Protokoll der Sitzung vom 19.03.2010

(Ulrich Schippels)

Schleswig-Holstein“ und war stark geprägt von der Frage, wie erreicht werden kann, dass die Ziele der Agenda 21 in die Arbeit aller gesellschaftlicher Bereiche hineinfließen können.

Konkret ging aus dem damaligen Bericht hervor, wie wichtig es für die Aktivitäten auf kommunalem Niveau ist, dass sie von den Agenda-21-Büros der Umweltakademie des Landes begleitet wurden. Soll heißen: Wenn verhindert werden soll, dass die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie ins Unverbindliche abgleitet, dann muss sichergestellt werden, dass sich alle gesellschaftlichen Ebenen dieser Verpflichtung annehmen. Es reicht also nicht aus, zu sagen, dass man den Dialog mit anderen Akteuren sucht. Der ist natürlich auch wichtig, er muss aber auch verbindlich gestaltet werden. Ansonsten bleiben nur die schönen Worte.

Wir erwarten also vom federführenden Ministerium, dass Konzepte für die weitere Umsetzung der schleswig-holsteinischen Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt werden.

(Beifall beim SSW)

Und wir erwarten, dass es nicht bei den schönen Worten bleibt; denn es ist natürlich eine Selbstverständlichkeit, dass diese Strategie vor dem Hintergrund der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes und der EU zu sehen ist und dass letztlich, global gesehen, alles auf der Grundlage die Agenda 21 der UNO und der Klimaschutzbeschlüsse von Rio zu sehen ist. Das sind Selbstverständlichkeiten. Es kommt auf die Rahmenbedingungen an, und es kommt darauf an, dass dann auch verbindliche Handlungsanweisungen vorliegen.

Der Bericht geht von fünf Leitthemen für eine nachhaltige Entwicklung aus. Für jede Leitlinie werden dann auch noch weitere Leitlinien formuliert und Ansprechpartner für den weiteren Dialog genannt. Das ist so weit alles in Ordnung. Aber auch hier fehlt es unserer Meinung nach an einem ich sage es mal ganz vornehm - problemorientierten Bewusstsein in der Darstellung dieser Sachverhalte. Ein konkretes Beispiel, das auch schon von meinen Vorrednern genannt wurde, ist der Landesentwicklungsplan. Genannt wird unter der Überschrift „Gestaltung des demografischen Wandels für ein zukunftsfähiges Wohnen, Leben und Arbeiten“, dass wir diesen LEP haben. Aber es reicht nicht aus, einfach das Instrument der Landesplanung zu beschreiben. Es fehlt ganz eindeutig die Einschätzung seitens des Ministeriums, wie sich denn die aktuellen Überlegungen der Regierungskoalition mit dem Anspruch der Nachhaltigkeit vertragen.

Die zentrale Frage lautet also: Woran erkennen wir, ob die gesteckten Ziele erreicht wurden oder ob sie noch erreicht werden können? Dafür werden Instrumente und Kriterien zur Messung benötigt.

Darum sehe ich eigentlich den Anhang des Berichts als den zentralen Punkt des Berichts an. Denn dort werden Indikatoren mit den dazugehörenden Zielen, Evaluierungen und Bewertungen aufgeführt. Erst wenn wir uns diese Indikatoren genauer angucken, können wir uns ein Bild über den Nachhaltigkeitsstatus des Landes machen. Im Bericht wird redlicherweise darauf hingewiesen, dass es eine Nachsteuerung geben muss, dass die Indikatoren nicht genau genug sind. Das sehen wir auch so.

Wir begrüßen, dass auch die Umsetzung minderheitenpolitischer Ziele zu den Indikatoren gehört. Gleichwohl macht nicht zuletzt dieses Beispiel deutlich, dass an den Indikatoren nachgearbeitet werden muss, damit sie eine Aussagekraft erhalten, die über die reine Feststellung hinausreicht. Überlegenswert ist weiterhin, ob wir nicht auch noch andere Indikatoren benötigen, um für Schleswig-Holstein eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen. Vollständig ausgeklammert ist zum Beispiel der gesamte Bereich des Gender Mainstreamings und damit einhergehend der Ansatz des Gender Budgetting. Einige von uns haben jüngst an einer Veranstaltung des Landesfrauenrats teilgenommen, der genau diesen Punkt anspricht.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich denke, er gehört in eine Nachhaltigkeitsstrategie hinein.

Ich fasse zusammen: Der Bericht führt viele Punkte auf, aber um weiterzukommen, brauchen wir Butter bei die Fische.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/170, an den Umwelt- und Agrarausschuss und mitberatend an alle weiteren Ausschüssen des SchleswigHolsteinischen Landtags zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Bevor ich Tagesordnungspunkt 60 aufrufe, weise ich darauf hin, dass ich nach diesem Tagesord

(Anke Spoorendonk)

nungspunkt Tagesordnungspunkt 17 aufrufen werde. Hierfür brauchen wir eine gute Präsenz.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 60 auf:

Situation des Glücksspiels in Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 17/379 (neu)

Ich erteile Herrn Innenminister Klaus Schlie das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Glücksspielstaatsvertrag gibt es seit Anfang 2008. Bereits zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens hatte der Ministerpräsident angekündigt, das Glücksspielrecht gemeinsam mit den anderen Ländern der Bundesrepublik weiterzuentwickeln. Wegen seiner herausragenden Bedeutung fand dieses Thema folgerichtig Eingang in den Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung.

(Beifall bei CDU und FDP)

Als Innenminister ist mir dabei der Spielerschutz ein zentrales Anliegen. So ist zu gewährleisten, dass Minderjährige nicht am Glücksspiel teilnehmen, dass die Entstehung von Spielsucht verhindert wird und dass ein ordnungsgemäßes Spielangebot sichergestellt wird. Die Manipulationsversuche bei Sportwetten von illegalen Wettanbietern sind in diesem Zusammenhang mahnende Beispiele.

Der Bericht der Landesregierung stellt die bereits nach dem derzeit gültigen Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Maßnahmen dar. Weitere Schritte, die heute getroffen werden, erzielen jedoch keine sofortigen Ergebnisse, sondern sind zukunftsorientiert angelegt. Auch beim Vorgehen gegen illegale Glücksspielangebote sind rechtsstaatliche Prinzipien selbstverständlich zu beachten. Daher zeichnen sich zum Teil erst jetzt erste Ergebnisse ab. So sind die Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder gemeinsam gegen illegale Internetangebote von Glücksspielen vorgegangen und konnten erste Untersagungen gegen illegale Glücksspielanbieter im Internet einläuten und aussprechen.

Seit 2009 liegen zudem rechtskräftige Entscheidungen von Verwaltungsgerichten anderer Bundesländer vor. Die Gerichte gehen so weit, sogar die Einstellung des gesamten illegalen Internetbetriebs eines Anbieters als rechtmäßig einzustufen, wenn dieser nicht technisch verhindert, dass Teilnehmer auf die Internetangebote des Betreibers zu

greifen. Das Unterbinden der vielfältigen illegalen Internetangebote wie zum Beispiel Poker, sogenannter Casino-Spiele und manipulierbarer Sportwetten ist damit rechtlich möglich.

Daneben stellt sich die Frage, ob nicht staatlich kontrollierte Anbieter und kontrollierte Glücksspielangebote im Internet erlaubt werden könnten. Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil vom 8. September 2009 zum Glücksspielrecht in Portugal Grundsätze für die europarechtliche Zulässigkeit von Beschränkungen des freien Internetverkehrs aufgestellt. Danach ist ein staatlich beschränktes und kontrolliertes Glücksspielangebot im Internet durchaus zulässig und möglich.

Leider stellt sich die rechtliche Situation in Schleswig-Holstein nicht ganz so einfach dar. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Vorabentscheidungsersuchen des schleswig-holsteinischen Verwaltungsgerichts zum Glücksspielrecht steht noch aus. Das Gericht in Schleswig-Holstein hat bezweifelt, ob ein staatliches Monopol auf bestimmte Glücksspiele wie Sportwetten und Lotterien, wie es derzeit in Deutschland existiert, mit den im EG-Vertrag garantierten Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheiten vereinbar ist.

Bis zu einer Entscheidung des EuGH hat das Verwaltungsgericht Schleswig alle Entscheidungen in Verfahren, die den Glücksspielbereich betreffen, ausgesetzt. Damit steht für Schleswig-Holstein im Gegensatz zu anderen Ländern die Rechtspflege im Glücksspielbereich zurzeit leider still. Das erschwert auch den Umgang der Kommunen mit illegalen Wettbüros, denen zum Beispiel in den Medien Verbindungen zur organisierten Kriminalität nachgesagt wird. Neben den derzeitigen Entwicklungen in der Rechtsprechung wird das Instrument des Glücksspielstaatsvertrags evaluiert. Das Ergebnis bleibt abzuwarten.

Die Landesregierung wird darauf achten, auch Strukturen des europäischen Glücksspielrechts durch eine rechtsvergleichende Analyse auszuwerten. Gleiches gilt für die Erfahrungen der legalen und in Deutschland illegalen Glücksspielanbieter, die im früheren Rahmen einer strukturierten Anhörung unter der Federführung der Konferenz der Chefs der Staatskanzleien die Möglichkeit zur Äußerung haben.

Wichtig sind dabei auch Prüfungen der Auswirkungen alternativer Regelungsmodelle zum staatlichen Monopol in den Bereichen Spielsucht, Jugendschutz und sozialer Probleme sowie der Folgen auf die Erhebung von Steuern und Abgaben

(Präsident Torsten Geerdts)

im In- und Ausland. Die Landesregierung wird den Prozess der Evaluierung durch eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe intensiv begleiten und sich aktiv in die Erstellung des Berichts der Chefs der Staatskanzleien einbringen, der Handlungsoptionen für das künftige Glücksspielrecht darstellen will. Dabei gilt für die Landesregierung das im Koalitionsvertrag festgelegte Ziel, eine bundeseinheitliche Änderung der Rechtslage herbeizuführen. Sollte das nicht gelingen, so wird die Landesregierung die Einführung eines eigenen Konzessionsmodells für Schleswig-Holstein prüfen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich eröffne die Aussprache. Frau Abgeordnete Monika Heinold von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank an die Landesregierung für diesen differenzierten und ausführlichen Bericht. Der Bericht macht deutlich: Das Glücksspielstaatsmonopol ist gut begründet.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

- Ich habe den Bericht gelesen. Sie haben vielleicht nur die letzte Seite gelesen, auf der Ihr Koalitionsvertrag wiederholt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Es gewährleistet Jugend- und Spielerschutz, es verfolgt das Ziel, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und schafft die Voraussetzung für eine wirksame Suchtbekämpfung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus grüner Sicht heißt deshalb die Schlussfolgerung: Ja zum Glücksspielstaatsmonopol. Was aber auch klar ist: Wir dürfen die Augen vor einer notwendigen Novellierung nicht verschließen. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten, geht es auch darum, über eine Internetöffnung nachzudenken. Auf das Urteil in Bezug auf Portugal wurde eben schon verwiesen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Katharina Loedige [FDP])

Aber auch an dieser Stelle sage ich: Jugendschutz muss vor Gewinnmaximierung stehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Für eine Aufkündigung des staatlichen Glücksspielmonopols, wie nun von CDU und FDP geplant, gibt es keine Begründung - weder inhaltlich noch finanziell.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Entgegen des Horrorszenarios, das die privaten Anbieter vor vier Jahren an die Wand gemalt hatten, sind weder die Umsätze noch die Landeseinnahmen dramatisch eingebrochen. Im Gegenteil! Bereits 2009 war laut Bericht wieder ein Wachstum erkennbar. Der Umsatzrückgang, den es 2007 und 2008 gegeben hatte, hatte vor allem zwei Gründe: Der eine Grund war das Internetangebot, dazu habe ich eben schon etwas gesagt. Der andere Grund war die neue Regelung, dass zukünftig Gewinne nach dem Wohnortprinzip verteilt werden. Ich sage dazu: Das ist eine faire Regelung, auch wenn sie zulasten unseres Bundeslandes geht. Es wäre absurd, aus dieser finanziellen Entwicklung jetzt die Notwendigkeit der Aufkündigung des Glücksspielstaatsvertrages abzuleiten und das Heil in der Privatisierung zu suchen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)