Protokoll der Sitzung vom 12.12.2001

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Lothar Hay)

Die rot-grüne Koalition wird auch im Jahre 2002 an ihren Schwerpunkten festhalten. Es wurde mehrfach betont: Es gibt im Bildungsbereich 200 neue Planstellen und 100 neue Stellen für Referendare. Das Programm „ziel“ wird in vielen Teilen des Landes für notwendige Investitionen sorgen, auch wenn wir nicht verschweigen, dass wir in diesem Bereich leider erheblich reduzieren mussten. Wir haben ein umfangreiches Paket verabschiedet, das die Situation der Polizei verbessert. Dass die Opposition an der einen oder anderen Stelle immer noch meint, mehr vorschlagen zu müssen als die Regierungsparteien, überrascht uns in keiner Weise.

Bad things first heißt eine Devise für eine frisch begonnene Legislaturperiode. Wenn es aber mit den bad things nicht so schnell vorangeht wie erwartet, dann müssen entsprechende Entscheidungen auch in der Mitte einer Legislaturperiode getroffen werden. Politik, die verantwortlich handelt, darf sich bei solchen Entscheidungen nicht in erster Linie von Wahlen, die vor der Tür stehen, leiten lassen. Grundlegende Entscheidungen, die für die Zukunft des Landes wichtig sind, müssen unabhängig davon getroffen werden.

Was heißt das konkret für die rot-grünen Regierungsfraktionen und auch für die von uns gestellte Regierung? Wir werden uns vornehmen müssen, auch in den nächsten Jahren bad things zu entscheiden, damit wir es schaffen, den an der einen oder anderen Stelle mehr als versteinerten Haushalt wieder beweglicher zu gestalten, um neue Politikfelder zu erschließen und mit neuen Möglichkeiten die Probleme des Landes aufzugreifen, von denen die Menschen von uns dringend eine Gestaltung erwarten.

(Beifall bei der SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Alles leere Versprechungen!)

- Herr Kayenburg, ich komme zu dem Thema, über das wir uns bereits mehrfach ausgetauscht haben. Wenn es um die Verbesserung der Einnahmesituation geht, dann geht es um das letzte Tafelsilber des Landes Schleswig-Holstein. Ich kenne Ihre Sprüche, dass wir nur Ihre Vorschläge aufgreifen müssten. Gucken Sie sich einmal an, worüber man sich aus der Sicht des Landes hinsichtlich der Verkäufe unterhalten kann. Wir haben NordwestLotto. Für uns steht fest: Wir wollen die Zweckerträge von Lotto auch weiterhin für das Land nutzen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Wir auch!)

Wir glauben, dass die Landesentwicklungsgesellschaft auch in Zukunft ein wichtiges Instrument für die Un

terstützung von Projekten im Land insgesamt ist. Deshalb wollen wir keine weiteren Anteile verkaufen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wie lange?)

- Herr Kubicki, anders als die FDP sind wir davon überzeugt, dass eine Beteiligung des Landes an der Landesbank aus strategischen Überlegungen des Landes und durchaus auch im Sinne der Wirtschaft des Landes sinnvoll ist. Wir werden diesen Weg weiter gehen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich komme jetzt zu der gestrigen Entscheidung, 5 % der Anteile des Landes an der Landesbank an den Sparkassen- und Giroverband zu verkaufen. Damit verbleibt die Mehrheit der Anteile am Stammkapital von 50,1 % in Schleswig-Holstein. Dies ist strategisch die richtige Entscheidung. Damit kann die Voraussetzung geschaffen werden, die Interessen des Landes an einer starken Landesbank mit Sitz in Kiel zu sichern.

Nach der Brüsseler Verständigung über den Wegfall der Gewährträgerhaftung und die Modifizierung der Anstaltslast ist es sinnvoll, die Investitionsbank in einem weiteren Schritt aus der Landesbank herauszulösen und als Anstalt des Öffentlichen Rechts zu verselbstständigen.

Eine mögliche Fusion unserer Landesbank mit der Hamburgischen Landesbank könnte zu einer weiteren Stärkung der Position der Landesbank Kiel beitragen. Der Erhalt des Bankenstandorts Kiel und auch die Versorgung kleiner und mittlerer Unternehmen mit Bankdienstleistungen kann aus unserer Sicht so am besten gewährleistet werden. Deshalb sind wir auch bereit, in der Folge den nächsten Schritt zu machen, nämlich die spätere Umwandlung der Landesbank in eine Kapitalgesellschaft. Das wird dazu führen, dass unsere Landesbank im Konzert der sich verändernden Bankenlandschaft auch in Zukunft eine wichtige Rolle in diesem Orchester spielen wird. Das wollen wir absichern.

(Beifall bei SPD und SSW)

Lassen Sie mich nun auf einige Punkte eingehen, die man auch unter der Rubrik bad things einordnen könnte, obwohl ich eigentlich gegenteiliger Meinung bin: Ich nenne die Funktionalreform. Die Zusammenarbeit mit anderen Ländern und die Zweistufigkeit der Landesverwaltung bleiben für die Sozialdemokraten auf der Tagesordnung. Ich gebe es zu, auch wenn auf Seiten der Opposition Selbstkritik nicht richtig ankommt: Die Schwierigkeiten liegen in der Kompliziertheit möglicher Lösungen, in der langwierigen Erarbeitung von dauerhaft tragenden Ergebnissen,

(Lothar Hay)

aber auch im Beharrungsvermögen derer, die von ihren Kompetenzen nichts abgeben wollen und jedes Zugeständnis gleichzeitig an das Zugeständnis anderer koppeln. So ist man in der Lage, sich über Jahre hinweg gegenseitig zu blockieren. Es ist keine Frage: Wir Sozialdemokraten wollen hier ran. Wir wollen die Funktionalreform in dieser Legislaturperiode vorantreiben.

(Beifall bei SPD und SSW)

Wenn ich über Funktionalreform rede, dann bin ich auch schon bei der Lage der Kommunen im Lande Schleswig-Holstein. Diese ist genauso wenig rosig wie unsere eigene. Die Ergebnisse der Steuerschätzung treffen die Kommunen an einem ganz entscheidenen Punkt, nämlich bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Wir haben der kommunalen Ebene im Jahr 2000 zur Entlastung des Landeshaushaltes weitere finanzielle Belastungen zugemutet. Unser gemeinsames Ziel muss es jetzt sein, wo immer möglich, im beiderseitigen Interesse zu Einsparungen zu kommen. Ich sehe mit großem Interesse den Vorschlägen des Landkreistages und des Städteverbandes entgegen, was die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinien im Lande Schleswig-Holstein angeht. Wir werden kritisch prüfen, aber wir sind dankbar, dass es diese Vorschläge gibt.

(Beifall bei SPD und SSW)

Ich komme zu einem weiteren Tabuthema. Ich denke hier an die Veränderungen der Beziehung zwischen den größeren Städten und den Kreisen, zwischen den kreisfreien Städten und ihrem Umland. Wenn man die Kostensituation insgesamt sieht, dann sollte man den Mut haben, den Charakter einer Gebietsreform wenigstens zu denken und nicht auf Dauer zum Tabu zu erklären.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind an Vorschlägen interessiert, werden diese bündeln und mit der kommunalen Familie ausführlich diskutieren.

Wenn der Spruch eines bekannten Schleswig-Holsteiners: „Wer arm ist, muss wenigstens schlau sein“, richtig ist, dann gilt dies insbesondere auch für die Außenwerbung unseres Landes.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Dabei habe ich nicht nur den Tourismus im Auge. Der hat sich, zumindest was die gemeinsame Werbung betrifft, im abgelaufenen Jahr erfreulicherweise deutlich verbessert. Mir geht es vielmehr auch um die Werbung für unser Land als Ort für Investitionen, als Ort für die Niederlassung von Unternehmen. Ich

weiß, dass andere Länder hierfür größere finanzielle Aufwendungen leisten können. Wir können dies nicht. Deshalb kommt es mehr als bisher darauf an, dass wir für den Standort Schleswig-Holstein, sei es über das Hanse-Office, sei es über die Landesvertretung in Berlin, sei es durch Regierungsmitglieder, sei es durch Parlamentarier, durch Kommunen und durch Verbände jeglicher Art, werbend nach außen auftreten. Dies gilt nicht nur für den Ostseeraum, sondern auch für ganz Europa.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Hier kann sicher noch mehr gemacht werden. Jeder, der dazu einen Beitrag leisten kann, ist aufgefordert, dies zu tun.

Die Lage des Landes schlechter zu reden, als sie ist, wird mit Sicherheit nur eine begrenzte Werbewirksamkeit erzeugen können. Von daher arbeitet auch jede Opposition aktiv an ihrer eigenen Zukunftshoffnung, wenn sie für ihr eigenes Land werbend nach außen hin auftritt. Vielleicht sollten sich die einen oder anderen daran noch einmal erinnern.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz auf einige Einzelpunkte des vorgelegten Gesetzentwurfs zum Haushalt 2002 eingehen.

Für die deutschen Privatschulen und die dänischen Schulen haben wir gemeinsam eine Lösung gefunden, die nicht nur für 2002, sondern auch für die weiteren Jahre bis 2005 tragen wird. Mögliche Tarifsteigerungen werden auf der Basis der Beamtenbesoldung vom Land übernommen. Für die heilpädagogischen Schulen, Sonderschulen, haben wir entsprechend unserer Koalitionsausschusszusage die Fördersätze von 90 auf 100 % erhöht. Was das dänische Schulwesen betrifft, hoffe ich, dass der SSW und die gesamte dänische Minderheit insgesamt mit der jetzt zu treffenden Regelung für das dänische Schulwesen einverstanden sind. Bei der gefundenen Lösung stand für uns im Vordergrund - dies galt sowohl für die SPD-Fraktion als auch für die grüne Fraktion -, dass wir den besonderen Verfassungsrang der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein damit auch zum Ausdruck bringen wollten. Dies ist für uns nach wie vor ein ganz hohes Gut. Davon lassen wir uns bei allen Entscheidungen, die die dänische Minderheit, die Friesen, die Sinti und Roma betreffen, leiten.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

In den letzten Monaten hat es aufgrund der Kürzung bei der Förderung von Maßnahmen im Rahmen der Ländlichen Struktur- und Entwicklungsanalysen

(Lothar Hay)

viele Auseinandersetzungen deshalb gegeben, weil sich betroffene Kommunen nach der Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn auf den Fluss der in Aussicht gestellten Mittel verlassen haben. Ich meine, es ist in Absprache mit den kommunalen Landesverbänden dafür bin ich außerordentlich dankbar - jetzt eine einvernehmliche und praktikable Lösung zum Wohle der Gemeinden in unserem Lande gefunden worden.

(Beifall bei der SPD)

Auch beim Kindertagesstättengesetz haben wir mit der Aufhebung der Deckelung und der gleichzeitigen Ankündigung, über die Ausgestaltung der Vertragsbedingungen neu verhandeln zu wollen, eine akzeptable Lösung gefunden. Hintergrund der Überlegungen ist die Tatsache, dass sich die Zahl der Kinder in den Kindertagesstätten landesweit sehr unterschiedlich entwickelt: zurückgehende Zahlen im Nordwesten des Landes, ein Ansteigen im Bereich des Hamburger Umlandes. Aufgrund der angespannten Finanzlage des Landes ist es uns nicht möglich, alles zu tun, was in Sachen Kindergrippen und Kinderhorten wünschenswert wäre. Von daher ist eine Neugestaltung mit den Trägern im Jahre 2002 zu verhandeln, um dann auch in Zukunft die Finanzierung der Kindertagesstättenarbeit auf eine solide finanzielle Basis ab dem Jahr 2003 zu stellen. Daran wollen wir Sozialdemokraten und unser Bündnispartner, die Grünen, mitarbeiten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich auf ein Thema eingehen, das bei uns in der Fraktion sehr kontrovers diskutiert worden ist und bei dem wir letztendlich mit sehr großen Schmerzen eine Entscheidung getroffen haben. Ich meine die Kürzung beim Landesblindengeld im Umfang von circa 10,3 %. Wir wissen, dass sich die Kürzung für den Einzelnen stärker bemerkbar macht. Wir haben uns letztlich dafür entschieden, einen Festbetrag in das Haushaltsbegleitgesetz aufzunehmen. Das Landesblindengeld ist - das möchte ich noch einmal betonen eine freiwillige Leistung des Landes, wobei wir trotz der Kürzung im kommenden Haushaltsjahr insgesamt einen Betrag von 21,8 Millionen € zur Verfügung stellen. Ich kann aber auch die Proteste der betroffenen Menschen in unserem Lande durchaus verstehen. Ich bitte um Verständnis, dass wir keine andere Möglichkeit haben. Ich meine, wir haben eine akzeptable, vertretbare Lösung gefunden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich kurz auf einige Anträge aus dem Bereich der Opposition eingehen. Was die möglichen Verkäufe von Anteilen bei Lotto, Landesbank und LEG angeht,

habe ich bereits am Anfang meiner Rede einiges dazu gesagt. Ich will mich jetzt kurz mit dem Antrag der CDU beschäftigen, ein - ein besonderer Hit - neues Familiengeld einzuführen. Erstens habe ich den Eindruck, dass dieser Ansatz finanziell überhaupt nicht trägt. Zweitens hat er ein grundsätzliches Problem in sich: dass er dem entgegen arbeitet, was wir auf anderen Wegen erreichen wollen, nämlich Frauen trotz Familie die Berufstätigkeit zu ermöglichen. Dies setzt Kinderbetreuung am Nachmittag voraus. Das Familiengeld der CDU zielt im Gegensatz dazu darauf ab, die Frau an den heimischen Herd zurückzuholen.

(Lachen bei der CDU)

Das ist eine Familienpolitik, die mit Sozialdemokraten nicht zu machen ist. Wir wollen den Frauen die Berufstätigkeit ermöglichen.

(Beifall bei SPD und SSW - Caroline Schwarz [CDU]: Sie sollen Wahlfreiheit ha- ben! Das haben Sie völlig falsch verstanden!)

- Jedenfalls habe ich dazu beigetragen, Sie etwas wach zu bekommen.