Protokoll der Sitzung vom 26.02.2010

Wir werden auch im kulturellen Bereich um Einsparungen nicht herumkommen. Zwangsweise werden wir uns daher auf schmerzhafte Einschnitte im gesamten kulturellen Angebot einstellen müssen.

CDU und FDP schlagen Ihnen daher mit ihrem Antrag ein zielgerichtetes Verfahren vor, unter der Moderation des zuständigen Ministeriums ein Gesamtkonzept mit Trägern und Gesellschaftern des Landestheaters, der Theater in Kiel und Lübeck sowie der Eutiner Festspiele und den kommunalen Landesverbänden zu entwickeln, um eine tragfähige und zukunftsfähige Struktur für ein niveauvolles, landesweites Theaterangebot zu gewährleisten. Keinesfalls zeichnet sich hierdurch ein Untergangssze

nario ab, weder für die Theaterkultur in SchleswigHolstein noch für ein einzelnes Theater, sondern es ist die Chance, sich auf die gegebene Haushaltssituation einzustellen und gesicherte Planungen für die Zukunft zu ermöglichen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion erteile ich der Frau Kollegin Kirstin Funke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg möchte ich sagen, dass die FDP-Landtagsfraktion die Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des schleswig-holsteinischen Landestheaters und auch deren persönlichen Einsatz für ihr Theater und den Verzicht auf Lohnerhöhungen der letzten Jahre anerkennt und wertschätzt.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, Kultur ist, gleichgültig, in welcher Form, immer etwas, was berührt und innerlich bereichert. Es ist nichts, was man mit bloßen Händen greifen kann, aber das Leben wäre arm, wenn wir sie nicht hätten. So ist es aus meiner Sicht ganz selbstverständlich, dass in Zeiten, in denen die Weichen für die Theaterlandschaft in Schleswig-Holstein gestellt werden müssen, Emotionen dabei nicht auszuschalten sind. Doch möchte ich an alle appellieren, eine ehrliche Diskussion in der Sache zu führen, die gerade die Mitarbeiter verdienen.

Wir stehen heute an einem Punkt der Geschichte des Landestheaters, an dem über neue oder andere Wege nachgedacht werden muss. In der Vergangenheit konnte leider nie eine Lösung gefunden werden, wie die Theaterlandschaft in SchleswigHolstein solide finanziert werden kann, und die die Entwicklung bis heute hätte aufhalten können.

Wenn man Sätze hört, wie

„Der Landesregierung ist daran gelegen, dass eine möglichst dichte Theaterversorgung in allen Sparten im Lande aufrechterhalten wird. Der Erhalt der Bühnen als Mehrspartentheater muss jedoch in Einklang gebracht werden mit den zur Verfügung stehenden und in Zukunft knapper werdenden öffentlichen Zuschüssen und mit den qualitativen … Erwartungen der Theaterbesucherinnen und Theaterbesucher an ihre Theater“,

(Wilfried Wengler)

so könnte man denken, dass dies eine Äußerung aus dieser Wahlperiode ist. Es handelt sich hier jedoch um eine Antwort der Regierung aus der 13. Wahlperiode aus dem Jahr 1994 auf die Große Anfrage der FDP-Landtagsfraktion, des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug. Schon damals wurde die Idee geboren, dass sich die Theater Schleswig-Holsteins zusammensetzen und ein gemeinsames Konzept erstellen sollten, was aber im Laufe der mehr als 15 Jahre nie passierte. Dafür ist es jedoch nicht zu spät.

(Beifall bei FDP und CDU)

Deswegen fordern wir die Regierung im Antrag von CDU und FDP auf, die Moderation zu übernehmen und die Träger, die Gesellschafter und die kommunalen Landesverbände an einen Tisch zu bringen, damit sich diese auf die längst überfälligen Strukturveränderungen einigen. Das Land kann nämlich nicht, wie viele meinen, einfach etwas über die Köpfe der kommunalen Landesverbände entscheiden und FAG-Mittel erhöhen, denn es handelt sich in Schleswig-Holstein nicht um ein Staatstheater, sondern es gehört zur kommunalen Daseinsvorsorge.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, der Ruf nach dem Land ist in den letzten Tagen immer lauter geworden. Doch dürfen wir im Sinne einer ehrlichen Debatte nicht vergessen, dass es sich bei der Diskussion um das Landestheater nicht um die Streichung von Landesgeldern handelt, sondern um den Erhalt des Status quo. Andere Verbände in anderen Politikbereichen müssen dagegen drastische Kürzungen befürchten.

Auch dürfen wir in der Debatte nicht vergessen, dass das Landestheater zu den glücklichen Theatern gehört, die einen Großteil an Zuwendungen vonseiten des Landes erhalten.

(Beifall bei der FDP)

Jede Eintrittskarte des Landestheaters wird mit 131,69 € bezuschusst, und die konkreten Anteile des Landes belaufen sich beim Landestheater auf 102,86 € pro Karte. Das Theater in Lübeck wird dagegen mit 87,17 € pro Eintrittskarte bezuschusst, und der Anteil des Landes beläuft sich auf 54,73 € pro Karte.

Wie Sie sehen, zum einen zahlt das Land schon einen erheblich größeren Anteil, um die Kommunen zu entlasten, und zum anderen ist erkennbar, dass es in Schleswig-Holstein auch Theater gibt,

die weniger Geld vom Land erhalten und wirtschaftlicher arbeiten.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Markus Matthießen [CDU])

Hier sind wir an einem Punkt angelangt, an dem ein Umdenken stattfinden muss, um im ureigensten Interesse die niveauvolle Theaterlandschaft zu erhalten.

Wir appellieren deswegen an die Theater und speziell an das Landestheater: Stellen Sie einen Businessplan auf, nutzen Sie gemeinsame Ressourcen, um Synergieeffekte zu erhalten! Arbeiten Sie mit daran, dass die Theater in ihrer Gesamtheit nachhaltig gesichert und Kosten eingespart werden können!

Auch kann ich nur an die Bürgerinnen und Bürger appellieren, die sich in den vergangenen Tagen für das Landestheater eingesetzt haben: Engagieren Sie sich weiterhin, vielleicht auch im Wege von Spenden oder Sponsoring von Produktionen, und besuchen Sie die Veranstaltungen der Theater in Schleswig-Holstein!

Wie gesagt: Es geht hier nicht um die Streichung von Landesmitteln, sondern darum, wie mit den vorhandenen Mitteln die Theaterlandschaft in Schleswig-Holstein in ihrer Vielfalt erhalten werden kann.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Kollege Rasmus Andresen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Frau Funke, es fällt mir schwer, nach Ihrem Beitrag ruhig zu bleiben; ich probiere es trotzdem.

Ich möchte mit einem Zitat beginnen:

„Unser Land ist reich an kulturellem Erbe. Es prägt die Identität unserer Heimat. Wir wollen es in seiner Vielfalt pflegen. Wachstum ist Kreativität und Toleranz, und ohne Kunst und Kultur ist Kreativität nicht denkbar! Theater, Museen, Literatur, Musik, bildende Kunst und andere Kulturbereiche zu fördern, bleibt eine herausragende Aufgabe des Landes und der Kommunen.“

(Kirstin Funke)

Herr Carstensen, auch wenn Sie gerade mit dem Innenminister reden, ich weiß nicht, ob Sie Ihre eigenen Worte aus der etwas zu lang geratenen Regierungserklärung wiedererkennen. Ich würde mich darüber sehr freuen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

Ihre Worte passen nicht zum untätigen Handeln, als Kultur noch Chefsache war, und erst recht nicht zu dem Trauerspiel, Herr Klug, das Sie derzeit abliefern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

Die Situation des Landestheaters ist ein Ergebnis dieser Politik.

Der gemeinsame Antrag von SPD, SSW und uns ist das Ergebnis eines sehr konstruktiven parteiübergreifenden Dialogs mit den Akteuren des Landestheaters. In diesem Zusammenhang möchte auch ich mich - wie der Kollege Müller - bei der Kollegin Susanne Herold bedanken, die sich vor Ort sehr stark engagiert und für das Landestheater eingesetzt hat. Das findet auch aus unseren Reihen Applaus.

(Beifall)

Wir setzen uns für die Dynamisierung aus dem KFA ein. Dies kann im ersten Schritt für ein paar Jahre gewährt werden, sodass das Landestheater eine Chance bekommt, Aufgaben zu prüfen und Konzepte umzusetzen.

Der neue Intendant Peter Grisebach hat viel versprechende Konzepte zur Erweiterung der Zielgruppe und des Angebots vorgelegt. Ihm das Wasser abzugraben, bevor er seine Arbeit richtig begonnen hat, macht keinen Sinn.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Es geht natürlich auch um Arbeitsplätze, aber es geht vielmehr darum, das kulturelle Angebot im Norden und Westen von Schleswig-Holstein zu sichern. Wie wichtig das Landestheater von Flensburg bis Steinburg und bis weit nach Dänemark ist, hat die Region in letzter Zeit deutlich veranschaulicht. Es gab Aktionen der regionalen Presse - sie wurden vorhin schon angesprochen -, von Gymnasien und der Fachhochschule Flensburg. Vor einer Woche hat sich eine Bürgerinitiative zur Rettung des Landestheaters gegründet. Alle heben aus ihren unterschiedlichen Perspektiven die Bedeutung des Landestheaters hervor.

Übrigens ist dies kein isoliertes Problem. Auch das war schon Thema. Dieselben Debatten bekommen wir im nächsten Jahr wieder, wenn nicht gehandelt wird für die Theater in Kiel und Lübeck. Deshalb ist es wichtig, dass der Zeitraum von drei Jahren, den wir vorschlagen, so genutzt wird, dass über eine gemeinsame Struktur der schleswig-holsteinischen Landestheater debattiert wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Es gibt eine weitere Dimension, und das ist die kulturpolitische. Es geht hier nicht nur um Regionalpolitik. Der Mehrwert von Kultur ist in Zahlen, auch wenn Sie es probieren, Frau Funke, nicht genau zu beziffern, aber spätestens seit Richard Floridas Studien über die Creative Class steht fest, dass sie nicht außer Acht gelassen werden kann. Weiche Standortfaktoren sind somit nicht nur bildungspolitisch wertvoll, sondern erst recht ökonomisch.

Herr Minister Klug, richtig ist auch, dass Sie sich absolut passiv verhalten. Während Sie im Schulbereich die Verantwortung aus dem Ministerium wegdelegieren und sagen, die Schulen sollten einmal machen, übernehmen Sie im Kulturbereich überhaupt keine Verantwortung. Man kann über die Wege in der Kulturpolitik streiten, aber zeigen Sie doch endlich einmal einen Weg auf!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ihr Motto ist: Schuld sind die anderen. Das haben Sie vorhin vorm Landeshaus wieder eindrucksvoll bewiesen, als Sie sich dann doch, wenn auch etwas spät, den Demonstranten gestellt haben. Was Sie gesagt haben, kann keinen erfreut haben.

(Zurufe des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kubicki, ich glaube, dass Ihre Redezeit für diese Tagung schon längst überschritten ist, sonst können Sie sich ja gleich melden.