Protokoll der Sitzung vom 09.09.2010

Wenn man sich vor Augen führt, dass die Landesregierung - so ist es mir zumindest berichtet worden - diesen Bericht, bevor er überhaupt im Landtag debattiert wurde, bereits dem Sachverständigenausschuss des Europarats überreicht hat, der anlässlich der Fortschreibung des Staatenberichts zur Sprachencharta kürzlich in Kiel tagte, dann bekommt man den Eindruck, dass es der Landesregierung mehr um den Symbolgehalt geht als um Inhalte. Denn die oft angekündigte neue DänemarkStrategie liegt immer noch nicht vor - auch wenn die Landesregierung schon einmal die Richtung an

(Anke Spoorendonk)

deutet. Sie soll, heißt es, ganz Dänemark und verstärkt die Fehmarnbelt-Region umfassen.

Aus anderen Zusammenhängen wissen wir, dass der Landesregierung dabei in erster Linie ein Bild von einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen der Öresundregion und der Metropolregion Hamburg vorschwebt. Weitere Stichworte lauten: Einbindung in die Makroregion Ostsee und Umsetzung der EU-Ostseestrategie.

Daher sage ich für den SSW: Wir werden es ganz einfach nicht hinnehmen, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im deutsch-dänischen Grenzland auf die lokalen Akteure abgewälzt wird, damit sich die Landesregierung auf schöner gebohnerten Fluren ausleben kann.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der LINKEN)

Denn für den nördlichen Landesteil - das ist mein Schlusssatz - ist diese Kooperation kein „nice to have“, sie ist eine wichtige strategische Perspektive.

(Beifall bei SSW, der LINKEN und verein- zelt bei der SPD)

Für die Fraktion der CDU hat die Frau Abgeordnete Susanne Herold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Bericht ist gut, da er detailliert und anschaulich aufzeigt, wie wir in vielfältigster Weise mit unserm dänischen Nachbarn verbunden sind. Der vorgelegte Bericht macht deutlich, dass sich das Miteinander im Grenzland über die Jahre stetig verbessert hat.

(Beifall bei der CDU)

Ich gebe Peter Harry Carstensen recht, meine Damen und Herren, wenn er sagt, wir seien heute mehr als gute Nachbarn. In den Bereichen Wirtschaft, Bildung, Kultur, Sicherheit, Gesundheit, Umwelt und - zurzeit ganz wichtig - im Verkehrssektor verzeichnen wir dynamische Entwicklungen im Grenzland.

Ich danke unserem Ministerpräsidenten, der mit seinem Engagement diesen positiven politischen Entwicklungen einen spürbaren Schub nach vorn gegeben hat.

(Beifall bei der CDU)

Mit ihm als Regierungschef ist die deutsch-dänische Zusammenarbeit auch durch die Arbeitspläne konkreter und fassbarer geworden.

(Widerspruch bei SPD und SSW)

Das, meine Damen und Herren, tut unserem nördlichen strukturschwachen Landesteil gut. - Ich habe ja nicht gesagt, Frau Herdejürgen, dass er allein dafür verantwortlich ist. Aber er ist in seiner Zeit als Regierungschef initiativ geworden und hat den Prozess über nunmehr fünf Jahre sehr aktiv begleitet. Das wird man hier auch einmal sagen und anerkennen dürfen. Ich hätte mir das übrigens auch vom SSW gewünscht.

(Beifall bei der CDU)

Das tut unserem nördlichen Landesteil also gut. Dabei ist positiv hervorzuheben, dass nach der Weltwirtschaftskrise der Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt in der deutsch-dänischen Grenzregion wieder spürbar ist. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind initiativ, flexibel und fühlen sich in der gesamten Grenzregion beheimatet. Das wird nicht zuletzt durch die überlaufenen Dänischkurse an unseren Volkshochschulen deutlich.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Die Kurse der Dänischen Zentralbibliothek auch, liebe Kol- legin!)

- Ich habe jetzt nur die Volkshochschulen genannt. Ich entschuldige mich und ergänze das natürlich sofort. Aber es sind nicht die einzigen, liebe Frau Spoorendonk.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Aber die größ- ten!)

Die Volkshochschulen sind da auch sehr aktiv, und davon haben wir einige im Land.

(Beifall bei der CDU)

Die Zahl der Grenzpendler ist in den letzten Jahren signifikant gestiegen. Waren es im Jahr 2000 noch 2.500, so sind es 2009 nahezu 14.000 Arbeitnehmer gewesen, die täglich die Landesgrenzen in nördlicher und südlicher Richtung passierten, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen.

Meine Damen und Herren, als Flensburger Abgeordnete interessieren mich verständlicherweise die Aussagen des Berichts zur hochschulpolitischen Kooperation besonders. Hier wünschte ich mir das darf ich auch sagen -, dass wir besser aufgestellt wären. Die beabsichtigte Schließung der wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge an der Universität Flensburg hätte aus meiner Sicht un

(Anke Spoorendonk)

absehbare Folgen, auch für die Zusammenarbeit mit der Syddansk Universitet.

(Beifall bei SSW und der LINKEN)

Sowohl Flensburg als auch Sonderburg würden als Hochschulstandorte immens geschwächt. Deshalb hoffe und wünsche ich mir - auch, damit der nächste Bericht zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit noch positiver ausfallen wird -, dass das in der Region erstellte Konzept zum Erhalt der wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge hier auf Zustimmung stößt. Hier wird eine frühzeitigere Haushaltsentlastung als im Sparpaket vorgesehen garantiert, und zudem wird die Qualität auch und gerade in der Kooperation mit der Syddansk Universitet gesteigert. Wird dieses Konzept akzeptiert, dann werden die Hochschulen im nächsten Bericht eine größere Rolle spielen und ein weiterer Leuchtturm im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will hier auch nicht unterschlagen, dass die angedachte Kürzung der Schulkostensätze der dänischen Schulen ein weiteres Thema ist, das das deutsch-dänische Verhältnis zurzeit eintrübt. Ich betone aber auch, dass die Art und Weise, wie von dänischer Seite auf diese Kürzungsvorschläge reagiert wird, für mich so nicht akzeptabel ist. Hier werden heftige verbale Geschütze aufgefahren

(Widerspruch beim SSW)

- hört zu! - wie „Verrat“, „Diskriminierung“, „Vertrauensbruch“. Letztlich wird die gute Zusammenarbeit, die auch im Bericht ausgewiesen wird, in ihrer Gesamtheit infrage gestellt.

(Zurufe vom SSW)

Ich finde, so geht es nicht; ich meine, so sollten wir nicht miteinander umgehen.

Ich begrüße es daher außerordentlich, dass unser Ministerpräsident eine deutsch-dänische Kommission eingesetzt hat, um dieses Problem gemeinsam anzugehen. Ich hoffe, dass es diesem Gremium gelingen wird, eine akzeptable Lösung zu finden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Abschließend darf ich mich bei der Landesregierung für diesen Bericht bedanken. Ich denke, wir sollten diesen Bericht an den Europaausschuss überweisen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Birte Pauls das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für diesen sehr aufschlussreichen Bericht. Es ist nur schade, dass die Regierung nicht die richtigen Konsequenzen daraus zieht.

(Widerspruch bei der CDU)

Die grenzübergreifende und grenzüberschreitende Kooperation mit der Region Syddanmark ist ein hervorragendes Beispiel moderner europäischer Regionen. Das Leben ist geprägt von der Nähe zu den jeweiligen Nachbarn, der Flexibilität eines grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes, von historisch gewachsener gemeinsamer Verantwortung, von dem selbstverständlichen Leben mit Minderheiten, von Kultur, wirtschaftlichem Denken an Verkehrsadern und von Zweisprachigkeit, und all das, ohne dass die Landesgrenze hier Grenzen setzt.

Das ist keine Selbstverständlichkeit. So etwas entsteht nicht von allein, sondern ist das Ergebnis mühsamer jahrelanger Aktivitäten, Gespräche und vor allem politischen Willens. Ich danke allen, die diese Entwicklung mit einem nordisch-europäischen Blick und mit viel Weitsicht auf kommunaler und auf Landesebene maßgeblich mit geprägt haben, federführend Sozialdemokraten wie Björn Engholm und Uwe Döring.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Bericht liest sich ganz hervorragend, aber mir stellen sich auch noch viele Fragen. Der gemeinsame grenzüberschreitende Arbeitsmarkt hat hier eine ganz besondere Rolle eingenommen. Die Zahlen des Infocenters in Padborg weisen trotz leichter Rückgänge im vergangenen Jahr nach wie vor ein großes Interesse am dänischen Arbeitsmarkt aus. Aber hier gibt es noch viel zu tun. Wann kommt es denn endlich zur Unterzeichnung der gegenseitigen Anerkennung und Vergleichbarkeit von Ausbildungen und Qualifikationen, die schon so lange angekündigt ist? In Ihrem Bericht sagen Sie, Sie wollten die Beziehungen auf der Fehmarnroute auf allen Ebenen - politisch, wirtschaftlich und kulturell - intensivieren. Okay. Aber wie in aller Welt können Sie sicherstellen, dass die Region Sønderylland/Schleswig bei gleichzeitigem reduziertem Budget nicht vergessen wird? Nur mit „Häppchenterminen“ ist das nicht zu machen.

(Susanne Herold)

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Darüber hinaus wollen Sie die Kontakte zur dänischen Regierung ausbauen. Das finde ich gut. Beziehung braucht Pflege. Aber gleichzeitig kürzen Sie die Gelder für die Grenzlandaktivitäten. Vertrauen sieht anders aus.

Der grenzüberschreitende Studiengang der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Flensburg mit der Syddansk-Universität in Sønderborg ist zukunftsgewandte, mit Leben gefüllte grenzüberschreitende Aktivität. Ihre Pläne dazu: Weg damit! Wir brauchen die jungen Menschen in der Region. Das bindet sie und steigert die Attraktivität beider Universitätsstandorte. Es kann doch wirklich nicht sein, dass Dänemark jetzt alleine überlegen muss, wie dieses ursprünglich gemeinsame Angebot aufrechterhalten werden kann. Ich bitte Sie, Herr Ministerpräsident: Machen Sie Schleswig-Holstein nicht zum Entwicklungsland Dänemarks.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])