ist von denen eine Politik des Verschweigens und Verhinderns gemacht worden. Das muss man doch sehr deutlich sagen. Wenn man etwas verändern will, muss man sich mit diesen Leuten anlegen.
Dieses Verschweigen und Verhindern und auch die stillen Rückrufaktionen auch aus dem Ökolandbau kritisieren wir sehr heftig. Stille Rückrufaktionen sind falsch. Man muss diese Probleme öffentlich machen. Nur dann wird man wieder das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher bekommen.
Man muss auch ganz deutlich sagen: Der gesamte Nitrofen-Skandal ist doch überhaupt erst aufgedeckt worden, weil die Qualitätskontrollen im ökologischen Landbau so groß sind. Frau Happach-Kasan, das war bei Hipp nicht zufällig so, sondern es ist in diesem System angelegt.
(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Nein, das ist bei der Firma Hipp so, nicht beim Ökolandbau! Da hätten sie das Fleisch so verkauft und niemand hätte es gemerkt!)
- Nein, in diesem Bereich des ökologischen Landbaus und der verarbeitenden Betriebe sind die Kontrollen sehr hoch. Wir sind dafür - und das ist mittlerweile ja auch umgesetzt worden -, dass die Ökokontrollen verbessert werden. Da hat es ja das Bundesgesetz gegeben, mit dem zwar unabhängig von Nitrofen, aber in diesem Zusammenhang Verbesserungen erreicht worden sind. Ich bin sehr dafür, denn nur damit werden wir Vertrauen zurückgewinnen können.
Es gibt Lücken im Lebensmittelrecht und in den Gesetzen zur Futtermittelwirtschaft. Wir bedauern schon sehr, dass es immer wieder großer Krisen und Lebensmittelskandale bedarf, um die Mängel im System der Lebensmittelherstellung zu beseitigen. Das zeigt aber auch, wie stark die Verhinderer in diesem Bereich noch sind und wie heftig der Kampf für Verbraucherinteressen geführt werden muss, um sich mit den Verhinderern von Transparenz, von Durchsichtigkeit in der Lebensmittelindustrie auseinander zu setzen.
Für uns bedeutet das, dass wir sagen: Ja, wir brauchen ein neues Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz noch in dieser Legislaturperiode als unmittelbare Konsequenz aus dem Nitrofen-Skandal, um die Pflichten der Hersteller und Händler zu erweitern. Wir brauchen auch ein neues Futtermittelgesetz. Es muss verschärft werden. Insbesondere die Vorschriften für Eingangs- und Ausgangskontrollen bei Zwischenhändlern in Mischfutterwerken müssen effektiver gestaltet werden.
Das Tierarzneimittelneuordnungsgesetz soll verschärft werden, um den Missbrauch von Tierarzneimitteln, besonders von Antibiotika in der Intensivlandwirtschaft, einzudämmen und Verstöße durch bessere Kontrollen wirksam ahnden zu können. Diese notwendigen Gesetzgebungsinitiativen sind auf dem Weg. In diesem Sinne ist Rot-Grün ein Garant für Verbraucherfragen.
Deshalb sagen wir, die Konsequenz aus den Vorkommnissen, die Konsequenz aus der Debatte um Nitrofen muss sein, die Agrarwende umso energischer
fortzusetzen. Wir fordern gerade die konventionellen Landwirte auf, sich nicht in das Boot mit dem agroindustriellen Komplex zu setzen. Wir fordern sie auf, für ihre Interessen zu kämpfen, gemeinsam mit den Biobauern, gemeinsam mit Frau Künast, und sich nicht immer von den Großkonzernen vorführen zu lassen. Letztendlich sind die Bauern immer die Leidtragenden. Das kann nicht so weitergehen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Erste, was im Zusammenhang mit dem Nitrofen-Skandal auffällt, ist, dass der Umfang des so genannten Skandals eher gering, die Panikmache dafür aber umso größer ist. Da sollte man den Ball doch lieber flach halten.
Ich sage dies deshalb so deutlich, weil ich das Gefühl habe, dass in Deutschland der Hang zur Panik und Selbstzerfleischung außergewöhnlich groß ist. Nun mag dies mit der Darstellung in den Medien zusammenhängen. Aber das kann nicht die einzige Erklärung sein. Schon im Zusammenhang mit BSE und MKS habe ich feststellen können, dass man diesen Krisen und den jeweiligen Problemen in anderen Ländern wesentlich ruhiger und abgeklärter umgegangen ist.
Was ist eigentlich geschehen? Da werden in Fleisch und Futtermitteln Spuren von Nitrofen gefunden, einem Zusatzstoff, der seit über zehn Jahren verboten ist. Man würde jetzt meinen, man verfolgt die Spur, klärt den Fall auf und zieht mögliche Schuldige zur Rechenschaft. Aber weit gefehlt. Natürlich tut man auch das, aber man versucht vor allem, diese NitrofenFunde öffentlich auszuschlachten. So wie man zur BSE-Krise auf die konventionelle Landwirtschaft einschlug, lässt man es sich nun nicht nehmen, sich die Ökolandwirte vorzunehmen. Die Schlammschlacht gipfelt in der Aussage des Bundestagsabgeordneten Peter-Harry Carstensen, der sagte - ich zitiere -:
„Nachdem Verbraucherschutzministerin Künast diese Branche über den grünen Klee gelobt hat, kann ich aber auch klammheimliche Genugtuung nicht verhehlen, dass der Ökolandbau wieder auf den Teppich geholt wird.“
Da freute sich also ein Landesvorsitzender einer großen Partei im Agrarland Schleswig-Holstein, dass es Teilen der Landwirtschaft schlecht geht. Solche Aussagen sind in meinen Augen mindestens genauso schädlich für die Landwirtschaft wie die panischen und verurteilenden Aussagen in der BSE-Krise.
Ich glaube, wir sollten alle mit etwas mehr Abgeklärtheit an Probleme wie die Nitrofen-Funde herangehen, da wir sonst der Landwirtschaft insgesamt schaden. Beim Nitrofen-Skandal wurde vor allem Eines wieder deutlich: Die Kontrollsysteme in Deutschland sind immer noch nicht aufeinander abgestimmt. Um eine erste Gewissheit zu erlangen, musste erst einmal herausgefunden werden, auf welche Art und Weise die betroffenen Futtermittel bisher untersucht worden waren, was entsprechende Zeit gekostet hat. In Schleswig-Holstein wäre das Nitrofen in der Lebensmittelkontrolle und auch in der Futtermittelkontrolle aufgefallen, weil entsprechende Testverfahren angewandt werden. Andere Schadstoffe wiederum können möglicherweise bei uns nicht gefunden werden, sind dafür aber in anderen Bundesländern im jeweiligen Testverfahren enthalten.
Wir werden mit Sicherheit keine hundertprozentige Sicherheit vor allen Gefahrstoffen erhalten können, aber die Testverfahren sollten nach Möglichkeit bundeseinheitlich sein, um Zeit zu gewinnen.
In diesem Zusammenhang muss auch wieder, zumindest mittelbar, die Frage diskutiert werden, ob wir uns verschiedene Qualitätssicherungssysteme in der Bundesrepublik leisten können oder ob es nicht besser ist, einheitliche Systeme aufzubauen. Das bundesweite Ökosiegel und das kommende bundesweite konventionelle Siegel zu übernehmen, wäre nach meiner Meinung der beste Weg. Das schließt nicht aus, dass man in bestimmten Bereichen noch Verbesserungen erreichen kann, aber das Ziel muss es sein, europaweit nach einheitlichen Kriterien zu testen und zu bewerten. Erst dann sind auch europaweit einheitliche schnelle Kontrollen der Futter- und Lebensmittel möglich.
Der Schritt von Frau Künast, nun den Grenzwert des Pflanzengiftes Nitrofen in Kleinkind- und Säuglingsnahrung zu verschärfen, ist zwar in Ordnung, hat aber mit den Ursachen des derzeitigen Problems überhaupt nichts zu tun. Ich erwarte, dass auch problembezogene Schritte folgen. Daran muss sich Frau Künast eigentlich messen lassen.
In Schleswig-Holstein war positiv festzustellen, dass das schleswig-holsteinische Landwirtschaftsministerium und das Umweltministerium wieder schnell und zuverlässig gehandelt haben, als es darum ging, die Faktenlage in Bezug auf Schleswig-Holstein aufzuklären. In diesem Zusammenhang müssen wir aber auch dem verantwortungsbewussten Landwirt aus Wrist dankbar sein, der eine Lieferung von Futtermitteln aus Malchin direkt gemeldet hat. Das ist nicht unbedingt üblich.
(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW], Friedrich-Carl Wodarz [SPD] und Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])
Was die Funde angeht, so gehe ich persönlich nicht davon aus, dass die Halle in Malchin die einzige Quelle der Nitrofen-Verunreinigungen sein kann. Bei der Menge der verunreinigten Futtermittel liegt die Vermutung nahe, dass doch mehr Quellen vorhanden sein müssen. Aber ganz gleich, ob es sich um ein Versehen oder um kriminelle Handlungen handelt, müssen wir feststellen, dass die Verunreinigungen vom Umfang her ein relativ kleines Problem darstellen und dass diese daher auch als ein solches behandelt werden sollten, um nicht eine ganze Branche in Verruf zu bringen. So schlecht wie ihr derzeitiger Ruf ist die Land- und Ernährungswirtschaft nämlich nicht.
Ich will noch einmal der Regierung das Wort geben, allerdings darauf hinweisen, dass ihre Redezeit ausgeschöpft ist, sodass damit eine neue Runde eröffnet wird.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Rückstandskontrollen bei Lebensmitteln werden im Geschäftsbereich des Umweltministeriums kontinuierlich durchgeführt, zum einen mit einem überwiegend präventiven Charakter, und zwar durch die Beteiligung am bundesweiten LebensmittelMonitoring, aber natürlich auch durch Schwerpunktuntersuchungen in Abhängigkeit vom aktuellen Marktgeschehen.
Bei dem aktuellen Nitrofen-Skandal wurde das Zusammenspiel von Futtermitteln, Fleischhygiene und Lebensmittelüberwachung sowohl auf Bundesebene
als auch im Bereich der Landesregierung und der betroffenen Kommunalbehörden erneut getestet. Ich kann feststellen, dass in Schleswig-Holstein diese Zusammenarbeit klappt.
Am 27. Mai wurden die Kreise und kreisfreien Städte zur Entnahme von Proben aus ökologischen Erzeugnissen aufgefordert. Am 28. Mai hat die Analytik im Landeslabor begonnen. Am 31. Mai lagen die ersten Untersuchungsergebnisse vor. Bis heute haben wir von 145 Probeneingängen alle untersucht. Wie öffentlich bekannt gegeben, wurde in 13 Proben Nitrofen nachgewiesen. Dabei gab es vier Höchstmengenüberschreitungen bei Schweinefleisch und eine Höchstmengenüberschreitung bei einem Hähnchenbrustfilet. Die belasteten Schweine waren nicht in Verkehr gekommen, das Hähnchenbrustfilet stammte aus einem Ökogeschäft. Es wurde aus dem Verkauf herausgenommen.
Das Landeslabor hat insofern hervorragende Arbeit geleistet. Es war mit seiner Nachweisgrenze für Nitrofen im Bundesgebiet unter den Ersten, obwohl die Messprozeduren ausgesprochen anspruchsvoll sind. Insofern haben wir auch bereits eine norddeutsche Kooperation, wie sie angeregt worden ist.
Auch die Vollzugsbehörden sind unmittelbar allen Informationen nachgegangen. Allerdings hat uns der Umstand, dass im Wesentlichen ein und derselbe Betrieb aus Niedersachsen für die Belieferung schleswigholsteinischer Biohändler mit belasteten Lebensmitteln verantwortlich war, das Auffinden erleichtert. Die Lieferlisten aus diesem Betrieb liegen vor.
Der Nitrofen-Skandal zeigt erneut, dass die Überwachungen früh, bereits bei der Urproduktion, bereits am Futter, intensiviert ansetzen muss. Das liegt bei uns, bei Ingrid Franzen, in sehr guten Händen.
Der Staat kann mit seinen begrenzten Ressourcen allerdings nur eine stichprobenartige Überwachung leisten und diese will er auch nur leisten, weil die Grundverantwortung für die Lebensmittelproduktion
Daher unterstütze ich sehr die Maßnahmen der Bundesregierung, um die in der neuen Rahmenverordnung der EG zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze des Lebensmittelrechts und von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit ab 2005 vorgeschriebene Meldepflicht der Wirtschaftsbeteiligten vorzuziehen. Diese Meldepflicht muss ab sofort gelten. Danach müssen Betriebe den Kontrollbehörden melden, sofern sie Kenntnis von einer gesundheitsrelevanten Beschaffenheit der von ihnen in Verkehr gebrachten Lebensmittel haben. Dies hat der Bundesrat heute leider in den Vermittlungsausschuss überwiesen. Ich gehe aber davon aus, dass wir das zügig auf den Weg bringen können.
Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung.