für eine Schuldenbremse sind, sondern dass Sie uns sozusagen vorwerfen, dass andere grüne Fraktionen eigenständig entscheiden?
- Ich erkenne 100-prozentig an, dass wir gemeinsam mit Ihnen eine Schuldenbremse in SchleswigHolstein vereinbart haben. Ich erkenne genauso an, dass CDU-Landtagsfraktionen in anderen Bundesländern dieses auch gern tun würden, aber dass es dort an Ihnen, an den Grünen, scheitert. Das ist die Wahrheit.
Kommen wir zum zweiten Aspekt der vorliegenden Anträge, der anstehenden Neuregelung des Länderfinanzausgleichs. Die süddeutschen Geberländer haben hierzu ihre Position formuliert. Der vorliegende Antrag von CDU, FDP und SPD zeigt, dass über Regierungs- und Oppositionsgrenzen hinweg hier eine gemeinsame Sichtweise zu diesem Thema im Landtag besteht.
Aus schleswig-holsteinischer Sicht kommt es dabei insbesondere darauf an, dass unser Konsolidierungspfad durch eventuelle Änderungen im Länderfinanzausgleich nicht gefährdet wird. Der zukünftige Länderfinanzausgleich muss außerdem finden wir - so gestaltet sein, dass eine Fusion von Bundesländern nicht behindert wird.
Problematisch am Antrag von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist insbesondere die Aufstellung eines verbindlichen Zeitplans für die vor
uns liegenden mehrjährigen Verhandlungen. Ich denke, gerade die jüngsten Vermittlungsrunden zum Hartz-IV-Kompromiss haben gezeigt, welche Unwägbarkeiten solche Verhandlungen mitbringen. Ein verbindlicher Zeitplan dürfte dort kaum aufstellbar sein.
- Herr Kollege Kubicki, es gibt zwei Anträge, der Antrag ist noch in Kraft. Die Grünen haben nicht alles zurückgezogen.
Genauso wie die Grünen bekennen auch wir uns mit unserem Antrag zu gleichwertigen Lebensverhältnissen im Bundesgebiet. Ich will allerdings für meine Fraktion betonen, dass wir grundsätzlich Verständnis für die Sichtweise der Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen haben.
Wer wie der Kollege Dr. Stegner diesen Ländern vorwirft, sie würden die Solidarität unseres föderalen Systems aufkündigen, der übersieht, zu welchen unsolidarischen Fehlentwicklungen das bisherige System geführt hat.
Wenn die Geberländer nach dem Finanzausgleich schlechter dastehen als die Nehmerländer und die Zahlungsempfänger deshalb ihren Bürgern mehr Leistungen zukommen lassen können als diejenigen Länder, die in den Finanzausgleich einbezahlt haben, dann wird der Anspruch der Solidarität doch etwas überstrapaziert.
Sehr geehrter Herr Koch, würden Sie unter die unsolidarischen Fehlentwicklungen auch subsumieren, dass zum Beispiel das Land Bayern über Jahrzehnte Hilfen von anderen Ländern bekommen hat plus einer ganzen Menge an Forschungs- und Militärinvestitionen in Bayern und sich in der Debatte um den Länderfinanzausgleich heute daran kaum noch erinnert?
- Herr Kollege Dr. Stegner, das würde ich darunter nicht subsumieren, da man an dem Beispiel, was Bayern aus den Hilfen gemacht hat, sehen kann, dass das sehr solidarisch war, weil es dem Gesamtstaat weitergeholfen hat.
Aber als Schleswig-Holsteiner müssen wir uns hier gar nichts vorwerfen lassen. Mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 haben wir dafür gesorgt, dass wir mit gutem Recht die Solidarität der anderen Bundesländer weiterhin in Anspruch nehmen können. Das zeigt einmal mehr: Die Haushaltsentscheidungen waren richtig.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Auch wenn es eben nicht ganz so deutlich wurde, denke ich doch, dass es hier in diesem Haus eine breite Einigkeit gibt, was diese Themenkomplexe angeht, die wir heute beraten; DIE LINKE nehme ich in Teilen einmal aus. Es ist gut und richtig, dass wir uns frühzeitig mit dem Länderfinanzausgleich beschäftigen und dass wir uns auf eine Position Schleswig-Holsteins verständigen. Die Diskussion wird vermutlich sowieso weniger von Parteiinteressen geprägt als vielmehr durch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den Ländern.
Gleichzeitig gilt in diesem Zusammenhang aber auch: Vorsicht an der Bahnsteigkante. Die kommenden Verhandlungen werden mit Blick auf 2019 geführt, werden also frühestens ab 2016 be
ginnen. Ich glaube, dass wir gerade vor dem Hintergrund der Diskussion, die von den Geberländern aktuell angestoßen und hier schon angesprochen wurde, aufpassen müssen, dass wir uns mit allzu frühzeitigen Festlegungen nicht selbst ins Knie schießen. Ich schätze die Gefahr, dass bei den Verhandlungen eher ein Weniger als ein Mehr für Schleswig-Holstein herauskommt, als relativ groß ein.
Was die Diskussion einerseits interessant, auf der anderen Seite aber so schwierig macht: Es geht um weit mehr als um Vereinbarungen zu Finanzströmen. Der Länderfinanzausgleich wird von einigen Prinzipien getragen. Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Föderalismuskommission wurde das grundsätzliche Bekenntnis zur Solidarität zwischen den Ländern abgegeben. Dieser Solidaritätsgedanke findet seinen Ausdruck im horizontalen Ausgleich zwischen den Ländern. Aber diese grundsätzliche Einigkeit wird dort zum sehr wackligen Konstrukt, auch das merkt man aktuell, wo die Geberländer sich dauerhaft als Verlierer sehen.
Die Diskussion über eine Abkehr von der horizontalen zu einer stärker vertikalen Verteilung kann auch eine Verabschiedung von diesem solidarischen Grundprinzip des Föderalismus bedeuten. Der grüne Antrag ist jetzt zurückgezogen worden. Auf jeden Fall würde ich erst einmal eine interne Behandlung dieses Themas vorziehen, bevor wir das als Auftrag an die Regierung geben, entsprechend in Verhandlungen reinzugehen.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse, wie sie im Grundgesetz Artikel 72 vorgesehen sind, die bereits eine deutlich flexiblere Formulierung gegenüber der bis 1994 geltenden Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse darstellt. Es geht eben nicht um Gleichheit, sondern um die angemessene Berücksichtigung unterschiedlicher Lebensbedingungen in Deutschland.
Das klingt theoretisch erst einmal gut und plausibel, dies dann aber faktisch in eine Finanzpolitik umzusetzen, die von allen Ländern als gerecht empfunden wird, ist sicherlich ein hartes Stück Arbeit.
Zum Thema Gerechtigkeit noch eins: Ich habe mich heute Morgen ein wenig gewundert. Der Kollege von Boetticher ist nicht mehr da.
- Gut. Ich bin davon ausgegangen, dass es eine gewisse Einigkeit gibt. Die Herstellung sozialer und regionaler Gerechtigkeit und das Empfinden von Gerechtigkeit ist doch einer der zentralen Grundpfeiler für den Fortbestand unserer Demokratie. Herr von Boetticher hat dies heute Morgen dem Sinn nach als alten und zu viel beschworenen Zopf der Sozialdemokratie bezeichnet. Herr von Boetticher, ich bedanke mich ganz herzlich. Das ist selbstentlarvend.
Bevor 2019 die Vereinbarungen zum Solidarpakt II wegfallen, wird sich die Frage der gegenseitigen Unterstützung und Solidarität ganz neu stellen. Ich bin gespannt, ob Schleswig-Holstein in einigen Jahren immer noch in einer Minderheitsposition ist mit der Forderung nach einer gerechten Altschuldenregelung. Wir waren uns hier im Haus einig darüber, dass die möglichst weitgehende Entlastung aller Länder von ihren Altschulden sowie der damit verbundenen Aufwendungen für Zinsen und Tilgung wesentliche Grundlage für fairen Wettbewerb ist. Wir konnten uns - das ist bekannt - mit unseren Vorstellungen für einen Altschuldenfonds aller Länder nicht durchsetzen, halten diesen aber nach wie vor für richtig und notwendig. Solidarischer Föderalismus wird funktionieren, wenn es fairen Wettbewerb zwischen den Ländern gibt. Dafür brauchen wir eine Altschuldenregelung, die für alle die gleichen Voraussetzungen schafft.
Noch eine abschließende Bemerkung, warum wir auf diesen Antrag von CDU und FDP draufgesprungen sind - der Kollege Kubicki hat das heute Morgen ein bisschen spöttisch kommentiert -: Herr Kollege Kubicki, natürlich begrüßen wir, dass die Regierung Gespräche führt. Es wäre ja dusselig, das nicht zu tun. Aber die Pannen der Regierung macht das nicht wett.
Meine Damen und Herren, auf der Zuschauertribüne begrüße ich die Alevitische Jugend Kiel. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!