Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

Herr Dr. Stegner, an dieser Stelle müssen Sie sich entscheiden, ob das eine lächerlich geringe Summe ist, die wir zahlen. Dann besteht auch kein Anreiz, ein Kind nicht in eine Kindertagesstätte zu geben. Darüber müssen Sie sich im Klaren sein.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf des Abge- ordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wie Sie an dieser Stelle argumentieren, ist wirklich ein bisschen schräg.

Ich nehme zur Kenntnis, dass gerade die SPD jetzt auf einmal hinter dem Bildungsauftrag der Kindertagesstätten steht, den wir mit viel Kampf in der Großen Koalition -

(Unruhe bei der SPD)

Den haben wir in der Großen Koalition gemeinsam auf den Weg gebracht. Vor allem haben wir diesen konkretisiert mit einem entsprechenden Leitfaden zu diesem Thema.

(Beifall bei CDU und FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: 1990 war das! Da waren Sie über- haupt noch nicht im Landtag! - Heike Fran- zen [CDU]: Den Leitfaden haben wir auf den Weg gebracht! - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das stimmt überhaupt nicht! Ein bisschen Allge- meinwissen!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Dr. Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr gehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Eindruck, dass in der vergangenen Dreiviertelstunde viele Sachargumente ausgetauscht worden sind. Dabei habe ich übrigens nicht den Eindruck gehabt, dass irgendein Redner der Koalitionsfraktionen nicht mehr oder weniger deutlich gemacht hat, dass es sich natürlich um einen echten Kompromiss handelt, der da ausgehandelt wurde.

Lieber Kollege Stegner, ich habe eine einzige Bitte. Ich will die Argumente, die vonseiten der Oppositionsfraktionen und vonseiten der Regierungsfraktio

(Wolfgang Baasch)

nen genannt worden sind, gar nicht alle wiederholen. Ich glaube, das ist auch nicht erforderlich, zumal viel Richtiges gesagt worden ist. Frau Kollegin Franzen hat zu Recht zu Beginn ihres Beitrags darauf hingewiesen.

Ich glaube, es klingt ein wenig merkwürdig, wenn man von einem „lächerlichen Betrag“ spricht. Ich vermute, Sie wollten damit etwas anderes zum Ausdruck bringen. Es klingt aber etwas merkwürdig, wenn ich mich daran erinnere, welche Debatten wir hier über die Anpassung von Regelsätzen geführt haben und in welchen Zusammenhängen dabei von bestimmten Beträgen die Rede war.

Deshalb möchte ich Sie einfach nur bitten, nicht von einem „lächerlichen Betrag“ zu sprechen; denn dann muss man sich in der Tat die Frage stellen, ob man mit einem lächerlichen Betrag irgendjemanden von irgendetwas fernhalten kann.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stegner?

Ja, selbstverständlich.

Herr Stegner, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Minister, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass für die Frauen, von denen Frau Sassen gesprochen hat, bei denen es um die richtige Wahlfreiheit geht, 150 € ein sehr geringer Betrag ist, aber für die Frauen, die sich in wirtschaftlich extrem schwierigen Verhältnissen befinden, ein Betrag sein könnte, der sie möglicherweise doch zu etwas veranlasst, was nicht zur Förderung ihrer Kinder beiträgt? Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass das meine Wertung gewesen ist?

Herr Kollege Stegner, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass ich Ihnen zugebilligt habe, dass Sie etwas Bestimmtes gemeint haben, ich Sie aber gebeten habe, bei der Formulierung und in der Kom

munikation gerade bei diesem Thema etwas vorsichtiger zu sein?

(Beifall bei FDP und CDU)

Lieber Kollege Tietze, ich musste schon fast schmunzeln, als Sie Rationalität und eine Auseinandersetzung nur in der Sache eingefordert haben.

(Beifall des Abgeordneten Christopher Vogt [FDP])

Dies haben Sie vor allem verbunden mit der Vorgabe, keine Befindlichkeits- und Betroffenheitsdebatte zu führen.

Ganz im Ernst, Kollege Tietze: Wie oft haben wir in diesem Landtag Befindlichkeits- und Betroffenheitsdebatten zu ganz unterschiedlichen Themen geführt? Dabei wende ich mich an die Kollegin Tenor-Alschausky - bei aller Wertschätzung, liebe Kollegin, wir kennen uns schon lange -, die gleich ein ganzes Feuerwerk von Begriffen gebracht hat, die ich - um es höflich zu formulieren - für ausgesprochen problematisch halte. Ich will Ihnen ganz deutlich sagen: Ich finde den Begriff „Herdprämie” diffamierend und diskriminierend.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich rate uns allen, in Zukunft auf diesen Begriff zu verzichten, und zwar unabhängig davon, wie man zu den Instrumenten des Betreuungsgeldes steht. Liebe Kollegin Heinold, Sie wissen ganz genau, dass ich vom Betreuungsgeld nichts halte. Daraus habe ich nie einen Hehl gemacht.

(Demonstrativer Beifall bei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir müssen uns vielmehr die Frage stellen, die in anderen europäischen Ländern, insbesondere in Frankreich, gestellt wird, wenn es um den Anteil von Frauen in Führungspositionen geht. In Frankreich wurde sehr lange darüber diskutiert, ob es Sinn macht, Frauen besonders lange dafür zu bezahlen, dass sie dem Beruf fernbleiben, oder ob man für sie Gelegenheiten schaffen sollte, nach der Geburt eines Kindes möglichst schnell wieder ins Berufsleben einzusteigen.

Ich glaube eine solche in der Sache ernsthafte Diskussion gewinnt nicht dadurch, dass man sich einer zugespitzten Ausdrucksweise bedient, die ganze Generationen von Eltern in Misskredit bringt, die sich bewusst dafür entschieden haben, ihre Kinder in den ersten Lebensjahren ausschließlich zu Hause aufwachsen zu lassen. Das halte ich für problematisch. Ich finde, das muss man im Rahmen einer solchen Debatte auch sagen dürfen.

(Minister Dr. Heiner Garg)

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Tenor-Alschausky?

Selbstverständlich.

Bitte, Frau Kollegin.

Ich möchte Ihnen in der Feststellung recht geben, dass wir uns schon lange kennen. Da das der Fall ist, möchte ich Sie fragen, ob Sie davon ausgehen, dass ich meine Worte sehr wohl abwäge. Ich möchte Sie fragen, ob Sie bereit sind, im Protokoll nachzulesen, ob ich wirklich das Wort „Herdprämie“ benutzt habe. Ich habe es nämlich nicht benutzt, und ich habe es sehr wohl bewusst nicht genutzt. Ich pflege mir zu überlegen, was ich sage.

(Christopher Vogt [FDP]: Sie haben es doch gerade benutzt!)

Können Sie mit mir darin übereinstimmen, dass man eine Kritik am Betreuungsgeld auch formulieren kann, wenn man das Wort „Herdprämie“ nicht benutzt?

(Peter Lehnert [CDU]: Schon wieder! - Chri- stopher Vogt [FDP]: Das zweite Mal!)

Sehr geehrte Frau Tenor-Alschausky, sollten Sie den Begriff tatsächlich nicht benutzt haben - ich werde das gern im Protokoll nachlesen -, dann entschuldige ich mich bei Ihnen persönlich dafür, dass ich Ihnen das unterstellt habe. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ihn von Ihnen gehört habe. Aber dann gilt diese Bitte von mir, darauf zu verzichten, gegenüber jedem anderen, der diesen Begriff in dieser Debatte verwandt hat. Ich bitte auch die Formulierung „Fernhalteprämie“ oder „Befriedigung klientelorientierter“ - - Nein. Moment, wie war das? Auch „Befriedigung konservativer Wählerklientel“ ist keinen Deut besser als der Begriff, den Sie nicht benutzt haben wollen, meine sehr geehrte und geschätzte Kollegin Tenor-Alschausky.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Andresen?

Selbstverständlich.

Herr Minister Dr. Garg, ich möchte Sie gern fragen: Wie positioniert sich die Landesregierung zu dem konkreten Antrag, den die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zusammen mit der Fraktion der SPD vorgelegt hat, in dem es darum geht, dass die Länder die Möglichkeit bekommen sollen, quasi über eine Art Länderklausel selbst darüber zu entscheiden, wie man das Geld vom Bund verwenden will? Wie verhält sich die Landesregierung konkret dazu?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Sie verhält sich ganz konkret genauso zu ihm wie bereits zu Ihrem ersten Antrag, den Sie im Mai gestellt haben. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass wir diesem „Weihnachtsgeschenk“, das uns Ihre Kollegin Bohn präsentieren wollte, auf den Leim gehen.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Ja, ja. Selbstverständlich. - Lieber Kollege Andresen, ich gehe davon aus, dass Sie zumindest vom Hörensagen ganz genau wissen, dass es in Koalitionsregierungen Kompromisse gibt. Die trägt man dann auch gemeinsam.

(Beifall bei FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung, und ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit.