Protokoll der Sitzung vom 05.10.2011

wir uns entscheiden. Das ist im Bundesrat aufgrund der Initiative der SPD leider gescheitert.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für den SSW erteile ich dem Kollegen Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens. Herr Kollege Kubicki hat recht: Es gibt keine gute CO2-Einlagerung, sondern es gibt nur viele gute Argumente gegen eine solche Einlagerung. Deswegen ist der Weg der Baden-Württemberger unter grüner Führung auch ein Irrweg. Wenn man CO2 ablehnt, dann muss man es nicht nur für die Energiegewinnung, sondern natürlich auch für die Prozessenergie ablehnen. Deswegen ist es eine gute Sache, wenn wir uns als Schleswig-Holsteinischer Landtag noch einmal einheitlich positionieren.

Zweitens wollte ich Folgendes ansprechen: Es ist ja nicht ganz richtig, dass nur die Länderklausel abgelehnt wurde beziehungsweise dass dies eines der Hauptargumente war. In der Tat - da gebe ich dem Kollegen Matthiessen recht - ging es auch um diese 30-jährige Haftung. Wenn man sich einmal vorstellt, dass man diesen Passus aus dem Gesetz herausverhandelt bekommen hätte, dann wäre auf einen Schlag jedwedes Projekt unwirtschaftlich gewesen, und es hätte bei den Unternehmen überhaupt keinen Antrieb mehr gegeben, ein solches Projekt noch zu verfolgen. Auch das möge man bei möglichen Verhandlungen, die noch kommen, im Hinterkopf behalten. Denn auch ich bin nicht so blauäugig, dass ich davon ausgehe, dass jedes Land seine Haltung sofort unserer Haltung anpasst.

Aber ich kann mir vorstellen, dass es in einem Gesetz immer mehrere Stellschrauben gibt, mit denen man etwas Gutes für das Land Schleswig-Holstein tun kann.

Ein letztes Wort: Der Kollege Kubicki hat eine Beteiligung an dem Gesetzentwurf beziehungsweise an dem Antrag angeboten. Wir als SSW werden alles, was in irgendeiner Art und Weise dazu führen könnte, dass das Land Schleswig-Holstein im Bundesrat beantragt, CCS im Bundesgebiet zu verbieten, auch mittragen. Das ist gar keine Frage. Wir unterschreiben auch gern einen solchen Antrag. Sollte der Antrag schon gleich eine Gesetzesformulierung enthalten - so wie es der Kollege Habeck

(Wolfgang Kubicki)

gerade eben vorgeschlagen hat -, sind wir auch mit dabei.

Ich glaube, in diesem gesetzeslosen Zustand, den wir jetzt haben, ist es wichtig, dass wir als Land Schleswig-Holstein mit einer Initiative im Bundesrat kommen, damit die Diskussion angestoßen und diese weitergeführt wird. Ich glaube, es würde diesem Haus gut anstehen, mit einer einheitlichen Meinung und einer gemeinsamen Haltung aufzutreten. Dieses hätte mehr Gewicht als jede Regierungsmeinung, die man sich vorstellen könnte. Ich glaube, wenn wir alle gemeinsam hier im Haus einen solchen Antrag stellen würden, wird man darauf mehr hören, als wenn nur eine Regierungskoalition dies entsprechend beantragen würde.

Damit sind wir wieder an der Stelle zurück, mit der der Kollege Habeck die Debatte angefangen hat: Wo liegen die Gemeinsamkeiten? - Die scheint es in diesem Punkt zu geben. Ich würde empfehlen, in der Mittagspause zu versuchen, diese Gemeinsamkeiten auch in einem gemeinsamen Antrag zu formulieren und den dann hier - möglicherweise auch ohne weitere Aussprache - zu beschließen.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das machen wir in Ruhe!)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich begrüße auf der Zuschauertribüne weitere Gäste. Es sind Schülerinnen und Schüler sowie deren Lehrkräfte von der Realschule in Altenholz. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 45 auf:

Integriertes Energie- und Klimakonzept für Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 17/1851

Ich erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Jost de Jager, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gemäß dem Auftrag des Landtags legt die Landesregierung ein integriertes Energie- und Klimakonzept für Schleswig-Holstein vor. Das ist das Dokument, in dem wir darlegen, wie wir in Schleswig-Holstein die Energiewende schaffen und tatsächlich bewerkstelligen wollen.

Ich darf auch im Namen meiner Kollegin Juliane Rumpf, die für Teile der Energiepolitik und den Klimaschutz zuständig ist, dazu vor allen Dingen drei Botschaften vorstellen.

Die erste Botschaft lautet: Die Energiewende wird in Deutschland nicht ohne Norddeutschland und nicht ohne Schleswig-Holstein gelingen. Im Frühsommer haben wir die Energiewende in Deutschland beschlossen. Sie beruht auf einem breit getragenen gesellschaftlichen Konsens und beinhaltet, dass unser Land bis zum Jahr 2022 schrittweise, und damit früher als bisher geplant, aus der Kernenergie aussteigen wird, und gleichzeitig wird der Ausbau der erneuerbaren Energien erheblich beschleunigt und vor allem auch konkret gefördert. Für Schleswig-Holstein heißt das, dass die Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel nicht mehr ans Netz gehen, Brokdorf wird am 31. Dezember 2021 vom Netz gehen.

Diese Energiewende im Bund gibt uns im Land Rückenwind für das, was wir beim Umstieg auf die erneuerbaren Energien ohnehin vorhatten. Ich weise darauf hin, dass viele der Maßnahmen, die in diesem integrierten Energie- und Klimakonzept genannt sind, bereits vor Fukushima auf den Weg gebracht worden sind. Die Bedingungen haben sich nach Fukushima verändert. Wir nehmen jetzt mehr Tempo auf, aber die Anlage dieser Politik hat es bereits vorher gegeben.

(Beifall bei der CDU)

Dabei können wir auf die natürlichen Standortvorteile Schleswig-Holsteins zurückgreifen und die beachtlichen Exportpotenziale, die wir in diesem Bereich haben, auch tatsächlich nutzen. Wir können in Schleswig-Holstein auf eine lange Tradition bei der Nutzung der erneuerbaren Energien zurückgreifen. Schleswig-Holstein ist bundesweit die Wiege der Windenergie.

Wir haben schon erhebliche Vorarbeiten für den Umstieg auf erneuerbare Energien und vor allem auf die Windenergie geleistet. Die Landesregierung hat mit der Ausweitung der Windeignungsfläche

(Lars Harms)

auf 1,5 % der Landesfläche im Landesentwicklungsplan frühzeitig ein Signal gesetzt. Diese Zielgröße wird bis zum Frühjahr 2012 in die Regionalpläne eingearbeitet. Aufgrund dieser Verdoppelung der Nettowindeignungsfläche im Land und die Möglichkeiten des Repowerings wissen wir schon heute, dass wir früher als gedacht, möglicherweise bereits schon 2015, über ein On-Shore-Windenergiepotenzial von circa 9.000 MW verfügen können. Ob dies allerdings bis dahin tatsächlich gelingt, hängt auch von den Voraussetzungen ab. Eine wesentliche Voraussetzung für diese Investitionen in Milliardenhöhe in Schleswig-Holstein ist die Möglichkeit der Ableitung. Deshalb werde ich im Rahmen meiner Rede vor allem auch auf die Frage des Netzausbaus noch eingehen.

Nehmen wir im Land alle erneuerbaren Energien zusammen, dann werden wir ein Potenzial bis 2015 von 10.300 MW haben. Das führt dazu, dass wir insgesamt - auch mit diesem Konzept, das wir heute vorlegen - uns neue Ziele gesetzt haben. Wir wollen früher als bisher gedacht 100 % unseres eigenen Stromverbrauchs in Schleswig-Holstein aus erneuerbaren Energien schaffen, und wir wollen einen beachtlichen Beitrag dazu leisten, dass in Deutschland eine nachhaltige Stromversorgung geleistet werden kann. Wir haben vor, dass bis zum Jahr 2020 rechnerisch 8 bis 10 % des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, die in Schleswig-Holstein erzeugt werden. Das ist ein wichtiger Baustein für unsere Politik, dass Schleswig-Holstein auch nach der Energiewende Stromexportland bleiben wird.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Die zweite Botschaft: Die Energiewende wird nicht ohne Netzausbau in Schleswig-Holstein gelingen. Für die Investitionen in zusätzliche Anlagen, für das Repowering, aber auch für die Umsetzung der Off-Shore-Potenziale bedarf es eines beschleunigten Ausbaus des Stromnetzes als zwingende Voraussetzung. Wir werden nur dann ein Stromexportland bleiben können, wenn wir den Strom auch tatsächlich ableiten. Es ist bereits vielfach angesprochen worden, dass sich durch die Energiewende die Energiegeografie in Deutschland verändern wird. War es bisher so, dass die Produktion von Energie und die großen Verbrauchszentren der Energie zusammenlagen, so trennt sich das in Zukunft. Im Norden wird zukünftig mehr Energie produziert werden, im Westen und Süden der Republik werden weiterhin die großen Verbrauchszentren liegen. Deshalb muss der Ausbau diesem neu

en Erfordernis nachkommen, und er muss vor allen Dingen schnell kommen.

Den Teil, den wir dazu in Schleswig-Holstein leisten können, wollen wir mit einer Netzentwicklungsinitiative leisten, die wir 2010 begonnen haben. Im Rahmen dieser Initiative wurden die Netzbetreiber aufgefordert, ein Konzept für eine ganzheitliche und über die verschiedenen Spannungsebenen abgestimmte Netzinfrastruktur zu entwickeln. Dieser Plan ist Mitte März 2011 den Landtagsfraktionen vorgestellt worden. Er sieht bestimmte Dinge vor, die dies auch tatsächlich beschleunigen können. Insofern ist es erforderlich, diese Initiative auch tatsächlich umzusetzen.

Im Rahmen dieser Initiative ist allerdings ein Punkt von ganz erheblicher Bedeutung, das ist sogleich auch die dritte Botschaft, die damit einhergeht: Wir werden die Energiewende nicht gegen die Bürgerinnen und Bürger im Land, sondern nur mit ihnen durchsetzen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Es wäre ein verhängnisvoller Fehler, gleich zu Beginn der Energiewende die Bürger zu Gegnern zu machen. Deshalb ist es ein großer Erfolg dieser Netzausbauinitiative, dass wir mit den Netzbetreibern und mit den Kreisen vor Ort entschieden haben, dass die Bürger nicht nur informiert werden über das, was auf sie zukommt, sondern auch, dass sie fortlaufend durch Dialog- und Kommunikationsprozesse eingebunden werden. Nur so wird es uns gelingen, überproportionale Eingriffe in die Wohnbebauung und in die Natur auch tatsächlich einzugrenzen und am Ende zu einer Beschleunigung zu kommen. Denn eine vorlaufende Bürgerbeteiligung ist das Gegenstück zu einer nachlaufenden Bürgerbeteiligung, und die heißt normalerweise Gerichtsverfahren. Aus diesem Grund ist es wichtig, eine vorlaufende Bürgerbeteiligung auf den Weg zu bringen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, mit diesen drei Botschaften, von denen ich erwarte, dass sie weitgehend konsensfähig hier im Haus sein werden, werden wir in Schleswig-Holstein unter Beweis stellen können, dass es möglich ist, eine solche Energiewende herbeizuführen, ohne den wirtschaftlichen Standort zu gefährden und gleichzeitig eine Stromversorgung zu bezahlbaren Preisen auf den Weg zu bringen.

(Minister Jost de Jager)

Ich sage aber auch und immer wieder, diesen Konsens brauchen wir nicht nur, wenn wir hier im klimatisierten Plenarsaal stehen und auf die Förde gucken, diesen Konsens brauchen wir auch, wenn wir alle gemeinsam die zusätzlichen Leitungen und Anlagen vor Ort werden durchsetzen müssen.

(Beifall bei CDU, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat ihre Redezeit um 2 Minuten überschritten. Diese Redezeit steht auch allen Fraktionen zusätzlich zur Verfügung.

Das Wort erteile ich jetzt dem Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Herrn Abgeordneten Johannes Callsen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Energie- und Klimakonzept, das eben vorgestellt wurde, zeigt: Mit dieser Landesregierung ist Schleswig-Holstein Vorreiter bei der Energiewende. Ich danke dem federführenden Ministerium sowie unserem Wirtschaftsminister für den Bericht, der aus meiner Sicht einen überzeugenden und richtungweisenden Weg darstellt, wie langfristig der Ausbau der erneuerbaren Energien in SchleswigHolstein gelingt.

Ziel dieser Landesregierung und der CDU ist es, die Energieversorgung in unserem Land in nachhaltiger Weise in die Zukunft zu führen, dabei die Klimaschutzziele zu erreichen und die sich daraus ergebenden Chancen für Wachstum und Beschäftigung zu nutzen. Das ist ein ambitioniertes Vorhaben, das von der CDU-Landtagsfraktion vorbehaltlos unterstützt wird. Deswegen war es ein wichtiges Signal, dass wir schon im letzten Jahr die Ausweisung neuer Windeignungsflächen auf 1,5 % der Landesfläche auf den Weg gebracht haben.

(Beifall des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Die CDU-geführte Landesregierung kann dabei darauf vertrauen, eine breite Unterstützung in der Bevölkerung für die erfolgreich eingeleitete Energie- und Klimapolitik zu finden. Der Minister hat die Schwerpunkte deutlich gemacht, wir verfolgen vier elementare Zielsetzungen: Versorgungssicherheit, tragfähige Energiepreise, umweltfreundliche Energieerzeugung und Energieeinsparung sowie die Reduktion der Treibhausgasemissionen.

Besonders bei dem letzten Punkt sind wir auf einem guten Weg, wie der Bericht zeigt. Wir sind auf dem besten Weg, die Ziele der Bundesregierung nicht nur zu erfüllen, sondern wir haben bereits bessere Werte erreicht. Ziel ist es, bis 2020 gegenüber 1990 40 % der Treibhausgasemissionen einzusparen. Wir liegen heute bereits bei einem Minus von 26 % und damit über dem Zwischenziel.

Bei einem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien ist ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Strommarkt nur dann möglich, wenn mehr Speicher und bessere Netze gebaut werden. Hier geht es nicht nur um Kooperation - etwa mit skandinavischen Ländern -, sondern wir sollten auch unsere eigenen Möglichkeiten nutzen. Wir haben zum Beispiel in Geesthacht ein Pumpspeicherkraftwerk, dessen Potenzial als Energiespeicher für den Lastausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch durch eine destruktive Gestaltung der Oberflächenwasserabgabe der ehemaligen rot-grünen Landesregierung seit 2000 nicht wirtschaftlich genutzt werden konnte. Dies haben CDU und FDP in der vergangenen Tagung des Landtags geändert.

(Beifall bei CDU und FDP)

Damit kann das Pumpspeicherkraftwerk durch das nun überarbeitete Oberflächenwasserentnahmeabgabegesetz wieder wirtschaftlich betrieben werden und seinem vorgesehenen Zweck, nämlich unregelmäßig vorhandene regenerative Energie grundlastfähig zu machen, in Zukunft gerecht werden.