Die neue Eigenverantwortlichkeit soll auch Entscheidungsfreiheit bei den finanziellen Ressourcen einräumen. Doch ich frage mich, welche Ressourcen Sie meinen. Viel hat ihre Kürzungspolitik nicht übrig gelassen.
Ihrem Bericht ist auch zu entnehmen, dass die Gymnasien und Gemeinschaftsschulen in Zukunft Mittel akquirieren sollen, die für Fortbildung eingesetzt werden dürfen. Herr Klug möchte ganz offensichtlich die Privatisierung der Bildung weiter vorantreiben. Die Wirtschaft als Sponsor für die Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern lehnen wir ab.
Herr Minister, ich möchte auch gern noch etwas über unsere Vorstellungen reden. Aus Sicht der LINKEN bedarf es einer größeren pädagogischen Eigenständigkeit, verbunden mit einer Demokratisierung der Bildungseinrichtung und einer Verbesserung der Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte von Lernenden, Eltern und Pädagogen. Gleichzeitig bedarf es aber des Rahmens eines binnendifferenzierten Lernens. Wenn in jeder Schule und in jeder Klasse binnendifferenziert unterrichtet und damit auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden eingegangen würde, dann wäre auch ein Schulwechsel gar kein Problem mehr.
Eine wirkliche Autonomie im Schulbereich erfordert ausreichendes und qualifiziertes Personal für die Unterrichtsversorgung, für die Schulsozialarbeit, für den Ganztagsbetrieb und für erfolgreiches Lernen.
Das Programm „Geld statt Stellen“ ist in unseren Augen kein angemessenes Mittel, um die finanziellen Ressourcen zu sichern. Sie befördern damit, dass die Schulen die fehlenden Sachmittelzuweisungen durch unbesetzte Stellen kompensieren. DIE LINKE fordert deshalb als einzige Partei: überhaupt keine Kürzungen beim pädagogischen Personal. „Geld statt Stellen“, das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Es muss doch an den Schulen Geld und Stellen geben.
Herrn Klugs Ankündigung von gestern, 453 Stellen weniger streichen zu wollen, ist zwar ein sehr kleiner Schritt in die richtige Richtung, reicht aber bei
Weitem nicht aus. Selbst nach dem neuen Plan würden ja noch immer 3.197 Stellen wegfallen. Das macht DIE LINKE nicht mit. Wir lassen uns nicht hinters Licht führen!
Und DIE LINKE fordert auch, die bedarfsgerechte Sachmittelzuweisung zu gewährleisten und Gelder für besondere Projekte wie beispielsweise Theaterbesuche zur Verfügung zu stellen.
Sie propagieren Eigenverantwortung, und so waschen Sie sich rein von allen Problemen, die es an unseren Schulen gibt. Sie möchten sich in Zukunft hinstellen und hilflos die Hände heben, wenn die Schulen mal wieder Alarm schlagen. Denn die Verantwortung ist ja glücklicherweise nun abgegeben.
Ich möchte auch noch etwas zur Demokratisierung des Schulalltags selber sagen. Wenn es um Eigenverantwortlichkeit geht, dann muss es auch um die Rechte der Eltern- und Schülervertretungen gehen. Die werden im Bericht leider gar nicht erwähnt. DIE LINKE fordert deshalb, dass bei allen Entscheidungen der Schulkonferenz die Drittelparität gilt.
DIE LINKE fordert einen festen Rahmen mit binnendifferenziertem Unterricht und auf dieser Grundlage die pädagogische Weiterentwicklung von Schulen, und zwar nach demokratischen und sozialen, und nicht nach betriebswirtschaftlichen Kriterien.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Thoroe, vielleicht sollten Sie einmal einen anderen Textbaustein wählen als immer nur das Spielfeld zu umreißen. Ich finde, sich ein bisschen mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen, wäre auch nicht schlecht.
Denn einerseits ist es natürlich richtig bei der Fülle von Informationen, die ein moderner Erwachsener heute verarbeiten muss, dass derjenige im Vorteil ist, der sich Sortierregeln erarbeitet hat und diese auch selbstständig anwenden kann. Richtig ist, dass das auch für Schulen gilt. Gleichwohl ist es bei neuen Trends häufig so, dass es wichtig ist, zwischen überflüssigem Schnickschnack und dem, was für die Schulen wirklich von Vorteil ist, zu unterscheiden.
Dem Bildungsausschuss liegt die Stellungnahme des Wissenschaftszentrums Berlin vor, in der eindeutig gesagt wird, dass ein höherer Grad an Autonomie nicht automatisch positive Erfahrungen nach sich zieht. Wissenschaftliche Vergleiche legen nahe, dass gerade bei der Personalrekrutierung negative Folgen zu erkennen sind, genaueres Hinsehen lohnt sich also allemal.
Der Bildungsminister bleibt uns allerdings in seinem Bericht eine abgewogene Beurteilung schuldig. Er lobt die neue Eigenverantwortlichkeit. Es ist richtig, daran festzuhalten, dass er diese nicht selbst erfunden hat. Er sagt, sie sei wichtig, angemessen und besser. Die damit verbundenen Probleme der Umstrukturierung und Unterstützung werden aber nur am Rande gestreift, was bei einem Berichtsumfang von zwölf Seiten auch nicht verwundert.
Hinzu kommt, dass aus dem Bericht immer wieder indirekt hervorgeht, dass es eher Laissez-faire-Politik ist als echte Eigenständigkeit von Schulen. Dabei fällt mir der alte Spruch von Groucho Marx ein: Mein Herr, ich habe meine Grundsätze und Prinzipien, aber gefallen Sie Ihnen nicht, dann habe ich auch noch andere.
Der Landtag kann also vom Bildungsminister mehr erwarten als die angekündigte Justierung der Schulaufsicht. Wenn es sich lediglich um eine geringe Anpassung handelt, ist es nicht der Rede wert. Wird sich allerdings die Aufgabenstruktur der Schulaufsicht verändern, dann möchte ich schon gern wissen, wie das vonstattengehen wird, in welchem Zeitrahmen und mit welchen Konsequenzen.
Wir haben bereits jetzt zum Teil große regionale Unterschiede, was zum Beispiel die Abbrecherquoten betrifft. In diesem Zusammenhang verwahre ich mich gegen den Begriff „Risikoschüler“, den der Minister auf Seite 9 des Berichts zwar in An
führungszeichen setzt, den er aber verwendet. Ich finde, das passt nicht in ein bildungspolitisches Papier hinein. Wer Schüler so abschreibt, dem ist zuzutrauen, dass es ihm eigentlich nur um Leistungsschüler geht. Die regionalen Unterschiede müssen wir im Auge behalten, und da müssen wir auch gegensteuern. Eine neue Zuständigkeit der Schulaufsicht sehe ich in diesem Bereich überhaupt nicht, im Gegenteil.
Das Gleiche gilt für die Versorgung mit Lehrkräften für Minderheitensprachen. Seit Jahren wird die falsche Praxis geübt, dass Referendare, die Friesisch in Flensburg studiert haben, nicht automatisch in Nordfriesland eingesetzt werden. Das ist eine sinnlose Vergeudung von wertvollen und besonders knappen Ressourcen. Die Schulaufsicht fühlt sich nicht zuständig, weiß angeblich nichts von dem Problem und schaut ansonsten tatenlos zu, wie ein Friesisch-Lehrer nach dem anderen in den Ruhestand geht, ohne dass eine Nachfolge in Sicht ist.
Gerade weil ich die Eigenverantwortung der Schulen als zentrales Ziel der Bildungspolitik einstufe, erscheint es mir wichtig, dass wir genau hinschauen und verhindern, dass über das Vehikel Eigenverantwortung andere Ziele umgesetzt werden.
Ein Blick auf die bisherigen Maßnahmen im Handlungsfeld Pädagogik, Lern- und Unterrichtsorganisation zeigt doch, wohin die Reise gehen soll, und zwar in Richtung Schulartentrennung. Insgesamt geht es um die Wiedereinführung der Schule alter Art. Hier ist Eigenverantwortung nur das neue Etikett für das Ende der gemeinsamen Beschulung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wollen wir nun wirklich nicht.
Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Kollegen Martin Habersaat von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit ist für die Schulen in unserem Land ein wichtiges Ziel. Das ist aber auch aus Sicht des Pädagogen ein wichtiges Ziel, wenn es um den Umgang mit Schülerinnen
Der Herr Minister hat heute nur über Ergebnisqualität und Frau Conrad hat nur über Outputorientierung gesprochen. Dabei geht aus meiner Sicht ein bisschen verloren, dass wir aufgrund der Abschaffung von EVIT plötzlich nur noch Vergleichsmethoden haben, die sich allein auf den Abschluss beziehen, der an einer Schule erreicht werden kann.
Dann geht es auf einmal nicht mehr um die Frage der Stärkung der Eigenverantwortlichkeit. Werden Schülerinnen und Schüler als Menschen ernst genommen? Wie geht es den Leuten, die an einer Schule tätig sind? Das alles war bei EVIT durchaus mitgefragt. Darauf haben Sie verzichtet und stellen das hier als großen Erfolg dar. Das passt aus meiner Sicht nicht zusammen.
Ich möchte noch etwas zum Onlinestellenmarkt sagen. Dabei sind im Wesentlichen die Punkte aufgearbeitet. Es wäre schön, wenn wir nicht nur alle gemeinsam bejubeln, dass die Richtung stimmt, sondern auch gemeinsam feststellen, dass es hierbei durchaus noch etwas Hakeliges gibt. Herr Dr. Klug, es reicht nicht, dass Sie dem Landtag gegenüber immer sagen, alles sei super, und gegenüber der Presse oder auf Ihrem Parteitag erzählen Sie, die Probleme seien groß, und es müsse dringend etwas getan werden. Das will ich hier von Ihnen hören, nicht irgendwo anders.
Ich möchte etwas versöhnlich werden und Ihnen zum Euphemismus des Tages gratulieren, Herr Dr. Klug. Es Flexibilisierung der pädagogischen Konzepte zu nennen, was man den Gemeinschaftsschulen an Änderungen aufzwingt, weil man ihnen die Differenzierungsstunden streicht, ist an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten. Der Euphemismus des Tages gebührt damit Ihnen.