Protokoll der Sitzung vom 26.02.2010

(Beifall bei der LINKEN)

Dass erwerbslose Menschen in zwei Klassen eingeteilt werden, dass zwischen Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld I, die zum Arbeitsamt gehen, und Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld II, die zur ARGE gehen müssen, unterschieden wird, ist nicht hinnehmbar. Für eine einheitliche Arbeitsmarktpolitik, die gleiche Rechte für alle Erwerbslosen ermöglicht, muss ausreichend Geld zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Letztendlich wird sich das Problem der Massenarbeitslosigkeit aber nur lösen lassen, wenn die seit fast 20 Jahren schwächelnde Binnenkonjunktur endlich wirksam gestärkt wird. Diese leidet nun einmal vornehmlich daran, dass immer mehr Menschen immer weniger Geld in der Tasche haben. Die unterdurchschnittlichen Einkommen, seien es Renten, Sozialleistungen oder Niedriglöhne, müssen deutlich aufgebessert werden. Diese zusätzlichen Einkünfte werden dem Wirtschaftskreislauf

unmittelbar zugute kommen und nicht auf Sparoder Finanzmarktkonten volkswirtschaftlich sinnlos versauern. Für diese wirkungsvollen Wege zur Überwindung von Hartz IV setzt sich DIE LINKE mit aller Kraft ein. Wir wollen die Überwindung, wir möchten, dass die Hartz IV-Gesetze abgeschafft werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu Herrn Kalinka möchte ich noch sagen: Der Weg, den wir gestern in Bezug auf Lübeck beschritten haben, nämlich uns für die Schwächeren einzusetzen und ihnen aus der Armut herauszuhelfen, war der richtige Weg. Wir haben gesagt: Flughafen: Nein, aber Sozialleistungen: Ja.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit, Dr. Heiner Garg, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 20. Dezember 2007 die sogenannte Mischverwaltung von Bund und Ländern in den Arbeitsgemeinschaften zur Erbringung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch für verfassungswidrig erklärt. Das würde dazu führen, dass § 44 SGB II, der die Zusammenarbeit der Leistungsträger in den ARGEn regelt, zum Ende des Jahres 2010 außer Kraft tritt. Über das hieraus folgende Erfordernis haben wir in diesem Landtag nicht nur in dieser Legislaturperiode, sondern bereits in der letzten Legislaturperiode immer wieder heftig miteinander diskutiert. Dabei gab es immer einen sehr breiten Konsens zwischen SPD, CDU und FDP darüber, dass wir eine Grundgesetzänderung zur Absicherung der Hilfen aus einer Hand unterstützen wollen, dass wir eine solche Grundgesetzänderung erreichen wollen.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP und Beifall des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Zur Neuregelung der Verwaltungszuständigkeiten haben dann die Koalitionspartner auf Bundesebene zunächst eine verfassungsfeste Trägerzuständigkeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung vereinbart, weil diese Grundgesetzänderung in der vergangenen Legislaturperiode nicht möglich gewesen ist. Ich finde, heute ist nicht der Tag, zurückzuschauen

(Antje Jansen)

und Vergangenheitsbewältigung zu betreiben, sondern heute besteht durchaus Grund zur Erleichterung, weil es so aussieht, als könnten wir diese Grundgesetzänderung erreichen. Insofern sind ein eindeutiges Signal und eine eindeutige Unterstützung dieses Landtags für das, was im Moment in Berlin geschieht, außerordentlich hilfreich.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Landesregierung hat im Übrigen wie die Vorgängerregierung - das zu sagen, gehört auch zur Fairness - nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie die getrennte Aufgabenwahrnehmung kritisch sieht. Das Prinzip der Hilfen aus einer Hand müsste aufgegeben werden, und das ist mit Sicherheit nicht im Sinne der Hilfe suchenden Menschen. Letztlich waren die Argumente der Länder überzeugend, und man hat sich mit dem Bund grundsätzlich darauf verständigt, den Weg einer Grundgesetzänderung zu gehen. Im Übrigen war es nie ein Konflikt zwischen den Landesregierungen beziehungsweise zwischen den Ländern, sondern in dieser Frage bestand immer ein Bund-Länder-Konflikt. Die Landesregierungen, gleich wer sie gestellt hat, wollten stets die Hilfen aus einer Hand beibehalten und wollten dies grundgesetzlich absichern. Hierzu darf ich noch einmal an den ASMK-Beschluss im vergangenen Dezember und an den Beschluss der Sonder-ASMK erinnern.

Die Position der Landesregierung für das weitere Verfahren stellt sich wie folgt dar: Die Landesregierung will die Grundgesetzänderung. Im Zusammenhang damit steht die Fortführung der Zusammenarbeit von Bundesagentur und kommunalen Trägern und die Gewährleistung der Aufgabenwahrnehmung durch die zugelassenen kommunalen Träger auf Dauer. Sowohl der Ministerpräsident als auch ich haben uns auf allen Ebenen intensiv hierfür eingesetzt. Daher begrüße ich es ausdrücklich, dass es auf Bundesebene endlich zu der Verständigung gekommen ist, nunmehr an der Realisierung eines entsprechenden Organisationsmodells zu arbeiten, das eben auch die kommunale Option auf Dauer verfassungsfest absichert.

(Beifall bei der FDP)

Bundesarbeitsministerin Frau Dr. von der Leyen hat heute eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur SGBII-Neuorganisation einberufen, der neben der Bundesarbeitsministerin unter anderem der sächsische Ministerpräsident Tillich, Frau Staatsministerin Dreyer aus Rheinland-Pfalz, die Herren Steinmeier, Kolb und auch ich angehören werden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Staatssekretärin vertritt mich heute.

Lieber Kollege Baasch, wir haben das beinahe auf Zuruf gemacht: Natürlich ist die Bundesaufsicht noch eine strittige Frage, die geklärt werden muss. Es ist klar, dass auf der einen Seite der Bund, wenn er Geld gibt, auch ein Interesse daran hat, die Aufsicht auszuüben, auf der anderen Seite widerspricht das der Philosophie der Optionskommunen. Das ist zum Beispiel ein Punkt, der in dieser Arbeitsgruppe diskutiert werden muss.

Frau Kollegin Bohn, ich kann Sie beruhigen: Die Arbeitsgruppe soll bis Ende März 2010 Ergebnisse vorlegen.

Ich werde mich in dieser Arbeitsgruppe auf der skizzierten Linie für die aus meiner Sicht vernünftige und sachgerechte Lösung einsetzen, die in der Landesregierung absoluter Konsens ist. Zugleich ist klar - davon lasse ich mich leiten -, dass wir im Interesse der betroffenen Bürgerinnen und Bürger und auch im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den ARGEn und Optionskommunen schnell zu einer Einigung kommen müssen. Es geht um ein Sozialsystem, von dem rund 6,7 Millionen Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher abhängen. Für diese Menschen muss die Zahlbarmachung der Leistungen im neuen System zum 1. Januar 2011 sichergestellt sein. Vor allem aber muss es darum gehen, das Prinzip der Hilfen aus einer Hand zu stärken und weiterzuentwickeln.

Im Übrigen gilt nicht nur seit der heutigen Berichterstattung im schleswig-holsteinischen Zeitungsverlag, sondern grundsätzlich: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ARGEn und der Optionskommunen brauchen endlich Sicherheit darüber, wie es für sie weitergeht. Diese Sicherheit haben sie seit 2007 nicht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir brauchen verlässliche Strukturen, an deren Verfassungsfestigkeit und Rechtssicherheit kein Zweifel mehr bestehen darf. Die Anstrengungen der Politik und der Fachkräfte in den ARGEn und in den Optionskommunen vor Ort müssen sich endlich wieder darauf konzentrieren, wie Menschen dauerhaft in Arbeit gebracht werden können. Das ist das Prinzip des Förderns und Forderns aus einer Hand.

Ich freue mich über den gemeinsamen Antrag von CDU, FDP und SSW, weil er auf die regionalen Kompetenzen setzt, weil er ganz klar sagt, dass die regionalen Kompetenzen vor Ort genutzt werden müssen. Ich freue mich auch deswegen, weil dies heute angesichts der Konstituierung der eben er

(Minister Dr. Heiner Garg)

wähnten Arbeitsgruppe genau das richtige Signal hier aus diesem Landtag ist. Eigentlich wäre es schön gewesen, wenn es noch eine breitere Zustimmung hätte finden können.

(Beifall bei FDP und CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Darüber stimmen wir zunächst ab. Wer der Ausschussüberweisung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Für die Ausschussüberweisung haben die Fraktion der SPD und die Fraktion DIE LINKE votiert. Die anderen Fraktionen haben gegen eine Ausschussüberweisung votiert.

Damit kommen wir zu den Abstimmungen in der Sache und hier zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/230. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und SSW gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von CDU, FDP und SSW, Drucksache 17/264 (neu). Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Ergebnis lautet wie folgt: Der Antrag Drucksache 17/264 (neu) wurde mit den Stimmen von CDU, FDP und SSW gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei Enthaltung der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE angenommen.

Wir stimmen jetzt aber über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/267 ab. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktion der SPD gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU, FDP und SSW bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt worden.

Der Sozialausschuss empfiehlt weiterhin, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/22, abzulehnen. So möchte ich abstimmen lassen. Dazu hat jetzt noch einmal Herr Kalinka kurz das Wort.

Herr Präsident! Ich wollte nur auf Drucksache 17/203 aufmerksam machen, in der der gesamte Beschluss des Sozialausschusses zu den Anträgen zusammengefasst ist.

Wir müssen dennoch einzeln abstimmen, weil es einzelne Tagesordnungspunkte waren. So ist mir das gerade mitgeteilt worden.

Der Sozialausschuss empfiehlt, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/22, abzulehnen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Dann ist das Votum des Ausschusses bestätigt worden mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW bei Stimmenthaltung der Fraktionen der SPD und DIE LINKE.

Damit haben wir das Ergebnis festgestellt.

Weiter empfiehlt der Sozialausschuss, den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/37, abzulehnen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Damit wurde das Votum des Ausschusses ebenfalls bestätigt mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen der SPD bei Enthaltung der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW.

Damit kommen wir zur nächsten Abstimmung. Weiterhin haben die Mitglieder des Sozialausschusses dem Landtag mit Drucksache 17/203 einen Entschließungsantrag mit der Bitte um Übernahme vorgelegt. Wer mit der Übernahme dieser Entschließung einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen.

(Jürgen Weber [SPD]: Das war euer Antrag! Dann müsst ihr dafür stimmen!)

- Ich wiederhole das. Es gibt ein Votum zu einem Entschließungsantrag des Ausschusses, und darüber stimmen wir jetzt ab. Wer dem Entschließungsantrag des Sozialausschusses seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit wurde diesem Antrag die Zustimmung erteilt mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW.

(Minister Dr. Heiner Garg)

Damit haben wir den Tagesordnungspunkt abgeschlossen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 45 auf:

Sicherung des Landestheaters Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW Drucksache 17/280

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/304