Birgit Herdejürgen
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das unbestritten gute Haushaltsergebnis, das uns heute in aller Kürze vorgestellt wurde, ist auf die sehr positive wirtschaftliche Entwicklung in der
Bundesrepublik zurückzuführen. Der Kollege Callsen hat es angesprochen.
Sie ist auch Verdienst der Unternehmen und Beschäftigten in Schleswig-Holstein. Verbunden mit einem nach wie vor niedrigen Zinsniveau ist dies ein glückliches Zusammentreffen, das natürlich erfreulich ist, beileibe aber kein Verdienst der Landesregierung.
Dennoch: Die Personalkosten sind im Jahr 2011 weiter gestiegen und werden auch in den nächsten Jahren deutliche Anstiege verzeichnen.
Die Kürzungen beim Personal reichen nicht aus, um Mehrausgaben durch Tarifsteigerungen, steigende Sozialversicherungsausgaben, Beihilfe und Altersversorgung auszugleichen. Damit sind auch zwei zentrale Risiken identifiziert, denen sich das Parlament in künftigen Haushaltsberatungen selbstverständlich stellen muss: steigende Zinsen und steigende Personalkosten.
Klar ist aber auch, dass dieses Ergebnis deutlich besser aussehen könnte, wenn sich die Landesregierung nicht wiederholt von ihrer Berliner Hauptstelle hätte über den Tisch ziehen lassen.
Das gilt für teure Steuerrechtsänderungen genauso wie auch für vernünftige Alternativen zu einem teuren und in seiner Wirkung völlig absurden Betreuungsgeld.
Weil der Blick nach hinten ja offenbar so verführerisch ist: Unter der damaligen CDU-Regierung hatten wir trotz Zonenrandförderung diverse Male Nettoneuverschuldungen, die zehn oder mehr Prozent unserer Nettoausgaben betrugen. Ich nenne nur einige Zahlen: 1972 12,9 %, 1975 und 1976 rund 17 %, und zwischen 1980 und in dem letzten von Ihnen verantworteten Haushaltsjahr 1988 wurde die Zehnprozentmarke nur einmal unterschritten.
Nach SPD-Regierungsübernahme haben wir die Nettoneuverschuldung erheblich gesenkt,
und die Zehnprozentmarke wurde erst mit den Auswirkungen der auch von uns schon mehrfach kritisierten Steuerreformen und der geplatzten HighTech-Blase gerissen.
Wir haben also Land und Haushalt in einer desolaten Situation übernommen: hohe Verschuldung, Wegfall der Zonenrandförderung, zusätzliche Belastungen durch die Verschiebung von Förderungen in die neuen Bundesländer, viel zu wenige und oft schlecht ausgestattete Kindertagesstättenplätze, ein veraltetes Hochschulsystem und eine Wirtschaftsförderung, die romantischen Landwirtschaftsidealen anhing.
Wenn mit Blick auf die Vergangenheit versucht wird, Verantwortliche zu finden, sollte man sinnvollerweise die Statistiken nicht erst im Jahr 1989 beginnen lassen.
Wir reden nun aber heute über ein Ausführungsgesetz, praktisch eine Erläuterung dessen, was uns durch bestehende Regelungen vorgegeben wird. Das ist in seiner Substanz überhaupt nichts Neues. Das ist einerseits die Schuldenbremse, die wir mit breiter Mehrheit beschlossen und der wir uns verpflichtet haben und das ist die Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund, deren Einhaltung maßgebliche Voraussetzung für die Zahlung der Konsolidierungshilfen ist. Dass Sie diese Vereinbarung hier skandalisieren, finde ich schon sehr verwegen.
Sie wollen nun aber die Finanzplanung der Regierung in Gesetzesform bringen und muten den Menschen in Schleswig-Holstein Belastungen zu, die sich eben nicht aus der Schuldenbremse ableiten lassen.
Wir alle wissen, dass der Abbau der Neuverschuldung auf null im Jahr 2020 ein hartes Stück Arbeit ist. Wir bezweifeln auch nicht, dass für eine verlässliche Finanzplanung auf Schleswig-Holstein bezogene Erwartungen der Steuereinnahmen zugrunde gelegt werden müssen. Fakt ist aber, dass der Bund
von einem höheren strukturellen Defizit ausgeht als das Ministerium. Wichtig ist doch, dass wir genau diese strukturellen Probleme bis 2020 bereinigt haben. Sie wollen mit Ihrem heute vorgelegten Gesetzentwurf einen Abbaupfad zwingend vorgeben, der über die Anforderungen der Verfassung hinausgeht, allerdings ohne die Hausaufgaben gemacht zu haben, die beispielsweise für einen reibungslosen Personalabbau nötig wären. Wo sind die Vorschläge für Aufgabenabbau? An welcher Stelle werden Verwaltungen verschlankt oder neu geordnet? Wo sind die Ideen für Strukturveränderungen?
Wo sind Bundesratsinitiativen zur Einnahmeverbesserung und zur Erleichterung der Aufgabenbewältigung bei Land und Kommunen? - Durchgehend Fehlanzeige!
Die Stellenabbauplanung beschreibt rechnerische pauschale Vorgaben an die jeweiligen Ressorts ohne die faktischen Aufgaben im Blick zu haben.
Wir müssen uns aber erst von den Aufgaben verabschieden und dann vom Personal. Sie setzen auf Kürzungen und nicht auf strukturelle Veränderungen. Sie erzählen den Menschen, die sich im letzten Jahr vor dem Landeshaus eingefunden haben, dass Kürzungen alternativlos sind. Gleichzeitig laufen Spitzenkandidat und Fraktionsvorsitzender der CDU durch die Lande und feiern die einzelbetriebliche Förderung.
Sie haben mit keinem Wort erwähnt, dass es bei den Kürzungen um mehr als um ein Rechenwerk geht. Hier sind Menschen betroffen. Das spielt bei Ihnen überhaupt keine Rolle. Die Flexibilität der Regierung, die entsprechende Vorlagen zu erstellen hat, und des Parlaments, das auf Grundlage dieser Vorlagen über den Haushalt zu entscheiden hat, liegt daher nicht bei der Frage, ob und wie hohe Schulden gemacht werden. Darauf gibt es nämlich ab 2020 nach unserer Verfassung eine sehr klare und restriktive Antwort: Keine.
Die Flexibilität liegt neben den Schwerpunkten und der Herangehensweise in dem Rechenverfahren,
das zugrunde gelegt wird, um die konjunkturellen von den strukturellen Einnahmen und Ausgaben zu trennen, dem Konjunkturbereinigungsverfahren. Alle Beteiligten haben sich für die Berechnungsmethode des Bundes entschieden und diese in der Verwaltungsvereinbarung unterschrieben. Unstreitig ist, dass die von der Bundesregierung gewählte Methode zur Ermittlung des strukturellen Defizits außerordentlich komplex und allein dadurch schon intransparent und gestaltungsanfällig ist. Hierzu gibt es Studien, die die Risiken und Schwächen deutlich benennen, unter anderem vom Institut für Makroönomie und Konjunkturforschung der HansBöckler-Stiftung.
Auf 70 und mehr Varianten zur Berechnung eines strukturellen Defizits kommen die Wissenschaftler in ihrer Untersuchung. Jede dieser Varianten würde den maßgeblichen Vorgaben der EU-Kommission genügen. Umso wichtiger ist die Notwendigkeit der Einhaltung der Schuldenbremse, die für uns alle unstreitig ist und gesetzlich geregelt werden muss. Sie ist nicht mit einer Berechnungsmethode für die Haushaltsaufstellung zu vermengen. Die Finanzplanung des Landes kann innerhalb der Grenzen, die die Schuldenbremse vorgibt, selbstverständlich andere Zahlen vorsehen. Diese müssen aber von der Regierung verantwortet werden.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In der vergangenen Woche haben wir im Finanzausschuss den Finanzplan bis 2015 beraten, den Stabilitätsbericht, das Sanierungsprogramm gemäß § 5 Stabilitätsratsgesetz und die Stellungnahme des Landesrechnungshofs zu den Planungen zum Abbau des strukturellen Finanzierungsdefizits.
Heute nun haben wir noch einen mündlichen Bericht über das mit dem Stabilitätsrat vereinbarte Sanierungsprogramm erhalten, sozusagen eine
mündliche Zusammenfassung des uns schriftlich vorliegenden und bereits diskutierten Berichts, an dessen Ende vermutlich eine Kenntnisnahme des Konsolidierungsprogramms in der kommenden Finanzausschusssitzung stehen wird, die auf Verlangen von CDU und FDP in der vergangenen Finanzausschusssitzung mit dem Hinweis auf die heutige Debatte noch nicht beschlossen werden konnte. Insofern war ich natürlich gespannt, was sich innerhalb einer Woche an den Eckpunkten eines bereits vorgelegten Sanierungsprogramms ändern könnte, wobei ich nicht verhehlen möchte, dass ich - falls sich tatsächlich neue Erkenntnisse ergeben hätten zwangsläufig auch ein wenig enttäuscht gewesen wäre, dass uns Finanzminister und Staatssekretär im Ausschuss womöglich nicht umfassend informiert haben sollten. Die Enttäuschung ist mir erspart geblieben.
Neue Erkenntnisse gibt es nicht.
Ja.
- Ich bin der Auffassung, dass wir ohne Weiteres die schriftlichen Unterlagen, die uns im Ausschuss vorgelegen haben, auch hier hätten diskutieren können. Dafür hätte es aber keinen Antrag auf einen mündlichen Bericht geben müssen, weil sich daraus schlichtweg keine neuen Erkenntnisse ergeben haben. So verfahren wir üblicherweise mit Unterlagen, die im Finanzausschuss vorliegen.
Was also bleibt, ist die Kritik am Vorgehen der Landesregierung im Umgang mit den politischen
Leitplanungen der Finanzplanung. Ich konstatiere ich ziehe die Zahlen gar nicht in Zweifel -, dass der Finanzplan hilfreich ist, um bestimmte Entwicklungen und Zusammenhänge deutlich zu machen. Ich begrüße auch ausdrücklich, dass die Haushaltsaufstellung im Rahmen der mit dem Bund vereinbarten Korridore im Top-Down-Verfahren über die Vorgabe von Budgets erfolgt. Politische Führung ist aber etwas anderes, als der Verwaltung einen Rechenschieber in die Hand zu drücken und darauf zu warten, dass irgendwann ein Ergebnis mitgeteilt wird.
Ein politisch-inhaltliches Top-Down-Verfahren, einen politischen Rahmen gibt es offenbar nicht.
Insofern war die Diskussion im Finanzausschuss durchaus erhellend, leider nicht im Positiven. Sämtliche Nachfragen nach Kriterien, nach Konzepten, nach inhaltlicher Unterlegung, nach Aufgabenabbau wurden mit dem Hinweis auf die noch ausstehenden Verwaltungsvorgaben abgewiesen.
Auch der Landesrechnungshof weist in seiner Stellungnahme, die der Kollege Koch dankenswerterweise zitiert hat, darauf hin, dass der Finanzplan und der Abbaubericht keine Planung zum Abbau des strukturellen Defizits darstellen. Das Zitat hat der Kollege Koch schon gebracht, das kann ich mir hier sparen.
Der Landesrechnungshof ist hoffnungsvoll, dass eine Konkretisierung im Zusammenhang mit dem im Stabilitätsrat vereinbarten Sanierungsprogramm kommt. Inzwischen liegt dieses Programm vor - wir haben es im Finanzausschuss diskutiert - und liefert nach wie vor nur Zahlen und Übersichten über die im Haushalt bereits vorgenommenen Kürzungen. Dies mag dem Stabilitätsrat genügen, und natürlich ist es positiv, dass sich der Stabilitätsrat und auch der Evaluationsausschuss in den letzten Bewertungen entsprechend geäußert haben, aber der überprüft eben nur, inwieweit die inhaltlichen Vorgaben eingehalten werden.
Das kann aber nicht genügen, um die Entwicklung Schleswig-Holsteins politisch zu gestalten.
Der Finanzplan liefert den rechnerischen Rahmen, der Inhalt sollte sich aber aus den Aufgaben ergeben, die sich Schleswig-Holstein stellen, aus
den Herausforderungen der demografischen, der klimatischen und der technologischen Veränderungen.
Man muss doch nur einmal die Debatten der vergangenen Tage Revue passieren lassen, um zu ergründen, mit welchen Vorstellungen Schwarz-Gelb der Zukunft begegnen will. Die Antwort auf Fachkräftemangel und Bildungsdefizite ist die Einführung eines Betreuungsgeldes. Das bildungspolitische Konzept des zuständigen Ministers fußt auf der Erkenntnis, dass es auch in Schleswig-Holstein Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund gebe und dass man da einmal etwas machen müsse. Ob man dafür nun mehr oder weniger Lehrer braucht, blieb im Nebel des klugschen Redebeitrags verborgen.
Eine Linie fehlt nach wie vor und kann auch durch die aufgeführten Maßnahmen zur Erhaltung des Abbaupfades nicht dargestellt werden, die zudem nicht durchgehend schlüssig sind. Wenn ich beispielsweise die Eingliederungshilfe nehme: Hier widersprechen sich Bericht und Aussage des Fachministers. Im Bericht wird der Automatismus unterstellt, ambulante Angebote seien grundsätzlich günstiger als stationäre und könnten einen signifikanten Beitrag zur Dämpfung des Kostenanstiegs leisten. Der Sozialminister hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Zwangsläufigkeit nicht besteht. Es gäbe noch weitere Beispiele.
Große Teile Ihrer Vorschläge sind aus unserer Sicht nichts als Schönfärberei. Wenn Sie die Absicht hätten, ab Mai 2012 weiter zu regieren, hätten Sie sich möglicherweise etwas konkreter am Machbaren orientiert.
So wirkt das Stückwerk eher plan- und ziellos. So wird es nicht gehen, das wissen Sie, das wissen wir, und das wissen die Bürgerinnen und Bürger, die auch dies am 6. Mai 2012 zu bewerten haben.
Der mündliche Bericht hat sich mit dieser Debatte erledigt. Den schriftlichen können wir dann vielleicht demnächst auch offiziell im Finanzausschuss zur Kenntnis nehmen.
Herr Minister, der beschriebene Fall, hat der auf Basis des bestehenden Gesetzes
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auf die Einwürfe des Herrn Kollegen Koch zu Beginn seiner Rede möchte ich nur kurz eingehen: Unser Fraktionsvorsitzender nimmt an der Konferenz der SPD-Fraktionsvorsitzenden der Landesparlamente teil. Bundesweite Verpflichtungen sind bisher in diesem Hause immer akzeptiert worden. Gestern ist in einem anderen Zusammenhang sogar eingefordert worden, dass wir gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundesländern an der einen oder anderen Stellschraube drehen. Das tut Herr Stegner.
Übrigens scheint auch der Wirtschaftsminister, der gerade erst hereinkommt, an diesem Thema, zumindest an dem Redebeitrag des Herrn Kollegen Koch, nicht wirklich interessiert zu sein. Das ist schade.
In den vergangenen Jahren hat wohl kaum jemand den Versuch unternommen, die finanzielle Situation des Landes schönzureden. Aber man kann doch nicht leugnen, verehrter Herr Minister Wiegard, dass die Struktur der Finanzmärkte durchaus prozyklische Wirkungen entfaltet hat und dass gerade in der Krise Konsequenzen für die Regulierung der Finanzmärkte gezogen werden müssen. Wenn Sie all das ausklammern wollen, was in der Krise auf den Finanzmärkten passiert ist, dann halte ich das für ziemlich verwegen. Wir haben uns - als Folge der Finanzmarktkrise - durch Konjunkturprogramme zusätzlich verschuldet. Auch das sollte an dieser Stelle einmal gesagt werden.
Die Finanzmarktkrise hat durchaus Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum, die Steuereinnahmen und damit den Wohlstand der Bevölkerung.
Sie haben diesen Aspekt in Ihrer Rede völlig außen vor gelassen; das halte ich nicht für besonders gelungen.
Der Finanzplan beschreibt die Problemlage sehr gut. Das hat der Finanzminister auch getan, indem er den Rahmen der künftigen Finanzpolitik, die durch die demografische Entwicklung und so weiter bestimmt wird, nachgezeichnet hat. Das ist aber nicht wirklich etwas Neues. Der Finanzplan legt auf transparente Weise - das erkenne ich an - die rechnerischen Korridore dar, in denen wir uns befinden und in denen wir in den kommenden Jahren handeln müssen. Wir wissen aber immer noch nicht, was das heißt, wenn man es in reale Politik übersetzt. Auch Herr Kollege Koch hat das in seiner Rede nicht zum Ausdruck gebracht.
Wir unterstützen den Vorstoß des Ministers, was die Deutschlandbonds angeht. Diese setzen dort an, wo die Diskussion um unseren Altschuldenfonds aufgehört hat.
Wir wissen, dass der Landtag damals gefordert hat, entsprechende Regelungen einzuführen. Herausgekommen ist ein Kompromiss, die Zusage für Konsolidierungshilfen bei der Einhaltung bestimmter fremdbestimmter Parameter. Wir alle hier wissen, dass das nicht ausreichend ist, dass Schleswig-Holstein ebenso wie andere finanzschwache Bundesländer mehr gebraucht hätte und mehr braucht, um in einem konstruktiven Wettbewerb der Länder mitzuhalten. Der Ton, der sich mittlerweile gegenüber Hamburg entwickelt hat - wir kommen noch gleich auf das Thema Standort -, trägt jedenfalls nicht dazu bei, die künftige Zusammenarbeit konstruktiv anzugehen. Schleswig-Holstein wird diese Zusammenarbeit brauchen. Wir werden unsere Stärken sehr eng mit denen anderer abstimmen müssen, wenn wir gemeinsam vorankommen wollen.
Das betrifft kleinere Finanzvolumina, wenn es beispielsweise um Schülerkostenausgleich und die Frauenhausfinanzierung geht. Das betrifft aber auch große finanzielle Bewegungen.
Eines der Themen für die nächste Föderalismuskommission wird sicherlich der Abbau negativer Anreize für Zusammenschlüsse sein. Wenn sich Länder entschließen, ihre Kompetenzen zu bündeln und wenn Gebiets- und Verwaltungsreformen Syn
ergien erzeugen sollen, dann darf daraus kein Nachteil beim Länderfinanzausgleich entstehen.
Die ganze Diskussion um Deutschlandbonds wird sicherlich kein Selbstgänger sein, ist aber nötig, um zukünftige Herausforderungen zu meistern: vernünftige Reformen, zukunftsorientierte Investitionen, keine Trennung von budgetärer Nachhaltigkeit, ökologische Orientierung und sozialer Frieden. Das ist zu schaffen. Davon bin ich überzeugt. Deutschlandbonds sind ein Schritt in die richtige Richtung. Sie allein reichen nicht aus. Hoffen wir trotzdem, dass dieser Vorstoß zum Erfolg führt!
Was den Finanzplan angeht, freue ich mich auf die Diskussion in den Ausschüssen, wenn wir dann möglicherweise auch erfahren, was tatsächlich dahintersteckt.
Herr Kollege Harms, ist Ihnen bewusst, dass die Schuldenbremse, die wir in der Landesverfassung stehen haben, erst ab 2020 gilt und dass wir im Moment dabei sind, die Neuverschuldung auf null zu setzen und die Schuldenbremse mit diesen ganzen Einschränkungen, die Sie gerade beschrieben haben, erst ab dann gilt?
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Erkenntnisgewinn ist das so eine Sache. Manchmal habe ich Probleme, der inneren Logik von Tobias Koch zu folgen.
Wir haben vorgestern erfahren, dass die schleswigholsteinischen Sparanstrengungen nicht ausreichen und dass wir - wie auch Berlin, Bremen und das Saarland - künftig ein sehr eng gestaltetes Sanierungskonzept einhalten müssen, auf das auch der Bund und die anderen Länder schauen werden. Bund und Länder haben sich - das wissen wir alle - 2009 auf eine Grundgesetzänderung verständigt, um ihre Haushaltswirtschaft von einem gemeinsamen Stabilitätsrat überwachen zu lassen. Dieser hat nun festgestellt, dass Schleswig-Holstein eine Haushaltsnotlage droht.
Ich glaube, dass allen Fraktionen, die der Schuldenbremse in der Landesverfassung zugestimmt haben, bewusst war, dass die notwendigen Kürzungen Schleswig-Holstein im besonderen Maße treffen werden. Genau das war der Grund dafür, weshalb wir so sehr auf einen Altschuldenfonds gedrängt haben. Die Bundesländer sollten unter vergleichbaren Voraussetzungen in einen fairen Wettbewerb treten. Wir haben die Umsetzung der Schuldenbremse ohne Altschuldenregelung für sehr schwierig gehalten.
Der Hinweis in der Antwort auf die Anfrage der Grünen, dass nun rechtzeitig Schritte für den Doppelhaushalt 2013/2014 einzuleiten sind, reicht dem Stabilitätsrat offenbar nicht. Dieser kritisiert, dass die Finanzplanung für 2013 und 2014 nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form vorgelegt wurde, sondern „deutlich weniger detailliert und spezifiziert“. Sie ist also mitnichten eine Basis für eine seriöse und nachvollziehbare Lösung für den Abbau des Defizits. Auch das ist ein Zitat aus der Antwort auf die Anfrage.
Es fehlen auch grundlegende strukturelle Veränderungen. Zwar ist das Defizit zurzeit geringer als
der festgelegte Schwellenwert, aber das ist auf die gute Konjunktur zurückzuführen. Das ist positiv. Es ist sicherlich auch richtig, dass wir uns die Frage stellen müssen, was wir tun können, um in Schleswig-Holstein mehr Wachstum zu generieren. Auch da erwarte ich von der Landesregierung einen kritischen Blick auf die Unterstützung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Hier haben wir Gespräche geführt. Der Blick in andere Bundesländer, die an dieser Stelle Standards setzen, hinter denen wir in Schleswig-Holstein noch zurück sind, wäre hilfreich.
Von dem umfangreichen Aufgabenabbau als Voraussetzung für den Personalabbau in Budget I, der auch angesprochen wurde, hat noch nichts das Licht der Öffentlichkeit erreicht. Insofern sind wir an der Stelle ebenfalls noch nicht weiter. Das macht die Einsparungen im Budget I sehr undurchsichtig.
Fazit, bezogen auf die Antwort, aber auch auf die Finanzplanung, ist: Die Finanzplanung ist sicherlich ein hilfreiches, aber zurzeit auch ein eher theoretisches rechnerisches Konstrukt. Aufschluss darüber, wohin die Reise für die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein geht, gibt sie mit Sicherheit nicht. Angesichts der Tatsache, dass der Stabilitätsrat in das Verfahren eingebunden ist, enthält diese mangelnde Transparenz eine neue Bedeutung, weil die Planungen zukünftige Landtage binden werden. Bürgernahe Politik sieht anders aus, und die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, dass mit ihnen Klartext geredet wird, wenn es um künftige Leistungen des Landes geht.
Das gehört aber nicht zu den Steckenpferden der Landesregierung. Das haben wir schon festgestellt. Wenn ein schon verabschiedeter Haushalt ins Netz gestellt wird, dann hat das mit Beteiligung wirklich nichts zu tun.
Herr Wiegard, was mich bei der Durchsicht der Pressemitteilungen in der letzten Zeit ein bisschen gewundert hat, ist das doch eher absurde Bekenntnis zum Thema beitragsfreies Kindergartenjahr. Die 35 Millionen €, die uns ironischerweise durch eine Steuermehreinnahme verlustig gehen, hätten Sie gern für die Beitragsfreiheit ausgegeben? - Von diesem Verlustgeschäft wussten Sie noch nichts, als Sie die Beitragsfreiheit eingestampft haben. Bitte streuen Sie den Menschen keinen Sand in die Augen.
Auch das ist in der letzten Zeit in der Presse hochgekommen: Deutlich wehren sollten wir uns gegen eine Steuerautonomie des Landes, denn dabei werden wir als Schleswig-Holsteiner verlieren. Wenn wir besonders niedrige Steuersätze erheben, um wettbewerbsfähig im Vergleich zu anderen Ländern zu bleiben, dann fehlen uns die öffentlichen Mittel. Wenn wir hohe Steuern erheben, dann setzen wir damit Anreize für Unternehmen und für Gutverdienende, ihr Geld in steuerfreundliche Länder abzuführen. Wie man es auch macht, für Schleswig-Holstein ist die Steuerhoheit genauso schlecht wie für andere arme Länder.
Daher fordern wir - es wurde schon angesprochen -: Verhandeln Sie noch einmal, wenn nötig, mehrmals über eine faire Altenschuldenregelung! Denn davon profitieren alle Länder, wenn man das richtig eintütet. Lassen Sie die Finger von der Steuerautonomie, sagen Sie den Menschen in Schleswig-Holstein endlich, wohin der Sparkurs sie führt!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Auch wenn es eben nicht ganz so deutlich wurde, denke ich doch, dass es hier in diesem Haus eine breite Einigkeit gibt, was diese Themenkomplexe angeht, die wir heute beraten; DIE LINKE nehme ich in Teilen einmal aus. Es ist gut und richtig, dass wir uns frühzeitig mit dem Länderfinanzausgleich beschäftigen und dass wir uns auf eine Position Schleswig-Holsteins verständigen. Die Diskussion wird vermutlich sowieso weniger von Parteiinteressen geprägt als vielmehr durch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den Ländern.
Gleichzeitig gilt in diesem Zusammenhang aber auch: Vorsicht an der Bahnsteigkante. Die kommenden Verhandlungen werden mit Blick auf 2019 geführt, werden also frühestens ab 2016 be
ginnen. Ich glaube, dass wir gerade vor dem Hintergrund der Diskussion, die von den Geberländern aktuell angestoßen und hier schon angesprochen wurde, aufpassen müssen, dass wir uns mit allzu frühzeitigen Festlegungen nicht selbst ins Knie schießen. Ich schätze die Gefahr, dass bei den Verhandlungen eher ein Weniger als ein Mehr für Schleswig-Holstein herauskommt, als relativ groß ein.
Was die Diskussion einerseits interessant, auf der anderen Seite aber so schwierig macht: Es geht um weit mehr als um Vereinbarungen zu Finanzströmen. Der Länderfinanzausgleich wird von einigen Prinzipien getragen. Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Föderalismuskommission wurde das grundsätzliche Bekenntnis zur Solidarität zwischen den Ländern abgegeben. Dieser Solidaritätsgedanke findet seinen Ausdruck im horizontalen Ausgleich zwischen den Ländern. Aber diese grundsätzliche Einigkeit wird dort zum sehr wackligen Konstrukt, auch das merkt man aktuell, wo die Geberländer sich dauerhaft als Verlierer sehen.
Die Diskussion über eine Abkehr von der horizontalen zu einer stärker vertikalen Verteilung kann auch eine Verabschiedung von diesem solidarischen Grundprinzip des Föderalismus bedeuten. Der grüne Antrag ist jetzt zurückgezogen worden. Auf jeden Fall würde ich erst einmal eine interne Behandlung dieses Themas vorziehen, bevor wir das als Auftrag an die Regierung geben, entsprechend in Verhandlungen reinzugehen.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse, wie sie im Grundgesetz Artikel 72 vorgesehen sind, die bereits eine deutlich flexiblere Formulierung gegenüber der bis 1994 geltenden Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse darstellt. Es geht eben nicht um Gleichheit, sondern um die angemessene Berücksichtigung unterschiedlicher Lebensbedingungen in Deutschland.
Das klingt theoretisch erst einmal gut und plausibel, dies dann aber faktisch in eine Finanzpolitik umzusetzen, die von allen Ländern als gerecht empfunden wird, ist sicherlich ein hartes Stück Arbeit.
Zum Thema Gerechtigkeit noch eins: Ich habe mich heute Morgen ein wenig gewundert. Der Kollege von Boetticher ist nicht mehr da.
- Wo?
- Gut. Ich bin davon ausgegangen, dass es eine gewisse Einigkeit gibt. Die Herstellung sozialer und regionaler Gerechtigkeit und das Empfinden von Gerechtigkeit ist doch einer der zentralen Grundpfeiler für den Fortbestand unserer Demokratie. Herr von Boetticher hat dies heute Morgen dem Sinn nach als alten und zu viel beschworenen Zopf der Sozialdemokratie bezeichnet. Herr von Boetticher, ich bedanke mich ganz herzlich. Das ist selbstentlarvend.
Bevor 2019 die Vereinbarungen zum Solidarpakt II wegfallen, wird sich die Frage der gegenseitigen Unterstützung und Solidarität ganz neu stellen. Ich bin gespannt, ob Schleswig-Holstein in einigen Jahren immer noch in einer Minderheitsposition ist mit der Forderung nach einer gerechten Altschuldenregelung. Wir waren uns hier im Haus einig darüber, dass die möglichst weitgehende Entlastung aller Länder von ihren Altschulden sowie der damit verbundenen Aufwendungen für Zinsen und Tilgung wesentliche Grundlage für fairen Wettbewerb ist. Wir konnten uns - das ist bekannt - mit unseren Vorstellungen für einen Altschuldenfonds aller Länder nicht durchsetzen, halten diesen aber nach wie vor für richtig und notwendig. Solidarischer Föderalismus wird funktionieren, wenn es fairen Wettbewerb zwischen den Ländern gibt. Dafür brauchen wir eine Altschuldenregelung, die für alle die gleichen Voraussetzungen schafft.
Noch eine abschließende Bemerkung, warum wir auf diesen Antrag von CDU und FDP draufgesprungen sind - der Kollege Kubicki hat das heute Morgen ein bisschen spöttisch kommentiert -: Herr Kollege Kubicki, natürlich begrüßen wir, dass die Regierung Gespräche führt. Es wäre ja dusselig, das nicht zu tun. Aber die Pannen der Regierung macht das nicht wett.
Ich fahre wieder einmal ein bisschen herunter - und zwar nicht nur das Pult.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die großen Rundumschläge hatten wir heute Vormittag und gerade auch noch einmal ein bisschen. Daran möchte ich mich jetzt nicht versuchen. Ich möchte aber auf einige Aspekte eingehen, die in den bisherigen Beratungen entweder eine Rolle gespielt oder merkwürdigerweise überhaupt keine Rolle gespielt haben.
Heute Morgen sind einige große Worte gefallen. Es wurden einige Bilder bemüht, die bei mir ganz andere Gedankenverbindungen ausgelöst haben als vom Redner beabsichtigt wurde. Darauf komme ich gleich noch.
Der Ministerpräsident hat von einer Sternstunde des Parlaments gesprochen. Man mag von den Vorschlägen im Haushaltsentwurf halten, was man will. Aber mit „Parlament“ hat der vorliegende Vorschlag des Finanzausschusses herzlich wenig zu tun. Es beginnt bei einer Haushaltsstrukturkommission, deren Vorschläge nach vollmundigen und anderslautenden Ankündigungen aus den Regierungsfraktionen einfach übernommen wurden, und reicht bis zu Änderungsanträgen zum Haushaltsentwurf, die nicht viel mehr als etwas Kosmetik sind, an den Problemen und Aufgeregtheiten im Lande aber zielgenau vorbeisteuern.
Beim letzten Doppelhaushalt hatte die FDP die gegenseitige Deckungsfähigkeit von Konsumausgaben und Investitionen noch als Entmachtung des Haushaltsgesetzgebers verurteilt. Das wurde nun gar nicht angesprochen. Das Parlamentsverständnis scheint sich inzwischen verändert zu haben. Änderungsanträge der Regierungsfraktionen gibt es dazu nämlich nicht.
Dann haben in den Diskussionen einige Schlagworte wie zum Beispiel der berühmte Baukasten eine Rolle gespielt. Das Baukastenprinzip wurde von
Schwarz-Gelb zum Dogma erhoben, noch bevor konkrete Zahlen vorlagen. Das machte die Sache etwas schwierig. Das Prinzip suggerierte den Bürgerinnen und Bürgern, dass es bei den Diskussionen nur um Kürzungen gehen kann. Einnahmeverbesserungen wurden damit zunächst ausgeklammert und später dann doch in Erwägung gezogen.
Was bedeutet der Baukasten denn nun konkret? In der Nachschiebeliste tauchen plötzlich zusätzliche Mittel für den Straßenbau auf. Auf Nachfrage erklärt der Finanzstaatssekretär, finanziert würden diese durch zu erwartende Minderausgaben bei den Zinsen. Das war also mit Baukasten gemeint. Das hatte ich ursprünglich etwas anders verstanden.
Nun zu den großen Erfolgen. Zum Thema Vertragstreue ist schon einiges gesagt worden. Das kann ich mir deshalb schenken. Ich habe mich aber dennoch über den Kollegen von Boetticher und seine Ausführungen zum Hochschulpakt gewundert. Die Koalition hat sich dazu durchgerungen, keine Studienplätze an Niedersachsen zu verschachern. So weit so gut.
Nun sagen Sie aber, diese Kosten müssten vom Bund bei der Vereinbarung zum Abbau des strukturellen Defizits angerechnet werden. Was heißt denn das? Wir wissen im Moment noch nicht einmal, ob der Bund die Berechnungsverfahren des Landes zur Ermittlung des strukturellen Defizits akzeptiert. Es ist also überhaupt noch nicht klar, ob wir tatsächlich bei den angenommenen 1,25 Milliarden € landen oder ob der Betrag womöglich darüber liegt, ob wir also über ganz andere Zahlen reden. Bisher waren die Berichte über die Verhandlungen noch mäßig optimistisch. In dieser Situation wollen Sie auch noch etwas obendrauf packen. Dazu kann ich nur sagen, dass ich dem Finanzminister viel Spaß bei den Verhandlungen wünsche.
Nun zur Solidität unserer Vorschläge. Verehrter Herr Kollege Koch, ich hätte Ihnen diese Zusammenrechnung gern zur Verfügung gestellt. Wir kommen aber zu anderen Ergebnissen. Sie haben die Berechnungen selbst angestellt, und das ist auch in Ordnung.
Sie haben kritisiert, wir hätten Zahlen genannt, die wir zum Beispiel bei einer verstärkten Kooperation mit Hamburg für realistisch halten, Herr von Boetticher. Die CDU hatte zu Oppositionszeiten so solide Vorschläge zur Finanzierung ihrer Wünsche gemacht wie zum Beispiel die Erhöhung des Ansatzes für Unterhaltsvorschussrückflüsse. Das ist je
doch eine reine Luftbuchung, weil das Eintreiben dieser Gelder nicht den Regeln der Mathematik folgt. Sie hätten vielleicht einmal unsere Haushaltsanträge lesen sollen. Darin kommen die von Ihnen kritisierten Zahlen nämlich überhaupt nicht vor.
Nun zur globalen Minderausgabe. Im Haushaltsvermerk zur globalen Minderausgabe wird sehr präzise beschrieben, wie sich diese zusammensetzt, nämlich unter anderem aus Kürzungen bei Regierungsmitgliedern. Das ist etwas, was Sie nicht wollten.
- Das steht überhaupt nicht im Haushalt drin. Was wollen Sie denn?
Abschließend noch eine kurze Bemerkung zu einem Punkt, den Herr von Boetticher angesprochen hat. Sie haben den Dreisprung Ihrer Politik beschrieben. In der Kürze der Zeit habe ich leider nicht die konkreten Zitate finden können. Ich fühlte mich jedoch sehr an Emil Steinbergers Dreisprung in der Mengenlehre erinnert. Es lohnt sich, das einmal nachzulesen. Die Mengenlehre der Koalition ist dort recht gut beschrieben.
Ich möchte noch etwas zum Abstimmungsverhalten sagen, und zwar bezüglich des Antrags der Grünen zur Fehmarnbelt-Querung. Wir stehen durchaus zu dem Betrag in Höhe von 60 Millionen € für die Hinterlandanbindung der Fehmarnbelt-Querung. Dazu haben wir uns immer bekannt. Wir sind nach wie vor dafür, dass Infrastrukturmaßnahmen im Zuge der Errichtung der FehmarnbeltQuerung für Schleswig-Holstein umgesetzt werden. Deshalb können wir dem Antrag der Grünen nicht zustimmen.
Dem Gutachten kann man entnehmen, dass Infrastrukturmaßnahmen konkret benannt werden müssen. Daher können wir erst dann über die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschläge entscheiden, wenn diese Maßnahmen konkretisiert worden sind. Insofern werden wir uns bei der Abstimmung über diesen Antrag der Stimme enthalten, denn wir können eine rechtliche Beurteilung nicht vornehmen.
In den Paketen der Grünen und des SSW ist vieles enthalten, was unseren Anträgen entspricht. Da unsere Anträge aber zu einem Gesamtpaket zusam
mengefasst sind, das in sich eine gewisse Schlüssigkeit hat, werden wir uns - abgesehen von den Einzelabstimmungen - an dieser Stelle der Stimme enthalten. Bei den Einzelabstimmungen zu den einzelnen Positionen werden wir dann sehr konkret werden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 1. November 2010 sagte Professor Nonnenmacher im Untersuchungsausschuss - ich zitiere -:
„Wir brauchen Ruhe in der Bank, um den, wie ich hoffe, vorhin eindrucksvoll dargeleg
ten Sanierungsprozess der Bank in Ruhe einfach fortführen zu können.“
Das ist nachvollziehbar. Wir würden dies im Interesse Schleswig-Holsteins natürlich auch gern unterstützen. Aber das Verhalten der Bank macht bereits innerhalb der Fraktionen - ich denke einmal, das ist nicht nur bei uns so - die Diskussionen und nötigen Entscheidungen nicht leicht - von der Öffentlichkeit ganz zu schweigen.
Die Leitung der HSH Nordbank hat schon in der Vergangenheit und auch ganz aktuell nicht verstanden, dass die Landesparlamente ein besonderes Informationsbedürfnis und auch einen besonderen Informationsanspruch haben. Wir alle werden in die Verantwortung genommen, wenn es um unsere Landesbank geht. Wir müssen uns in öffentlichen Auseinandersetzungen den Bürgerinnen und Bürgern stellen. Das muss beispielsweise J.C. Flowers nicht. Ich glaube, dieser Unterschied ist immer noch nicht in das Bewusstsein der Entscheider bei der HSH eingedrungen.
Die Aufklärung in Sachen Prevent ist völlig unzureichend. Vorwürfe wie die Bespitzelung von Politikerinnen und Politikern sind zu ernst, um sie einfach abzutun. Wir müssen wissen, ob weitere Veranstaltungen beobachtet worden sind, ob verdeckt Kontakte hergestellt wurden und wer genau Aufträge erteilt, Berichte gelesen und Ergebnisse kontrolliert hat.
Kollege Koch, es geht nicht um Rechnungskontrolle. Das ist auch der Unterschied zu dem, was die KPMG untersucht hat.
Das scheint - so ist mein Eindruck - die Auffassung der HSH Nordbank zu sein. Das ist natürlich auch ausschlaggebend für die Bewertung der Vorgänge durch die Bank. Uns geht es aber darum, ob eine durch die HSH beauftragte Sicherheitsfirma die eigenen Anteilseigner bespitzelt hat und ob dies im Auftrag der Bank geschehen ist. Die Transparenz und die Informationen, die wir grundsätzlich, aber eben auch in diesem Fall erwarten, fehlt ganz besonders nach dem Abzug der Anteilseigner aus dem Aufsichtsrat. Es ist bekannt - wir haben das verschiedentlich gesagt -, dass die SPD dagegen war, die Regierungsmitglieder aus dem Aufsichtsrat der Bank abzuziehen. Wir halten diese Entscheidung nach wie vor für falsch.
Schon bisher war es ausgesprochen schwierig, die Anforderungen des Landtags umzusetzen, und das wird in dieser Konstruktion nicht einfacher. Gibt es beispielsweise noch irgendjemanden - die Kollegin hat es angesprochen -, der Sorge dafür trägt, dass Kiel als ein gleichberechtigter und gleichwertiger Standort zu Hamburg erhalten und dass geprüft wird, ob die aktuelle Situation noch die Voraussetzungen des Staatsvertrages erfüllt?
So, wie Herr Sanio in der letzten Woche im Untersuchungsausschuss nichts mitteilen konnte, weil er es nicht aus erster Hand wusste, so wird auch die Rechenschaftsfähigkeit unserer Regierungsmitglieder durch ihre Abwesenheit im Aufsichtsrat gebrochen.
Gerade die aktuelle Debatte um die Prevent-Affäre zeigt, dass die Kommunikationslinie Bank - Aufsichtsrat - Parlament nicht funktioniert, wobei ich ausdrücklich anerkenne, dass sich Minister de Jager redlich bemüht, im Sinne des Parlaments Informationen zu erhalten. Ich bedanke mich auch ausdrücklich dafür.
Es ist aber ganz offensichtlich sehr schwierig.
Es hat schon gute Gründe, dass sich ein Herr Kopper nach und nach aller politischen Vertreter im Aufsichtsrat entledigt. Unfassbar ist, dass sich die Regierungen von Schleswig-Holstein und Hamburg darauf eingelassen haben.
Aber schließlich waren Entscheidungen zur HSH Nordbank ein zentraler Punkt, der die Große Koalition zum Platzen brachte. Die HSH Nordbank hatte gegen die ausdrücklichen Vorgaben des gesamten Parlaments im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung eine Halteprämie von 2,9 Millionen € für den Vorstandsvorsitzenden Nonnenmacher beschlossen. Die beschlossene Deckelung wurde also nicht umgesetzt. Und heute sind wir in einer Situation, die weitere Zahlungen sehr wahrscheinlich erscheinen lassen.
Die SPD fordert, dass die Beschlüsse des Landtags umgesetzt werden und nicht durch einen Aufsichts
rat, in dem die Regierung nichts mehr zu sagen hat, ausgehebelt werden.
Wir fordern, dass die Abberufung des Vorstandsvorsitzenden Nonnenmacher so umgesetzt wird, dass nach Möglichkeit vermieden wird, dass es für Schleswig-Holstein - so wie der Abgeordnete Weber es sagt - „eine teure Tasse Tee wird“. Wir hätten ihn schon früher ziehen lassen. Wir fordern, dass vernünftige und korrekte Auskünfte über Inhalt und Umfang der Aufträge an Prevent und gegebenenfalls andere Sicherheitsfirmen vorgelegt werden, dass die schleswig-holsteinische Landesregierung im Aufsichtsrat vertreten ist und dass die Informationen aus der HSH Nordbank uns als Anteilseigner zeitnah und umfassend erreichen.
Ich möchte abschließend noch darum bitten, dass wir über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in der neuen zweiten Fassung abschnittsweise abstimmen, weil wir uns beim zweiten Punkt gern enthalten möchten. Ansonsten werden wir dem Antrag zustimmen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der heikle Auftrag kommt ausgerechnet aus dem Haus des geheimnisumwitterten „Doktor No“, dem Hofmarschall in einer kleinen, aber starken Festung zwischen zwei Fürstentümern und einer fremdländischen Handelsmacht. Wichtige Unterlagen sind vor den Augen von Fürst, Volk und Herold verborgen in eine andere Festung zu transferieren. Aber kann man allen oberen Hofchargen trauen? Zu groß ist die Gefahr, dass einer Vizeoberschlosshauptmann anstelle des Vizeoberschlosshauptmanns werden will. Nur, wer greift da heimlich nach Macht und Einfluss?
Nichts leichter, als nächstens die Hofkanzlei einzubestellen und einen falschen Brief vorzubereiten, der, versehen mit dem Siegel des Hofmarschalls, auf den Weg geht. Zur Sicherheit wird der festungslose Ritter U. engagiert, um kleine Spione in den Räumen der Verdächtigen einzuschleusen. Und prompt wird eine obere Hofcharge als Überbringer der gefälschten Unterlage ausgemacht, geächtet und mit Schimpf und Schande aus der Festung gejagt.
Aber ist der Übeltäter überhaupt der Übeltäter? Liegt der Verrat vielleicht ganz woanders? War der richtige Brief gefälscht? Was weiß der Hofmarschall? Egal. Zu gut hat die Intrige funktioniert, als dass man künftig darauf verzichten will. Und weil ein weiterer gefälschter Brief auffallen würde, greift man dazu, einem unliebsamen Statthalter in fernen Landen fehlgeleiteter Minne zu bezichtigen und ihm, wo das nicht reicht, verfängliche Dinge unterzuschieben, die eine von der Hofkanzlei angeführte Gesandtschaft in höchster Entrüstung ans Licht der Öffentlichkeit zerrt. Und so leeren sich nach und nach die fürstlichen Schatullen, während ich gebe die Kurzfassung - die Festung mit der Bewältigung ihrer inneren Befindlichkeit befasst ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so etwas würde niemand wirklich lesen wollen. Wenn ich dieses Storyboard für einen Wettbewerb einreichen würde, den Preis bekäme jemand anderes, und das zu Recht.
Die Zustände, die über die HSH Nordbank berichtet werden, sind erschütternd: Lügen, gegenseitige Schuldzuweisungen, Verdächtigungen, Intrigen. Vermischt mit undurchsichtigen Geschäftsvorgängen, von denen einige nur den Zweck hatten, Managern höhere Einkommen zuzuschanzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird Ihnen nicht anders gehen: Ich kann mich noch allzu gut an heiße Debatte erinnern, die wir in unserer Fraktion
hatten. Als wir scheibchenweise die finanzielle Situation der HSH Nordbank mitgeteilt bekamen und sehr kurzfristig über Kapitalerhöhungen und Garantien entscheiden mussten, war es innerhalb der eigenen Fraktion sehr schwierig zu vermitteln, dass es nicht im Interesse der Bank und des Landes ist, allzu deutlich öffentlich Kritik zu üben.
Inzwischen wird die Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit geführt, und das geschieht nicht durch Versäumnisse der Politik, sondern ist einzig und allein von denen zu verantworten, deren Aufgabe darin besteht, die HSH Nordbank verantwortlich zu leiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Bezug auf den Umgang mit diesen empörenden Berichten unterscheidet uns Sozialdemokraten von der CDU, dass wir unsere Bank gern weiter durch die Politik kontrollieren lassen wollen. Wir sind nicht der Meinung, dass die Kontrolle von Managern durch Manager besser und zuverlässiger ans Ziel führt. Das hat bereits innerhalb der Bank nicht funktioniert, und wir halten es auch bei der Überprüfung des Vorstands durch den Aufsichtsrat für problematisch.
Nach der Entfernung der Minister aus dem Aufsichtsrat hat die Bank mittlerweile auch die Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen aus dem Beirat geworfen, übrigens ohne dass mit diesen vorher gesprochen worden wäre. Im neuen politikbefreiten Aufsichtsrat hielt das offenbar niemand für notwendig. Dieser Umgang mit den Anteilseignern liegt ganz im Stil der Bank. Akzeptabel ist er nicht.
Nach dieser Kritik ist zum Abschluss noch ein Wort des Lobes angebracht: Wie die Leitung des HSH-Vorstands es bewältigt, neben der Rettung der Bank auch noch all diese Ränkespiele zu organisieren, verdient schon fast Bewunderung. Es spricht für eine gute Arbeitsteilung. Eine Utopie bleibt wohl, was wäre, wenn all diese beachtliche Energie
statt für die Koordinierung von Intrigen für das Wohl der Bank verwendet würde.
Wir als Fraktion erwarten, dass wir schnell, umgehend Aufklärung über die ganzen Vorgänge erhalten. Wir wollen damit nicht warten, bis die Staatsanwaltschaft mit ihren Ermittlungen durch ist, sondern möchten dies sofort in den entsprechenden Ausschüssen vorgelegt haben.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Redebeitrag des Kollegen Koch wundert mich noch sehr viel weniger, als mich bei der Vorbereitung der Rede gewundert hat.
Haushaltsstrukturkommission, was will uns das sagen? Beginnen wir einmal von hinten. Der Begriff der Kommission steht ganz allgemein für eine Gruppe von Personen mit bestimmten Qualifikationen oder Bedürfnissen, der ein Auftrag erteilt wird.
Nach der Landtagswahl verharrte die Landesregierung in Regungslosigkeit, aber eine Gruppe wurde gebildet. Auf diese wurde auch immer verwiesen. Über die bestimmten Qualifikationen möchte ich an dieser Stelle dann doch nichts sagen. Offenkundig wurde aber ein Auftrag erteilt. So steht es zumindest im Koalitionsvertrag von CDU und FDP.
An dieser Stelle wird es dann schon etwas undurchsichtig. Erteilte die Landesregierung den Auftrag an einzelne Kabinettsmitglieder oder erteilten die Fraktionen Aufträge an einzelne Abgeordnete? Legislative, Exekutive - man weiß es nicht genau. Dieses Durcheinander war schon heute Morgen Gegenstand der Erörterung. Diskussionen fanden in einem kleinen Kreis unter Ausschluss weiter Teile des Parlaments statt.
Bei Wikipedia ist nachzulesen, der Begriff der Kommission sei weitgehend synonym zum Begriff
des Ausschusses zu verwenden. Als reguläre Organe des Parlaments haben wir eine Reihe von Ausschüssen. In diesen Ausschüssen fand aber keinerlei Beratung statt. Der Wikipedia-Eintrag ist insoweit zu korrigieren.
Stattdessen trugen Ministerien Zahlen zusammen. Hintergrundpapiere wurden erstellt und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen angestellt. Ich merke gerade, dass ich vom Idealfall rede. Genau genommen kann ich gar nicht wissen, welche Daten zusammengestellt wurden. Die Haushaltsstrukturkommissare machten sich darüber her und erarbeiteten einen Kürzungskatalog.
Diesen wiederum machte sich die Regierung zu eigen. Die eigenen Fraktionen hatten umfangreiche 90 Minuten Zeit, diese Vorschläge ausführlich zu diskutieren und die dahinterstehenden Analysen zu bewerten.
Wir hatten in der vergangenen Tagung die zweifelhafte Freude, im Rahmen der Regierungserklärung die Ergebnisse zur Kenntnis zu nehmen. Seitdem ziehen Mitglieder der CDU-Fraktion durch das Land und preisen den sogenannten Baukasten an, aus dem man beliebig mal das eine und mal das andere Klötzchen herausnehmen könne - man gibt sich offen -, wenn nur ein anderes Klötzchen eingetauscht würde. Das Problem ist nur, dass niemand weiß, wie groß die einzelnen Teile dieses Baukastens sind.
Zahlen werden nicht vorgelegt. Negative Effekte einzelner Maßnahmen werden nicht beziffert. Soweit die Haushaltsstrukturkommission.
Apropos Struktur. Unter Struktur versteht man die Art und Weise, wie die Elemente eines Systems aufeinander bezogen sind, sodass das System entstehen und sich erhalten kann. Davon ist diese technokratische Aneinanderreihung von Maßnahmen weit entfernt.
Ganz im Gegenteil, Strukturen werden ignoriert auch in ihren finanziellen Wirkungen - und damit zerstört. Wenn CDU und FDP eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihren Vorschlägen erwarten, dann müssen endlich auch die Zahlen auf den
Tisch. Die Regierung verhandelt zurzeit mit dem Bund über die Ausgestaltung des Konsolidierungspfades bis zum Jahr 2020. Das Parlament ist bisher nicht informiert. Da helfen auch nicht Verweise auf den Haushaltsentwurf 2011/2012. Deshalb geht der Antrag von CDU und FDP in die falsche Richtung. Wir wollen die Zahlen jetzt und natürlich auch nicht nur die Zahlen, die dem Haushaltsentwurf zugrunde liegen.
Die Regierung hat Papiere erarbeitet und diese einigen wenigen Abgeordneten zur Verfügung gestellt. Dieses Parlament hat aber nicht Mitglieder erster und zweiter Klasse.
Liebe Kolleginnen und Kollegen gerade von der CDU, ich bin schon sehr verwundert, dass Sie so etwas mit sich machen lassen - durch Ihre Kommissare.
An dieser Stelle noch ein Hinweis zum Schluss. „Der Kommissar“ war eine den meisten sicherlich bekannte Fernsehserie, die auch nach Einführung des Farbfernsehens weiterhin in schwarz-weiß produziert wurde.
Die zweite Folge hatte den Titel: „Das Messer im Geldschrank“. Die siebte Folge hieß: „Keiner hört den Schuss“.
Herr Minister, Sie haben es eben schon kurz angesprochen. Vielleicht könnten Sie mir noch einmal erläutern, was die Grundlagen für die Aussagen der Haushaltsstrukturkommission waren, dass es durch die vorgesehenen Maßnahmen zu einer Profilstärkung in Verbindung mit dem geplanten Fraunhofer-Institut für Marine Biotechnologie kommt.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege von Boetticher hat gerade auf das ordnungsgemäße Verfahren zur Haushaltsaufstellung hingewiesen. Herr von Boetticher, wir sind in diesem Jahr in einer völlig anderen Situation als in den vergangenen Jahren. Gerade diese besondere Situation würde es eigentlich gebieten, aus Respekt vor dem ganzen Parlament mehr Transparenz in das gesamte Verfahren zu bringen. Sie verstecken sich hinter einer Haushaltsstrukturkommission. Gleichzeitig verhandelt unabhängig von der Haushaltsaufstellung das Land mit dem Bund über eine Verwaltungsvereinbarung, die uns für die kommenden zehn Jahre bindet.
Jetzt sagen Sie mir einmal, wie ernst Sie die Haushaltsberatung nehmen, welche Möglichkeiten zu Veränderungen im Vergleich zu den Vereinbarungen mit dem Bund überhaupt noch gegeben sind, und welche Möglichkeiten wir zu Veränderungen haben, wenn das Verfahren erst einmal eingezogen ist und die Verhandlungen mit dem Bund so weit fortgeschritten sind. Ich bin wirklich sehr gespannt auf Vorschläge und Anträge der regierungstragenden Fraktionen zu den Entwürfen aus der Haushaltsstrukturkommission. Daran kann man dann sehen und wird man bewerten können, inwieweit die regierungstragenden Fraktionen, die Parlamentarier, diese Vorschläge lediglich abnicken oder tatsächlich ihrer Verantwortung als unabhängige Abgeordnete gerecht werden.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion hat immer gesagt, dass wir eine wirksame Regelung zur Schuldenbegrenzung haben wollen. Wir haben bis heute aber auch Einigkeit im Parlament - darüber bin ich auch froh -: eine Beschneidung der verfassungsmäßigen Rechte des Landes ist nicht ohne Weiteres hinzunehmen. Wir haben bei den Beratungen über die Föderalismuskommission immer betont, dass eine Schuldenbegrenzung in die Landesverfassung gehört und uns nicht vom Bund diktiert werden darf.
Beides hat uns geleitet, entsprechende Anträge einzubringen. Wir haben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir diese als Grundlage für eine ausführliche Diskussion dieser Verfassungsänderung verstanden wissen wollen. Der Erfolg der Klage liegt uns natürlich am Herzen. Insofern haben wir
bei der Verfassung - der Anhörung folgend - einer Formulierung zugestimmt, die sich eng an die grundgesetzliche Regelung anlehnt.
Was die Menschen zurzeit allerdings vielmehr umtreibt, ist das, was an Kürzungen unmittelbar bevorsteht, das heißt die Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern. Sie beschreibt den Abbaupfad bis 2020 und verpflichtet nicht nur diese, sondern auch künftige Regierungen. Vor knapp einem Jahr habe ich hier im Landtag gesagt, dass sich die SPD nicht verschließen wird, harte Einschnitte vorzunehmen und diese öffentlich zu vertreten. Dazu gehört aber auch, dass der Vertragspartner Bund die Bemühungen Schleswig-Holsteins nicht konterkariert.
Auf Initiative der SPD-Landtagsfraktion wird der Landtag deshalb - das ist schon angesprochen worden - gemeinsam mit der Schuldenbremse eine Resolution beschließen, die deutlich macht, dass wir eine verlässliche Finanzpolitik fordern, damit wir die Ziele der Schuldenbremse realistisch umsetzen können.
Eine Gesetzgebung des Bundes, die nicht zulasten der Länder geht, klare Umsetzung von Prioritäten im Landeshaushalt und die Verbesserung der Einnahmen - nur mit allen drei Punkten werden wir den Haushalt des Landes ins Gleichgewicht bringen können. In der Expertenanhörung ist auch prognostiziert worden, dass es vor 2020 zu einem weiteren Aufschlag der Föderalismuskommission kommen wird, bei dem das Thema Konnexität aus unserer Sicht erneut diskutiert werden muss.
Mit der Souveränität des Landes in Haushaltsangelegenheiten ist es nicht weit her, wenn der Bund Schleswig-Holstein immer neue Belastungen aus Bundesgesetzen aufbürden kann. Hier ist die Landesregierung klar gefordert, im Bundesrat Rückgrat zu zeigen und klar dagegenzuhalten.
Das Gleiche gilt auch für die Steuerentwicklung. Wir haben kein Geld mehr für Zahlenspielereien, die das Geld von unten nach oben verteilen. Der Bund darf nicht das Recht haben, Steuersenkungen zulasten von Ländern und Kommunen zu beschließen, wenn er nicht bereit ist, die Mindereinnahmen netto auszugleichen - also ein klares Nein zu Steuersenkungen.
Im Gegenteil sollte man ernsthaft über gezielte Anhebungen von Steuern dort nachdenken - auch bezogen auf die Abgabensysteme -, wo die ungerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland zementiert wird. Auf EU-Ebene übereinstimmende Mindestsätze für Unternehmensteuern würden dafür sorgen, dass Wettbewerb über die Qualität ausgetragen wird und nicht über den Ruin von Staaten.
Eine Umgestaltung des Steuerrechts - Stichwort „Splitting“ -, um die Anreize für sozialversicherungs- und steuerpflichtige Berufstätigkeit von Ehefrauen zu erhöhen, hebt die Qualifikations-Ressourcen und macht unsere Gesellschaft ein großes Stück fairer und gleicher.
Wir wollen eine gerechte Besteuerung von großen Vermögen. Wir fordern eine Transaktionssteuer, mit der Spekulationen auf den Finanzmärkten beschränkt werden.
In dieser Frage bewegen sich offenbar nun auch die Regierungsfraktionen. Das freut uns natürlich sehr.
Und wir brauchen eine ökologische Reform der Besteuerung, beispielsweise durch einen weiteren Abbau umweltschädlicher Subventionen und die Besteuerung von Umweltbelastungen.
All das schafft Spielräume, die wir brauchen, um gezielt in die Zukunft zu investieren.
Ich möchte noch einmal auf die Altschuldenregelung zurückkommen, über die wir hier im Landtag schon viel gesagt haben: Sie war auf Bundesebene bisher nicht durchsetzbar, ist für uns aber keineswegs endgültig vom Tisch. Schleswig-Holstein darf im Jahr 2020 gegenüber anderen Bundesländern nicht weiter ins Hintertreffen geraten. Wir gehen davon aus, dass noch weitere Bundesländer zukünftig ein höheres Interesse an einem fairen Ausgleich und an gleichen Startchancen im föderalen Ver
gleich haben - auch hier der Hinweis auf sicherlich noch folgende Runden der Föderalismuskommission.
Wenn wir uns auf Kürzungen, auf Personalabbau verständigen, muss dies sehr verantwortungsvoll im Einklang mit den Aufgaben passieren. Dies zu vermitteln, ist eine gemeinsame Anstrengung des gesamten Parlaments.
Wir haben im Bildungsbereich bereits in der letzten Wahlperiode mit dem Bildungspakt Reduzierungen beim Lehrpersonal akzeptiert, wenn die Zahl der Schülerinnen und Schüler zurückgeht. Aber wir haben auch immer deutlich gemacht, dass die sogenannte Demografie-Rendite auch der Qualitätssteigerung dienen muss. Gemessen an den reinen Schülerzahlen könnten im Zeitraum 2011 bis 2020 schrittweise rund 4.200 Lehrerstellen abgebaut werden. Vereinbart wurde damals, dass von diesen Stellen rund 1.300 im System bleiben, um den Systemwechsel zu unterstützen. Bildung ist so ziemlich die einzige Ressource, die wir in Deutschland haben. Deshalb ist es folgerichtig, dass wir in Bildung investieren.
Herr von Boetticher, es ist nett, dass die CDU-Fraktion zu Gesprächen mit der Opposition bereit ist. Wir haben schon im März unsere Gesprächsbereitschaft signalisiert. Bisher gibt es aber noch nichts zu diskutieren.
Natürlich heißt unsere Zustimmung zur Schuldenbremse nicht, dass wir kommentarlos akzeptieren, was ein kleiner Zirkel außerhalb jeder parlamentarischer Legitimation vorlegt.
Genau wie die Regierung sich Zeit lässt mit der Vorlage ihrer Giftliste - wie der Kollege Arp das nennt, der gerade nicht da ist -, werden wir die Vorschläge mit der nötigen Sorgfalt prüfen und eigene Vorschläge vorlegen. Wir werden Prioritäten, aber auch Nachrangigkeiten benennen.
Und wir werden Vorschläge entwickeln, an welcher Stelle wir Strukturen verändern müssen.
Bezogen auf unseren Schwerpunkt Bildung heißt das, auf diesen Firlefanz eines Nebeneinanders von Systemen - G8, G9, Y-Modell und so weiter zu verzichten,
die mehr kosten und bei den Betroffenen zu viel mehr Verunsicherung führen.
In der Vergangenheit gab es einen gewissen Automatismus, Ausgabensteigerungen über Kredite zu finanzieren. Das sage ich durchaus auch selbstkritisch in unsere Reihen hinein. Dadurch sind wir in der absurden Situation - das sage ich jetzt in Richtung links, weil ich ahne, was gleich kommt -, dass wir in den vergangenen 40 Jahren genauso viel an Krediten aufgenommen haben, wie wir im selben Zeitraum an Zinsen gezahlt haben. Das heißt, wir haben überhaupt keine Spielräume gewonnen.
Eigentlich sollte es so sein, dass wir Aufgaben definieren und auf dieser Basis bestimmen, wie hoch die Einnahmen, also das Steueraufkommen sein muss.
Steuererhöhungen sind unpopulär. Wenn eine zusätzliche Aufgabe immer öffentliche Diskussionen über Steuererhöhungen auslösen würde, hätten wir auch mehr öffentliche Diskussionen über die wirkliche Bedeutung dieser Aufgaben, und die Struktur mancher Haushalte würde vermutlich anders aussehen als heute.
Zukunftsvorsorge bedeutet Stabilisierung des Schuldenstandes. Zukunftsvorsorge ist aber auch staatliche Aufgabenerfüllung in den beschriebenen Bereichen. Eine Schuldenbremse allein macht keine Politik. Politisch wird es bei ihrer Ausgestaltung. Da gibt es auch - anders, als die Kollegin Herdan im letzten Tagesordnungspunkt unterstellt hat - keine Zwangsläufigkeiten.
Wir sind gespannt - na ja, es geht so -, was in den kommenden Wochen vorgestellt wird, und werden uns an der Diskussion konstruktiv beteiligen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Kubicki hat eine Debatte eröffnet, die nicht unmittelbar zu diesem Tagesordnungspunkt gehört. Er hat aus einem Landesrechnungshofbericht zitiert, der sich auf das Sozialministerium bezog. Es gibt einen eklatanten Unterschied zu der Situation, die wir hier vorfinden. Zunächst einmal hat das Sozialministerium bereits in den Bemerkungen zu dem Bericht des Landesrechnungshofs Fehler eingestanden und sehr vehement daran gearbeitet, diese Probleme abzuarbeiten.
Zweitens hat das Parlament diese Vorhaltungen sehr kritisch gewürdigt. Auch das stellt einen Un
terschied dar. Etwas mehr Selbstkritik hätte ich mir auch von den jetzigen Regierungsfraktionen gewünscht.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich frage die Landesregierung: Trifft es zu, dass Minister a. D. Dr. Marnette im November 2008 im Zusammenhang mit dem Themenkomplex HSH Nordbank einen mehrseitigen Fragenkatalog an Ministerpräsident Carstensen und Minister Wiegard geschickt hat? Was waren die Inhalte, und wie haben Ministerpräsident Carstensen und Minister Wiegard auf den Fragenkatalog reagiert?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich werde versuchen, die 14 Minuten nicht komplett auszunutzen. Mal sehen, ob das gelingt.
Wir haben ein Neuverschuldungsverbot im Grundgesetz verankert. Das gilt für uns. Die SPD hat sich immer für eine wirksame Schuldenbegrenzung ausgesprochen, allerdings - auch das war für uns immer klar, und darüber waren sich alle Fraktionen zumindest zeitweise in der beendeten Legislaturperiode einig -: Sie gehört in unsere Landesverfassung und nicht ins Grundgesetz.
Deshalb hat der Landtag seinerzeit beschlossen, sowohl eine Schuldenregelung in die eigene Verfassung zu schreiben als auch dagegen zu klagen, dass der Bund die Handlungsspielräume des schleswigholsteinischen Haushaltsgesetzgebers beschneidet.
Vor zwei Monaten konnte es der CDU gar nicht schnell genug gehen:
,,Das Jamaika-Bündnis aus CDU/FDP und Grünen ist heute mit dem verantwortungsbewussten Versuch, eine Schuldenbremse in die Landesverfassung einzuziehen, an der SPD gescheitert“,
polterte der frühere CDU-Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul am 16. September im Landtag, und das nur, weil die SPD darauf bestanden hatte, eine
Schuldenbremse nicht im Schnelldurchgang vor der Landtagswahl durchzupeitschen, sondern dem Ernst eines substanziellen Eingriffs in die Verfassung angemessen ein vernünftiges Gesetzgebungsverfahren durchzuführen.
,,Wir müssen die Welt in Schleswig-Holstein nicht neu erfinden“,
sekundierte Finanzminister Rainer Wiegard; schließlich habe man drei Jahre lang in der Föderalismuskommission intensiv darüber diskutiert.
Das war vor der Wahl. Nach den Ausführungen des Finanzministers wundere ich mich jetzt ein bisschen; offenbar gibt es da ein paar Differenzen zwischen dem Minister und den regierungstragenden Fraktionen. Denn dem Antrag der CDU - die FDP hat mit unterzeichnet - entnehme ich, dass es nach der Wahl offenkundig nicht mehr so schnell geht. Im Antrag von CDU und FDP erfahren wir, dass eine Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung ohnehin nicht ohne einen vorherigen sachgerechten Plan zur Haushaltskonsolidierung möglich ist. Diesen Plan hat der alte und neue Finanzminister trotz dreijähriger intensiver Diskussion nicht etwa bereits vorbereitet - zumindest entnehme ich das dem Antrag. Dem Redebeitrag war durchaus etwas anderes zu entnehmen, wobei das nur die Übernahme der grundgesetzlichen Regelung war. Allerdings ist das so auch in der Vergangenheit durchaus vorgetragen worden.
Wir haben in unserem Antrag konkrete Termine benannt. Das ist auch der Grund dafür, dass wir diesen Antrag eingebracht haben, zumal es ja - wie wir im letzten Finanzausschuss erfahren haben durchaus sehr unterschiedliche Auffassungen gibt, welche Beschlüsse der vergangenen Periode der Diskontinuität anheimfallen und welche nicht.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich kann nicht ganz verstehen, was in dem Antrag von CDU und FDP der eine Teil mit dem anderen zu tun haben soll. Wir werden ab 2011 hart konsolidieren müssen, und wir werden das auf Basis eines Neuverschuldungsverbots tun müssen. Am 15. Juli hat der Landtag beschlossen, dass die Neuverschuldung ab 2011 jährlich um 10 % gesenkt wird und dass spätestens ab 2020 auch ohne bundesgesetzlichen Zwang jeder Landeshaushalt in wirtschaftlichen Normallagen ohne die Aufnahme neuer Schulden auskommen soll.
Nun wollen CDU und FDP, dass erst einmal die Mai-Steuerschätzung abgewartet und dann ein langfristiger Abbaupfad vorgelegt werden soll. Konkrete Vorschläge sollen in einer Haushalts
strukturkommission beraten werden. Der Ministerpräsident hat harte Einschnitte angekündigt, ist Antworten auf die Frage, wie diese aussehen sollen, bislang jedoch schuldig geblieben. Er werbe um die Willenskraft der Abgeordneten, die diese Regierung tragen, sagte er am Mittwoch in der Regierungserklärung. Damit wird er gut beschäftigt sein, denn um die Willenskraft der CDU-Abgeordneten und Regierungsmitglieder war es bislang eher bescheiden bestellt, wenn es darum ging, Beschlüsse in den Wahlkreisen zu verantworten. Ich denke da beispielsweise an die Verwaltungsstrukturreform.