe bekommen werden.
Natürlich ist der bevorstehende Generationenwechsel in den Schulen seit längerem genauso bekannt wie das Ansteigen der Schülerzahlen. Ein ganzes Bündel von Ursachen hat aber diese Nachwuchsprobleme verschärft, und zwar bundesweit, wenn man von den neuen Ländern einmal absieht: negative Arbeitsmarktsignale, wachsende Konkurrenz der Wirtschaft, Kürzung der Anwärterbezüge, schlechte Aufstiegsperspektiven, aber auch wachsende Belastungen der Lehrerinnen und Lehrer.
Diesen Ursachenanalysen, wie sie zuletzt der Deutsche Philologenverband - für alle Bundesländer geltend - angestellt hat, ist eigentlich nur wenig hinzuzufügen und ist im Allgemeinen auch zuzustimmen. Wenn es hier politische Versäumnisse zu beklagen gibt, dann müssen sich alle Verantwortlichen in allen Bundesländern diesen Schuh anziehen.
Ich nehme allerdings für uns in Anspruch, dass wir nicht nur Werbekampagnen angestoßen haben, sondern das Thema auch auf die Tagesordnung der Konferenz der norddeutschen Länder und die der KMK gesetzt haben und eine ganze Reihe von Maßnahmen in Angriff genommen haben. Nun sind Rahmenempfehlungen für alle Länder abgegeben worden; die sind Ihnen bekannt. Insbesondere die Änderungen müssen bundesweit in Angriff genommen werden, die nur bundeseinheitlich geregelt werden können. Das betrifft
zum Beispiel im Ländertauschverfahren und bei den Verfahren zur gegenseitigen Anerkennung. Was dies angeht, so kann Schleswig-Holstein übrigens nur gewinnen. Denn die Bilanz ist dabei für uns bislang immer positiv gewesen. Auch im Ländertauschverfahren wollen viel mehr nach Schleswig-Holstein als aus Schleswig-Holstein heraus. Dies gilt auch für die übrigen Bewerber. Die Parole: „Die Besten verlassen das Land“, entbehrt wirklich jeder Grundlage. Ich bitte, sie nicht zu wiederholen; denn sie schadet dem Standort.
Ich will noch einmal an die vielen Informationsbroschüren erinnern, die es zum Thema Lehrerberuf insbesondere was die Berufsschulen angeht - gibt. Da ja auch Sie in die Schulen gehen und dort Besuche abstatten, bitte ich Sie: Nehmen Sie diese Broschüren mit, reden Sie über den Lehrerberuf, tragen Sie mit dazu bei, dass es junge Leute gibt, die sich für diesen Beruf interessieren! Das alles sind - das ist völlig klar - langfristig wirksame Maßnahmen.
Mittelfristig wirkt auch der Ausbau der Ausbildungskapazitäten im Vorbereitungsdienst. Für das letzte Jahr haben wir 50 zusätzliche Plätze zur Verfügung gestellt, weitere 100 sind es in diesem Jahr. Ich kann zum heutigen Zeitpunkt sagen: Wartezeiten für das Referendariat im Grund- und Hauptschul- sowie im Realschulbereich wird es in diesem Jahr nicht geben.
Das ist natürlich auch ein Signal dafür, dass es im Lehramt weniger Studierende beziehungsweise Examenskandidaten gibt. In den anderen Schularten Gymnasium, Sonderschule - wird die Wartezeit weiter
abgebaut werden. Diejenigen, die keinen Referendariatsplatz bekommen, wollen wir mit Vertragsangeboten auf jeden Fall im Land halten.
Ich will noch ein paar Stichworte zu den bereits öffentlich angekündigten Maßnahmen, die zurzeit im Ministerium vorbereitet werden und die zum Teil sehr kurzfristig wirken sollen, sagen. Wir haben bei der Zentralstelle für Bewerbungsfragen eine Hotline eingerichtet, die von Ihnen, Herr de Jager, lächerlich gemacht worden ist. Ich kann Ihnen heute sagen: Die Resonanz ist riesig und sie ist auch viel versprechend. In den letzten anderthalb bis zwei Wochen haben sich zwischen 500 und 600 Bewerber gemeldet - telefonisch, per E-Mail und brieflich. Die Experten in der entsprechenden Abteilung sagen: Mindestens ein Drittel der Bewerber sind hochinteressant für den Schuldienst. Dies gilt sowohl für Quereinsteiger als auch für jene, die in den 80er-Jahren aus irgendeinem Grund eben nicht in die Schulen hineinkamen, aber jetzt ihren Traumberuf zum Greifen nahe sehen.
Ich glaube, das war und ist eine richtige und hochwirksame Maßnahme. Der Ansturm lässt jetzt langsam nach. Aber ich bin sicher, dass wir den Arbeitsmarkt auch auf diese Weise noch weiter öffnen können.
Wir erarbeiten derzeit angepasste Qualifizierungskonzepte für den Schuldienst, begleitend und vorbereitend. Es geht ja dabei um beides: sowohl um den Einstieg ins Referendariat als auch um die direkte Anstellung in der Schule. Natürlich brauchen wir dazu flexible Strukturen bei der Ausbildung und hinsichtlich der Einstellungspraxis. Diese sind teilweise schon in einer Reihe von neuen Bestimmungen in der Studienund Prüfungsordnung sowie in der einschlägigen Ordnung für den Vorbereitungsdienst verankert; weitere sinnvolle Elemente werden wir kurzfristig durch Anpassung der Lehrerlaufbahnverordnung bekommen. Ob das schon zum kommenden Schuljahr in Kraft treten wird, kann ich wegen der Anhörungsphasen, die dazu nötig sind, heute noch nicht sagen; zumindest aber wird dies zum übernächsten Halbjahr der Fall sein.
Ich will ein weiteres Potenzial ansprechen, von dem bisher nicht die Rede gewesen ist. Es gibt im Schuldienst ungefähr 8.000 Kolleginnen und Kollegen, die Teilzeit arbeiten. Etwa die Hälfte davon - nageln Sie mich jetzt bitte nicht auf genaue Zahlen fest - sind aus arbeitsmarktpolitischen Gründen beurlaubt, eine Re
gelung, die wir in den 80er-Jahren in das Beamtengesetz eingeführt hatten, weil es damals ein Überangebot an Lehrern gab. Die Kollegen wurden damals aufgefordert, doch bitte auf Teilzeit zu gehen, um junge Kollegen in die Schulen zu lassen. Jetzt sind wir im Grunde in der umgekehrten Situation. Wir wollen gern diejenigen, die solche Teilzeitmöglichkeiten in Anspruch nehmen, motivieren, ihre Stundenzahlen aufzustocken. Dann hätten wir einen großen Teil des Problems gelöst.
Priorität bei all diesen Maßnahmen haben diejenigen, die wieder zurück in den Beruf wollen und entsprechend qualifiziert sind, die zum Beispiel nach dem Aussteigen aus dem Beruf oder nach einer Familienphase wieder unterrichten wollen. Ich sage sehr deutlich: Keine Priorität haben diejenigen Bewerber, bei denen die pädagogische Qualifikation bislang infrage gestellt wurde. Wir werden jetzt nicht alle Problemfälle der letzten Jahre in die Schulen holen.
Noch ein Wort zur Frage der Wiedereröffnung des Standortes Kiel und der damit einhergehenden Gefährdung des Standortes Flensburg! Man kann die Risiken eines solchen Schrittes - dazu ist schon eine Menge Richtiges gesagt worden - nicht ausschließen. Das wäre eine hochproblematische Lösung für den Standort Flensburg, gerade vor dem Hintergrund der Tatsache, dass in Flensburg die Studierendenzahlen wieder steigen, und aus der Erfahrung heraus, dass diejenigen, die sich für ein Studium entscheiden, sehr stark auf Arbeitsmarktsignale reagieren, wie die Erfahrungen gezeigt haben. Wir haben das im Ingenieurbereich gesehen.
Schon in den letzten beiden Semestern sind dort die Studierendenzahlen aufgrund der Arbeitsmarktsignale sprunghaft angestiegen. Ich rechne damit, dass das auch hier so sein wird. Gute Berufsaussichten sind - so glaube ich - für junge Leute heute ein sehr wichtiger Aspekt bei der Studienwahlentscheidung. Ich finde, wir sollten deshalb die positive Entwicklung in Flensburg nicht gefährden.
Was die Technische Fakultät angeht, so haben Sie, Herr Dr. Klug, übrigens völlig Recht. Sie bereitet jetzt aber einen grundständigen Studiengang Informatik für das gymnasiale Lehramt vor. Die Möglichkeit, dies nicht mehr nur als Nebenfach, sondern als Hauptfach
All dies muss sich an einer Richtschnur orientieren insofern bitte ich um Ihre Unterstützung, genauso wie ich offen bin für viele Vorschläge, die hier gemacht wurden -: Maßnahmen, mit denen wir den Engpässen kurz- oder mittelfristig begegnen wollen, dürfen die Qualität von Bildung und Erziehung nicht infrage stellen. Der Beruf des Lehrers und der Lehrerin stellt höchste Ansprüche. Es ist ein Profijob und nicht einer, den man einmal so nebenbei erwerben kann. Unterrichten und Erziehen sind miteinander untrennbar verbunden. Das sind Befähigungen, die man erlernen und sich erarbeiten muss. Ein guter Physiker ist noch lange nicht ein guter Physiklehrer. Deswegen muss man bei allen Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, den Einzelfall im Auge haben und insgesamt die Qualifizierung im pädagogischen Bereich erhöhen. Den Begriff des „Volkssturms“ sollten Sie sich, lieber Herr Historiker, in diesem Zusammenhang lieber sparen.
Wir werden zum Schuljahresende nicht nur den Bericht zur Unterrichtsversorgung vorlegen und ihn in unseren Bericht zur Lehrerbedarfsplanung einbeziehen, sondern wir arbeiten derzeit an einer fachspezifischen Bedarfsplanung. Ich warne nur vor allzu hohen Erwartungen an eine solche fachspezifische Bedarfsplanung; denn sie ist nicht nur höchst schwierig - aus unterschiedlichen Gründen, die ich im Ausschuss gern darlegen will -, sondern auch die Konsequenzen, die man daraus ziehen kann, sind begrenzt.
Dem Anliegen der CDU und des Kollegen Weber wird bereits Rechnung getragen. Vorauseilenden Gehorsam nennen wir so etwas. Vermutlich in der Bildungsausschusssitzung im Mai können wir eine solche spezifische Bedarfsplanung vorlegen.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Zu panischen Reaktionen besteht kein Anlass, sehr wohl aber zu intensiven Bemühungen in Richtung auf gezielte Maßnahmen - offen, aber immer orientiert an Qualität von Schule und Unterricht.
Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug.