Meine Damen und Herren, der Landesregierung geht es darum, die Modernisierung des Schulsystems voranzutreiben, und zwar in enger Zusammenarbeit mit den kommunalen Schulträgern. Für die vollständige „Kommunalisierung“ der Schulen im Sinne einer auch dienstrechtlichen Übernahme des Lehrerpersonals durch die Schulträger, wie sie etwa der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag angeregt hat, mag es überzeugende Argumente geben, aber nach unserer Auffassung überwiegen doch die Nachteile. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, den intensiven Dialog mit den kommunalen Landesverbänden fortzusetzen und zwischen deren Vorschlägen und den Vorstellungen der Landesregierung einen Konsens herzustellen, der tatsächlich der gemeinschaftlichen Verantwortung für die Schulen gerecht wird. Dabei sind wir auf einem sehr guten Wege. Gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden haben wir Grundsätze für die Neuausrichtung der Schulentwicklungsplanung erarbeitet, die die organisatorische Zusammenarbeit von Schulen verstärken soll.
Entschuldigung, Frau Ministerin. - Ich darf um etwas mehr Aufmerksamkeit bitten, vor allen Dingen in der letzten Reihe auf der linken Seite!
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Unser Ziel ist es, zusammen mit den Schulträgern und mit der Schulaufsicht zielgenaue Vereinbarungen abzuschließen, die alle Kooperationsmöglichkeiten von Schulstandorten ausschöpfen, damit wir angesichts sich verändernder Schülerzahlen auch in Zukunft pädagogisch und ökonomisch sinnvolle Klassen-, Schul- und Kursgrößen anbieten können. Ich freue mich, dass das auch in der CDU-Fraktion offenbar so gesehen und hoffentlich dann auch im Einzelfall unterstützt wird. Denn Grundsätze festzulegen, ist das eine, aber dies im Einzelfall vor Ort auch durchzusetzen, ist das andere. Das ist in der Regel doch ein wenig schwieriger, ist nur in Zusammenarbeit zwischen Land und Schulträgern möglich und dazu bedarf es der Mitarbeit und Unterstützung aller Beteiligten.
Beraten werden derzeit auch erweiterte Möglichkeiten für die verlässliche und ganztägige Betreuung von Schülerinnen und Schülern, deren Eltern dies wünschen. Schulen und Schulträger sollen darüber entscheiden, inwieweit sie verlässliche Schulzeiten an Grundschulen zu einem ganztägigen Betreuungsangebot erweitern oder generell offene Ganztagsschulen ausbauen wollen. Auch für den Sekundarbereich I sollen die Ganztagsangebote in den nächsten Jahren deutlich erhöht werden.
- Herr Präsident, falls Sie mich ermahnen wollen: Ich komme unmittelbar zum Schluss. - Die dafür notwendigen Investitionen können in Zukunft aus dem Bundesprogramm „Zukunft, Bildung und Betreuung“ gefördert werden.
Nachdem die Verhandlungen zwischen Bund und allen Ländern abgeschlossen sind, gehe ich davon aus, dass diese jetzt zügig auch in den anderen Bundesländern unterzeichnet werden wird.
Abschließend bedanke ich mich noch einmal für das große Engagement der kommunalen Schulträger. Die Handlungsspielräume aller öffentlichen Haushalte sind sehr begrenzt. Das müssen wir uns vor Augen führen. Deswegen müssen wir uns gemeinschaftlich bemühen, die verfügbaren Mittel so effektiv wie mög
lich einzusetzen. Dafür brauchen wir die Mitwirkung aller Beteiligten, insbesondere der Schulträger, mit denen wir die partnerschaftliche Zusammenarbeit weiter ausbauen wollen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Bereich der kommunalen Schulträger, in deren Verhältnis untereinander und auch in deren Verhältnis zum Land, steckt eine Menge Sand im Getriebe. Es gibt viele Probleme, die einer Lösung bedürfen. Ein gutes Beispiel ist die Schulentwicklungsplanung. Diese ist nämlich in weiten Teilen des Landes auf einem katastrophalen Stand. Nach der Antwort auf unsere Große Anfrage sieht dies so aus: Von 369 örtlichen Schulträgern haben zurzeit nur 129 eine Schulentwicklungsplanung vorgelegt, die über das Jahr 2001 hinausreicht. In 225 Fällen, also in der Mehrzahl der Fälle, liegen dem Kreis und dem Land keine Informationen zum gegenwärtigen Stand der Schulentwicklungsplanung vor. Das ist angesichts der großen Veränderungen, die sich in diesem Jahrzehnt wie in den 90er-Jahren bei den Schülerzahlen vollziehen, eine völlig unmögliche Situation. Wir werden große Verschiebungen im Schulbereich haben. In den nächsten zehn Jahren wird die Zahl der Grundschüler um etwa ein Sechstel schrumpfen, in anderen Bereichen werden wir dagegen erhebliche Zuwächse zu verzeichnen haben. Das muss in eine Schulentwicklungsplanung natürlich einbezogen sein.
Regional ist die Situation sehr unterschiedlich. Bestnoten verdienen die Kreise Plön und Dithmarschen. Dort ist sozusagen alles komplett vorhanden, während für andere Kreise beim Kreis und beim Land überhaupt kein Überblick über den Stand der örtlichen Schulentwicklungsplanung existiert.
Meine Damen und Herren, Versäumnisse gibt es nicht nur bei den kommunalen Trägern. Es gibt auch Versäumnisse des Landes. Das Land hat die Angelegenheit sehr lange schleifen lassen. Nach einem großen Aufgalopp zu Beginn der 90er-Jahre, beginnend im Jahre 1992, als eine koordinierte regionale Schulentwicklungsplanung vom Land angeschoben wurde, ist spätestens ab Mitte der 90er-Jahre eine große Funkstille eingetreten. So ist, denke ich, auch der
derzeit festzustellende Zustand zu erklären. Das liegt auch daran, dass bestimmte Koordinierungsgremien, die ursprünglich einmal zwischen dem Land und den Schulträgern eingerichtet worden sind, entschlummert sind. Das Land ist sicherlich auch aufgrund unserer Großen Anfrage diesbezüglich ein bisschen mehr in die Puschen gekommen. Man kann das anhand vorliegender Pressemitteilung der Landesregierung nach Einreichung unserer Fragen durchaus nachvollziehen.
Meine Damen und Herren, das Land muss sich mehr kümmern. Es ist einfach nicht hinnehmbar, wenn uns auf die Frage nach Presseberichten über fehlende Klassenräume und über Schulraumnotstände im Hamburger Umland in Nummer 4 der Seite 7 geantwortet wird, die Landesregierung nehme die Berichterstattung der Medien darüber lediglich zur Kenntnis. Das ist ein bisschen zu wenig für eine Regierung, die ja auch Verantwortung für die Funktionsfähigkeit der Schulen trägt.
Meine Damen und Herren, insgesamt spricht die in vielen Regionen des Landes fehlende Vorausschau auf die Schulentwicklung auch gegen die Erfüllung noch weitergehender Wünsche mancher Kommunen in Richtung auf Kommunalisierung der Schulen. Damit würde nach meiner Einschätzung im Schulbereich eher ein Klein-klein auf Pepita-Niveau befördert und das ist nicht wünschenswert. Was wir brauchen, ist eine stärkere Kooperation und auch eine bessere Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen benachbarten Schulträgern.
Es ist schon gesagt worden: Angesichts der ursprünglich festgelegten Mindestgrößen liegt ein Teil der Schulen inzwischen unter diesen Sätzen. Hier muss man sich Lösungen überlegen. Im Einzelfall wird es auch Schulschließungen geben. Ich finde den Ansatz der Landesregierung vernünftig, in erster Linie auf organisatorische Verbindungen zu setzen.
Das erspart im Zweifelsfall den Neubau von Schulräumen, der bei einer Zusammenlegung oft erforderlich wäre. Im Baubereich entstünden so zusätzliche Kosten. Auf der anderen Seite muss man an das Beispiel Finnlands erinnern, das immer als Bildungsmusterland angeführt wird. In Finnland haben 40 % aller Schulen weniger als 50 Schüler. 60 % aller finnischen Schulen haben nur bis zu sechs Lehrkräfte. Das Schulsystem baut also auf sehr kleinen Schulen auf und zeigt gute Ergebnisse. Das muss auch mit den gut funktionierenden sozialen Zusammenhängen von kleinen Einheiten im ländlichen Raum zusammenhängen. Dies sollte man im Blick haben. Die unüber
Die Kommunen bringen als Schulträger erhebliche Mittel auf. Seit Anfang der 90er-Jahre sind ihre Ausgaben in diesem Bereich von 250 Millionen € auf etwa 300 Millionen € gestiegen. Dies ergibt eine Betrachtung der Gesamtausgaben der kommunalen Schulträger. Bei genauem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass dieser Anstieg im Wesentlichen auf den Anstieg der Schülerzahlen in den letzten zehn Jahren zurückzuführen ist. Pro Schüler sind die Ausgaben - von geringen Abweichungen abgesehen - konstant geblieben. Das ist im Einzelfall nachweisbar.
Bei den Ausgaben für Lehr- und Lernmittel gab es in den letzten zehn Jahren einen Anstieg von 17 Millionen € auf rund 22 Millionen €. Die Ausgaben pro Schüler blieben praktisch gleich. Der Jahresbetrag liegt hier bei 68 €. Wenn man berücksichtigt, dass die Preise für Schulbücher in den letzten Jahren nach Auskunft des Instituts für Bildungsmedien um etwa 30 % gestiegen sind, dann müssen wir einen heftigen realen Rückgang der Möglichkeiten der Schulen feststellen, sich vernünftig mit Lehr- und Lernmitteln auszustatten. Dies erklärt auch, was wir in letzter Zeit lesen konnten. Die „Lübecker Nachrichten“ berichteten am 17. Januar 2003 von einer Podiumsdiskussion mit Kommunalpolitikern und 300 Schülern des Carl-Jacob-Burckhardt-Gymnasiums im Lübecker Kommunalwahlkampf:
„Dennis Jäger (18) aus dem zwölften Jahrgang pfeffert den verdatterten Politikern sein aktuelles Physikbuch auf den Tisch: ‚Das Ding ist 20 Jahre alt, also älter als ich, total zerfleddert und fachlich nicht mehr auf dem neuesten Stand’, klagt der Schüler laut.“
Der Zeitungsbericht hat noch eine sehr schöne Pointe, nämlich die Reaktion eines Lübecker SPDKommunalpolitikers namens Bernet, der dem Schüler antwortete:
„‚Ja, du hast Recht. Das finde ich auch sch….’ Allerdings könne er nichts dagegen tun, da das Land die Lehrmittel finanziere.“
Man sieht also, die SPD hat offenbar auch in Lübeck zu Recht die Kommunalwahlen verloren. Die Kollegen Wolfgang Baasch und Renate Gröpel sollten dringend etwas für die politische Bildung ihrer örtlichen Parteibasis tun.
In diesem Land sollte es eigentlich keine Kommunalpolitiker geben, die keine Ahnung davon haben, dass
Analysiert man die Zahlen, die die Antwort der Landesregierung präsentiert, dann wird deutlich: Die steigenden Ausgaben der kommunalen Schulträger gehen eher in die Bereiche Schulgebäude und Schülertransport. Das heißt, es wird in Steine und Fahrten zum Unterricht investiert. Investitionen in Schulbücher sind real Not leidend. Das ist ein Ungleichgewicht, mit dem man sich auseinander setzen muss. Vor diesem Hintergrund sollte darüber nachgedacht werden, ob das Land wirklich weiter darauf verzichten kann, in diesem Bereich bestimmte Mindeststandards festzusetzen. Das ist meine persönliche Überzeugung. Im Zweifelsfall muss man da konsequent sein und bestimmte Forderungen erheben.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch ein weiteres Beispiel einflechten: Die Stadt Kiel hat alles budgetiert. Neben den Lehr- und Lernmitteln wurden auch sonstige Ausgaben wie Energiekosten, Abwassergebühren oder Grundsteuern einbezogen. Der Schulträger in Kiel hat nun Folgendes beschlossen: Die Schulbudgets werden auf 80 % festgesetzt. 20 % der Mittel werden also nicht ausgezahlt. Das, was die Landeshauptstadt Kiel von den Schulen in Form von Grundsteuern oder Abwassergebühren zurückfordert, wird zu 100 % abgebucht. Die Konsequenz ist, dass ein schmalerer Spielraum für Lehr- und Lernmittel übrig bleibt. Die angeblich schöne und im Prinzip auch gute Budgetierung entwickelt sich auf einmal von einem Segen zu einem Fluch für die betroffenen Kieler Schulen. Das ist eine Situation, die man als politischer Entscheidungsträger zumindest im Blick haben muss. Es gibt also auch hier Probleme.
Ich habe Mindeststandards angesprochen. Gleiches gilt auch für Schulgebäude. Vor einiger Zeit bin ich mit unserer früheren Kollegin Christel HappachKasan in einer Ratzeburger Realschule gewesen. Dort habe ich Klassenräume gesehen, die jeder Beschreibung spotten: Zugenagelte Fenster, zugeklebte Oberlichter, Wasserpfützen durch undichte Decken und Schimmelflecken an den Wänden. Solche Räume würden in Gewerbebetrieben amtlicherseits geschlossen. Schüler werden dort jedoch weiter unterrichtet. Ich meine, dass mindestens die deutliche öffentliche Ansprache der verantwortlichen Schulträger erfolgen muss, wenn nicht sogar weitere Auflagen und Sanktionen gegenüber solchen kommunalen Schulträgern verlangt werden müssten.
kommunalen Schulträger an die Einhaltung seiner gesetzlichen Verpflichtungen zu erinnern. Ich weiß sehr wohl, dass viele Kommunen viel tun. Das muss man anerkennen. Es gibt eine Bugwelle von 320 Bauvorhaben mit einem Volumen von 237 Millionen €. Diese schiebt das Land zusammen mit den kommunalen Schulträgern sozusagen vor sich her.
Frau Erdsiek-Rave hat auch überzogen. Ich bitte darum, mir den gleichen Nachschlag zu gewähren, den die Ministerin beansprucht hat. Ich komme zum letzten Punkt. Ich meine, dass zumindest in den Extremfällen ein Eingreifen des Landes gefordert ist. Wenn man das sagt, muss auf der anderen Seite klar sein, dass das Land den Kommunen nicht über Gebühr zusätzliche Lasten auferlegen darf.
Aus den Zahlen geht hervor, dass die Beteiligung der Kommunen an der Finanzierung der Schulen freier Träger letztendlich dazu führt, dass die kommunalen Ausgaben für Schulkostenbeiträge in den letzten Jahren sehr stark gestiegen sind. Das Land hat einen sinkenden Anteil an der Finanzierung der freien Schulen. Im Grunde gibt es bei der Finanzierung der freien Schulen eine Verschiebung zulasten der Träger selbst, aber auch zulasten der Kommunen.