Protokoll der Sitzung vom 19.11.2010

(Beifall bei der LINKEN)

Für den SSW erteile ich der Frau Fraktionsvorsitzenden Anke Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für jedes Konzept gilt, dass es immer auch den Lackmustest mit der Wirklichkeit zu bestehen hat. Das sage ich nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des sympathischen Redebeitrags des Kollegen Daniel. Fakt ist nämlich: Die Landesregierung hat in Sachen Hochschulpolitik in den letzten Monaten sehr viel Porzellan zerschlagen. Daher sage ich auch: Hätte sie erst gedacht und dann gehandelt, dann sähe heute vieles anders aus.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Stattdessen bekommen wir jetzt, nachdem die sektoralen Einschnitte in der Hochschullandschaft bekannt gegeben wurden, das hochschulpolitische Konzept der Landesregierung vorgelegt. Dabei erscheinen die sektoralen Einschnitte des Wissenschaftsministers so wahllos, dass unklar ist, was die Zielsetzung in der Wissenschaftspolitik überhaupt sein soll. Auch nach dem Vorliegen des Konzepts wird dies nicht klarer. Klar ist nur, dass Denken

(Björn Thoroe)

und Handeln der Landesregierung nicht übereinstimmen.

Als Beispiel sei das Thema Internationalisierung genannt. In dem Konzept der Landesregierung wird festgestellt, dass „die Anstrengungen in Richtung verstärkter Internationalisierung auch im Hochschulbereich intensiviert werden müssen“, da Schleswig-Holstein bundesweit den letzten Platz einnimmt. Zu einer verstärkten Internationalisierung gehören eine stärkere internationale Ausrichtung der Studiengänge, Austausch unter den Studierenden, internationale Kooperation und die Förderung der Fremdsprachenkenntnisse.

Warum im gleichen Atemzug die wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge in Flensburg auslaufen sollen - oder sollten; ich weiß es nicht -, bleibt angesichts dieser Schwerpunktsetzung der Landesregierung rätselhaft.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Genau dieser Studiengang funktioniert grenzüberschreitend, die Studierenden werden in zwei Ländern interdisziplinär, international ausgerichtet, in mindestens drei Sprachen unterrichtet und kommen derzeit aus 20 verschiedenen Nationen. Insgesamt erfüllt dieser Studiengang damit sämtliche Traumvorstellungen einer verstärkten Internationalisierung

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und müsste eigentlich landesweit als Vorzeigebeispiel hochgehalten werden. Stattdessen beschließt die schwarz-gelbe Landesregierung erst einmal vielleicht - das Auslaufen des Studiengangs und stellt sich damit bei der Förderung der Internationalisierung selbst ein Bein.

Das Gleiche gilt für das Thema Exzellenzinitiative. Wenn man sich anschaut, wie eifrig die Landesregierung dabei ist, die Forschung der Hochschulen auf internationale Spitzenforschung auszurichten, ist es nicht verwunderlich, wenn kein Geld für die grundlegende Lehre und Forschung übrig ist. So hat Minister de Jager selbst bei der Debatte hier im Haus am 17. Juni festgestellt:

„Wir sind in Schleswig-Holstein Gefangene unseres eigenen Erfolges. Wir haben mehr Exzellenz in Schleswig-Holstein im Sinne der Exzellenzinitiative, als wir uns erlauben können.“

Für den SSW gilt dabei ganz klar, dass exzellente Forschung gut ist. Sie ist aber nicht alles. Und sie darf schon gar nicht dazu führen, dass andere Hochschulen in der Entwicklung ihrer Potenziale beschränkt werden.

Insgesamt macht die Landesregierung in ihrem hochschulpolitischen Konzept vor allem deutlich, dass sie zwar gern eine Weiterentwicklung der Hochschullandschaft hin zu exzellenter Forschung und Lehre möchte, dass sie aber gleichzeitig nicht bereit ist, dafür auch den angemessenen finanziellen Einsatz zu geben. So versucht man zum Beispiel, sich die Uni Lübeck vom Hals zu schaffen, indem eine Stiftungsuniversität gegründet werden kann, die dann auch Studiengebühren erhebt und sich primär aus der Wirtschaft finanziert.

Auch in Flensburg sichern die regionalen Wirtschaftspartner mit einem Konzept für eine Kommunikationsplattform zur Durchführung von gemeinsamen Studiengängen und Forschungsprojekten sowie einem Hochschulfonds zur finanziellen Absicherung der Zukunft die wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge der Uni. Die Wirtschaft springt also ein, um eine der grundlegenden Aufgaben des Landes zu retten: die Finanzierung der Bildung. Ob das Land das Angebot der Flensburger überhaupt annimmt, davon ist in diesem Konzept nichts zu lesen, obwohl dies die wirklich dringenden Fragen sind.

Die schwarz-gelbe Landesregierung ist ganz auf freie Marktwirtschaft ausgerichtet, wenn sie positiv hervorhebt, dass die outputorientierte Finanzierung zu einem Wettstreit mit Umverteilungswirkungen zwischen allen Hochschulen des Landes führt. Aus unserer Sicht läuft dieses Konzept aber eher auf Kannibalismus hinaus. Die größte Universität frisst die kleineren, und die Landesregierung tritt dann noch ordentlich nach. Dabei ist gerade die Landesregierung diejenige, die in Sachen Bildung die Verantwortung trägt. An ihr liegt es, jetzt die Weichen für eine nachhaltige Hochschulentwicklung zu stellen,

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

damit alle die Möglichkeit erhalten, mit all ihren Facetten und ihrer Einmaligkeit für eine hervorragende Forschung und Lehre in Schleswig-Holstein zu sorgen.

Daher, liebe Kollege Daniel: Es gibt wirklich noch sehr viel zu tun.

(Anke Spoorendonk)

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe deshalb die Beratung.

Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Wer den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/882, dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer möchte dies nicht tun? - Wer möchte sich enthalten? - Damit ist der Bericht einstimmig überwiesen worden.

Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte 26, 42 und 43 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Verantwortung wahrnehmen: Landesregierung in den Aufsichtsrat der HSH Nordbank/ Abfindungszahlung für den derzeitigen Vorstandsvorsitzenden Professor Dr. Nonnenmacher

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/973 (neu) - 2. Fassung

b) HSH Nordbank - Bank des Nordens für den Norden!

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/1011

c) HSH Nordbank: Verdeckte Observierung von Medienvertreterinnen und Medienvertretern und Politikerinnen und Politikern

Antrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP, SPD, SSW und der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/1012 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache und erteile der Frau Abgeordneten Monika Heinold von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der letzten Woche war in einem Kommentar des „Handelsblatts“ zu lesen - ich zitiere -:

„Das öffentliche Bild der HSH Nordbank spottet jeder Beschreibung."

Ich sage Ihnen: Auch heute, trotz besser werdender Geschäftszahlen, haben wir wieder eine Berichterstattung, die deutlich macht, dass es dem Vorstand noch immer nicht gelungen ist, die Bank in ruhiges Fahrwasser zu bringen.

Meine Damen und Herren, in unserem Antrag einen bringen wir heute glücklicherweise interfraktionell ein - stellen wir fest, dass es völlig inakzeptabel ist, dass die HSH Nordbank eine private Sicherheitsfirma beschäftigte, die mit verdeckten Ermittlern unter anderem eine FDP-Parteiveranstaltung besuchte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN, SSW sowie der Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU] und In- grid Brand-Hückstädt [FDP])

Es ist doch Ausdruck von Verfolgungswahn, wenn diese Sicherheitsfirma sich anscheinend damit beschäftigt hat, Pressemeldungen von Herrn Kubicki, von mir und von anderen auszuwerten, um dann die Sicherheitslage der Bank zu beurteilen. Das ist Verfolgungswahn, das ist nicht mehr rational.

(Beifall im ganzen Haus)

Es ist richtig, wenn wir in diesem Antrag zum Ausdruck bringen, dass wir Ihnen, Herr de Jager, den Rücken stärken bei Ihrem Versuch, gegenüber der Bank für Aufklärung und Transparenz zu sorgen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD und FDP)

Es ist auch richtig, dass sich die Anteilseigner nun zur Trennung von Herrn Nonnenmacher entschlossen haben. Als ich gestern die Zeitung las, dachte ich: Na ja, man weiß noch nicht, ob der Aufsichtsrat dies umsetzt. Anscheinend hat Herr Kopper noch nicht mit Herrn Nonnenmacher gesprochen. Deshalb sage ich: Auch an dieser Stelle muss die Landesregierung im Interesse des Landes handeln und darf sich nicht vom Aufsichtsrat auf der Nase herumtanzen lassen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

In unserem zweiten Antrag fordern wir, dass die Landesregierung künftig wieder direkt im Auf

(Anke Spoorendonk)

sichtsrat vertreten ist. Wir erwarten, dass mithilfe unabhängiger Juristen geklärt wird, ob das Vertragsverhältnis mit Herrn Nonnenmacher ohne Abfindungszahlung gekündigt werden kann. Die Hängepartie um den Vorstandsvorsitzenden hat doch eines ganz deutlich gezeigt: Die Entscheidung der Landesregierung, sich aus dem Aufsichtsrat zurückzuziehen, rächt sich jetzt bitter!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)