Protokoll der Sitzung vom 25.02.2009

- Dann ist das falsch. Gut, dass Sie das korrigieren. Nicht zur Ausweitung der Schulden, na!

Dass der Ministerpräsident in dieser Situation gestern im „Schleswig-Holstein Magazin“ behauptet, er sei sicher, dass die Hilfe ausreiche, denn sonst könne er das Rettungspaket ja gar nicht vorschlagen, ist reine Volksverdummung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, angesichts der auf das Land zukommenden Risiken ist es katastrophal, dass es nicht gelungen ist, den Bund am Rettungspakt zu beteiligen. Dies wird sich im Nachhinein als eine der größten Fehlentscheidungen des Landes erweisen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

(Dr. Ralf Stegner)

Bis letzte Woche wollte uns Finanzminister Wiegard sogar noch weismachen, er habe sich ernsthaft um eine Beteiligung des Bundes bemüht. Herr Minister Wiegard, beenden Sie Ihr Täuschungsmanöver und spielen endlich mit offenen Karten! Sie waren es doch, der bei der Garantiezusage des SoFFin bereits im November 2008 zugestimmt hat, dass die Alteigentümer alle Risiken tragen und die Kernkapitalquote selbst auf 7 % bringen müssen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von Minister Rainer Wiegard)

- Dann ist vielleicht das Protokoll falsch, das Sie nach dem letzten Treffen in Berlin geschrieben haben.

Kein Wunder, dass Sie auch auf mehrfaches Drängen hin dem Finanzausschuss keine rechtliche Grundlage für eine Nichtbeteiligung des SoFFin am Rettungspaket der Länder liefern konnten. Wir haben immer wieder gefragt. Was hat Sie geritten, diese Zusage erstens ohne Beteiligung des Parlamentes zu machen und dies zweitens der Öffentlichkeit über Monate hinweg zu verschweigen?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Herr Finanzminister, meine Fraktion fordert Sie hier und heute auf, die Verantwortung zu übernehmen und zurückzutreten!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihrem schlechten Verhandlungsgeschick haben wir es zu verdanken, dass sich der Bund jetzt scheinbar weigert, sich an der Rettung einer systemischen Bank zu beteiligen. Damit wird dem Land Schleswig-Holstein großer Schaden zugefügt.

Der Einsteig des SoFFin ist aus unserer Sicht zwingend: Erstens sprengt das Rettungspaket die finanziellen Möglichkeiten des Landes komplett, zweitens hat sich bisher keine Prognose des Bankenvorstandes in den letzten Monaten als richtig erwiesen, und drittens sind die Landesminister im Aufsichtsrat mit der Steuerung der Kontrolle der Bank offensichtlich komplett überfordert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Schwerer Schaden würde dem Land zugefügt, wenn das Parlament das von der Landesregierung vorgelegte Geschäftsmodell für die HSH Nordbank einfach abnickt.

Meine Fraktion kritisiert erneut aufs Schärfste, dass dem Finanzausschuss bisher weder die unterschiedlichen Modelle für die Weiterentwicklung der Bank noch eine Risikoabschätzung für die unterschiedlichen Modelle vorgelegt wurden. Herr Minister Wiegard, Sie haben vorhin gesagt, Sie werden uns die Beschlüsse des Kabinetts überweisen. Der Finanzausschuss hat etwas anderes beschlossen. Er hat beschlossen, dass uns die unterschiedlichen Modelle in ihrer unterschiedlichen Auswirkung auf den Landeshaushalt vorgestellt werden, und darauf wird meine Fraktion weiter bestehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Schließlich geht es hier um 13 Milliarden €. Da müssen endlich alle Unterlagen auf den Tisch kommen.

Zwingend für unsere Entscheidung ist außerdem ein Gutachten von neutralen Experten zur Bewertung der unterschiedlichen Geschäftsmodelle und ihrer Folgen für den Landeshaushalt. Das neue Geschäftsmodell der HSH Nordbank bewegt sich scheinbar auf extrem dünnem Eis. Allein die Tatsache, dass der Schiffbau als tragende und gewinnbringende Säule mittelfristig eingeplant ist, führt dazu, dass inzwischen auch renommierte Bankexperten und Wissenschaftler davor warnen, das Konzept der Landesregierung umzusetzen.

Auch wenn der Vorstand der HSH Nordbank eine komplette Abwicklung der Bank von vornherein ausschließt und in den schwärzesten Farben malt das Parlament muss darauf bestehen, auch dieses Szenario von externen Gutachtern vorgelegt und geprüft zu bekommen, damit die Folgen für den Landeshaushalt und die Wirtschaft transparent dargestellt werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Meine Fraktion schließt nicht aus - es fällt mir nicht leicht, das zu sagen -, dass es der bessere Weg sein kann, kein Rettungspaket mit Steuergeldern für die Bank zu schnüren, sondern die Bank unter die Aufsicht der BaFin zu stellen, wie es von Experten vorgeschlagen wird. Auf welcher Grundlage die Landesregierung, aber auch die CDU-Fraktion dies ausschließt, weiß ich nicht.

Angesichts der Schwere der Belastung für unseren Landeshaushalt darf es keine Denkverbote geben. Wir müssen die Notbremse ziehen, wenn wir sehen, dass der Zug in den Abgrund rast.

(Monika Heinold)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Die Bank war nicht stark genug, um international Monopoly zu spielen, und das Land Schleswig-Holstein ist nicht stark genug, um einen Blankoscheck auszustellen.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat in den letzen Monaten alles gegeben, was sie an finanzpolitischer Kompetenz hat, nämlich nichts. Es ist doch absurd, dass der Ministerpräsident einerseits personelle Konsequenzen für die Verantwortlichen fordert und sich andererseits genau von diesen Verantwortlichen, unter anderem vom Vorstand, das neue Geschäftsmodell eins zu eins diktieren lässt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Es ist unfassbar, dass sich der Ministerpräsident gestern mit mitleidsvoller Mine im Fernsehen hinstellt und verkündet, er wolle nun die Gehälter und Boni der Verantwortlichen überprüfen. Herr Ministerpräsident, Sie sollen nicht prüfen, Sie sollen handeln!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Verteilen sie keine Beruhigungspillen an die Bevölkerung, sondern nehmen Sie Ihre Verantwortung endlich wahr! Sie wissen doch seit Monaten, dass die Bank keine Gewinne, sondern Verluste einfährt.

Verantwortung wahrzunehmen heißt aber auch, dass das Parlament endlich vollständig alle Modelle zur Prüfung erhält. Zurzeit werden die parlamentarischen Rechte mit Füßen getreten, Finanzausschussbeschlüsse werden nicht umgesetzt und Ausschussberatungen durch Kungelrunden ersetzt. Das ist unerträglich und für uns als Opposition nicht hinnehmbar.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Der Vorwurf der miserablen Informationspolitik trifft aber auch den Vorstand der HSH Nordbank. Zu Recht hat der Fraktionsvorsitzende der SPD, Ralf Stegner, die geplante Ausschüttung von 200 Millionen € an Investoren als Skandal bezeichnet. Wer aber diese Ausschüttung tatsächlich als Skandal einstuft - und meine Fraktion tut das -, der muss auch handeln und die Landesregierung hier und heute auffordern, die geplante Gewinnausschüttung im Aufsichtsrat zu stoppen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Dass CDU und SPD genau diese Passage in ihrer Resolution nicht haben, zeigt die Doppelzüngigkeit in der Debatte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Es kann doch nicht sein, dass es für die HSH Nordbank zwei Wirklichkeiten gibt: Gewinne, wenn es um private Investoren geht, und Verluste, wenn das Geld der Steuerzahler benötigt wird.

Meine Damen und Herren, die Art und Weise, wie nicht nur das Parlament, sondern scheinbar sogar die Landesregierung von der Ausschüttung der 200 Millionen € kalt erwischt wurde, ist ein weiterer Beleg dafür, dass den Aufsichtsratsmitgliedern die Kontrolle der Bank endgültig entglitten ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Offensichtlich gibt der Vorstand den Ton an, und die Landesregierung dackelt hinterher. Die Logik, die Investoren würden ihr Kapital abziehen, wenn sie keine Gewinne erhalten, überzeugt nicht. Wollen Sie denn 2009 und 2010 weiterhin Gewinne auf Genussscheine und stille Einlagen auszahlen, während gleichzeitig Milliarden an Steuergeldern für die Bank eingesetzt werden müssen? Wird es jetzt zum Markenzeichen dieser HSH Nordbank, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden?

(Jürgen Weber [SPD]: So funktioniert der Kapitalismus! - Weitere Zurufe)

Auch diese Situation macht deutlich: Zukünftig müssen Vertreterinnen und Vertreter des SoFFin mit am Tisch der Bank sitzen und die Rahmenbedingungen für die Geschäftspolitik der HSH Nordbank mit vorgeben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

CDU und SPD wollen heute feststellen - so ihr Antrag -, dass ihr Vertrauensverhältnis zum Vorstand der Bank und zu dessen Vorsitzenden erheblich beeinträchtigt sei. Und nun? Was ist die Konsequenz? Wenn es tatsächlich so ist, dass das Parlament, dass die Fraktionen im Parlament in dieser schwierigen Situation kein Vertrauen mehr in den Vorstand haben, dann müssen daraus doch personelle Konsequenzen gezogen werden. Alles andere wäre unverantwortlich. Stimmen Sie deshalb auch in diesem Punkt unserem Antrag zu.

(Monika Heinold)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Nun komme ich zum letzten Punkt des Antrages von CDU und SPD, in dem wir aufgefordert werden, uns mit der Frage zu befassen, wie es zu der dramatischen Entwicklung bei der HSH Nordbank kommen konnte. Ich kann es Ihnen sagen: Steuerung und Kontrolle der Bank durch den Aufsichtsrat haben nicht stattgefunden. Der Aufsichtsrat hat komplett versagt. Mit leuchtenden Dollarzeichen in den Augen haben die Aufsichtsratsmitglieder eine Geschäftspolitik mitgetragen, welche das Kreditersatzgeschäft in den Vordergrund gestellt und massiv ausgebaut hat sowie auf hohe Renditen und damit auf hohes Risiko gesetzt hat. Deshalb ist die HSH Nordbank - anders als die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken - jetzt so massiv vom Zusammenbruch von Lehman Brothers und den daraus resultierenden Folgen betroffen. Jetzt muss der Steuerzahler für die Verluste geradestehen.

Herr Ministerpräsident, bei der Entscheidung über das zukünftige Geschäftsmodell geht es um mindestens 13 Milliarden € an Krediten und Bürgschaften. Es geht um Steuermittel, von denen wir heute noch nicht wissen, ob sie je wieder in den Landeshaushalt zurückfließen oder komplett abgeschrieben werden müssen. Es ist absolut fahrlässig, sich in dieser Situation vom Vorstand der Bank ein Geschäftsmodell diktieren zu lassen, welches Schleswig-Holstein im Worst-Case-Fall finanziell in den Abgrund stürzen kann.