Protokoll der Sitzung vom 13.09.2002

(Martin Kayenburg [CDU]: Da muss erst einmal ausgemistet werden!)

- Moment, ich gehe gleich weiter; seien Sie vorsichtig mit Ihren Schlüsseln - Zuwachs von 10,3 %,

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Erblast!)

Baden-Württemberg - wo ist die Erblast? - von 12,5 %

(Zurufe von der CDU)

und Bayern

(Martin Kayenburg [CDU]: Auf einer Basis von unter 6 %!)

von 19,5 %. - Lieber Herr Kayenburg, weil Sie mit der Basis kommen - seien Sie doch ein bisschen logisch -, habe ich auch Hamburg angeführt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nennen Sie schleswig-holsteinische Zahlen!)

Die haben eine schlechtere Basis als wir. Also, bitte schön! Seien Sie ein bisschen ehrlich! Das wäre schon besser.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Nächste Anmerkung: Sie sind schleswig-holsteinische Landespolitiker, meine Herren!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD und SSW)

Sie hätten den Bericht der Landesregierung lesen müssen und nicht nur das Hartz-Papier pur. Das haben Sie offenbar auch nicht gelesen, wie es scheint. Dann hätten Sie, wenn Sie es denn verstehen, nämlich gemerkt, dass wir darin durchaus differenzierende Töne haben. Wir haben zum Beispiel auch darin stehen, dass wir glauben, dass das Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung arbeitsmarktlicher Reformen sein muss, die über einen Ausgleich hinausgehen,

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Martin Kayenburg [CDU]: Darüber können wir reden!)

die die Rahmenbedingungen betreffen. Lesen Sie doch einmal! Nehmen Sie es doch einmal wahr und halten hier nicht Ihre platten Wahlkampfreden, die - jedenfalls bei Ihnen - auch noch eine Wiederholung Ihrer Haushaltsrede waren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Alles in allem kann ich eigentlich nur mit einem Schuss Selbstkritik schließen. Ich mache 14 Jahre Berufspolitik. Ich war heute angesichts dessen, was in Büdelsdorf läuft, der Überzeugung, dass wir hier eine ernsthafte Debatte kriegen,

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

obwohl einen die zwei Tage vorher in dieser Hoffnung nicht stärken konnten. Ich habe deshalb auf solche Töne verzichtet. Ich hätte auch einiges dazu sagen können. Ich finde es unangemessen, wie Sie heute reagiert haben.

(Ministerin Heide Moser)

Noch eines zu den Märchen! Herr Dr. Garg, das scheint auch nicht Ihre Stärke zu sein. „Es war einmal“ ist nicht das Ende eines Märchens, sondern der Beginn eines Märchens.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Ende eines Märchens lautet: Wenn sie nicht gestorben sind,

(Ursula Kähler [SPD]: Regieren sie noch heute!)

dann leben sie noch heute. Verlassen Sie sich darauf: auch noch morgen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach § 58 Abs. 1 ist durch die Wortmeldung der Ministerin die Debatte wieder eröffnet.

(Konrad Nabel [SPD]: Nicht nötig!)

Den Fraktionen steht die Hälfte der vereinbarten Redezeit zu, Herr Kollege Nabel: § 58 Abs. 1 Satz 3. Für den Fall, dass das gewünscht wird, bitte ich um Wortmeldungen. - Wenn das nicht der Fall ist, dann ist dieser Tagesordnungspunkt damit erledigt. Anträge liegen nicht vor.

Wir treten in den Tagesordnungspunkt 34 ein:

Kinder- und Jugendbeauftragte

Landtagsbeschluss vom 20. Februar 2002 Drucksache 15/1595

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/1864

Für die Landesregierung erteile ich der stellvertretenden Ministerpräsidentin, Frau Ministerin Lütkes, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sicher, Sie haben Verständnis, dass Frau Simonis mich gebeten hat, Ihnen den Bericht heute vorzulegen, weil sie aufgrund der aktuellen wirtschaftspolitischen Ereignisse heute nicht hier sein kann. Ich darf Ihnen deshalb vortragen, wie Ihnen die Ministerpräsidenten diesen Bericht gerne vorlegen wollte.

Vom 5. bis 7. Mai dieses Jahres tagte in New York der zweite Weltkindergipfel der Vereinten Nationen. Zum ersten Mal waren auf einem solchen Gipfel rund 400 Kinder und Jugendliche aus aller Welt als Dele

gierte vertreten und akkreditiert. Genau wie die Vertreterinnen und Vertreter der vielen teilnehmenden Nichtregierungsorganisationen formulierten sie Vorschläge in Arbeitsgruppen und stellten Forderungen, die im Plenum diskutiert wurden. Auf internationaler Ebene wurden mit diesem Gipfel Kinder und Jugendliche erstmals als Experten in eigener Sache anerkannt. Dies war sicher ein erster Schritt. Allerdings ist der Weg bis dahin, dass alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Kinderrechte in ihren nationalen Gesetzen und im politischen Alltagsleben verankern, noch ein weiter.

Kinder haben Rechte: Dieser Satz aus der Kinderrechtskonvention von 1989 umfasst viel mehr als nur die lebenswichtigen Rechte auf Ernährung und Schutz vor Gewalt, auf Gesundheit und Fürsorge. Genauso gibt es ein Recht von Kindern und Jugendlichen auf Information und Meinungsfreiheit, auf Bildung und Teilhabe. Diese Rechte junger Menschen müssen wir ebenso ernst nehmen wie die junger Erwachsener.

(Beifall bei SPD und SSW)

Gestatten Sie mir an diesem Punkt als Justiz- und Jugendministerin persönlich anzufügen: Es ist ein Unding, dass die Vorbehalte der Bundesrepublik gegen die UN-Kinderrechtskonvention durch Verhinderung ganz aktuell von Bayern immer noch nicht zurückgenommen worden sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Weiter darf ich als stellvertretende Ministerpräsidentin vortragen: Auch demokratische Spielregeln erlernen Kinder und Jugendliche von ihren Vorbildern aus ihrer Umgebung, von Eltern und Lehrerinnen und Lehrern, von Trainern, Nachbarn, Freundinnen und Freunden, von Medien und auch von Politikerinnen und Politikern. Diese Verantwortung müssen und sollen wir Erwachsene uns öfter in Erinnerung rufen.

Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat schon vor Jahren erkannt - und in der Kinder- und Jugendpolitik deshalb besondere Akzente auf Partizipationsmöglichkeiten und Kinderfreundlichkeit gesetzt -, dass diese Spielregeln erlernbar sind, wie ich persönlich Ihnen gestern im Beteiligungsbericht vorgetragen habe.

Neben der Verankerung von Beteiligungsrechten im Jugendförderungsgesetz, im Kindertagesstättengesetz und in der Gemeindeordnung haben wir, die Landesregierung, mit der Gemeinschaftsaktion „SchleswigHolstein - Land für Kinder“ und mit der Demokratiekampagne zwei Instrumente entwickelt, die die prak

(Ministerin Anne Lütkes)

tische Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen vor Ort sehr erfolgreich unterstützen.

Seit über drei Jahren gibt es darüber hinaus in Schleswig-Holstein das Amt einer Kinder- und Jugendbeauftragten. Ziel ist es, eine direkte Ansprechpartnerin für die schleswig-holsteinischen Kinder und Jugendlichen zu haben - im Soziologendeutsch nennt man das niedrigschwellige Angebote -, jemanden, der oder die ohne große Formalitäten die Interessen und Probleme aufnimmt, sich ihrer annimmt und über Möglichkeiten und Rechte zur Beteiligung informiert und zwischen Politik und Verbänden, Schulen, Eltern und Jugendlichen vermittelt. Die Grundlagen für diese Arbeit hat seit Februar 1999 Kurt Hager gelegt. Seit dem 1. Januar 2001 führt Sandra Redmann diese Arbeit fort.

Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der Vernetzung der unterschiedlichen Initiativen in der Kinder- und Jugendpolitik im Lande. Bestehende Angebote von Landesregierung, Verbänden und weiteren Akteuren der Jugendarbeit macht sie in Gesprächen und insbesondere bei ihren Besuchen in örtlichen Jugendeinrichtungen bekannt. Mit verschiedenen Initiativen wie der Kampagne „Kinder- und Jugendrechte leben“, Arbeitsgruppen und Gremien setzt sich die Kinderbeauftragte unbürokratisch und an den Bedürfnissen junger Menschen orientiert dafür ein, Lernorte für Demokratie und bürgerschaftliches Engagement zu schaffen.

Im direkten Umfeld lässt sich ein abstrakter Begriff wie Demokratie sehr viel leichter mit Leben füllen als durch theoretische Informationen. Kinder und Jugendliche machen die Erfahrung, dass ihre Beteiligung wichtig ist und ernst genommen wird. Solche Erfahrungen sind wiederholbar und prägen das Bild, das Kinder und Jugendliche von einer Demokratie haben und mit dem sie leben können.

Weil wir das wissen, setzt sich die Landesregierung auch in Zukunft dafür ein, dass Kinder und Jugendliche lebendig Demokratie lernen und die Kombination der Arbeit von meinem Ministerium mit der Arbeit der Kinder- und Jugendbeauftragten, die gut zusammenarbeiten, fortgesetzt wird. Das ist Ausdruck der Querschnittsaufgabe, die Jugendpolitik in diesem Lande ist und wie sie gelebt wird.