Protokoll der Sitzung vom 16.09.2011

(Beifall bei der FDP)

Dass sich mittlerweile fast alle Fraktionen dieses Landtags für das ÖPP-Modell erwärmen können, erleichtert einiges. Aber auch das ÖPP-Modell lässt meiner Ansicht nach noch einige Fragen offen. Für die FDP-Fraktion ist es wichtig zu wissen, bevor die schlussendliche Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung des Modells gefällt wird, welche längerfristigen Auswirkungen bei der AssetLösung für den Landeshaushalt zu erwarten sind. Die Frage ist hier konkret: Wie sieht es beispielsweise mit der Gewährträgerhaftung aus, an die das Land rechtlich weiterhin gebunden ist? Ich möchte hier ganz deutlich sagen, dass es für mich aus finanzpolitischer Sicht außerordentlich schwierig ist, dass das Land bislang noch nicht bezifferte finanzielle Risiken für die kommenden Jahre auf sich nimmt, damit wir jetzt erst einmal Ruhe haben.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Daher müssen wir bei der weiteren parlamentarisch-politischen Begleitung des Prozesses die jüngsten Warnungen des Landesrechnungshofs ernst nehmen. Wenn also Herr Dr. Altmann Ende August in den Medien damit zitiert wird, dass er Zweifel habe, ob das UK S-H in der Lage sein werde, die Mietkosten selbst zu erwirtschaften, müssen wir klar und offen darüber reden. Vor dem Hintergrund der dramatischen Haushaltslage des Landes können wir uns im wahrsten Sinne des Wortes keine weiteren Fehler mehr leisten. Unter den Fehlern vergangener Regierungen haben wir jetzt schon genug zu leiden.

(Beifall bei der FDP)

Ich will nicht ständig über das lamentieren, was uns hinterlassen wurde, sondern lieber über das reden, was wir jetzt tun können. Worum also geht es? Wir brauchen, bevor der Zuschlag für einen Anbieter gegeben wird, eine saubere und transparente und nachvollziehbare Wirtschaftlichkeitsberechnung.

(Werner Kalinka [CDU]: Richtig!)

(Daniel Günther)

Wir brauchen Zahlen. Die liegen uns noch nicht vor. Wir müssen klar vor Augen haben, wohin die Reise finanziell gehen soll.

Ich will damit auch sagen, dass die grundsätzliche Einigung auf das Asset-Modell bedeutet, dass alle Beteiligten - ich sage: alle Beteiligten - an einem Strang ziehen müssen. Also auch das UK S-H muss offenlegen, wohin die Reise gehen soll. Auch das UK S-H muss seinen Willen zum Gelingen des ÖPP-Modells tatkräftig untermauern.

Ich habe die Bemerkungen 2011 des Landesrechnungshofs aufmerksam und mit einigem Unbehagen in diesem Punkt gelesen. Daher habe ich zum derzeitigen Zeitpunkt noch begründete Zweifel, ob der UK S-H-Vorstand auch verstanden hat, wie ernst die Lage ist,

(Widerspruch bei der SPD)

und auch daran, ob der Vorstand weiß, in welche Richtung er sich bewegen muss. Der Vorwurf des Landesrechnungshofs, dass Ruhe-, Vorstands- und Chefarztvergütungen einen Anteil an der Verschuldung des Universitätsklinikums beitragen, wiegt hier sehr schwer. Ich muss Ihnen gestehen, dass auch für mich völlig unverständlich ist,

(Anhaltende Unruhe - Glocke der Präsiden- tin)

wie in einer Situation wie dieser die deutlich überdurchschnittlichen Gehälter zu rechtfertigen sind.

(Beifall bei der FDP)

Der Rechnungshof beschreibt zum Beispiel Folgendes - ich zitiere mit Verlaub -:

„Das UK S-H muss heute für drei Vorstandsmitglieder mehr aufwenden als 2006 für vier. Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landtags, die Vergütungen im Vorstandsbereich insbesondere für die ärztlichen Vorstandsmitglieder künftig deutlich zu reduzieren, wurde nicht berücksichtigt. Die Vergütung stieg in einem Fall um über 50 %.“

Etwas später heißt es:

„Die Vorstandsvergütungen des UK S-H liegen deutschlandweit an der Spitze der Universitätsklinika.“

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das wäre mit der Privatisierung ganz anders! - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Das ist nur unter Ihrer Führung möglich geworden!)

Wenn wir den Erfolg des Asset-Modells wollen, muss diese Baustelle weggeräumt sein. Alles andere wäre für den Haushalt des Landes unverantwortlich.

Ich fordere deshalb von allen Beteiligten, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst werden.

(Beifall bei der FDP)

Die Entscheidung für das ÖPP-Modell kann nur der erste Schritt sein. Die Beteiligten sind damit nicht aus der Pflicht. Im Gegenteil, sie sind jetzt mehr denn je gefragt. Darauf werden wir in den kommenden Monaten besonders achten.

Ich möchte noch ein paar Worte zum Markterkundungsverfahren verlieren. Sinn des Markterkundungsverfahrens war es ja, eine schnell umsetzbare Lösung zu schaffen, die längerfristig tragfähig ist und die uns von den finanziellen Gefahren fernhält, die den Landeshaushalt erdrücken könnten. Es geht also eigentlich um die Quadratur des Kreises. Die in dem Markterkundungsverfahren zutage getretenen Lösungsmöglichkeiten haben uns deutlich gemacht, dass es mehrere Wege gibt, wie wir den massiven Investitionsstau unter den gegebenen rechtlichen Voraussetzungen angehen können.

Wir sind das Markterkundungsverfahren offen angegangen. Wir wollten ehrlich wissen, was wir tun können, um dem Problem des US S-H Herr zu werden. Wir hatten vorher eine bevorzugte Richtung, wollten aber sehen, ob es auch andere Wege zum Ziel gibt. So weit waren die Sozialdemokraten erst einmal eigentlich auch. So ließ uns am 5. Oktober 2010 der Abgeordnete Jürgen Weber durch eine Pressemitteilung Folgendes wissen - ich zitiere -:

„Um mehrere Modelle für das UK S-H zu prüfen, ist ein Markterkundungsverfahren eine mögliche Vorgehensweise. Es kann auch wichtige Hinweise liefern, wie das Konzept des Klinikvorstands zum Erfolg geführt werden kann.“

Am 25. März 2011 erklärte Jürgen Weber dann aber zusammen mit Wolfgang Baasch:

„Markterkundungsverfahren und die Kürzung von Zuschüssen durch die Landesregierung sind kontraproduktiv und gefährden das UK S-H insgesamt mit seinen Standorten in Kiel und Lübeck.“

Ich weiß nicht, was in der Zwischenzeit mit Herrn Weber passiert ist. Aber „politische Amnesie“ wäre noch freundlich ausgedrückt. Zunächst befürworten Sie das Markterkundungsverfahren, und dann ge

(Katharina Loedige)

fährdet das gleiche Markterkundungsverfahren die Standorte Kiel und Lübeck. Das lässt nur den Schluss zu, dass die SPD jetzt gefährliche Politik unterstützt. Das kann ich mir bei Ihnen aber gar nicht vorstellen, Herr Weber.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Solange wir Ihre nicht unterstützen!)

Wenn man sich, wie die SPD, auf diese Art und Weise einem der dringendsten Probleme unseres Landes nähert, verhöhnt man wirklich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UK S-H, die sich um ihre berufliche und persönliche Zukunft Sorgen machen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Dazu haben Sie bei- getragen!)

Eine ernsthafte politische Auseinandersetzung kann ich das nicht nennen. Verantwortliche Politik sieht anders aus.

Der bauliche Masterplan muss schnellstmöglich umgesetzt werden. Dafür müssen wir in den kommenden Monaten die Weichen stellen. Ich will nicht verhehlen, dass mich daher die vom Wissenschaftsministerium vorgelegte lange Vorbereitungszeit für die faktische Umsetzung der Baumaßnahmen, nämlich erst zu Beginn 2014, ein wenig überrascht hat.

Völlig unverständlich ist für mich, was die Sprecherin der UK S-H-Vertrauensleute von ver.di, Sabine Krohn, in den „Kieler Nachrichten“ am 9. September in diesem Zusammenhang geäußert hat - ich zitiere mit Verlaub -:

„Am 6. Mai wird der Landtag neu gewählt. Die jetzige Landesregierung ist nicht legitimiert, acht Monate vorher über eine so weitreichende Maßnahme zu entscheiden oder sie mit einer Stimme zu erwirken.“

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Lars Harms [SSW])

- Mir war klar, dass von dieser Seite Beifall kommt. Das ist wirklich ein starkes Stück. Wie viele Monate vor einer Landtagswahl wäre eine Landesregierung denn nach dieser Logik legitimiert, um eine Entscheidung zu treffen?

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Mit einer verfas- sungsmäßigen Mehrheit!)

Zehn Monate? 12 Monate? 16 Monate? Wie viele Stimmen über der Mehrheit braucht Frau Krohn, damit ihrer Ansicht nach eine Entscheidung legitim ist?

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Solange sie die ver- fassungsmäßige Mehrheit hat!)

Oder muss die SPD an der Regierung beteiligt sein, damit eine Entscheidung für ver.di legitim ist? Wenn wir auf diese Art und Weise argumentieren, können wir uns die parlamentarische Demokratie schenken.

(Beifall bei der FDP)

Nein, wir müssen endlich handeln, um dem massiven Investitionsstau Herr zu werden. Das sind wir den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen schuldig.

Nun noch ein paar Sätze zum Partikelzentrum! Wer die Diskussion über das PTZ oder NRoCK in der vergangenen Wahlperiode verfolgt hat, wird sich über die Pressemeldungen nicht wundern können, dass die avisierte Zahl von knapp 3.000 Patienten pro Jahr viel zu hoch gegriffen war.

(Beifall des Abgeordneten Christopher Vogt [FDP])

Die FDP-Fraktion hat bereits in der 16. Wahlperiode deutlich gemacht, dass die großen gesundheitspolitischen Chancen, die sich aus der Partikeltherapie ergeben, beim PTZ mit erheblichen finanzpolitischen Risiken einhergehen.