Der von der Großen Koalition vorgelegte Doppelhaushalt für die Jahre 2009 und 2010 ist keine ausreichende Antwort auf die zu bewältigenden Herausforderungen. Er zeigt zwar auch ein ganz klein wenig Sonne, aber leider dominiert der haushaltspolitische Schatten. Die Ausgaben steigen dramatisch an, allerdings nicht für zukunftsweisende Investitionen, sondern für Schuldendienste, für konsumtive Sachausgaben und für Personalausgaben.
Gleichzeitig nimmt die Landesregierung an, dass in den beiden kommenden Jahren erhebliche Mehreinnahmen zu verzeichnen sein werden. Das muss man sich angesichts der Lage, in der wir uns befinden, noch einmal auf der Zunge zergehen lassen: Im Haushaltsjahr 2010 sollen die Einnahmen aus Steuern und Abgaben im Vergleich zum Referenzjahr 2008 um 20 % höher liegen, und das, obwohl jeden Tag eine neue Horrormeldung über das Zusammenbrechen eines Wirtschaftszweiges auf uns niedergeht. Aber CDU und SPD glauben offenbar, dass dies keinerlei Auswirkungen auf Schleswig-Holstein hat, weil wir ja hier so hervorragend regiert werden. Vielmehr wird ein ungedeckter Scheck auf steigende Einnahmen ausgestellt. Bei der absehbaren Entwicklung der Wirtschaftslage kann und wird diese Hoffnung jedoch sehr schnell trügerisch sein.
Eine seriöse Haushaltspolitik - zumindest ist das meine Vorstellung - beruht immer auf zwei Säulen: Auf der einen Seite müssen die Ausgaben einer dauerhaften Überprüfung ihrer Notwendigkeit unterzogen werden; Ausgaben, die nicht notwendig sind, müssen wegfallen, und wenn Ausgaben zu teuer sind, müssen Wege gesucht werden, diese zu verbilligen - Stichwort Effizienzsteigerung durch Aufgabenkritik. Auf der anderen Seite muss eine Landesregierung alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen, um eine Wachstumsdynamik im Land zu entfachen und damit die öffentlichen Einnahmen zu erhöhen.
Lieber Herr Kollege Stegner, ich will mich gar nicht im Einzelnen zu Konjunkturprogrammen äußern. Aber es wäre ein unglaubliches Konjunkturprogramm, wenn man den Investitionsstau von 30 Millionen € im Energiebereich beseitigte. Das ist mehr, als die Bundesregierung bisher als Rettungspaket für die Wirtschaft aufgelegt hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weder das eine Sparen an der richtigen Stelle - noch das andere Wachstumsdynamik entfachen - beherzigt die Landesregierung. In diesem Haushalt fehlt eine Strategie zur strukturellen Einnahmeverbesserung,
Nebenbei bemerkt muss ich es schon als einen standort- und finanzpolitischen Erfolg ansehen, dass die von den Grünen vorgeschlagene und von der SPD-Fraktion massiv gelobte Erhöhung der Grunderwerbsteuer am vehementen Einspruch von FDP und CDU gescheitert ist. Denn eine Steuererhöhung in dieser konjunkturellen Phase, in der selbst die EU-Kommission der Bundesrepublik Steuersenkungen geradezu aufzwingt, ist an Sinnlosigkeit kaum zu überbieten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ebenso fehlt dieser Landesregierung ein strukturelles Konzept zur Haushaltssanierung, ein Konzept zur Modernisierung und Straffung des Verwaltungshandelns, also Aufgabenkritik, Struktur- und Funktionalreform und Bürokratieabbau, ein Konzept, welches die Kernaufgaben staatlichen Handelns definiert, zu einer umfassenden Verwaltungsstrukturreform verpflichtet und ein Personalentwicklungskonzept beinhaltet.
Herr Kollege Sauter, ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Union ein solches Konzept zur Personalentwicklung in petto hat. Aber wir warten seit Jahren darauf, dass dieses Konzept beschlossen und umgesetzt wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus diesen Gründen lehnt die FDP-Fraktion den von der Landesregierung vorgelegten Entwurf für den Doppelhaushalt 2009/2010 und die Änderungen von CDU und SPD ab. Schleswig-Holstein braucht kein konzeptloses Ausgabensteigern, Schleswig-Holstein braucht kein halbherziges Sparen, und SchleswigHolstein braucht vor allem kein Weiter-so. Es ist Zeit für eine Prioritätensetzung auf der Ausgabenseite, es ist Zeit für gezielte, zeitlich begrenzte öffentliche Investitionen, um der Wirtschaftskrise entgegenzuwirken, und es ist Zeit für Haushaltsklarheit und -wahrheit.
Dass dieser Weg gangbar ist, hat die FDP-Fraktion umfangreich dargelegt. Die FDP-Fraktion hat mit 179 Änderungsanträgen aufgezeigt, wie ein Konzept für eine Haushaltspolitik ausgestaltet werden kann, die konsequent konsolidiert und zukunftsweisend investiert. Herr Kollege Stegner, man kann in Teilbereichen anderer Auffassung sein, aber man kann nicht dauernd den Vorwurf erheben, die Opposition würde nichts vorlegen und nichts Sinnvolles dazu beitragen.
Wir haben zu den Beratungen im Finanzausschuss ein Antragspaket vorgelegt, das ein zusätzliches Investitionsvolumen von über 500 Millionen € ausgelöst und aufgrund der gleichzeitigen Einsparvorschläge die Nettoneuverschuldung im Vergleich zum Entwurf der Landesregierung lediglich um 5 Millionen € erhöht hätte.
Immerhin - das freut mich außerordentlich - haben die Koalitionäre unsere Änderungsanträge wenigstens so aufmerksam gelesen, dass sie einige von unseren Forderungen übernommen haben. Das zeigt - und das sage ich ganz im Ernst -, dass es tatsächlich noch möglich ist, als Haushaltsgesetzgeber über Parteigrenzen hinweg konstruktiv zu arbeiten.
Die FDP-Fraktion hat beantragt, 100 zusätzliche Gymnasiallehrer einzustellen. Die Große Koalition hat diese Forderung übernommen, und die 100 zusätzlichen Lehrer werden ab dem Sommer 2009 finanziert. Auch wenn wir uns gewünscht hätten, dass dies bereits zum 1. Februar 2009 hätte geschehen sollen, so kann ich feststellen: Wir haben uns jedenfalls durchgesetzt.
Die FDP-Fraktion hat beantragt, ab dem Jahr 2009 sechs neue Staatsanwälte einzustellen. In der Nachschiebeliste der Landesregierung finden sich diese sechs Staatsanwaltstellen. Somit kann ich feststellen: Damit ist eine unsere Forderungen erfüllt.
Die FDP-Fraktion hat gefordert, die Zuschüsse an die private Fachhochschule Wedel zu erhöhen. Mit den Änderungsanträgen von CDU und SPD wurde diese Erhöhung vollzogen. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken.
Die FDP-Fraktion hat scharf kritisiert, dass im Landeshaushalt Rücklagen von über 400 Millionen € gebucht sind, obwohl gleichzeitig neue Schulden gemacht werden und diese über Kredite finanziert werden müssen. Wir haben beantragt: Rücklagen auflösen. Mit der Nachschiebeliste der Landesregierung werden 225 Millionen € dieser Rücklagen aufgelöst. Hier kann ich sagen: Herr Finanzminister, auch Sie haben jetzt nichts mehr in Ihrem Säckchen.
Und auch bei einem weiteren wichtigen Punkt hat sich die FDP durchgesetzt. Wir haben schon in der ersten Lesung darauf hingewiesen, dass wir die von der Landesregierung vorgeschlagene gegenseitige Deckungsfähigkeit von Konsumausgaben und In
vestitionen als eklatanten Verstoß gegen die Landesverfassung und gegen die Landeshaushaltsordnung sowie als eine Entmachtung des Haushaltsgesetzgebers verstehen. In unseren Haushaltsanträgen haben wir eine entsprechende Änderung beantragt. Ich bedanke mich ausdrücklich - wie gesagt: ausdrücklich! - bei CDU und SPD, dass sie dieser Anregung gefolgt sind, weil wir uns hier über parlamentarische Sachen hätten nicht mehr austauschen müssen, wenn wir diese Regelung zugelassen hätten.
Lieber Kollege Ehlers, liebe Kolleginnen und Kollegen, leider blühte der finanzpolitische Verstand bei CDU und SPD nur sehr kurz auf, und die Vernunft hat sich nur in Einzelfällen durchgesetzt. Denn bislang hat die Große Koalition unsere Forderungen in wesentlichen Bereichen noch nicht erfüllt. Aber, Kollege Ehlers, da ich an die Lernfähigkeit glaube, lassen Sie mich auf einige Punkte hinweisen, die wir nach unserer Auffassung in der Situation, in der wir uns befinden, auf jeden Fall mit diesem Doppelhaushalt beschließen sollten.
Es besteht - darauf hat der Kollege Stegner hingewiesen - dringender Handlungsbedarf im Bereich Bildung. Nach 20 Jahren SPD-Verantwortung für die Bildungspolitik in Schleswig-Holstein klaffen Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander wie nie zuvor. Die Bildungschancen der Kinder hängen in Schleswig-Holstein so stark wie noch nie zuvor vom Einkommensniveau der Eltern ab. Und hier sind wir bundesweit spitze.
Ich gebe dem Finanzminister ausdrücklich recht, der am 3. Dezember 2008 im „Flensburger Tageblatt“ sagte:
„Dass wir uns bei der Unterrichtsversorgung an der unteren Grenze dessen bewegen, was nötig wäre, ist nicht zu bestreiten."
Sehr geehrte Frau Bildungsministerin, wenn Sie am 7. November 2008 in den „Schleswiger Nachrichten“ nach zehn Jahren persönlicher und nach 20 Jahren SPD-Verantwortung für die Bildungspolitik in diesem Land erklären: „Es ist klar, unser Schulsystem ist derzeit eine große Baustelle, in ein paar
Jahren hat sich das eingespielt.“, dann muss ich wirklich resümieren: Ihre Politik ist kläglich gescheitert. Sie spielen mit den Lebenschancen ganzer Generationen.
Wenn Sie dann noch am 9. Dezember 2008 die IGLU-Ergebnisse - die schleswig-holsteinischen Grundschüler haben in der Lesefähigkeit noch nicht einmal den bundesweiten Durchschnitt erreicht mit den Worten kommentieren, die längjährigen Anstrengungen trügen Früchte, die guten Ergebnisse - die guten Ergebnisse! - seien jedoch kein Anlass, in den Anstrengungen nachzulassen, dann haben Sie in Ihrem Amt als Bildungsministerin schlicht nichts mehr zu suchen.
Das Auflegen immer neuer Bildungsoffensiven, ohne dass messbare Verbesserungen im Ergebnis festzustellen sind, muss ein Ende haben. Es muss endlich etwas Konkretes passieren. Die 100 zusätzlichen Lehrer reichen da bei Weitem nicht.
Wir fordern Sie heute noch einmal auf, sofort zu Jahresbeginn 200 zusätzliche Lehramtsanwärter in den Vorbereitungsdienst einzustellen. Die Einstellung muss dabei nach dem Bedarf in den einzelnen Schularten erfolgen. Wir sehen Bedarf für 70 Anwärter in Grund- und Hauptschulen, für 70 an Gymnasien sowie für 60 in den Realschulen.
Wenn wir 2010/2011 bei der bevorstehenden demografischen Entwicklung überhaupt noch ausreichend qualifizierte Persönlichkeiten in den Schulen haben wollen, müssen wir jetzt damit beginnen, sie als Lehramtsanwärter einzustellen.
Außerdem verlangen wir von Ihnen den Aufbau eines Fördernetzwerks für die gezielte Förderung hochbegabter Schüler und die Ausstattung mit 1 Million € pro Jahr.
Was ich besonders bemerkenswert finde, ist Ihre Weigerung, zur Deckung des erforderlichen Bedarfs von Sozialarbeitern an den Schulen als Sofortmaßnahme 2 Millionen € pro Jahr zur Verfügung zu stellen.
- Lieber Herr Kollege Höppner, ich rate Ihnen wirklich einmal dringend, an einer Veranstaltung teilzunehmen - wir haben darüber gesprochen -
- Wenn ich mich mit Ihnen jetzt über 2 Millionen € für die Bereitstellung für Sozialarbeiter unterhalten muss, die Sie nicht zur Verfügung stellen wollen, während Sie gleichzeitig bereit sind, mehrere Milliarden € für die HSH Nordbank zu investieren, dann sage ich Ihnen: Sie haben Ihr Amt hier im Haus verfehlt.
Für die Ausstattung der Kindertagesstätten fordern wir über die Vorschläge der Großen Koalition hinausgehend weitere 8 Millionen € jährlich. Es reicht nicht, immer nur etwas zu erklären, wir müssen das auch mit entsprechenden Zahlen hinterlegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Änderungen, die CDU und SPD mit ihren Änderungsanträgen durchgesetzt haben, sind alles andere als ausreichend. Was nützen eigentlich 100 neue Lehrer, wenn die Lehr- und Lernbedingungen an den Schulen so katastrophal sind, wie sie von manch einer Schule in Schleswig- Holstein geschildert wird? Was nützt es uns eigentlich, wenn wir uns von einer Schülerin aus Hessen öffentlich über den NDR erklären lassen müssen, dass die Schulbücher in Schleswig-Holstein im Durchschnitt zehn bis zwölf Jahre älter sind als die Schulbücher in Hessen?
Und damit bin ich bei der bedrohlichen Finanzausstattung der Kommunen. Denn obwohl die Finanzsituation des Landes in den Jahren 2006 bis 2008 durch die günstige Steuerentwicklung deutlich verbessert wurde, ist bei den Kommunen so gut wie gar nichts von diesen Mehreinnahmen angekommen. Im Gegenteil: Durch den Eingriff des Landes in den kommunalen Finanzausgleich in Höhe von jährlich 120 Millionen € und das Übertragen von immer mehr Aufgaben auf die kommunale Ebene, ohne jedoch in gleicher Weise die benötigten Finanzmittel zu übertragen, hat sich das Land auf Kosten der Kommunen saniert.