Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

Hanse-Office ist ja nun wirklich nicht neu. Es hat bereits ein Netzwerk entwickelt. Wir könnten aber darüber reden, ob die personelle Ausstattung - das ist das, was wir hören, wenn wir das Hanse-Office in Brüssel besuchen - in den letzten ein oder zwei Jahren in Zusammenarbeit mit Hamburg so optimal war, wie sie hätte sein sollen, oder ob es diese fehlende personelle Ausstattung nicht in weiten Teilen unmöglich gemacht hat, in Brüssel die Positionen von Hamburg und Schleswig-Holstein erfolgreich durchzusetzen. Ich finde, das sollten wir einmal diskutieren, wenn wir über das Hanse-Office reden.

Dann nennen Sie das Europe Direct Center. Nach meiner Kenntnis - ich kann mich aber auch irren, das können wir im Ausschuss vertiefen - haben die beiden Zentren - es gibt nur zwei Zentren in Schleswig-Holstein - noch keine Anträge gestellt. Es kann sein, dass - dann wenn keine Anträge gestellt werden - auch keine Mittel kommen.

(Zuruf von der FDP)

- Doch, doch, so ist es. Schauen Sie einmal nach, und sprechen Sie einmal mit beiden Zentren. Dann wird vielleicht die Arbeit eingestellt. Es ist europapolitisch schon ein großer Rückschritt, wenn zwei zentrale Zentren, die für europäische Informations- und Bildungsarbeit wirklich unverzichtbar sind, ihre Arbeit einstellen müssen.

(Beifall des Abgeordneten Andreas Beran [SPD])

Als kulturelle Initiative haben Sie Sonderburg genannt. Das war auch eine Kritik. Wenn ich es richtig weiß, ist das eine ideelle Unterstützung von Sonderburg und keine materielle. Da wird nichts gefördert. Das ist natürlich schön zu machen. Gleichzeitig reduzieren Sie aber bei der Ars Baltica. Ich verweise auf die Zeitung - aus dem Gedächtnis zitiert -: „Gerade noch einmal gerettet!“, so sagt es Herr Beck, der Chef. Ich verweise außerdem darauf, dass Sie den Haushaltstitel „Kulturelle Zusammenarbeit im Ostseeraum“ gestrichen haben. Insofern reicht es vielleicht nicht, nur auf Sonderburg zu verweisen. Auch das ist ein bisschen wenig.

(Zurufe von der FDP)

Ich dachte, wir würden einen Fehler in der Europapolitik nicht mehr machen: Wenn wir Europa nur noch wirtschaftlich, als Wirtschaftsprojekt, definieren, dann werden wir die Herzen und Gefühle der Menschen, die wir brauchen, um dieses große Projekt durchzusetzen, nicht erreichen. Das wird so

nicht gehen. Diese sehr eindimensionale Europapolitik ist Gegenstand unserer Kritik.

(Beifall bei SPD, der LINKEN und SSW)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Anette Langner von der SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn ich jetzt zwischen Ihnen und dem Mittagessen stehe, muss ich doch noch auf den einen oder anderen Aspekt, den der Kollege Herbst hier angesprochen hat, eingehen, weil ich finde, dass man die Art und Weise, wie Herr Herbst mit unseren Anträgen und unserer Initiative umgeht, nicht so stehen lassen kann. Es geht überhaupt nicht, dass sich auf der einen Seite - der Herr Ministerpräsident hat darauf hingewiesen - das Parlament und die Fraktionen aktiv in die Europapolitik einbringen sollen und dann auf der anderen Seite, wie wir das im Europaausschuss immer wieder erleben, die einzigen inhaltlichen Aspekte, die wir im Europaausschuss diskutieren, aus der Opposition kommen. Das ist vielleicht unsere Aufgabe, und das ist auch richtig so, aber die Frage ist dann: Wie geht man, wie gehen die regierungstragenden Fraktionen mit diesen Initiativen um? Wir brauchen Monate, um bestimmte Anträge zur Abstimmung zu bringen. Da wird auf Zeit gespielt,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

da wird an Kleinigkeiten herumgedoktert und noch der eine oder andere Aspekt aufgenommen. So kommen wir überhaupt nicht in die Rolle, dass wir die Landesregierung bei den europapolitischen Dingen unterstützen können.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich finde, das ist, wenn man schon einen europapolitischen Konsens an der Stelle einklagt, keine Art und Weise, miteinander umzugehen. Bei dem, was der Herr Ministerpräsident in Sachen Nordseepolitik gesagt hat, sind wir vielleicht auf einem richtigen Weg. Bisher haben wir davon noch nicht so viel hören können. Auch die Vertretung in der Nordseekommission hat bisher noch nicht so richtig das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Was Herr Wengler, der dort als Vertreter ist, an Unterstützung für Schleswig-Holstein leistet, wissen wir nicht. Ich

(Rolf Fischer)

rege hier an, dass wir im Europaausschuss darüber reden.

Ich möchte einfach noch einmal an Sie von den regierungstragenden Fraktionen appellieren, dass, wenn wir europapolitisch nach vorne kommen wollen - das ist erklärtes Ziel aller, die hier stehen -, es mehr gemeinsame Initiativen und einen gemeinsamen Willen geben muss, dieses Land europapolitisch zu gestalten und die Regierung dort mit auf den Weg zu nehmen.

All die Dinge, auf die Sie hingewiesen haben Clean Baltic Shipping, saubere Häfen - sind Initiativen, die Uwe Döring auf den Weg gebracht hat. Das loben Sie hier. Das ist anerkennenswert. Aber seitdem ist einfach nicht viel passiert. Ich finde, man kann sich nicht immer nur auf gute Initiativen in der Vergangenheit beziehen, sondern man muss auch die Zukunft gestalten. Die Dinge, die dort zu gestalten sind, liegen quasi vor uns. Wenn sich Schleswig-Holstein dort nicht aktiv einbringt, werden wir in der Europapolitik einen deutlichen Rückschritt erleben. Im Moment haben wir eine sehr wichtige Phase, in der es darum geht, wohin die finanziellen Mittel der Europäischen Union fließen. Wenn wir von außen - aus anderen Ländern - hören, dass aus Schleswig-Holstein nicht viel kommt, besteht da Handlungsbedarf.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Was? Das ist Unsinn! Wer hat das denn gesagt?)

Man kann die Vorschläge, die hier von uns gebracht werden, nicht einfach vom Tisch wischen und sagen, das sei Kritik, die an den Haaren herbeigezogen sei.

(Beifall bei SPD und der LINKEN - Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Nennen Sie doch mal Ross und Reiter, und nicht nur Allgemeines!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Andreas Tietze von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort für einen Dreiminutenbeitrag.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Ministerpräsident, ich finde, Sie haben sich bei Ihrem Redebeitrag sehr viel auf die Schulter geklopft. Ich möchte Sie an dieser Stelle daran erinnern, dass nicht alles wirklich so ist, wie Sie es darstellen. Ich glaube, in der Nordsee-Stra

tegie wollen wir der Ostsee-Strategie ein Stück nacheifern. Aber die Nordsee-Strategie bedarf auch einer Vision. Es bedarf eines gewissen Selbstbewusstseins und eines gewissen Selbstwertgefühls, damit wir als Anwohner, als Bewohner der Nordseeküste diese Nordsee-Strategie nach vorne bringen. Es geht mir als Mensch der Westküste vor allen Dingen auch darum, dass dies vermehrt dazu führt, dass es in der Periode 2014 bis 2020 eine steigende Konkurrenz um EU-Gelder geben wird. Die Frage, mit welcher Identität die Regionen dann in diese Förderdebatte hineingehen, ist sehr entscheidend.

Es geht mir vor allen Dingen auch um den Ausbau der Zusammenarbeit im Grenzland. Ich lese in den letzten Wochen, dass Herr Holst als Beauftragter der Region sagt, dem Kieler Dänemarkkonzept fehle die Richtung. Er sagt auch: Wir brauchen gezielte Ideen für Wachstum und Beschäftigung. Er spricht auch die Fehmarnbelt-Querung an. Sie wollen ja nun die INTERREG-Mittel für Nordsee und Ostsee zusammenfassen. Das ist genau der Punkt, an dem die Westküste sehr genau hinschaut. Wenn Sie von 22 Millionen € INTERREG-Mitteln für die Förderlandschaft Nordsee und 44 Millionen € für die Förderlandschaft Süddänemark sprechen, dann fragt Carl Holst zu Recht, was mit dem Grenzraum nördlich der Grenze passiert und was es heißt, wenn die Fehmarnbelt-Querung tatsächlich nur einen unproduktiven Durchgangsverkehr produziert,

(Beifall der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE] - Widerspruch bei der CDU - Zuruf von der CDU: Das darf nicht wahr sein!)

während wir im Grenzraum, in Sønderjylland, extreme Bedarfe haben, gerade was den Ausbau der Infrastruktur angeht.

Ich denke, an dieser Stelle ist es wichtig zu fragen: Wie können wir die Innovationen, die wir im Gesundheitssektor, im Bereich Tourismus, im Bereich der Energie brauchen, auch in einer solchen Nordsee-Strategie mit Stolz vorantreiben? Ich darf an dieser Stelle sagen: Ich habe es immer mit einem gewissen Stolz vor mir hergetragen, dass wir es geschafft haben, die gesamte Region des schleswigholsteinischen Wattenmeers zum UNESCO-Welterbe zu machen. Auch das ist für mich eine Strategie, die man natürlich auch in einer solchen NordseeStrategie viel stärker nach vorne stellen muss. Auch da fehlt es mir tatsächlich an Konzepten. Deshalb haben wir diesen Änderungsantrag eingereicht.

Mein Appell wäre: Tragen Sie dazu bei, dass wir wirklich eine Vision haben! Denn die Hanse war ei

(Anette Langner)

ne Vision für die Ostsee-Strategie. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir eine identitätsstiftende Vision für die Frage der Nordsee-Strategie haben. Ich glaube, dass wir das dann auch selbstbewusst voranbringen können und in der Konkurrenz um die EU-Fördergelder ab 2014 dafür sorgen, dass das Geld in die Region kommt, und dass wir genau diese regionalökonomischen Wertschöpfungen heben können, die wir für die strukturschwache Region an der Westküste gebrauchen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei SPD und der LINKEN)

Ich erteile dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wenn Mitglieder des Landtags auftreten und erklären, sie wollten für etwas werben, und dieses Werben mit Unterstellungen und Falschbehauptungen im Hinblick auf diejenigen beginnt, um deren Zustimmung geworben werden soll. Hier werden Gemeinsamkeiten beschworen, und dauernd wird erklärt, es gebe keine Gemeinsamkeiten, Herr Kollege Fischer, was in der Aussage gipfelt, man müsse die Europapolitik in Schleswig-Holstein wieder aufbauen, was zunächst bedeutet, sie sei zerstört. Nach Ihrer Auffassung ist die Europapolitik in Schleswig-Holstein zerstört, nur weil Sie seit etwas mehr als einem Jahr nicht mehr in der Regierung sitzen. Deshalb sei die Europapolitik in Schleswig-Holstein zerstört. Das ist Ihre Auffassung. Ich will Ihnen einmal etwas sagen, Herr Kollege Fischer: Dann müssen Sie nicht kommen und sagen, Sie müssen werben, sondern dann werden wir uns einmal mit Ihnen auseinandersetzen.

Ich finde es ziemlich verwerflich - um es freundlich zu formulieren -, dass Ihre Partei eine Finanzausstattung des Landes hinterlässt, die unterirdisch ist, und Sie jetzt dauernd mit Mehrausgaben kommen, um Ihre Politik voranzubringen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Diese Regierung muss bis 2020 einen Scherbenhaufen beseitigen, den Sie maßgeblich mit hinterlassen haben. Dann kommen Sie bitte nicht dauernd und sagen, in welchen Bereichen Sie künftig mehr Geld ausgeben wollen!

(Zuruf des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

- Herr Fischer, ich komme jetzt zu Ihnen. Die große Chuzpe ist die, dass Sie in Ihrem Antrag den Landtag auffordern, wir sollen die Landesregierung auffordern, sich über den Ausschuss der Regionen dafür einzusetzen, dass etwas passiert. Ich habe dankenswerterweise vernommen, dass der Landtag die entscheidende gestaltende Kraft dieses Landes, ich gehe immer noch davon aus, dass das nicht die Regierung ist, Sie haben möglicherweise ein anderes Verfassungsverständnis - den Kollegen Herbst und Sie in den Ausschuss der Regionen gewählt hat.

Nun frage ich - da wir feststellen, dass der Kollege Herbst wegen der Ein-Stimmen-Mehrheit heute hier sein muss -, was Sie, Herr Fischer, veranlasst hat, diese markigen Worte, die Sie heute in den Plenarsaal hineingeworfen haben, nicht in Brüssel zur Geltung zu bringen,

(Beifall bei FDP und CDU)

denn Sie hätten heute die Chance gehabt, die Interessen Schleswig-Holsteins in Brüssel markant zu formulieren.

(Beifall bei FDP und CDU)

Jetzt können Sie kommen und sagen: Ich wusste gar nicht, dass Herr Herbst da nicht hinfährt. Da kann ich sagen, Sie hätten das wissen können, weil Sie wissen, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus welchen Gründen auch immer - das Pairing-Abkommen aufgekündigt haben. Aber die nächste Frage ist: Welches Interesse haben als Person, wenn Sie nicht einmal fragen, ob Sie bei einer entscheidenden Tagung wie heute nicht am Ort des Geschehens sein müssen? Jemand, der sich hinstellt und so massiv Kritik übt, muss sich Kritik an seiner eigenen Person gefallen lassen. Herr Fischer, Sie haben heute europapolitisch kläglich versagt, denn Schleswig-Holstein ist heute in Brüssel nicht vertreten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich erteile der Fraktionsvorsitzenden, Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Drei Bemerkungen.

(Dr. Andreas Tietze)

Erstens zur Dänemark-Strategie. Ich denke, man müsste diese Diskussion wieder einmal vom Kopf auf die Füße stellen.