Punkt eins, Verfassungsvorgabe. Die Zahl von 69 wurde damals von diesem Landtag im Zusammenhang mit einer Erhöhung von Abgeordnetendiäten in die Verfassung hineingeschrieben. Deswegen ist unser wichtigstes Interesse, dass wir ein Wahlgesetz schaffen, das die Zahl von 69 Abgeordneten ernst nimmt. Interesse eins.
Interesse zwei: Wir wollen, dass die Zweitstimme so, wie den Bürgerinnen und Bürgern das immer wieder erzählt wird - darüber entscheidet, wie dieser Landtag zusammengesetzt ist.
Tun Sie von CDU und SPD doch hier nicht so, als konkurrierten nur die Grünen um die Zweitstimme, als wählten alle Leute mit der Zweitstimme die Grünen. Nein, Sie konkurrieren natürlich auch um die Zweitstimme. Es ist auch richtig, dass das so ist. Vor der Zweitstimme sind alle Parteien gleich.
Ich möchte noch ein Wort zu den Direktmandaten sagen. Wir haben es auf dem kleinen Parteitag beschlossen. Natürlich werden auch die Grünen dieses Mal um Direktwahlkreise werben und versuchen, dort Mehrheiten zu erringen.
Herr Kollege Fürter, können Sie mir unter dem Eindruck des gerade eben Gesagten erläutern, warum Sie innerhalb weniger Wochen von Ihrem Vorschlag 30 Direktwahlkreise auf 27 Direktwahlkreise heruntergegangen sind? Was war der Grund dafür, dies innerhalb weniger Wochen zu machen?
- Wir wollten die Vorgabe von 69 Abgeordneten ernst nehmen und haben das letzte Wahlergebnis abgebildet. Das ist ja keine Spekulation, wie das letzte Wahlergebnis aussah, sondern Realität. Wir haben geguckt, wie das Wahlgesetz gestaltet werden muss, damit man 69 Abgeordnete in diesem Landtag hinbekommt.
Ich kann Ihnen sagen: Wir haben es durchgerechnet. Bei uns ist das eine Punktlandung. Ihr Entwurf führt, gemessen an dem Maßstab des letzten Wahlergebnisses, zu 89 Abgeordneten mit Millionenkosten. Sie wollen das. Wir wollen etwas anderes.
- Ich lasse jetzt keine Zwischenfragen mehr zu. Ich will jetzt nur noch einen einzigen Gedanken zu Ende führen und komme sonst auch mit meinen drei Minuten nicht aus.
Wir sollten keiner Selbsttäuschung unterliegen. Wir tun immer so, als seien die Direktkandidaten sehr stark in der Bevölkerung verankert. Das ist bis zu einem gewissen Grad auch richtig. Aber wenn Sie mit den Menschen in Schleswig-Holstein über den Landtag sprechen, dann sagen sie nicht als Erstes: Bitte, bitte, bitte, nehmt uns doch nicht unseren Wahlkreisabgeordneten weg!, sondern das Erste, was von den meisten Menschen kommt, ist: Sorgt dafür, dass sich die Landtage nicht wieder so aufblähen, wie das im Moment der Fall ist!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Spätestens nach dem Beitrag meines Vorredners Fürter habe ich die Hoffnung aufgegeben, auf alles, was hier speziell von den Grünen gesagt worden ist, einzugehen; dazu müsste man nicht drei, sondern 30 Minuten haben. Ich möchte deshalb nur einige Aspekte herausgreifen, die sich in erster Linie auf das beziehen, was Herr Habeck gesagt hat. Herr Habeck, ich habe schon viele Reden
von Ihnen gehört. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, Ihre heutige Rede fand ich schlicht und ergreifend arrogant und überheblich. Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass Sie sich hier hinstellen und am Anfang einer Debatte, bevor überhaupt jemand etwas gesagt hat, sagen, dass Sie nichts anderes hören wollen, sondern nur das, was Sie hier vortragen.
Das finde ich nicht in Ordnung. Ich hoffe, dass Sie mir trotzdem zuhören und mit mir gemeinsam über einige Dinge nachdenken, die Sie gesagt haben.
(Werner Kalinka [CDU]: Basta-Politik! - Christopher Vogt [FDP]: Autoritäres Verhal- ten! - Weitere Zurufe)
Meine Damen und Herren, es sind hier speziell von Herrn Habeck Ausführungen gemacht worden mit dem Grundtenor, dass das Parlament möglichst klein sein soll. Sie haben das hier geradezu in den Raum geschmettert. Ich kann das nicht nachvollziehen. Denn es gibt andere Argumente, die für eine vernünftige Größe des Parlaments sprechen, als allein das Kriterium, das Parlament solle klein sein.
Herr Habeck, das Parlament soll ein Spiegelbild der Gesellschaft und so zusammengesetzt sein, dass es möglichst viele Facetten, die sich in unserer Gesellschaft finden, widerspiegelt.
Da gibt es gewisse Grenzen. Deshalb werden wir das Wetteifern um ein möglichst kleines Parlament schon aus diesem Grund nicht mitmachen, weil wir eine andere Vorstellung davon haben, wie ein Parlament die Bevölkerung repräsentieren soll. Da sollen sich die verschiedenen Geschlechter wiederfinden, da sollen sich die Berufe wiederfinden, da sollen sich verschiedene Weltanschauungen wiederfinden und, und, und. Das werden Sie nicht mit einem kleinen Parlament erreichen. Ich weiß gar nicht, was Ihnen vorschwebt, ob es 20 oder 25 im Idealfall sein sollen oder ob Sie den Kaiser wiederhaben wollen. Auch das mag sein.
Das sollte man schon beachten. Sie haben hier mehrfach aus der Anhörung zitiert, die wir zu Ihrem Gesetzentwurf durchgeführt haben und in der sich Wissenschaftler geäußert haben. Die haben nicht nur das gesagt, was Sie in der hier zitiert haben, sondern gerade zu dem Punkt ist ausdrücklich gesagt worden, dass demokratiepolitisch, demokratiewissenschaftlich ein großes Parlament, wie wir es auch jetzt haben, durchaus begrüßenswert ist, ge
nau unter dem Gesichtspunkt, dass es die Gesellschaft natürlich anders widerspiegelt als ein kleines Parlament. Damit will ich nicht sagen, dass wir danach streben, hier regelmäßig ein Parlament mit 100 oder 110 Abgeordneten zu kriegen, aber das Wetteifern um eine möglichst kleine Zahl sollte man etwas kritischer sehen.
Das Verfassungsgericht hat mit keinem Wort gesagt, dass das Parlament zu groß ist. Es hat auch nicht gesagt, dass es weniger als 69 sein müssen.
- Nun hören Sie doch einmal zu! - Herr Jurist, hören Sie doch einmal zu! Sie müssen mir sowieso gleich recht geben.
Das Gericht hat lediglich gesagt, wenn in der Verfassung die Zahl 69 steht, dann muss das Wahlgesetz so sein, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Zahl 69 erreicht wird, relativ groß ist. Es hat aber nicht gesagt, dass ein Parlament mit 69 Abgeordneten zu groß oder zu klein ist.