Protokoll der Sitzung vom 27.01.2012

wobei ich schon sagen muss, dass es mich einigermaßen überrascht hat, dass Herr Dr. Klug auch die dpa dem Koalitionsausschuss zugeordnet hat.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das finde ich auch etwas ungewöhnlich!)

- Wollen wir einmal sehen, ob wir im Koalitionsausschuss eine dritte Partei beteiligen.

(Zuruf: Die Piraten!)

Es ist schon so, dass, wenn wir uns über Defizite unterhalten - ich habe gerade gesagt, dass es darum gehen muss, die Unterrichtsversorgung sicherzustellen -, wir uns auch mit dem Thema Unterrichtsausfall befassen müssen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich will das sehr kritisch beäugen. Wir haben 2004 das System ODIS zur Erfassung von Unterrichtsausfall - ich würde sagen: zur Verschleierung von Unterrichtsausfall - eingeführt, übrigens unter RotGrün; ich glaube, da waren Sie sogar noch Staatssekretär, Herr Dr. Stegner. Man muss sagen: Seitdem gibt es in diesem Land keinen ehrlichen Umgang mehr mit dem Thema Unterrichtsausfall. Die Fragen, die zu stellen sind, sind: Warum fällt Unterricht aus? Warum ist es nicht mehr dazugekommen, dass die Vereinbarung „Jede Stunde zählt“ eingehalten wird? Sie ist übrigens von den Lehrerverbänden aufgekündigt worden. Das muss man auch deutlich sagen. Wir müssen auch hinterfragen: Was sind es für Konzepte, die Unterrichtsausfall auffangen? Mit diesem Thema müssen wir uns befassen. Das muss das oberste Gebot einer Landesregierung

sein: Bevor wir uns über andere Dinge unterhalten, müssen wir uns mit der Unterrichtssituation in unserem Land beschäftigen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Frau Kollegin Franzen, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Erdmann?

Nein. Ich möchte jetzt keine Zwischenfrage zulassen.

Meine Damen und Herren, der zweite Teil des Antrags der Opposition ist nun wirklich ein Schaufensterantrag. Den haben wir im Dezember letzten Jahres diskutiert. Wir haben ihn abgelehnt. Der Minister und die Landesregierung haben deutlich gemacht: Es wird keinen Nachtragshaushalt geben.

Ich sage Ihnen ganz offen: Natürlich stehen auch wir als CDU dafür, wenn es Luft gibt, bezahlbare und sinnvolle Maßnahmen im Bereich der Bildungsqualität zu finanzieren. Das gehört dazu, wenn man ein Land entwickeln will. Da muss man auf der einen Seite die Ausgaben kürzen - gar keine Frage - und auf der anderen Seite in Infrastruktur und Bildung investieren. Dafür steht auch diese Koalition.

(Beifall bei CDU und FDP)

Deswegen werden wir den zweiten Teil Ihres Antrags - wie im Dezember - ablehnen.

(Anhaltender Beifall bei CDU und FDP)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Kollegen Martin Habersaat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gehöre diesem Landtag noch nicht so ewig an. Ich habe das bisher so verstanden: Wenn wir als Plenum den Minister einstimmig auffordern, einen Bericht abzugeben, und diese Aufforderung die Punkte a), b), c) und d) enthält und diese Punkte a), b), c) und d) mit den Worten „wo“, „welche“, „ob“ und „wann“ beginnen, ich nicht hinterher mit dem Minister und der Regierungskoalition darüber diskutieren muss, ob denn Fragen gestellt worden sind, auf die man in diesem Bericht hätte eingehen müssen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN - Zuruf des Abgeord- neten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich würde gern an anderer Stelle darüber diskutieren, ob ich als Parlamentarier das Recht habe, dass der Minister auf diese Punkte eingeht. Das lässt sich aber möglicherweise jetzt nicht auf der Stelle klären.

Heute wurden in Schleswig-Holstein die Zeugnisse vergeben. Teil der Notenfindung ist - zumindest an guten Schulen bei guten Kolleginnen und Kollegen - auch ein Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern über ihre Selbsteinschätzung. Das passiert im Optimalfall im Vorfeld. Insofern hinken wir, was die Zeugnisvergabe angeht, ein wenig hinterher, wenn wir den Bildungsminister heute fragen, wie er seine eigene Leistungsbilanz sieht.

Über diese Selbsteinschätzung folgt dann im Optimalfall ein pädagogisches Gespräch. In das würde ich jetzt mit der Frage einsteigen, wie denn der Herr Minister die Wirksamkeit von Änderungen am Schulsystem eigentlich einschätzt. Ich bin aus Lehrersicht sehr erstaunt, dass Sie tatsächlich davon ausgehen, dass von einem Jahr aufs andere sofort Änderungen festzustellen sind. Noch erstaunter bin ich, dass Sie das so sauber differenzieren können: Alle Erfolge, die sich in der Bildungspolitik ergeben, sind - exakt! - ab September 2009 auf die Entscheidungen zurückzuführen, die dann getroffen worden sind. Misserfolge lassen sich hingegen begründen durch die Zeit vor September 2009. Das wäre ein Punkt, den wir einmal aufarbeiten müssten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hatte mir für die Selbsteinschätzung des Herrn Bildungsministers eigentlich den Satz vorgestellt, den ich heute von ihm im Radio gehört habe, den man im NDR noch nachlesen und im Internet sogar noch nachhören kann: „Das hätte ich auch besser machen können.“

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie aber auch! - Heiterkeit bei der FDP)

Nun kann allerdings die Selbsteinschätzung nur ein Teil der Notenfindung sein. Anhand möglichst objektiver Bewertungskriterien muss ihr auch eine Außensicht gegenübergestellt werden. Mein Urteil wäre: Zumindest zu 90 % Thema verfehlt! Herr Kubicki wird heute in den Medien zitiert mit der Äußerung, die Schau um die zusätzlichen Lehrer

(Heike Franzen)

stellen sei eine ,,stümperhafte Inszenierung“ gewesen. Wir müssen feststellen, der Fraktionsvorsitzende kriegt auch keine ausreichende Note.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist ja schön!)

Wenn der Ministerpräsident und sein Kabinett den Bildungsminister auffordern, zum Ende der Legislaturperiode einmal herauszufinden, wie die Lage an den Schulen ist, der Bildungsminister dann nachforscht und sieht, er hat den Schulen zu viele Lehrerstellen gestrichen, er dann seinem Kabinett Verbesserungen vorschlägt und der Ministerpräsident dann öffentlich mitteilt: „Ich werde einen Teufel tun“, zeigt uns das zweierlei: Erstens. Dieser Bildungsminister ist versetzungsgefährdet.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Ja, genau! Er bleibt! Er wird nicht versetzt!)

Zweitens. Der CDU ist die Lage an den Schulen egal.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Über das christdemokratische bildungspolitische Fähnlein im Wind haben wir hier schon verschiedentlich gesprochen.

Wie ist denn die Lage an den Schulen? Die Gymnasien durften sich zwischen Y, G 8 und G 9 entscheiden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Da haben sie Glück gehabt!)

Das Ministerium setzt alle Beteiligten erst unter Zeit- und dann generell unter Druck. Nun laufen Gerichtsverfahren, zum Beispiel in Wentorf.

Es gibt Zoff vor Ort und überwiegend an den Küsten-G-9-Gymnasien, die nicht mehr mit den anderen Gymnasien im Land kompatibel sind. Den Gemeinschaftsschulen wurde die Hälfe ihrer Differenzierungsstunden gestrichen. Gleichzeitig erhielten sie das Beinahegeschenk, ihre bisherigen pädagogischen Konzepte in die Tonne treten zu dürfen. Wieder ist das Ergebnis Zoff vor Ort. Natürlich wünschen sich viele ehemalige Realschullehrer Realschulklassen zurück, wenn ihnen vorher Differenzierungsstunden gekappt werden. Jedem im Saal ist aber hoffentlich aufgefallen, dass solche Diskussionen nicht an den Standorten stattfinden, an denen wir schon immer Gesamtschulen eingerichtet hatten.

Interessant ist heute die Äußerung des Bildungsministers, die ich für die Kollegin Erdmann in die Richtung interpretiere: Es wird an keiner Gemeinschaftsschule im Land eine neue Oberstufe geben; denn sonst hätten die ja konsequenterweise in diese Berechnung aufgenommen werden müssen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Herr Kubicki, ich freue mich wahnsinnig über Ihr plötzliches Interesse an der Bildungspolitik, hätte mir aber gewünscht, dass Sie mit Ihrem riesigen Sachverstand schon vor zwei Jahren eingegriffen hätten.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Blick würde sich auf den Bereich des Unterrichtsausfalls lohnen. Eltern empfinden eine Stunde dann als ausgefallen, wenn der zuständige Fachlehrer sie nicht gibt. Das ist eine nachvollziehbare Erklärung. Aus der Sicht des Klassenlehrers war ich immer dann zufrieden, wenn zumindest ein anderer Fachkollege aus der Klasse die Stunde geben konnte oder wenn die Klasse mit einem ohnehin laufenden Projekt befasst war. Dann hätte auch ich gesagt, das ist eine sinnvoll erteilte Stunde. Tatsächlich taucht eine Stunde in der Statistik aber nicht einmal dann als ausgefallen auf, wenn die Schüler spontan mit Hausaufgaben nach Hause geschickt werden.

(Zurufe von CDU und FDP)

Diese Statistik - Herr Kubicki, achten Sie genau auf meinen nächsten Satz; denn den widme ich Ihnen werfe ich nicht der amtierenden Landesregierung vor.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Mein Vorschlag ist aber: Wenn wir über Lehrerstellenbedarf und Mehrbedarfe reden, dann sollten wir diesen Bereich unbedingt mit in die Diskussion einbeziehen

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dann ist das mitt- lerweile angekommen! - Beifall bei FDP und CDU)

ebenso wie die Hundertprozentversorgung an den Schulen. Danach können wir uns über neue Aufgaben unterhalten, und dann sollten wir uns wirklich auch einmal über pädagogische Konzepte austauschen.

Wie handhaben wir denn individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern? Wie führen wir je

(Martin Habersaat)