Protokoll der Sitzung vom 25.02.2011

(Beifall bei SSW und der LINKEN)

Der Bericht macht deutlich, dass vonseiten des Landes viel unternommen wird - was auch von uns anerkannt wird -, um die verschiedenen Akteure im Land einzubinden und zu informieren. Angesichts des Umfangs und der Komplexität hinsichtlich der Bereitbandförderprogramme und Richtlinien oder der technischen und praktischen Möglichkeiten ist dies dringend notwendig. Hierbei kommt insbesondere dem Breitband-Kompetenzzentrum als Ansprechpartner für die Kommunen eine wichtige Rolle zu. Für die Einrichtung dieser Stelle gebührt der Landesregierung Dank.

Es ist den ehrenamtlichen Akteuren im Land kaum zuzumuten, sich in dieser komplexen Materie zu bewegen und dafür allein die Verantwortung tragen zu müssen. Ich glaube, es ist ein richtiger Schritt, für die Übergangszeit das Kompetenzzentrum hinzubekommen.

Wie gesagt, man muss immer daran denken, wesentlich weiter gehende Schritte müssen gegangen werden. Es geht nicht nur um Internet, es geht auch darum, die multimediale Versorgung in den privaten Haushalten zu gewährleisten. Da können wir viel tun, damit wir als Land Schleswig-Holstein später eine vernünftige Infrastruktur bieten können und möglicherweise auch diejenigen sind, die besser sind als andere Bundesländer. Insofern müssen wir hier sehr vorausschauend arbeiten.

Letztlich aber brauchen wir deshalb ein mittelfristiges Investitionsprogramm, damit wir nicht nur quasi auf dem Papier Breitband haben, auf einem relativ niedrigen Niveau, sondern damit wir auch wirklich schnelle Netze für die Bürger und auch für die Unternehmen anbieten können. Das muss das Ziel sein. Es geht also über kurzfristiges Handeln hinaus. Es geht darum, dass wir Breitbandnetze

schaffen, die für die Zukunft geeignet sind. Ich glaube, da müssen wir mehr investieren. Es ist eine ähnliche Investition wie in Straßen- und Schienennetze. Das ist gleich zu bewerten. Da müssen wir investieren und den Bund auch mit ins Boot holen, der dafür Finanzmittel bereitstellen muss.

Wenn wir das in den nächsten vier oder fünf Jahren schaffen, dann haben wir unheimlich viel für unser Land erreicht, für die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes.

(Beifall beim SSW sowie vereinzeilt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, ich schließe daher die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Ich nehme an, die Vorlage soll an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Umweltund Agrarausschuss überwiesen werden. - An den Innen- und Rechtsausschuss? - Dann möchte ich Sie jetzt um Ihre Abstimmung bitten. Wer den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/1242, dem Wirtschaftsausschuss und mitberatend dem Umwelt- und Agrarausschuss sowie dem Innenund Rechtsausschuss überweisen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dies einstimmig so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 45 auf:

Entwicklung der Stromnetze in Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 17/1250

Ich erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bericht über die Entwicklung der Stromnetze in Schleswig-Holstein zeigt auf, welche gewaltigen Aufgaben die Umstrukturierung der Energiewirtschaft in Schleswig-Holstein und Deutschland mit sich bringen. Hintergrund der Stromnetzproblematik ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Landesregierung setzt sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien ein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Sie weitet dazu die Eignungsflächen für Windenergie aus. Als Bundesland mit den besten Windbedingungen in Deutschland werden wir mit einer angestrebten Windeignungsfläche von nunmehr 1,5 % der Landesfläche das Potential für Windstrom von der Nettonutzung her faktisch verdoppeln, leisten damit einen erheblichen Beitrag zum Schutz des Klimas und setzen ein privatwirtschaftliches Investitionsprogramm größeren Ausmaßes in Gang. Ich freue mich, dass es auch durch die gute Kooperation mit dem Innenminister gelungen ist, nicht nur durch den Landesentwicklungsplan die Eignungsfläche auszuweiten, sondern dass wir jetzt auch in den Endverhandlungen über den Abstandserlass sicherstellen können, dass diese 1,5 % Eignungsfläche auch tatsächlich ausgenutzt werden kann.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Dr. Chri- stian von Boetticher [CDU]: Warum war das bloß nicht früher schon möglich?)

Das ist übrigens die Voraussetzung dafür, dass wir eine Ausbauprognose bekommen, die es in der Tat in sich hat. Wir gehen davon aus, dass bis 2015 der Ausbau um 9.000 MW möglich ist. Wir gehen davon aus, dass offshore im gleichen Zeitraum 3.000 MW neu entstehen können. Das bedeutet, dass wir eine gewaltige Vermehrung des Potentials an Windenergie und Produktion dieses Stromes bekommen werden. Ich glaube, das begrüßen wir hier im Landtag fraktionsübergreifend.

(Beifall bei CDU und FDP sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das einzige Problem daran ist, dass elektrische Energie kein haltbares Gut ist, sondern sie muss immer dann verbraucht werden, wenn sie erzeugt wird. Das ist das Problem der Ableitung, und das ist auch das Problem, dass es gegenwärtig Situationen gibt, dass bei besten Windbedingungen unsere Windkraftanlagen stillstehen, weil die Stromautobahnen keine weitere Einspeisung mehr verkraften.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen Sie doch gar nicht! Null Antwort! Das haben wir doch abgefragt, ob die Landesregierung Erkenntnisse dazu hat!)

- Darüber weiß ich etwas. Herr Kollege Matthiessen, einen Moment mal! Wir haben auf die entscheidende Website verwiesen, Herr Kollege Matthiessen. Sie wissen, dass es nicht unsere Aufgabe ist, das zu kontrollieren. Dafür gibt es eine Bundesnetzagentur, die das macht.

(Lars Harms)

(Beifall bei CDU und FDP)

Oftmals sind Sie nicht nur die „Dagegen-Partei“, sondern die „Überwachungsstruktur-Vermehrungspartei“.

(Heiterkeit bei CDU und FDP)

Insofern ist es überhaupt nicht erforderlich, dass wir diese Daten selber erfassen.

Der Umstand, dass diese Anlagen stillstehen, ist zum Teil auch betriebswirtschaftlich problematisch. Es wird zwar vergütet, allerdings nicht in ganzer Höhe. Es ist vor allen Dingen aber volkswirtschaftlicher Wahnsinn, diese Anlagen aufzustellen und hinterher den Strom nicht abzuleiten.

(Beifall bei CDU, FDP, SSW sowie verein- zelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir haben durch die Vermehrung und den Ausbau der erneuerbaren Energien, vor allem im Bereich Wind, ein doppeltes Problem, das in Deutschland hinzukommt. Einmal geht es darum, dass diese Leitungen größere Mengen verkraften müssen, zum anderen geht es darum, dass wir eine Veränderung der Energiegeographie in Deutschland bekommen, weil durch die Vermehrung der erneuerbaren Energien sich die Verbrauchszentren der Energie von den Produktionszentren der Energie entkoppeln. Das heißt, wir brauchen neue strukturelle Durchleitungsmöglichkeiten, was die Aufgabe in der Tat nicht einfacher macht.

Der Bericht zeigt, über welche Stromnetze wir reden müssen, wer die verantwortlichen Beteiligten sind, was bisher schon geschehen ist und was noch alles angepackt werden muss, damit wir unsere Ausbauziele erreichen können.

Die Vorgehensweise - das wird der Kollege Matthiessen mir sicherlich gleich vorwerfen - ist ein bisschen umständlich. Das liegt aber daran, dass in Deutschland der Netzausbau keine staatliche Aufgabe, sondern Aufgabe der Unternehmen ist, die als Netzbetreiber für die Netze verantwortlich sind. Insofern haben wir in der Tat nur sehr indirekte Steuerungsmöglichkeiten, die wir auch kritisch überprüfen. Ich bin der Auffassung, dass wir uns überlegen und sehr genau prüfen müssen, ob wir durch die Regulierung im Energiemarkt die richtigen Anreize setzen. Auch das wird ein Thema für die Bundesnetzagentur sein. Ich glaube, wir sollten aber daran festhalten, dass dies zunächst eine Aufgabe der Unternehmen ist, die für die Netze verantwortlich sind.

Wir haben, was unsere Verantwortung anbelangt, die Gespräche mit den Netzbetreibern auf den verschiedenen Ebenen geführt. Wir haben auch den Eindruck, dass sich diese Netzbetreiber - unterschiedlich schnell - bewegen. Ich habe auch den Eindruck, dass die Tatsache, dass TenneT ins Spiel gekommen ist, die Sache eher beschleunigt - was übrigens auch etwas über den vorherigen Eigentümer sagt. Ich glaube, dass wir landespolitisch wie bundespolitisch sehen müssen, dass wir Mittel und Wege finden, den Netzausbau von der Anreizregulierung her zu verstärken, aber dann auch bei der Durchführung dafür Sorge zu tragen, dass diese Stromautobahnen, die wir in erster Linie mit den Zuleitungen brauchen werden, auch tatsächlich in der Planfeststellung schnell umgesetzt werden können.

Ich glaube, dass wir dort sicherlich die Frage stellen müssen, ob wir auf der Basis eines Bundesnetzplans, den wir leider erst Ende nächsten Jahres bekommen werden, Korridore schaffen können, wo wir Planfeststellungsvereinfachungen bekommen.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal ausdrücklich unterstreichen, dass wir auch miteinander überlegen müssen, wie wir die Akzeptanz des Leitungsausbaus tatsächlich herstellen können. Das ist nicht nur die Erfahrung der zurückliegenden Wochen, sondern das ist die Feststellung einer gesellschaftlichen Veränderung. Es wird nicht allein darum gehen, dass wir die Menschen informieren, dass wir Transparenz schaffen - das müssen wir auch, das ist ganz wichtig -, sondern wir müssen auch andere Wege finden, die Belange der Menschen in die Entscheidung mit aufzunehmen.

Ich halte es für sehr interessant, dass die Netzbetreiber selbst auf uns zukommen und die Durchführung von Dialogforen vorschlagen. Wir sind ausdrücklich offen dafür. Es gibt noch einiges zu klären, zum Beispiel, in welcher Phase das geschehen soll, wer dafür verantwortlich sein soll, wie die Beteiligten eingebunden werden können. Aber ich glaube, es wird uns nicht gelingen, den Netzausbau in der erforderlichen Größenordnung für die großen Stromautobahnen, aber auch für die vielen kleinen Netze, die entstehen müssen, um die Energie abzuleiten, schnell durchzuführen, wenn wir die Situationen ohne Akzeptanz schaffen, denn sonst wird es dazu kommen, dass diese Dinge noch zusätzlich behindert werden, weil keine Akzeptanz vorliegt.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Minister Jost de Jager)

Deshalb brauchen wir eine neue Herangehensweise. - Herr Kollege Matthiessen, ich freue mich schon auf Ihren Beitrag, kann Ihnen aber gleich sagen: Ich habe gerade schon gesagt, dass wir offen für diese Dialogverfahren und für Dialogforen sind. Die Unternehmen sind es auch. Deshalb ist das ein wichtiger Baustein für die Umsetzung und die Beschleunigung des Netzausbaus.

(Beifall bei CDU und FDP)

Vielen Dank Herr Minister. - Der Minister hat die Redezeit für die Landesregierung um 2 Minuten überschritten. Diese zusätzlichen 2 Minuten stehen auch allen Fraktionen zur Verfügung.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Jens-Christian Magnussen von der CDU das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für das Überziehen. Die zwei Minuten mehr entspannen die Vorlage ein bisschen, denn dieses Thema ist ein Thema, das man ausgiebig diskutieren sollte.

(Zuruf des Ministers Jost de Jager)

- Vielen Dank.

(Heiterkeit - Zurufe)

- Schleswig-Holstein ist ein Energieland, so ist es. Elektrische Energie ist für uns ein Wirtschafts- und Exportgut. Es wird Geld damit verdient. Durch unsere geografische Lage sind wir gleichermaßen prädestiniert für konventionelle wie für regenerative Kraftwerke. Daher sprechen wir uns für einen vernünftigen und ausgewogenen Energiemix aus, und das nicht zum ersten Mal. Es gibt allerdings eine Prämisse.

(Zuruf des Abgeordneten Olaf Schulze [SPD])

- Kollege Schulze, lassen Sie mich den Satz beenden, dann können Sie sich zu Wort melden. Es gibt allerdings eine Prämisse: Langfristig soll fast nur noch verlässlicher Strom aus erneuerbaren Energien durch unsere Leitungen fließen. Ich ergänze aber, dass neben den Netzen auch die Speichertechnologie für Energie zwingend zum Gesamtkonzept gehört. Durch umfangreiche Förderinstrumentarien können wir auch stetig neue Ausbau

erfolge wie bei der Windenergie feiern. So weit, so gut.

Bei all dieser Euphorie wurde eines zunächst kaum berücksichtigt: Konventionelle Kraftwerke werden dort errichtet, wo der Strom gebraucht wird, nämlich in den Ballungszentren. Erneuerbare Energien werden jedoch verständlicherweise dort eingesetzt, wo es für die Erzeuger am wirtschaftlichsten ist. Hier müssen wir den Strom vom Produktions- zum Verbrauchsort transportieren. Der Herr Minister hat dies ausgeführt. Doch genau dieses Problem hatte man am Anfang nicht im Fokus. Das ist ein Punkt, den sich insbesondere Rot-Grün ankreiden lassen muss, nämlich den fehlenden Weitblick.