Protokoll der Sitzung vom 27.01.2012

(Zuruf von der CDU: Glücksburg!)

- Glücksburg, ja. Da habe ich mich verlesen; macht aber nichts. Sie können darüber lachen, aber es ist nun einmal so. Das passiert anderen auch.

Dieses Kalkül ist völlig weltfremd. Tatsächlich würde der Zugang zur Mobilität mit dem Sozialticket diesen Menschen bei der Organisation ihres Alltags helfen.

Wenn man sich realistisch an den Preisen einer städtischen Monatskarte orientiert, also an einem Preis von derzeit 50 bis 60 €, dann kommt man auf einen Finanzierungsbedarf von etwa 100 bis 135 Millionen €. Das ist immer noch - das sagen auch wir - ein großer Betrag. Das ist aber schon eine ganz andere Zahl als die von der Landesregierung stumpf veranschlagten 890 Millionen €. Man muss die Kosten ernsthaft einschätzen und ausloten - das sagen wir auch - und dann nach einem Weg suchen, wie das finanziell zu schultern ist.

Wenn die Landesregierung diesen Antrag ernst nimmt, dann kann sie das auch machen. Allerdings muss am Anfang der politische Wille zu einer Lösung Richtung landesweites Sozialticket stehen.

Wir wollen mit unserem Antrag dabei helfen, zu überlegen, wie man die Mobilität im Lande in Zusammenarbeit mit den Kommunen und den Verkehrsverbünden für die Menschen verbessern kann. Dafür stehen wir.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Herrn Abgeordneten HansJörn Arp das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Jansen, es ist schon abenteuerlich, was Sie hier erzählen. Ihr Antrag an sich ist schon ein Abenteuer. Ihre Ausführungen sind aber noch viel schlimmer.

(Beifall bei der CDU)

Einen kostenfreien ÖPNV hat es nicht einmal in der DDR gegeben. Meine Damen und Herren, worüber reden wir hier eigentlich?

(Antje Jansen [DIE LINKE]: Wir wollen gar nicht die DDR zurück!)

- Das haben Sie gesagt. Das ist Ihr Ziel.

Sie tragen in Lübeck Verantwortung, und die Haushaltslage der Stadt Lübeck ist uns bekannt. Wir brauchen darüber gar nicht zu diskutieren. Wir müssen doch einmal sehen, wer das am Ende bezahlt: Ob es aus Steuermitteln bezahlt wird oder umgelegt wird, es sind die Leistungsträger dieser Gesellschaft. Es sind die Arbeitnehmer, die das am Ende bezahlen. Sie können doch nicht ernsthaft verlangen, dass der Leistungsträger, der jeden Tag von Kiel nach Hamburg fährt und 237 € für eine Monatskarte bezahlt, das bezahlt, und derjenige, der leider keine Arbeit hat, in Zukunft alles frei hat oder nur 15 € bezahlt. Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein. Wer soll denn das bezahlen?

(Beifall bei der CDU und FDP)

Wenn Politik ernst genommen werden will, dann müssen die Reden, die in diesem Hohen Haus gehalten werden, auch ernsthaft sein. Wenn das Ihre tiefe Überzeugung war, von der Sie in Ihrer Rede gesprochen haben, dann wundert es mich nicht, dass Sie in Zukunft hier nicht mehr sitzen werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, das bekommen die Menschen mit. Was sollen die 850.000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer Schleswig-Holsteins, die damit bestraft würden, von solch einer Rede halten? Sie gehen zur Arbeit und leisten Sozialversicherungsbeiträge. Sie müssen im Schwimmbad und bei den Büchereien bezahlen, und der an

(Antje Jansen)

dere hat alles umsonst. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, meine Damen und Herren!

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf der Abge- ordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

- Jetzt sagen Sie, alle sollen es umsonst haben. Das wird ja immer abenteuerlicher. Wir sind doch hier nicht bei „Wünsch dir was”, und jeder legt noch eine Schippe drauf und sagt: Jetzt machen wir noch ein bisschen mehr! - Überlegen Sie doch einmal, welches Bild Sie hier für uns abgeben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, Sie haben durch Ihren Beitrag bewiesen, dass sich Frau Kraft in Nordrhein-Westfalen nur deshalb halten kann, weil Sie diese Forderung in Nordrhein-Westfalen reingepresst haben. Sonst wäre Frau Kraft heute nicht mehr Ministerpräsidentin.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf des Abge- ordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Dr. Stegner, ich unterhalte mich mit Frau Jansen. Wenn das Ihr Niveau ist, dann ist das auch in Ordnung. Dann reden wir drei zusammen.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP - Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Das kriegen wir alles hin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt einmal ernsthaft; denn wir reden auch über Geld und Zahlen. Das ist nicht unser Geld, sondern das Geld der Steuerzahler, das wir zu verwalten haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Nach den Berechnungen der Verkehrsbetriebe Nordrhein-Westfalen wird diese Maßnahme bis zu 750 Millionen € im Jahr kosten.

(Zuruf von der FDP: Das ist ja ein Schnäpp- chen!)

Wenn ich das für Schleswig-Holstein ausrechne, dann reden wir von jährlichen Kosten in Höhe von 100 Millionen €. Die Berechnung des Verkehrsministeriums war richtig, weil eine Worst-Case-Betrachtung angestellt worden ist. Es wurde der schlimmste Fall unterstellt, dass sich jeder eine Monatskarte holt, damit er fahren kann, wie er will, auch von Glückstadt nach Glücksburg. Das ist die Alternative, über die wir reden. Wir reden über ungefähr 100 Millionen €.

Mein Vorschlag und der Vorschlag der Koalitionsfraktionen ist folgender: Wenn wir Wohlstand für

alle wollen, dann müssen wir die Infrastruktur verbessern. Die 100 Millionen €, die Sie ausgeben wollen, stecken wir lieber in die Infrastruktur. Damit schaffen wir Mobilität von Mitarbeitern sowie von kleinen und mittleren Unternehmen, die Steuern zahlen und damit diesen Staat stützen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Es ist schon schade, dass wir uns ernsthaft mit einer derartigen Thematik auseinandersetzen. Lassen Sie uns deshalb über diesen Antrag der Grünen - - Entschuldigung. Das habe ich wirklich nicht so gemeint. Ich nehme das sofort zurück.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns über diesen Antrag gar nicht erst im Ausschuss reden, sondern hier in der Sache über ihn abstimmen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sozialtickets gibt es auf kommunaler Ebene in vielen Orten mit den unterschiedlichsten Regelungen. Die Gemeinsamkeit der bestehenden Sozialtickets ist eine Ermäßigung auf den jeweiligen regionalen Fahrpreis, die sich nach sozialen Kriterien berechnet.

Lediglich das Land Brandenburg macht mit seinem „Mobilitätsticket Brandenburg” eine Ausnahme. Das „Mobilitätsticket Brandenburg” mit seinen unterschiedlichen Geltungsbereichen in Kreisen und kreisfreien Städten kostet pro Monat zwischen 27,50 € und 64,20 €. Dies ist also kein ausgesprochen günstiges Monatsticket, wie von den Linken gefordert.

Im Rahmen des Armut- und Reichtumberichts haben wir über die Arbeitslosigkeit als wesentliche Ursache für ein erhöhtes Armutsrisiko gesprochen sowie über gleiche Bildungschancen für alle, die einen wichtigen Lösungsansatz gegen Armut bilden. Zur Bildungspolitik und zur Teilhabe an den Bildungsangeboten im Land Schleswig-Holstein gehört auch die kostenfreie Schülerbeförderung, die wir wiederherstellen wollen und müssen, weil sie von der jetzigen Landesregierung abgeschafft worden ist. Das ist unsere Antwort, um im Bereich

(Hans-Jörn Arp)

des ÖPNV Vergünstigungen für Menschen zu erreichen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Dieser Ansatz mag der Fraktion DIE LINKE nicht weit genug gehen. Wir sollten aber realistisch bleiben und keine finanzpolitischen Wolkenkuckucksheime versprechen.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Sehr gut, Herr Kollege!)

Die kostenfreie Schülerbeförderung als eine Form der Bildungsgerechtigkeit werden wir nach dem 6. Mai 2012 wieder einführen. Gleichwohl ist es richtig und gut, wenn sich Schleswig-Holsteins Kommunen entschließen, im Bereich der Sozialtransfers auch Sozialtickets für regionale und kommunale Verkehrsverbünde und -gesellschaften einzuführen. Wir halten bei aller Sympathie für soziale Infrastrukturen, die die Menschen unterstützen und ihnen helfen, diese Form des von der Fraktion DIE LINKE geforderten Sozialtickets für falsch. Die von den Linken geforderten Sozialtickets sind zurzeit nicht realisierbar.

Noch eine Anmerkung zum Schluss: Wir im Landesparlament sollten nicht als Bühne für morgendliche Happenings der Linksfraktion dienen.