Protokoll der Sitzung vom 25.05.2011

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 17. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Beurlaubt für den heutigen Tag ist Herr Abgeordneter Flemming Meyer.

Meine Damen und Herren, die Fraktionen von CDU und FDP haben mit Drucksache 17/1546 einen Dringlichkeitsantrag vorgelegt.

Bericht zu den EHEC-Infektionen in SchleswigHolstein

Dringlichkeitsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1546

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Ich lasse über den Dringlichkeitsantrag Drucksache 17/1546 abstimmen. Es gilt das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich bitte die Parlamentarischen Geschäftsführer, mir mitzuteilen, auf welche Redezeiten man sich verständigt hat und wann dieser Tagesordnungspunkt aufgerufen werden soll.

Meine Damen und Herren, weiter liegt Ihnen mit Drucksache 17/1549 ein Dringlichkeitsantrag der Fraktion der SPD vor.

Ausgewogene Wahlkreiseinteilung vornehmen!

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1549

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist der Fall. Ich erteile für die SPD-Fraktion dem Fraktionsvorsitzenden Dr. Ralf Stegner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier in diesem Haus nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts, das uns zu einer vorgezogenen Neuwahl aufgerufen hat, versucht, in einem Verfahren überparteilich und über Fraktionsgrenzen hinweg zu einem vernünfti

gen Wahlgesetz zu kommen. Wir haben unter Moderation des Herrn Landtagspräsidenten ein solches Verfahren gefunden. Das hat die Erwartung der Öffentlichkeit mit sich gebracht, dass auch bei der Umsetzung und erstmaligen Anwendung dieses neuen Wahlgesetzes, nämlich bei der Wahlkreiseinteilung, eine Lösung vorgelegt wird, die seriös und sachgerecht und die über die Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg für alle akzeptabel ist.

Es gibt einen solchen Vorschlag, der - ich betone das - kein Vorschlag meiner oder einer anderen Fraktion ist, sondern der Vorschlag der Landeswahlleiterin. Es gibt auch einen Vorschlag aus dem zuständigen Wahlkreisausschuss, der am Freitag wieder tagen wird, der ein Vorschlag der Union ist und die Zustimmung von FDP, SSW und der Landeswahlleiterin gefunden hat.

Wir sind der Auffassung, dass ein Vorschlag, der erkennbar regionale Strukturen zerschneidet und, erkennbar parteipolitischen Präferenzen dient, dem eben genannten Ziel und insbesondere der langjährigen Praxis widerspricht. Ich weise darauf hin, dass die letzte Wahlkreisneuschneidung - übrigens zuzeiten anderer Mehrheiten, Herr Kollege im fraktions- und parteiübergreifenden Einvernehmen erfolgt ist. Es ist langjährige und jahrzehntelange Praxis in Schleswig-Holstein, dass man so etwas nicht mit knapper Mehrheit durchstimmt. Da am Freitag dieser Ausschuss, an den wir diese Entscheidung in der Sache überwiesen haben, tagt, ergibt sich die Dringlichkeit, darüber heute oder morgen zu beraten.

Als letzte Begründung füge ich noch hinzu - das können Sie auch unserem Antrag entnehmen -, dass der Herr Landtagspräsident uns in den letzten Wochen mehrmals aufgefordert hat, durch öffentliche Stellungnahmen, durch Besuche in den Fraktionen und durch ein Papier, das er formuliert hat, im Geiste eines anderen Umgangs im Parlament miteinander gerade die Fragestellungen zu behandeln

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das sagt der Richtige!)

- Herr Kollege Kubicki -, bei denen es um die Spielregeln für dieses Parlament geht, wo es nicht um irgendeine Sachfrage geht, über die man leidenschaftlich streiten kann, sondern wo es um die Spielregeln geht, Transparenz für eine Landtagswahl herzustellen, die übrigens Wahlkreise hat, die noch niemand gewonnen oder verloren hat, sondern die alle noch zur freien Auswahl der Bürgerinnen und Bürger stehen. Dafür muss man eine Transpa

renz herstellen, damit die Entscheidungen in der Sache nachvollziehbar sind.

Ich habe noch niemanden getroffen, der sich den aktuellen Vorschlag angeschaut und gesagt hat, dass er der Meinung sei, dass das Wort „sachgerecht“ ein Adjektiv sei, das man in diesem Zusammenhang ernsthaft verwenden könnte.

(Beifall bei der SPD)

In diesem Sinne beantragen wir, dass hierüber in dieser Landtagstagung diskutiert wird.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Axel Bernstein.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Stegner, wenn Sie einen Antrag damit begründen, das Ziel sei eine fraktionsübergreifende Lösung, dann bleibt zunächst einmal festzuhalten, dass die SPD-Fraktion in allen Gesprächen, die im Vorwege der letzten Sitzung des Landeswahlkreisausschusses stattgefunden haben, keinerlei Kompromissbereitschaft an den Tag gelegt hat.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Wir haben in mehreren Runden mit den Mitgliedern des Landeswahlkreisausschusses zusammengesessen, es hat mehrere direkte Gespräche zwischen Ihnen und dem Fraktionsvorsitzenden der CDU gegeben. Aber wenn ich eine Position vertrete, die heißt: „Ich möchte eine fraktionsübergreifende Lösung, aber die muss genau so aussehen, wie ich sie haben will“, dann ist das kein ernsthaftes Angebot.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der Wahlkreisausschuss ist ein Gremium unter der Leitung der Landeswahlleiterin. Die Vorsitzende dieses Gremiums hat nicht die Möglichkeit, hier im Plenum zu sprechen. Wir wehren uns dagegen, dass man in einer solchen Debatte den Eindruck erweckt, als seien die Landeswahlleiterin oder die übrigen Mitglieder des Wahlkreisausschusses an ein Weisungsrecht des Landtags gebunden. Genau das ist nicht der Fall, und genau deshalb haben wir auch die Konstruktion eines unabhängigen Wahlkreisausschusses.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

(Dr. Ralf Stegner)

Im Übrigen hat er mit einer breiten Mehrheit von sieben zu vier Stimmen, mit den Stimmen von CDU, FDP, SSW und der Landeswahlleiterin, die Vorschläge, die CDU und SSW eingebracht haben, gebilligt.

Die Kampagne, die in den Tagen danach versucht worden ist auf den Weg zu bringen, nach dem Motto, das sei eine parteipolitisch motivierte Lösung, das sei eine Lösung, die womöglich in Verbindung mit Diskussionen zur Universität Lübeck zu sehen und gegen eine bestimmte Region gerichtet sei, bedeutet in der Tat Krokodilstränen, die hier vergossen werden.

(Zurufe von der SPD)

Das ist eine alte Strategie von Ihnen, Herr Stegner. Ich sagen bewusst „von Ihnen“, weil das nicht die Strategie Ihrer Mitglieder im Wahlkreisausschuss ist. Das ist eine Strategie von Ihnen, eine Eskalation herbeizuführen und im Nachhinein Krokodilstränen zu vergießen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Sie haben sich - um es ganz simpel zu sagen - in den Verhandlungen verzockt.

(Martin Habersaat [SPD]: Pokern Sie um Wahlkreise, oder was? - Zuruf des Abgeord- neten Wolfgang Baasch [SPD])

Eine Abstimmungsniederlage in einem Gremium nach dem Landeswahlgesetz ist ein normaler demokratischer Vorgang und keine Begründung für eine Dringlichkeit. Der Vorschlag, der von CDU, FDP, SSW und der Landeswahlleiterin im Wahlausschuss verabschiedet wurde und am Freitag mit der straßengenauen Schneidung in den Bereichen Kiel, Lübeck und Schwentinental auf den Weg gebracht werden wird, ist sachgerecht und er entspricht 100-prozentig den Regelungen des Wahlgesetzes, das - Sie haben darauf hingewiesen - hier gemeinsam verabschiedet wurde. Deshalb ist eine Dringlichkeit nicht gegeben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort erteile ich jetzt der Vorsitzenden der SSW-Fraktion, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus gegebenem Anlass möchte ich für den SSW

auch ein paar Worte zu dem Dringlichkeitsantrag sagen. Wir werden der Dringlichkeit zustimmen. Wir werden der Dringlichkeit aus einem entscheidenden Grund zustimmen: Wir brauchen zu diesem schwierigen Thema der Wahlkreiseinteilung eine Debatte im öffentlichen politischen Raum, sprich: hier im Landtag.

(Beifall bei SPD, der LINKEN und der Ab- geordneten Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir brauchen diese Debatte, weil es in den Medien doch ganz viele Aussagen gegeben hat, die für den SSW nicht hinnehmbar waren.

(Zurufe)

Wir brauchen diese Debatte, weil deutlich von uns und von mir gesagt werden muss, dass wir nicht Anhängsel der CDU oder anderer Parteien sind. Wir haben eigene Prioritäten gesetzt und danach gehandelt. Wir brauchen diese Debatte, weil wir Missverständnisse ausräumen müssen. Keiner von uns ist so naiv, dass er oder sie glaubt, dass wir einander noch überzeugen können. Wir brauchen aber die Abwägung der Argumente, und wir brauchen Klarheit. Um es ganz deutlich zu sagen: Der SSW wird sich hier nicht und niemals einer Debatte entziehen, die zu mehr Transparenz führen wird.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Kollegin Monika Heinold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, die ersten beiden Beiträge haben gezeigt, dass eine Debatte notwendig ist. Es geht weniger um die Frage der Dringlichkeit, es geht vielmehr um die Sache an sich. Frau Spoorendonk hat es eben auf den Punkt gebracht. Nichts wäre schlechter, als wenn wir etwas hier nicht ausdiskutierten, was breit diskutiert wird. Die Bürger und Bürgerinnen haben einen Anspruch darauf, unsere Argumente zu hören und dass wir uns darüber austauschen. Deshalb: Ja zur Dringlichkeit. Ich verstehe überhaupt nicht, warum CDU und FDP diese Debatte scheuen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir scheuen sie nicht!)