Protokoll der Sitzung vom 17.12.2010

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/996

Mündlicher Bericht der Landesregierung

Ich erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die feste Fehmarnbelt-Querung ist ein, wenn nicht das Schlüsselprojekt für die wirtschaftliche Zukunft Schleswig-Holsteins. Deswegen ist es sehr erfreulich, dass es Fortschritte zu berichten gibt.

Erstens. Die Entscheidung Brücke oder Tunnel kommt voran. Am 30. November 2010 hat mich mein dänischer Kollege, Verkehrsminister Hans Christian Schmidt, darüber informiert, dass die dänische Planungsgesellschaft Femern A/S einen Absenktunnel als Vorzugsvariante für eine Fehmarnbelt-Querung vorschlägt. Beide Varianten - Brücke und Tunnel - waren in Konkurrenz zueinander noch einmal gründlich untersucht worden. Dabei hat sich ergeben, dass eine Brücke durch Maßnahmen des Kollisionsschutzes teurer wird als angenommen und dass ein Tunnel billiger wird als angenommen, weil sich eine Belüftungsinsel als entbehrlich herausgestellt hat.

Nach Angaben von Femern A/S kostet eine Brücke nunmehr 5,2 Milliarden € und die Tunnelvariante 5,1 Milliarden €. Damit hätte sich der Kostenvorteil der Brücke von 1 Milliarde € in einen Kostennachteil von 100 Millionen € gewandelt.

Femern A/S kommt zu dem Ergebnis, dass ein Absenktunnel nicht nur bei den Kosten Vorteile bietet, sondern auch bei der Realisierung, und dass sowohl unter Umwelt- als auch unter Sicherheitsaspekten - dabei vor allem nautischen Aspekten der Tunnel die verträgliche Lösung darstellt.

Zweitens. Die Entscheidung über die Trasse kommt voran. Letzte Woche hat Femern A/S den Korridor für eine Querungstrasse benannt. Danach befinden sich die Endpunkte jeweils östlich der Fährhäfen

Puttgarden und Rødbyhaven. Auch die Hinterlandanbindung auf schleswig-holsteinischer Seite macht Fortschritte. Was die Straße betrifft, so steht die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens für den Ausbau der B 207 unmittelbar bevor. Was die Schiene Lübeck-Puttgarden betrifft, so werden zurzeit die Unterlagen für ein Raumordnungsverfahren durch die Deutsche Bahn AG vorbereitet und die notwendigen Untersuchungen eingeleitet.

Dass ein solches Raumordnungsverfahren überhaupt durchgeführt wird, hat die Landesregierung beschlossen, weil wir die Sorgen und Ängste der Kommunen und ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ernst nehmen. Die Betroffenheitsanalyse, die der Kreis Ostholstein vorgelegt hat, unterstreicht diese Sorgen. Wenn wir ein solches Raumordnungsverfahren durchführen, dann schließt es natürlich die Möglichkeit ein, dass dieses Raumordnungsverfahren etwas anderes ergibt als die Wunschtrasse der Deutschen Bahn. Das ist denklogisch die Voraussetzung für ein solches Verfahren.

Ich begrüße in diesem Zusammenhang, dass der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Herr Ferlemann, ausdrücklich zugesagt hat, eventuelle Alternativtrassierungen im weiteren Verfahren zu berücksichtigen und die Finanzierung sicherzustellen.

Drittens. Die Kommunikation vor Ort wird intensiv fortgesetzt. Ich setze auch weiterhin auf einen engen Dialog mit der Region, den Kommunen, den Verbänden, den Bürgerinnen und Bürgern. Das gilt für die Fehmarnbelt-Querung selbst genauso wie für die Hinterlandanbindungen.

Wenn ich mir so manch anderes Großprojekt in Deutschland anschaue, dann stelle ich fest: Wir befinden uns dabei auf einem sehr guten Weg. Die Dialogrunde des Ministerpräsidenten mit Vertretern der Kommunalpolitik und auch des Aktionsbündnisses gegen die Querung wurde bereits installiert, als der Staatsvertrag noch längst nicht unterzeichnet war. Diese Runde funktioniert gut. Frau Staatssekretärin Dr. Zieschang und ich sind schon vielfach zu Gesprächen in der Region gewesen und werden die Besuche im neuen Jahr auch fortsetzen.

Sowohl Femern A/S als auch die Deutsche Bahn, mit denen wir in einem engen Kontakt stehen, wollen eine offene Informationspolitik zu ihren Planungen betreiben. Das ist nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern wird auch umgesetzt. Darauf werden wir achten.

Unabhängig von formalen Verfahren werden wir vor Ort Gesprächsforen für Verbände und Bürge

rinnen und Bürger anbieten, um Transparenz zu schaffen und bestehende Sorgen zu diskutieren. Eine Mediation ist aus meiner Sicht in der jetzigen Planungsphase nicht der geeignete Weg.

Ich sage aber auch deutlich: Als Grundlage dieses Dialogs steht fest: Die feste Fehmarnbelt-Querung wird kommen. Deshalb werden wir in diesem Dialog nicht über das Ob diskutieren, aber gern über das Wie der Umsetzung.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ich bin mir sicher, dass wir regionalverträgliche Lösungen finden werden.

Viertens: Wie geht es weiter? Der Zeitplan sieht wie folgt aus: Informationsveranstaltungen auf Lolland und Fehmarn zur Erläuterung der Empfehlung von Femern A/S werden in den kommenden Wochen stattfinden. Es folgt dann die politische Beratung in Dänemark über die Vorzugsvariante für das weitere Verfahren. Ich gehe davon aus, dass spätestens Ostern eine endgültige politische Entscheidung in Kopenhagen vorliegt. 2012/2013 Planfeststellungsverfahren in Schleswig-Holstein und die Vorlage eines Baugesetzes in Dänemark. 2014 Baustart. 2020 Eröffnung. Diejenigen, die vorhin mitgeplottet haben, erkennen, dass es eine leichte Verzögerung gibt.

Meine Damen und Herren, es ist mir wichtig, zum Schluss zu sagen, dass wir einen Fehler machen würden, wenn wir in der gegenwärtigen Phase ausschließlich über mögliche Probleme dieser Variante reden. Wir müssen vielmehr anfangen, über Wertschöpfungsstrategien für den Wirtschaftsraum zu diskutieren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Fehmarnbelt-Querung wird kommen. Die Fehmarnbelt-Querung wird einen völlig neuen Wirtschaftsraum schaffen, der von Südschweden über die Metropole Öresund, also Kopenhagen, Malmö, bis zur Metropolregion Hamburg gehen wird. Es hängt von unserem eigenen Geschick ab, ob eine Wertschöpfung dieser Wirtschaftsregion in Schleswig-Holstein stattfindet. Ich glaube, die Potenziale sind riesig. Insofern ist der Fahrplan, den ich eben vorgestellt habe, das zeitliche Gerüst für das, was wir auf den Weg bringen müssen, um die Wertschöpfung der Fehmarnbelt-Querung nach Schleswig-Holstein zu holen.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Die Landesregierung hat ihre Redezeit um 1 Minute überschritten; die steht auch den Fraktionen zur Verfügung.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Hans-Jörn Arp.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal einen Dank an den Verkehrsminister und sein Haus für den Bericht, den er hier eben gegeben hat. Es ist für uns sehr aufschlussreich, wenn man sieht, in welchen Details Aufklärung und auch die Bemühungen, die Menschen mitzunehmen, bereits laufen. Mein Dank gilt aber auch dem Ministerpräsidenten und Frau Zieschang und der gesamten Abteilung, die viel vor Ort sind, um mit den betroffenen Menschen zu diskutieren.

Ja, wir stehen uneingeschränkt zum Ausbau der Fehmarnbelt-Querung. Am Ende ist es auch egal, ob es ein Absenktunnel oder eine Brücke ist. Das muss am Ende derjenige entscheiden, der das bezahlt. Das sind - wie Sie wissen - nicht wir.

Wir allerdings - das unterscheidet uns von Ihnen, Herr Dr. Stegner - reden mit den Menschen vor Ort, mit den Bürgerinitiativen, mit den Bauern. Wir brauchen keine Mediation. Ich halte sie zum jetzigen Zeitpunkt auch für falsch. Stellen Sie sich einmal vor, Sie machen eine Mediation, und keiner kommt. Das nämlich ist die Situation, in der Sie dort wären. Die Bürgerinitiative, alle diejenigen, die dort vor Ort sind, sagen zurzeit: Wir wollen zuerst einmal wissen, wie der Trassenverlauf überhaupt ist. Dann gibt es Sinn, die Menschen mitzunehmen.

Recht hat der Minister: Wir müssen ihnen auch erklären, wo in der Region ein Mehrwert ist. Es muss einen Mehrwert für die Menschen in Ostholstein geben. Es darf keine Transitstrecke werden. Daran müssen wir arbeiten. Dann verstehen die Menschen auch, warum wir uns politisch so vehement dafür einsetzen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für Schleswig-Holstein ist dies eine einmalige Chance. Selbst die Gegner, die Bürgerinitiative, haben nichts gegen die Fehmarnbelt-Querung. Sie meinen nur, Rostock-Gedser sei die bessere Linie. Das ist der Unterschied in der Diskussion.

(Minister Jost de Jager)

(Zurufe von der SPD)

Ich habe mit der Bürgerinitiative gesprochen, ich habe auch mit den Landwirten gesprochen. Auch die haben kein Problem damit, die sagen nur: Denkt daran, dass ihr dabei nicht so viele Flächen verbraucht!

Herr Dr. Stegner, den Mediator, den Sie vorschlagen, Herrn Jansen, halte ich für nicht geeignet. Das ist Ihr Problem, weil Sie in Ihrer eigenen Partei keine Mehrheit mehr haben für dieses Projekt. Deshalb sind Sie derjenige, der einen Mediator haben möchte.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich schlage Ihnen Bernd Schröder als Mediator vor. Das ist nämlich einer, der zu dem Projekt steht. Nehmen Sie den aus Ihrer Partei,

(Beifall und Zurufe)

dann haben Sie einen, der sich damit auskennt und der für das Projekt steht. Dann weiß man auch, wie sich die SPD verhält.

(Zurufe)

- Ich wollte deiner Karriere nicht schaden, entschuldige bitte.

(Heiterkeit)

Ich will zur Gesamtsituation zurückkommen. Wir als Schleswig-Holsteiner haben eine einmalige Chance: auf der einen Seite die Fehmarnbelt-Querung, auf der anderen Seite die A 20. Wenn die beiden großen Trassen fertig sind, kommen Sie von jedem Teil Schleswig-Holsteins in drei Stunden an den Öresund, in drei Stunden nach Polen, in drei Stunden in die Beneluxländer, in drei Stunden nach Nordrhein Westfalen. Das ist die Situation, die uns einmalig macht. Mit zwei Tiefwasserhäfen werden wir der Logistikstandort in Nordeuropa.

Für diese Dinge setzen wir uns ein, weil wir wissen: Das schafft neue Arbeitsplätze, das schafft Wertschöpfung in der Region, nicht nur an einer Stelle. Das ist das, was die Menschen von uns hören wollen, eine Perspektive, wie wir weitere Arbeitsplätze schaffen. Dafür setzen wir uns ein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Hierbei ist es für uns selbstverständlich, dass wir die Menschen mitnehmen. Der Minister hat das deutlich gesagt. In diesem Haus ist es das zwanzigste Mal in den letzten zwei Legislaturperioden, dass wir über dieses Thema diskutieren. Die Kreistage, die Gemeindetage, alle Verantwortlichen vor Ort

gehen sehr bewusst mit dem Thema um, und es findet im Land eine hohe Zustimmung. Es findet sogar in Ostholstein eine hohe Zustimmung. Der Minister hat das in seinem Bericht deutlich gesagt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie von der SPD, die ja gern schwankt, werden sich bei dieser Frage wahrscheinlich wieder enthalten. Bei den Grünen wissen wir, dass sie sowieso dagegen sind. Das ist ja nicht neu.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An alle anderen Verantwortlichen: Denken Sie daran, Sie tragen Verantwortung für die nächsten Generationen! Dies ist für die nächsten Generationen eine Chance. Nehmen Sie das Positive dieser Investitionen, nehmen Sie das Positive dieser Infrastrukturmaßnahmen, die einmalig sind, die die gleiche Bedeutung haben wie der Bau des Nord-Ostsee-Kanals vor 120 Jahren! Wenn Sie das verstanden haben, brauchen Sie die Leute nur noch zu unterstützen und ihnen nicht weiter Angst zu machen.