Die entscheidende Frage war natürlich die: Wie lang muss die Start- und Landebahn sein? Alle von uns eingeschalteten Gutachter empfehlen 1.800 m plus 300 m Stopway. Natürlich gibt es auch Flugzeugmuster, die mit 1.600 m auskommen. Das ist aber nicht die Frage. Es gibt auch welche, die mit 1.800 m nicht auskommen. Aber zwei der am meisten eingesetzten Regionaljets benötigen nun einmal 1.800 m.
Wenn wir eine zukunftorientierte Entscheidung treffen, dann darf sie besonders chancenreiche Optionen im Regionallinienverkehr nicht ausschließen.
Ihre Fragen, meine Damen und Herren vom SSW, habe ich im Wesentlichen im Wirtschaftsausschuss beantwortet. Bei einer Förderquote von 50 plus 10 % würde das Land aus GA-Mitteln rund 20 Millionen € aufbringen müssen, davon die Hälfte Landesmittel und die Hälfte Bundesmittel. Die Regionen, in denen wir Infrastrukturvorhaben aus EUbeziehungsweise EFRE-Mitteln fördern, würden davon praktisch nicht tangiert. Für die Regionen, die wir nur mit GA-Mitteln fördern können, müsste ein fairer Ausgleich geschaffen werden, indem die übrigen GA-Mittel entsprechend für diese Regionen reserviert werden.
Insgesamt würden durch die skizzierte Förderung der Flughafenerweiterung rund 10 % der noch freien Regionalprogrammmittel gebunden. Das halte ich bei einem überregional und strukturpolitisch so wichtigen Projekt aber auch für vertretbar.
Der Bund beteiligt sich mit 5,9 Millionen € Straßenbaumitteln, mit GA-Mitteln und mit GVFG-Mitteln. Im Finanzierungskonzept müssten Bund und Stadt Kiel einen größeren finanziellen Beitrag leisten als das Land, um das an dieser Stelle einmal deutlich zu sagen.
Das Finanzierungs- und Wirtschaftlichkeitskonzept kommt zu dem Ergebnis, dass etwa zehn Jahre nach Fertigstellung der Break-Even erreicht ist.
Zum Bedarf bei Linien- und Geschäftsreisen. Die Planungen und Prognosen liegen Ihnen ja vor. Die Passagierzahlen entwickeln sich innerhalb von sechs Jahren nach dem Ausbau von 130.000 auf 290.000 und die Starts und Landungen von 26.000 auf 30.000. Sie sehen, die Zahl ist immer noch geringer als im Jahre 1990, wo wir am Standort Holtenau mehr Starts und Landungen hatten. Das nur einmal nebenbei bemerkt, weil immer gesagt wird, das werde ein riesen Aufwand.
Zum Thema rechtsverbindlicher Ausschluss von Charterern. Hier reicht die Zeit nicht, um das Rechtsgutachten im Einzelnen darzulegen. Es ist bekannt, dass es ein Alternativgutachten gibt. Entscheidend ist, es gibt sichere rechtliche Möglichkeiten. Da ist unsere Einschätzung eindeutig, auch nach dem Ergebnis von heute. Wir werden solche Vorschläge machen; ich kann sie hier nicht abschließend erläutern. Wir werden Vorschläge machen, die rechtssicher sind. In welcher Form das erfolgt, wird die Kabinettsentscheidung bringen. Dann können Sie gerne noch einmal weitere Fragen stellen. Wir können das dann sehr ausführlich im Wirtschaftsausschuss machen, auch mit Gutachtern im Gespräch. Klar ist, die Landesregierung will den Pauschalreiseflugverkehr mit größeren Maschinen ausschließen, und wir sind sicher, dass wir das rechtlich und nicht nur politisch können.
Meine Damen und Herren, abschließend die Bitte: Ich hoffe sehr, dass wir rasch und möglichst einvernehmlich zu einer Entscheidung kommen. Irgendwann muss man entscheiden. Wir haben jetzt wirklich über mehr als ein Jahr jede Menge Gutachten vorgelegt. Ich bitte Sie, diese Gutachten zu lesen, sich anzuschauen, sich ihre Meinung zu bilden, im Ausschuss zu fragen und dann zu einem Ergebnis zu kommen. Ich glaube, es liegt alles auf dem Tisch.
Ich danke dem Herrn Minister für den Bericht. Ich eröffne jetzt die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Harms das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Ankündigung von Wirtschaftsminister Rohwer im Kabinett am 26. März 2002, einen Ausbau des Regionalflughafens Kiel-Holtenau auf 1.800 m zuzüglich 300 m Sicherheitsstreifen vorzuschlagen, hat die monatelange Debatte von Befürwortern und Gegnern der Startbahnverlängerung ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.
Obwohl sich der SSW sehr wohl für einen leistungsstarken und zukunftsfähigen Regionalflughafen in der K.E.R.N.-Region ausgesprochen hatte, standen wir dem geplanten Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau von Beginn an sehr kritisch gegenüber. Wir haben von Anfang an gefordert, eine echte standortvergleichende Untersuchung anzustellen. Voraussetzung wäre gewesen, dass man die Ziele, die mit dem Flughafen verbunden werden, genau definiert und dann das Erreichen der Ziele abprüft.
Der einzige „offizielle" Grund für den Ausbau in KielHoltenau liegt in einer angestrebten Verbesserung für den Geschäftsreisebedarf. Dieser Bedarf ist aber noch in keiner Weise nachgewiesen. Bisher wurden alle Erhebungen, die die Notwendigkeit des Ausbaus des Flughafens für die Verbesserung für den Geschäftsreisebedarf untermauern sollten, ad absurdum geführt. Aber gerade das ist der Kern der Sache. Man ist derzeit überhaupt nicht in der Lage, die Sinnhaftigkeit dieser Ursprungsargumentation nachzuweisen. Es finden sich keine Belege, die aussagekräftig genug sind, um einen angemessenen Geschäftsreisebedarf nachweisen zu können, und damit gibt es auch keinen Grund für den Ausbau von Kiel-Holtenau.
Daher hätte es durchaus Sinn gehabt, sich zu überlegen, welche verkehrsmäßigen Ziele man sich sonst noch setzt. Dann wäre man wahrscheinlich zu völlig anderen Schlüssen gekommen. Man wird das Gefühl nicht los, dass gerade dies politisch aber nicht gewollt ist.
Wir haben immer verlangt, dass vor einer Entscheidung alle Fakten und Überlegungen auf den Tisch gelegt werden müssen. Die bisherigen vagen Informationen über die jetzt angepeilte Lösung, die uns aus dem Wirtschaftsministerium zur Verfügung stehen, bestätigen uns in unserer kritischen Haltung. Es ist unverantwortlich, ein Projekt in solcher Größenordnung anzukündigen, wenn die Finanzierung der Ge
samtkosten und die Verteilung auf Bund, Land und Stadt Kiel noch nicht einmal endgültig geklärt sind. Dazu sind wir besonders darüber besorgt, dass die Landesregierung, zur Finanzierung des zurzeit 48 Millionen € teuren Ausbaus, Mittel aus dem Regionalprogramm 2000 entnehmen will. Dieses Programm ist ursprünglich einmal ins Leben gerufen worden, um mit gezielten Investitionen die wirtschaftsnahe Infrastruktur der strukturschwachen Regionen des Landes - wie der Westküste oder des Landesteils Schleswig - zu stärken und nicht Projekte, die eigentlich nur der Landeshauptstadt dienen.
Ich nehme sehr wohl zur Kenntnis, dass die Landesregierung aufgrund des öffentlichen Drucks, den der SSW entfacht hat,
die Förderung aus dem Regionalprogramm nicht mehr zu 80 %, sondern nur noch zu 60 % vornehmen will. Aber die Grundkritik bleibt trotzdem: Werden Regionalprogrammmittel in den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau gehen, wird dies negative Folgen für viele Projekte in den strukturschwachen Regionen haben.
(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Thorsten Geißler [CDU] Der Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau mit der geplanten Entnahme von Mitteln aus dem Regional- programm wird auf Kosten des ländlichen Raums finanziert. Allein dieser Punkt ist einer Landesregie- rung, die sich eine aktive Regionalpolitik auf ihre Fah- nen geschrieben hat, nicht würdig. Gar nicht auszudenken wäre es, wenn sich das Projekt als noch teurer als veranschlagt erweisen würde. (Wolfgang Kubicki [FDP]: Genau!)
Dann würde sich die Situation für die strukturschwachen ländlichen Räume noch weiter verschlechtern. Diese Befürchtung meinerseits ist nicht unrealistisch, da mit jedem neuen Gutachten immer wieder neue Zahlen auf den Tisch kommen. Nun lesen wir auch noch in der Zeitung, dass es noch gar keine Förderzusage in Bezug auf die Verlegung der B 503 gibt. Das heißt, bis heute haben wir keine sichere finanzielle Gesamtplanung vorgelegt bekommen.
(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Thorsten Geißler [CDU] Das allein ist schon ein Grund, von einer Ausbauent- scheidung erst einmal abzusehen. „Wichtig ist, was hinten rauskommt!" - Nun kannst du klatschen, Jürgen. Dieses Zitat wird ja immer wieder gern benutzt. In Bezug auf den Ausbau von Kiel-Holtenau stellt sich die Frage, inwiefern sich diese „Zukunftsinvestition" denn nun zumindest langfristig lohnt? Mit „lohnen“ meine ich, ob aus dem Zuschussbetrieb Flughafen Kiel-Holtenau irgendwann ein Gewinnbetrieb Flug- hafen Kiel-Holtenau wird. Zurzeit müssen die Stadt Kiel und das Land Schles- wig-Holstein regelmäßig die jährlichen Unterschüsse des Flughafens ausgleichen. In der Vergangenheit wurde immer wieder klargestellt, dass der Flughafen auch nach den Investitionen auf absehbare Zeit keine Gewinne einfahren wird und es sich um eine Infra- strukturinvestition für das Land handele. Wenn dem wirklich so wäre, dann müsste man größere Ziele ha- ben, als nur ein paar Kieler Geschäftsleute durch die Welt zu fliegen. (Zurufe)
Dann ginge es um Logistikkonzepte, um Güterverkehr und um vieles andere mehr zugunsten des ganzen Landes. Da dem aber nicht so ist, bleibt die Frage nach dem zukünftigen Unterschuss, der zu erwarten und zu bezahlen ist. Die Antwort hierauf bleibt die Landesregierung aufgrund der vielen Szenarien, die auf den Markt geworfen werden, bisher weitgehend schuldig, obwohl wir täglich lesen, wie knapp die Kassen des Landes sind.
Wir sind weiterhin der Auffassung, dass die Folgen des Ausbaus für die Anwohner - beispielsweise für die Schulen - nicht genug untersucht worden sind. Zum Beispiel gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen und unterschiedliche Gutachten - über die zukünftige Lärmbelastung für die Anwohner nach einem Ausbau des Flughafens. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass es über die erwartete Entwicklung des Geschäftsreiseverkehrs, des normalen Linienverkehrs und des Urlaubsreiseverkehrs und damit der Anzahl der täglichen Flüge unterschiedliche Auffassungen gibt. Es erscheint mir jedenfalls fraglich, ob die Landesregierung den Urlaubsreiseverkehr wirklich - wie jetzt vorschlagen - durch eine Beschränkung des maximalen Start- und Landegewichts für Flugzeuge begrenzen kann. Insofern muss man damit rechnen, dass es zu erhöhten Lärmbelästigungen mit den entsprechenden gesundheitlichen Folgen kommt.
Ungeklärt scheint mir außerdem auch die Frage, wie mit möglichen Wertverlusten bei Grundstücken und Häusern umgegangen werden muss.
In Bezug auf die Folgen für die Bewohner gibt es immer noch mehr Fragen als Antworten. Ich habe in diesem Zusammenhang die Frage des Ausschlusses des Urlaubsreiseverkehrs durch eine Beschränkung
des maximalen Start- und Landegewichts für Flugzeuge angesprochen. Hier gibt es auch mehr Fragen als Antworten. Ich glaube, auch die Landesregierung ist sich ihrer Sache nicht sehr sicher. Das konnte man dem Beifall der Kolleginnen und Kollegen der SPDFraktion gerade eben deutlich entnehmen. Das ist auch kein Wunder, denn die vorgeschlagene Beschränkung ist ja auch nicht an objektive Kriterien, wie zum Beispiel mögliche Gefahren, gebunden, sondern allein an die Tatsache, dass man bestimmte Verkehre von vornherein ausschließen will. Damit ist eine solche Regelung immer angreifbar und wird irgendwann auch angegriffen werden - entweder von der eigenen Flughafengesellschaft, um aufgrund knapper Kassen den Charterverkehr zu ermöglichen, oder von Reiseanbietern, die Kiel mit großen Maschinen anfliegen wollen, um entsprechende Umsätze zu machen. Das ist ja durchaus legitim.
Da jeder öffentliche Flughafen eine Betriebspflicht hat, Herr Garg, wird es schwer und nach meiner Meinung sogar unmöglich werden, den Charterverkehr draußen vor zu halten.
Auf jeden Fall haben wir derzeit noch keine absolute Sicherheit, dass der Charterverkehr draußen vor bleibt. Da die Landesregierung dies aber unbedingt will, kann sie bei einer so unsicheren rechtlichen Lage noch keine so weitreichenden Entscheidungen treffen. Solange diese Frage nicht geklärt ist, darf es keine Ausbauentscheidung für Kiel-Holtenau geben.
Weiter hat es die Landesregierung versäumt, andere Standortalternativen für einen Regionalflughafen wirklich ernsthaft zu prüfen. Das Gutachten des Wirtschaftsministeriums vom September 2001, in dem die alternativen Standorte geprüft wurden, ist nicht überzeugend und kann eine Machbarkeitsstudie, wie wir sie im Mai letzten Jahres gefordert hatten, nicht ersetzen.
Berücksichtigt man die schon vorhin aufgeworfene Frage nach den Zielen, die sich die Landesregierung mit einem Landesflughafen gesetzt hat oder hätte setzen können, so muss man ganz klar sagen, dass schon die anfänglichen Untersuchungen der Standorte nur das Ziel hatten, einen Standort zu favorisieren nämlich Kiel-Holtenau. Nun kommt möglicherweise aktuell noch die Frage hinzu, was die Bundeswehr in Hohn plant, wenn sie 73 Airbus-Transporter anschafft. Entstehen hier möglicherweise neue Zusammenarbeitsund auch Finanzierungsmöglichkeiten?
Wenn der Wirtschaftsminister nun ankündigt, den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau mit einem Planfeststellungsverfahren durchsetzen zu wollen,
will er vollendete Tatsachen schaffen; denn ein Planfeststellungsverfahren ist rechtlich bindend. Warum wehrt sich die Landesregierung eigentlich so gegen ein Raumordnungsverfahren? In einem ordentlichen Raumordnungsverfahren würden alle Alternativen ernsthaft auf ihre Machbarkeit geprüft und alle Beteiligten könnten ihre Interessen geltend machen. Anstatt sich nur auf den Ausbau von Kiel-Holtenau zu versteifen, hätte die Landesregierung durch ein Raumordungsverfahren die frühzeitige Klärung über die grundsätzliche Eignung von Standorten herbeiführen können und durch eine systematische und integrativ angelegte Raumverträglichkeitsprüfung Fehlplanungen und Eingriffe in schutzwürdige Bereiche vermeiden beziehungsweise abschwächen können.
Aus der Sicht des SSW wäre ein Raumordnungsverfahren der korrekte Weg gewesen - auch um den Bürgerinnen und Bürgern eine maximale Transparenz des Entscheidungsprozesses zu sichern.
Wir empfehlen diesen Weg immer noch und schlagen außerdem vor, dass sich die Landesregierung über die Ziele, die sie mit einem Flughafenausbau verfolgt, erneut Gedanken machen sollte.
Mit unserem Antrag wollen wir noch einmal die Chance für eine vernünftige Diskussion eröffnen und vor allem Zeit gewinnen, um Zahlen, Daten und Fakten zu erhalten. Das Großprojekt Flughafen Kiel-Holtenau ist so wichtig, dass wir uns wirklich alle Zeit der Welt hierfür nehmen sollten. Daher beantrage ich, den Bericht federführend dem Wirtschaftsausschuss und zusätzlich dem Finanzausschuss zu überweisen.
(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Vielleicht können wir uns noch ein bisschen konzentrieren. - Ich erteile Herrn Abgeordneten Müller das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder Ausbau eines Flughafens löst bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern immer vehemente Reaktionen gegen die Baupläne aus. So ist es auch in diesem Fall geschehen. Natürlich wären die Reaktionen in Hohn, Neumünster oder Schleswig ähnlich, wenn diese