Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie alle sehr herzlich. - Guten Morgen! Ich wünsche uns allen gute Beratungen.
Erkrankt sind die Kollegen Mark-Oliver Potzahr, Jens-Uwe Dankert und Silke Hinrichsen. Wir wünschen ihnen von dieser Stelle aus alles Gute und gute Besserung.
Für die heutige Sitzung beurlaubt sind die Kollegin Dr. Gitta Trauernicht sowie die Kollegen Dr. Ralf Stegner und Thomas Rother. Ab 11:30 Uhr ist die Kollegin Anke Spoorendonk beurlaubt.
Meine Damen und Herren, bevor wir in die Beratungen einsteigen, möchte ich Sie bitten, mit mir gemeinsam Schülerinnen und Schüler des Berufsbildungszentrums Eckener-Schule aus Flensburg sowie Mitglieder der Naturfreunde Büdelsdorf auf der Tribüne zu begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen hier im Kieler Landeshaus!
Außerdem habe ich noch eine erfreuliche Mitteilung zu machen. Wir gratulieren dem Kollegen Heiner Rickers zu seinem heutigen Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch und alles Gute!
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich Herrn Finanzminister Rainer Wiegard das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Demografische Entwicklung, wachsende Verkehrsströme, sichere und bezahlbare Energieversorgung, ein härterer Wettbewerb um die klügsten Köpfe, wachsender Wettbewerb der Wirtschaftsregionen, neue Lebensmodelle der Bürgerinnen und Bürger und zudem eine Haushaltslage, bei der große Teile der verfügbaren Einnahmen zur Bewältigung der Vergangenheit aufgewendet werden müssen und für die Zukunft zumindest auf lange Sicht nicht zur Verfügung stehen, das, meine Damen und Herren, sind die Herausforderungen, vor denen unserer Land in den nächsten Jahrzehnten steht.
Der Finanzplan 2011 bis 2015 und vor allen Dingen seine Fortschreibung für die nächsten zehn Jahre zeigen, in welchem finanziellen Korridor diese Aufgaben erfüllt werden können, um den Wohlstand in Schleswig-Holstein zu sichern, wenn der begonnene Konsolidierungskurs zielstrebig fortgesetzt wird.
Das finanzpolitische Leitmotiv der Landesregierung bleibt weiterhin unumstößlich: Niemand hat das Recht - keine Regierung und kein Parlament -, heute noch nicht geborene Generationen mit Schulden zu belasten, um sich selbst jetzt ein angenehmeres Leben gestalten zu können, indem man die Erfüllung von Aufgaben von heute einfach mit Schuldverschreibungen bezahlt.
Dieses Leitmotiv wurde in den vergangenen Wochen und Monaten täglich durch die aktuelle internationale Finanzentwicklung bestätigt. Man mag es bedauern, aber nicht die desaströse Finanzentwicklung in den vergangenen 20 Jahren in einigen deutschen Ländern - nach Berlin, Bremen und dem Saarland gehört auch Schleswig-Holstein dazu - hat den Menschen die Augen geöffnet, was übermäßige Staatsverschuldung anrichtet. Offensichtlich erst die absehbare Zahlungsunfähigkeit von Griechenland hat einem großen Teil der Menschen in Deutschland sichtbar vorgeführt, was übermäßige Staatsverschuldung bewirkt. Bei manchen Politikern steht das Öffnen der Augen aber noch aus.
- Ich höre gerade einen Zwischenruf, der auf bemerkenswerte Weise deutlich macht, dass manche Zusammenhänge noch nicht verstanden worden sind.
Das alles hat viel mit Offenheit und Transparenz des politischen Handelns der Verantwortlichen zu tun. Das hat auch zu tun mit der wahrheitsgemäßen Erläuterung der Lage und der Entwicklungen, die zu dieser Lage geführt haben. Das hat auch viel zu tun mit der Klarheit und Wahrheit über die Folgen von Entscheidungen und auch über die Folgen unterlassener Entscheidungen.
Ich erinnere mich noch an manche Debatten in diesem Haus aus den Jahren 2004 und 2005, in denen noch regierungsseitig erklärt wurde, SchleswigHolstein habe nur ein vorübergehendes Einnahmeproblem. Von einem strukturellen Defizit war manchem Regierenden offensichtlich noch nichts bekannt.
Deshalb warne ich davor, heute schon wieder den Menschen Sand in die Augen zu streuen mit der Behauptung, die Finanzmärkte, die Banken, die Finanzhändler und die Anleger seien schuld an den Problemen von Staaten und Ländern. In jedem Fall waren es also andere, aber nicht die politisch Verantwortlichen.
Dazu sage ich sehr deutlich, dass das Quatsch ist. Für manche Zeitgenossen wird es also wirklich Zeit zu erkennen, dass die charakterlose Schuldenmacherei auf Kosten ungeborener Generationen der alleinige Verursacher dieses Problems ist. Ohne die gewaltige öffentliche Nachfrage nach Krediten gäbe es diesen gewaltigen Finanzmarkt überhaupt nicht.
Meine Damen und Herren, deshalb - ich komme zurück zu unserem Leitmotiv - werden wir das strukturelle Defizit konsequent abbauen und schnellstmöglich - ich sage deutlich, dass ich glaube, dass dies vor 2020 möglich sein muss - mit dem Abbau der Altschulden beginnen.
Der vorliegende Finanzplan gibt Ihnen wie sein Vorgänger aus 2010 eine vollständige Transparenz über die Entwicklung der wesentlichen Einnahmeund Ausgabegrößen, 20 Jahre rückwärts und 10 Jahre vorwärts, bei den wesentlichen Positionen auch mit unterschiedlichen Szenarien unterlegt. Nachdem beim Haushalt und beim Landesvermögen lange Zeit in Schleswig-Holstein getrickst wurde, haben wir die Schattenhaushalte beseitigt und die notwendige Haushaltstransparenz hergestellt.
heutiger Sicht für die anstehenden Aufgaben zur Verfügung stehenden Einnahmen und die erkennbar feststehenden Ausgaben. Und jeder ist aufgefordert, seine Sicht der Dinge danebenzustellen.
Die wahrscheinlich schwerwiegendste Erkenntnis der vorliegenden Finanzplanung ist, dass der für die Haushaltsplanung zur Verfügung stehende Einnahmezuwachs im Jahr 2020 gegenüber 2010 von etwa 2,4 Milliarden € vollständig von den Lasten der Vergangenheit aufgezehrt wird: 1,2 Milliarden € für die Rückführung des strukturellen Defizits und jeweils etwa 600 Millionen € für wachsende Zinsausgaben, für alte Schulden und für steigende Pensionsleistungen für ehemalige Beamte, für die in deren aktiver Zeit keine Vorsorge getroffen wurde. Dies macht deutlich: Vergangenheit frisst Zukunft.
Das ist die bittere Erkenntnis aus der Schuldenpolitik in unserem Land, die ergänzt wurde um den vollständigen Verzehr des Landesvermögens und vor allem die desaströse Vernachlässigung des Ausbaus unserer Infrastruktur in nahezu allen Lebensbereichen.
Nun endet Politik nicht damit, dass man feststellt: Die früher Regierenden haben die Zukunft verbaut. Aber klar ist danach: Alle neuen Aufgaben müssen aus der Umschichtung im Haushalt und aus Verzicht auf bisherige Ausgaben bewältigt werden. Sonst geht die Rechnung schlicht nicht auf.
Die Aufgaben liegen alle offen vor uns. Wir müssen insbesondere unsere wirtschaftliche Infrastruktur ausbauen, um wieder Anschluss an die wirtschaftliche Entwicklung in anderen Ländern zu finden. Dazu gehören die wichtigen Verkehrsadern ebenso wie schnelle und sichere Daten- und Stromnetze. Damit schaffen wir die Rahmenbedingungen, um Beschäftigung in der Wirtschaft zu fördern und wirtschaftliches Wachstum zu stimulieren.
Zugleich gilt es, Forschung und Entwicklung in unserem Land zu stärken, die Bildungschancen unserer Kinder stetig zu verbessern, damit sie im weltweiten Wettbewerb um die besten Jobs mithalten können. Wir müssen den jungen Familien ermöglichen, ihre familiären und beruflichen Pflichten miteinander zu vereinbaren. Auch hier geht es schlicht um das Bereitstellen einer öffentlichen Infrastruktur, die die Voraussetzung dafür ist.
Es wird Zeit, meine Damen und Herren, dass wir uns zunehmend intensiver mit drei schwerwiegenden Zukunftsfragen beschäftigen.
Erstens. Die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter wird in den nächsten 15 Jahren um fast 100.000 sinken. Wer erwirtschaftet also künftig unser Inlandsprodukt, von dem wir sogar noch eine stetige Steigerung erwarten?
Zweitens. Die Zahl der Menschen im bildungsrelevanten Alter sinkt in den nächsten 15 Jahren weiter um etwa 110.000 Menschen. Wie organisieren wir also künftig Schule und Hochschule in unserem Land, in dem es ja unterschiedliche Strukturen zwischen Nord und Süd, Ost und West gibt? Woher kommen die Leistungsträger, die schließlich erwirtschaften sollen, was wir ihnen an Lasten hinterlassen haben?
Und drittens. Die Zahl der Menschen im Rentenalter steigt als einzige Altersgruppe im selben Zeitraum um 130.000 Menschen. Wie stellen wir uns also darauf ein im täglichen Lebensumfeld bei Wohnraum, Städtebau, bei den sozialen Diensten und Leistungen?
Meine Damen und Herren, aus all diesen Gründen heißt Haushalt konsolidieren für uns nicht, plump nur sparen an allen Ecken und Kanten, und heißt auch nicht, noch plumper Steuern erhöhen ohne Sinn und Verstand. Keine neue Steuer und auch keine Steuererhöhung kann die Einnahmesteigerung ersetzen, die wir durch stetiges wirtschaftliches Wachstum erzielen.
Allein in diesem Jahr werden wir aufgrund der konjunkturellen Entwicklung etwa 500 Millionen bis 600 Millionen € mehr einnehmen als im Vorjahr und mehr einnehmen, als wir geplant haben. Das ist weder allein durch Ausgabekürzung noch allein durch Steuererhöhung möglich zu erwirtschaften.
Deshalb heißt unser Weg: Schluss mit der Schuldenpolitik, konsequenter Abbau des strukturellen Defizits, Stärkung unserer zukünftigen Wirtschaftskraft, Infrastruktur ausbauen, Forschung und Entwicklung stärken, Bildungschancen unserer Kinder verbessern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Das sind die Aufgaben, die vor uns liegen, und wir zeigen den Weg, sie zu lösen.
Meine Damen und Herren, ich eröffne nun die Aussprache und teile Ihnen mit, dass der Minister seine verabredete Redezeit um fünf Minuten überzogen hat. Diese Zeit steht nun, wie Sie wissen, allen anderen Fraktionen auch zur Verfügung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir vor einem Jahr die damalige Finanzplanung hier in diesem Haus beraten haben, gab es noch erhebliche Verständnisschwierigkeiten aufseiten der Opposition. Es wäre deshalb besser gewesen, wenn der Herr Oppositionsführer heute hier im Landtag anwesend wäre, als uns via Twitter mitzuteilen, dass er eine SPD-Veranstaltung seinen Pflichten im Landtag vorzieht.