Der Einzelne wird hierdurch in seiner Freiheit und in seinem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung eingeschränkt. Die Ursachen für homophobes Verhalten liegen in vielen Fällen in der Unsicherheit des diskriminierenden Menschen selbst, und nicht etwa in der Lebensweise der Lesben und Schwulen oder Bisexuellen. Auch das Erlernen von Vorurteilen und Stereotypen gegenüber Homosexuellen im Laufe der Kindheit und Jugend trägt zur Homophobie bei. Und nicht selten werden solche Tendenzen noch durch die Medien verstärkt.
Die konkreten Auswirkungen von Homophobie auf gleichgeschlechtlich empfindende Menschen sind genauso unterschiedlich und vielseitig wie die Formen der Diskriminierung, unter denen homosexuelle Mitmenschen leiden. Ihnen wird von Kindheit an verdeutlicht, dass sie nicht der gängigen Rollenerwartung entsprechen, was häufig zu Problemen mit der eigenen Identität führt. Abwertende homophobe Äußerungen bedeuten für die Betroffenen immer wiederkehrende Qualen, sodass psychische Störungen und ein erhöhtes Selbstmordrisiko die tragischen Folgen sind. So kommt zum Beispiel eine österreichische Studie zu dem Ergebnis, dass jeder dritte Selbstmordversuch von einem gleichgeschlechtlich orientierten Menschen unternommen wird.
Der SSW unterstützt deshalb die von den Grünen eingebrachten Vorschläge für einen Aktionsplan gegen Homophobie in vollem Umfang.
Wir sehen in der Bekämpfung von Homophobie allerdings einen Auftrag für die gesamte Gesellschaft. Neben dem im Antrag formulierten Schwerpunkt im Bildungssystem müssen auch Eckpunkte zur breiteren Förderung der Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben verankert werden. Auch der SSW sieht die Landesregierung in der Pflicht, mit Kommunen, Verbänden und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren zu kooperieren, um einen umfangreichen Aktionsplan gegen Homophobie zu entwickeln. Hier ist es besonders wichtig, dass es nicht bei einem bloßen Entwurf bleibt. Um das Ziel eines diskriminierungsfreien Umfelds für sexuelle Minderheiten zu erreichen, müssen die unterschiedlichen Aspekte des Aktionsplans auch in der Praxis begleitet, evaluiert und fortlaufend unterstützt werden. Nach Meinung des SSW kann nur auf diese Weise ein effektiver Schutz von sexuellen Minderheiten gewährleistet werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Manch einer mag es bedauert haben, dass wir den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht bereits im Mai debattiert haben. Schließlich jährte sich der Internationale Tag gegen Homophobie am 17. Mai dieses Jahres zum 20. Mal. Ich muss Ihnen jedoch sagen, dass ich gerade in diesem Jahr die Monate Juni und Juli für den weitaus besseren Zeitpunkt halte, um Politik und Gesellschaft aufzurufen, Vorurteile und Diskriminierungen zu überwinden und die selbstbestimmte Sexualität aller als Grundrecht zu schützen. Denn das ist das Ziel dieses Antrags.
Sie werden fragen, warum. Weil König Fußball wieder die Welt regiert und wir damit - Zufall oder nicht - aktuell sehr prominente Botschafter haben, die einem Aufruf gegen Homophobie ihre Stimme geben. So der Kapitän der deutschen Fußballnationalmannschaft Philipp Lahm, der sich als Repräsentant des Fußballbundes gegen Diskriminierung, Intoleranz und Homophobie engagiert.
Oder der DFB-Präsident Theo Zwanziger, der sich schon vor ein paar Jahren mit den Worten “Der Ball ist für alle da” nachdrücklich gegen Diskriminierung jeder Art im Fußball ausgesprochen hat. Der Ball ist für alle da - diese Botschaft gilt es zu befördern, nicht nur im Fußball und nicht nur während der WM.
Aber wir könnten die WM sehr wohl dazu nutzen, um nachdrücklich für mehr Toleranz, für mehr Akzeptanz, für mehr Integration von Homosexuellen und Transsexuellen zu werben. In jedem Fall bietet sie aktuell eine bessere Gelegenheit, die Normalität unterschiedlicher sexueller Orientierungen zu betonen als vielleicht ein internationaler Tag bieten kann. Um dieser Normalität gerecht zu werden, bedarf es aber eines engagierten Miteinanders aller gesellschaftlich relevanter Gruppen und keiner neuen Diskussionen. Deshalb ist auch die Antidiskriminierungspolitik, wie sie die Landesregierung aktiv betreibt, als eine auf Dauer angelegte politische Querschnittsaufgabe ausgelegt. Wir sind uns bewusst, dass auch das nur ein Beitrag sein kann hin zu einer liberalen, offenen Gesellschaft, in der ein tolerantes Miteinander ohne diskriminierende Vorurteile möglich ist.
Wie umfassend diese Querschnittsaufgabe ist, kann ich heute in der Kürze der Zeit nur anreißen. Sicherlich werden wir im Ausschuss Gelegenheit haben, darüber zu reden und darzustellen, dass heute bereits vier Häuser mitgewirkt haben. Nur beispielhaft möchte ich aus den Bereichen Bildung, Soziales, Inneres und Gleichberechtigung hinweisen: auf unsere Lehrpläne, die die unterrichtliche Behandlung der Thematik Sexualität in einem diskriminierungsfreien Umfeld aufzeigen; auf die Aus- und Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer, bei der es unter anderem im Zusammenhang mit der Behandlung der Themen Heterogenität und Gewalt um die Vermittlung einer toleranten Grundhaltung und der Courage geht, gegen Gewalt und Diskriminierung aktiv vorzugehen; auf die Zusammenarbeit zwischen Innenministerium und Landessportverband, um ein diskriminierungsfreies Umfeld in allen Sportarten zu schaffen. Auf die bestehenden Strukturen der Beratungsstellen HAKI, NaSowas und donna klara ist bereits hingewiesen worden. Ebenso gibt es die Förderung des Trägers Jugendnetzwerk Lambda Nord.
Unser Ziel ist und bleibt es, Vorurteile weiter abzubauen und die gesellschaftliche Teilhabe von Lesben und Schwulen weiter zu verbessern. Dabei müssen wir uns aber über eines im Klaren sein: Die Akzeptanz sexueller Vielfalt lässt sich nicht verordnen. Trotz der Streichung des § 175 StGB, der Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft und des Inkrafttretens des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist eine breite gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Homosexuellen noch lange nicht selbstverständlich.
Ein Fünftel der Deutschen fanden das Bekenntnis des Berliner Bürgermeisters zu seiner Homosexualität keineswegs „gut so“, aber immerhin, meine Damen und Herren, nur ein Fünftel. Insgesamt lässt sich unter den Erwachsenen in Deutschland feststellen, dass Homophobie in der Gesellschaft deutlich zurückgegangen ist. Diese Auffassung teile ich. Man kann es in den Darstellungen in den Medien und im beruflichen Alltag sehen. Ich kann aus meiner über 30-jährigen Erfahrung als Richter auch sagen, dass ich eine solche Entwicklung in unserer Gesellschaft zum Glück feststellen kann.
So etwas wie ein Sieg von Vernunft und psychologische Einsicht über lange tradierte Vorurteile zeichnet sich durchaus ab. Diese Entwicklung darf man nicht gering schätzen, aber wir dürfen sie auch nicht als selbstverständlich nehmen. Im Gegenteil: Ein allzu selbstverständlich hingenommener Fortschritt birgt auch die Gefahren des Rückschritts.
Wer allerdings annimmt, dass diejenigen, die diesen Antrag ablehnen, Homophobie hinnehmen oder sogar fördern wollen, der irrt.
Eine solche Unterstellung verkennt die Normalität, die bereits heute unterschiedlicher sexueller Orientierung eingeräumt wird. Sie ist aber vor allem auch riskant, denn sie ruft etwas wieder auf, was der größte Teil der Gesellschaft bereits überwunden hat, was zugunsten eines echten Zivilisationsgewinns bereits verblasst war. Nun aber werden alle gleichsam mit der Nase erneut darauf gestoßen, und Einzelne könnten Überkommenes wiederentdecken. Dabei sollte bereits ein kurzer Blick in die Zeiten des Ressentiments ausreichen, um in Erinnerung zu rufen, was Hass damals geschaffen hat.
Ich bin überzeugt, dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland bereits erkannt hat, dass Gewalt gegen Schwule, Schimpfworte und hässliche Witze abzulehnen sind. Diskriminierung wird heute ganz überwiegend erkannt und geächtet. Wir alle bleiben deshalb aufgerufen, Benachteiligungen und Anfeindungen im Alltag energisch entgegenzutreten, die Toleranz gegenüber unterschiedlichen Lebensweisen zu fördern und ein diskriminierungsfreies Miteinander zu ermöglichen. Durch den Abbau von Klischees und Vorurteilen, eine Erziehung von Kindern zur Toleranz und eine Sensibilisierung der Gesellschaft, Politik und Verwaltung, wie sie die Landesregierung seit Jahren betreibt, ist nach meiner Überzeugung der Ball bereits im Spiel. Ich kann nur empfehlen, ihn nicht unnötig ins Abseits zu schießen.
Die Redezeit des Ministers wurde um 1 Minute 30 Sekunden überzogen und steht somit den Fraktionen zur Verfügung. Sie wird nicht genutzt, wie ich sehe. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.
Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Es ist beantragt, den Antrag Drucksache 17/502 federführend dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.
a) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile der Frau Abgeordneten Monika Heinold von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die grüne Fraktion legt Ihnen heute zwei Steuererhöhungsanträge vor. Wir sind der Überzeugung, dass Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen Hand in Hand gehen müssen, wenn die Schuldenbremse eingehalten werden soll und wenn der Sozialstaat dabei nicht zerschlagen werden soll. Erfreulich ist, dass es für Steuererhöhungen immer mehr Unterstützung gibt. So hat auch Finanzminister Wiegard inzwischen erkannt, dass die Grunderwerbsteuer erhöht werden muss.
Herr Minister, bleiben Sie jetzt nicht auf halber Strecke stehen. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu. Spielen Sie nicht auf Zeit bis 2013, denn das wären 100 Millionen € verschenktes Geld.
Ihr Argument, Herr Minister, eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer sei wegen der konjunkturellen Lage derzeit kontraproduktiv, ist doch vorgeschoben.
In Wirklichkeit haben Sie doch nur Angst davor, dass Ihnen Ihre Abgeordneten vom Sparkurs abspringen, wenn andere Möglichkeiten der Haushaltskonsolidierung locken.
Deshalb fordere ich Sie auf, Herr Minister: Leisten Sie Überzeugungsarbeit in Ihrer eigenen Fraktion, statt die auch von Ihnen als notwendig eingestufte Steuererhöhung zu vertagen und dringend benötigtes Geld zu verschenken.
Wer aus Geldmangel die Schließung einer ganzen Universität mit all den katastrophalen wirtschaftlichen Folgen in Kauf nimmt, der wird doch nicht ernsthaft behaupten wollen, dass die Erhöhung der Grunderwerbsteuer um einen Punkt dem Mittelstand schadet und Arbeitsplätze kostet.
Für Bund wie für Land sind nicht Steuererhöhungen Gift, sondern die Vernachlässigung der dringend notwendigen Investitionen in Bildung und Klimaschutz.