Protokoll der Sitzung vom 27.05.2011

Für den SSW ist deshalb völlig klar: Wenn es schon nicht gelungen ist, hier frühzeitig gegenzusteuern, müssen wir uns zumindest heute mit Nachdruck dafür einsetzen, diese Entwicklung zu stoppen. Dabei kann die Bedeutung der von den Hebammen und Entbindungshelfern geleisteten Arbeit gar nicht hoch genug eingeschätzt werden können. In vielen Fällen übernehmen sie im Rahmen ihrer Hausbesuche die komplette Mütterberatung. Sie bieten umfangreiche Leistungen während und nach der Entbindung. Sie sind damit eine wichtige Säule der ambulanten Versorgung. Nebenbei bemerkt helfen sie durch ihre Dienste vor Ort auch dabei, jede Menge Geld zu sparen.

Vor diesem Hintergrund ist die Situation der letzten Jahre nahezu absurd. Wir alle wissen doch, dass Hebammen und Geburtshelfer mittlerweile die Gebühren für die Geburt fast vollständig für die Versicherungsprämien verwenden müssen. Dies zeugt nicht gerade von großer Wertschätzung für diesen Beruf.

Die Landesverbände der Hebammen haben mit dem Protest am 5. Mai 2011 erneut auf ihre berechtigten Forderungen hingewiesen. Hierzu gehört vor allem eine angemessene Bezahlung, die endlich auch der Verantwortung der Berufsgruppe entsprechen muss. Damit wäre dann auch die Grundlage für den Erhalt der wohnortnahen Geburtshilfe gegeben. Der SSW unterstützt den Antrag der Grünen, der unter anderem auch diesen zentralen Punkt beinhaltet. Auch wir halten den Weg einer Bundesratsinitiative für richtig, weil wir in dieser Sache ganz einfach nicht mehr die Zeit für Runde Tische auf Landesebene haben.

Doch die schwierige Situation der Hebammen und Geburtshelfer zeigt deutlich, dass wir nicht nur dringend Sofortmaßnahmen wie die Anhebung der Vergütung für Hebammenleistungen brauchen. Um weiterhin eine verlässliche geburtshilfliche Betreuung garantieren zu können, brauchen wir auch tief greifende strukturelle und gesetzliche Änderungen. Hier muss vor allem die längst überfällige Überführung der Leistungen von Hebammen und Geburtshelfern ins Sozialgesetzbuch erfolgen.

Die Landesregierung ist in der Pflicht, dies im Rahmen einer Bundesratsinitiative zu fordern. Wir erwarten aber auch, dass sie sich aktiv in die Verhandlungen zur Bildung eines bundesweiten Fonds

einbringt, aus dem dann zumindest ein Teil der extrem hohen Versicherungsbeiträge finanziert werden kann.

Ich will nicht in Abrede stellen, dass die Landesregierung sicherlich kurzfristig Hilfen bereitgestellt hat. Gerade die Tatsache, dass die Vergütung, so niedrig sie auch sein mag, immerhin auf das Niveau der GKV angehoben worden ist, ist in Ordnung, aber nur ein erster Schritt. Jetzt muss aus diesem Haus das Signal kommen, dass wir mehr wollen, dass wir eine leistungs- und verantwortungsgerechte Bezahlung und Absicherung für die Hebammen haben wollen. Das geht eben nur, indem man auch Gesetzesinitiativen im Bundesrat startet. Deshalb unterstützen wir den Antrag der Grünen.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Bildung und Kultur, Herrn Dr. Ekkehard Klug.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Kollege Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg hat die Position der Landesregierung zu diesem Thema während der 9. Tagung hier im Plenarsaal und danach Ende Oktober letzten Jahres im Sozialausschuss erläutert. Unser Anliegen bleibt es, die wirtschaftliche Lage freiberuflicher Hebammen und Geburtshelfer zu verbessern und ihre ambulante Tätigkeit im Land zu sichern.

Lassen Sie mich in Vertretung meines Kollegen Garg, der das Land heute im Bundesrat in Berlin vertritt, einige Bemerkungen zur fachlichen Würdigung der vorliegenden Anträge aus Sicht des zuständigen Gesundheitsministeriums machen. In den beiden vorliegenden Oppositionsanträgen heißt es, seit 2007 habe keine Gebührenanhebung mehr stattgefunden. Auch wenn wir alle wissen, dass die Hebammenvergütung derzeit nicht auskömmlich ist - so, wie es in den Anträgen der Opposition formuliert ist, stimmt es einfach nicht. Es gab nämlich seit 2007 mehrere Erhöhungen, die letzte zum 1. Juli 2010.

Wer die Hebammen unterstützen will - das wollen wir alle -, sollte dann schon in seinen schriftlichen Vorlagen korrekte Fakten anführen.

(Lars Harms)

(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und Johannes Callsen [CDU])

Die Landesregierung sieht auch nicht, welche Vorteile es hätte, die geltende Bestimmung der Reichsversicherungsordnung in das SGB V zu überführen. Eine Übernahme der RVO-Regelungen in das SGB V bringt keine Leistungsverbesserung. Auch die Vergütungen der Gesundheitsfachberufe, die im SGB V geregelt sind, werden in direkten Verhandlungen zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung und den jeweiligen Berufsverbänden ausgehandelt. Gesetzliche Vorgaben, wie diese Gebühren auszusehen haben, gibt es auch im SGB V nicht.

Ferner wird im Antrag der Grünen argumentiert, es sei von der Bundesregierung 2007, zur Amtszeit der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, SPD, versäumt worden, Art und Umfang der Hebammenhilfe verbindlich bundesgesetzlich zu regeln. Auch das ist so nicht zutreffend. Die Bundesregierung hat seinerzeit richtigerweise Verantwortung den Beteiligten übertragen - in Anerkennung von Hebammen als eigenständigem Berufsstand, nicht als ein Versäumnis. Die Hebammenvergütung ist zwischen den Akteuren auszuhandeln - so wie es in allen anderen Gesundheitsberufen auch der Fall ist, auch wenn es vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation der Kassen hier heute Schwierigkeiten gibt, zu einer angemessenen Vergütung zu kommen.

Auch die Landesregierung begrüßt vor diesem Hintergrund, dass der Bundesgesundheitsminister eine Erhebung über die Vergütungssituation von Hebammen vorbereitet. Auf ihrer Grundlage sollen Hebammenverbände und GKV-Spitzenverband erneut über die Vergütungsleistungen verhandeln. Nicht richtig wäre es hingegen, für eine einzelne Berufsgruppe - so wichtig ihre Tätigkeit auch ist einen systemwidrigen allgemeinen Fonds einzurichten.

Aus diesem Grund sieht die Landesregierung auch keinen Anlass für einen allgemeinen Runden Tisch, wie es die beiden Oppositionsfraktionen eingefordert haben. Auch die Forderung nach einer Bundesratsinitiative geht daher fehl.

Die Landesregierung teilt die Auffassung, dass die Arbeit von Hebammen und Geburtspflegern bei und nach der Geburt immense Bedeutung hat. Diese Bedeutung wird in ihrem Anteil von nur etwa 2 % aller Geburten nicht abgebildet, die außerklinisch durch freiberufliche Hebammen begleitet werden.

Die Ende April in Kraft getretene Landesverordnung für die Vergütung von Leistungen der Hebammen und Entbindungspfleger gegenüber Selbstzahlerinnen ist bereits von Vorrednerinnen - wie der Kollegin Klahn - angesprochen worden. Damit haben wir die auf Landesebene bestehenden Möglichkeiten ergriffen, um die Einnahmebasis für die freiberufliche Geburtshilfe zu erweitern.

Rheinland-Pfalz führt derzeit einen Modellversuch über die Ausweitung der Wochenbettbetreuung von zwei auf sechs Monate durch. Selbstverständlich werden - wenn sie vorliegen - die Ergebnisse im Gesundheitsministerium sehr aufmerksam ausgewertet und auf ihren Nutzen für Schleswig-Holstein hin untersucht werden.

Die Landesregierung wird auch in Zukunft die dem Land möglichen Maßnahmen zur Unterstützung von Hebammen ergreifen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Die Fraktion DIE LINKE hat Ausschussüberweisung beantragt. Darüber lasse ich zunächst abstimmen. Wer der Auffassung ist, dass der Antrag Drucksache 17/1486 sowie die Änderungsanträge Drucksachen 17/1522 und 17/1554 als selbstständige Anträge dem Sozialausschuss zu überweisen sind, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW. - Gegenstimmen? Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. - Damit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung abgelehnt worden.

Es ist dann beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Ich schlage vor, abweichend von der Geschäftsordnung die drei vorliegenden Anträge zu selbstständigen Anträgen zu erklären. - Widerspruch sehe ich nicht, dann werden wir so verfahren.

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/1486, abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW. Gegenstimmen? - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Enthaltungen? - Enthalten hat sich die SPD-Fraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/1522, ab

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

stimmen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SSW-Abgeordnete Lars Harms.

(Heiterkeit)

- Lieber Kollege Harms, mehr ist da zurzeit nicht rauszuholen.

(Heiterkeit)

Gegenstimmen? - Gegen den Antrag votieren die Fraktionen von CDU und FDP. Enthaltungen kann es keine geben. - Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich lasse über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP abstimmen, Drucksache 17/1554. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Gegenstimmen? - Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW – – Nein, DIE LINKE. Entschuldigung, der Kollege Harms hat mich verwirrt. Enthaltungen? - Das sind die SPD-Fraktion und der Kollege Lars Harms für seine Fraktion. - Damit ist der Antrag angenommen.

Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Keine Bundesratszustimmung zum CCS-Gesetzentwurf der Bundesregierung

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1479

Keine Kohlendioxidspeicherung in SchleswigHolstein

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1547

Keine Bundesratszustimmung zum CCS-Gesetzentwurf der Bundesregierung

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/1551

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Kollegen Detlef Matthiessen.

Vielen Dank, Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Ministerpräsident klopft sich auf die Schulter. Nach seiner Auffassung hat sich Schleswig-Holstein im CCS-Gesetzgebungsverfahren durchgesetzt. Die Länderklausel in § 2 Abs. 5 erlaubt es den Ländern, in Zukunft CO2-Einspeicherung komplett auszuschließen. Wenn das so wäre, wäre das sicherlich ein Erfolg. Leider trifft das nicht zu. Es bleibt die Frage: Hat sich der Ministerpräsident täuschen lassen, oder hat er die Öffentlichkeit getäuscht? - Zwei wenig schmeichelhafte Alternativen.

Eine formalrechtliche Ausstiegsklausel, eine sogenannte Opt-out-Regelung, fehlt im Gesetzesentwurf der Bundesregierung. Einen generellen Ausstieg für die Länder gibt es nicht. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags kommt zu dem Ergebnis, dass bei der Auswahlentscheidung, der Zulassung oder Nichtzulassung von CO2-Speichern, eine Abwägung erforderlich ist. Diese muss natürlich rechtlichen Anforderungen entsprechen und ermessensfehlerfrei sein. Herr Kubicki, hören Sie gut zu! Sie darf nicht politisch willkürlich getroffen werden, sondern nach fachlichen Kriterien müssen Auswahl- und Ablehnungsgründe genannt werden - ein Verwaltungsakt, den der Antragsteller notfalls gerichtlich überprüfen lassen kann.

Das ist normales Verwaltungshandeln. Der Landesgesetzgeber soll nach dem Gesetz dafür die rechtlichen Grundlagen bestimmen. Von einer Länderklausel, wie sie der Landtag Schleswig-Holstein gefordert hat, ist § 2 des Entwurfs des KohlendioxidSpeicher-Gesetzes weit entfernt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Herr Kubicki, die Summe der Teilgebietsauswahl könnte im Ergebnis theoretisch dazu führen, dass in einem Land keine geeigneten Kohlendioxidspeicher zu bestimmen sind. Für Schleswig-Holstein ist das unwahrscheinlich. Ich erinnere daran, dass gerade die potenzielle Eignung tiefengeologischer Formationen in Schleswig-Holstein zu den Konflikten um CCS geführt haben. Eine nach fachlichen Kriterien durchgeführte Gebietsauswahl würde wahrscheinlich nicht zu einem CCS-Lagerstättenausschluss für ganz Schleswig-Holstein führen können. Einen Automatismus gibt es jedenfalls nicht, und einer Länderklausel bedarf es insofern überhaupt nicht, sondern sie heben auf kluges Verwaltungs

(Präsident Torsten Geerdts)