Protokoll der Sitzung vom 27.01.2012

Aber dann kommt plötzlich eine Situation: Sie haben eine Idee, und Sie werfen diese auf den Markt. Sie bringen diese in die Zeitungen, und plötzlich kommt in diesem Haus eine ganz große Gruppe und sagt: Mensch, da hat er doch etwas Gutes gemacht. Aber als Minister weiß er das vielleicht nicht so. Wir gießen das jetzt einmal in ein parlamentari

sches Verfahren. Dank der Haushaltsexperten auf der linken Seite des Podiums kam dann plötzlich ein Antrag über einen Nachtragshaushalt. Ich bin auch kein Finanzpolitiker. Ich weiß nicht, wie substanziiert dieser Antrag ist, aber ich glaube, er ist ganz gut. Jetzt ist das, was Sie sich Richtiges ausgedacht haben, plötzlich mehrheitsfähig in diesem Haus. Denn - Kopfrechnen können wir, glaube ich, alle - wenn Sie den Abgeordneten Klug davon überzeugen können, dass er diesem Antrag zustimmt, dann haben Sie gut die Hälfte von dem, was Sie in Ihrem Papier gefordert haben, schon einmal durchgesetzt. Das ist ein schöner Erfolg für eine Einzelperson. Ich würde mich darüber freuen.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das muss man sehen: Der Minister hat für seine Vorstellung durchaus eine Mehrheit in diesem Haus.

Ich stelle mir aber auch andere Fragen, wenn ich diese Debatte als Vater und Großvater verfolge. Ich glaube, diese Fragen stellen Hunderttausende Menschen da draußen sich, wenn auf dieser Seite des Hauses immer so geklatscht wird, wenn auf die Versäumnisse sozialdemokratischer oder rot-grüner Bildungspolitik eingegangen wird. Sie sind ja immer so begeistert davon. Das schönste Beispiel war vorhin: Wir bilden immer noch Lehrer aus für Schularten, die es nicht mehr gibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da waren Sie ganz begeistert, das abzustellen.

Ich frage mich: Wissen Sie eigentlich, dass Sie seit gut zweieinhalb Jahren a) die Mehrheit in diesem Hause haben und das jederzeit hätten abstellen können und b) der Minister, der für die Lehrerausbildung zuständig ist, zwar im Moment nicht im Haus ist, aber immerhin Ihren Reihen angehört, auch wenn er kein Parlamentsmitglied ist? Da frage ich mich doch: Wenn das so schlimm ist und wenn Sie da immer so jubeln müssen, wenn ein sozialdemokratisches Versäumnis aufgeworfen wird, warum stellen Sie es denn nicht einfach ab? Ist es so kompliziert, dazu ein Gesetz zu schreiben?

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das sind die Fragen.

Dann müssen wir uns doch auch ernsthaft einmal fragen: Herr Klug, warum spielen Sie dieses Spiel denn noch mit? Sie sind doch in dieser Beziehung auf dem richtigen Weg. Dann sagen Sie doch: Jetzt

(Dr. Henning Höppner)

stehen wir dazu. Wenn Sie dann von Ihren eigenen Leuten angepflaumt werden, dann sagen Sie doch: Ich suche mir in diesem Land die Mehrheit. Diese ist doch da. So kompliziert ist das doch gar nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen begrüßt meine Fraktion sehr die namentliche Abstimmung über diesen Antrag, damit wir einmal sehen, ob wir mit dem Minister Klug und mit dem Abgeordneten Klug eine gespaltene Persönlichkeit in diesem Haus sitzen haben oder was wirklich in Ihren Reihen los ist.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Tatsache, dass der Kollege Habeck und der Kollege Stegner so böse sind, wie sie es sind, ist ein Beleg dafür, dass die von Ihrer Fraktion, Herr Kollege Habeck, und vom SSW gestern auch schon so skizzierte Inszenierung der Vorführung des Ministers und der Koalition schlicht und ergreifend in den Saal geplumpst ist.

(Beifall bei FDP und CDU)

Vorgeführt haben Sie momentan nur sich selbst.

Herr Kollege Dr. Stegner, bei allem Ernst: Ihre Sottisen, die Sie über Twitter und sonstwo verstreuen, kann ich ertragen. Aber die Art und Weise, wie Sie Kollegin Conrad heute hier skizziert haben, ist

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Uner- hört!)

unerhört. Wenn Sie das mit den Abgeordneten Ihrer eigenen Fraktion machen, ist das auch schon schlimm genug, aber wenn Sie hier in den Saal hineinrufen: „Man weiß nicht, was besser ist, ob sie im Parlament bleibt oder auf die Kinder losgelassen wird“,

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Uner- hört!)

und damit die berufliche Qualifikation und Seriosität einer Abgeordneten infrage stellen, haben Sie jedes Recht auf einen fairen Wahlkampf verloren.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich habe ja gesagt, ich kann das ab. Aber weil der Kollege Stegner sonst immer tränentriefend durch die Gegend läuft und mit hohen moralischen Ansprüchen an andere, vor allem auch an mich, versucht, hier Punkte zu machen, ist das relativ unverschämt gewesen.

(Beifall bei FDP und CDU)

In der Sache selbst verstehe ich die ganze Aufregung überhaupt nicht. Wenn hier Kollege Jezewski von gespaltenen Persönlichkeiten spricht, dann gehören dazu ja zwei Hälften, linke und rechte. Aber wenn Sie sagen, es kann aufgrund der Schulgesetzgebung in Schleswig-Holstein noch nichts bewirkt worden sein, dann können die Fehler, die Sie momentan anlasten, auch nicht durch diese Koalition bewirkt worden sein. Eines von beiden geht nur.

(Beifall bei der FDP)

Dann skizzieren Sie die Versäumnisse der Vergangenheit einer Bildungspolitik, die von Sozialdemokraten verantwortet worden ist, nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei der FDP)

Nun kommen wir doch einmal zu einem soliden Regierungshandeln, das Ihnen ja offensichtlich fremd ist, Herr Kollege Dr. Stegner. Das Regierungshandeln besteht darin, dass wir zunächst auch angesichts einer von uns gemeinsam vollzogenen Verfassungsänderung - Artikel 59 a unserer Landesverfassung - die Schuldenbremse bis zum Jahr 2020 in zehn gleichen Jahresraten umsetzen müssen. Vielleicht sollten Sie Herrn Albig einmal sagen, dass wir Artikel 59 a haben, sodass er jetzt nicht mehr Geld ausgeben kann, als er künftig sparen will, sondern wir müssen das jeweils in einem Haushaltsjahr abgelten. Das bedeutet, dass wir -

Herr Kollege -

Frau Präsidentin, ich möchte diesen Satz bitte zu Ende führen.

(Zuruf: Was ist das für ein Ton?)

- Das ist der Ton, wenn ich einen Satz zu Ende führen möchte und es unüblich ist, mitten im Satz unterbrochen zu werden. - Das bedeutet, dass wir zunächst wegen dieser Vorgabe massiv auf die Bremse treten mussten, um zu dokumentieren, was Sie ja bestritten haben, dass es möglich ist, bis zum Jahr

(Heinz-Werner Jezewski)

2020 einen Haushalt zu fahren, der ohne Neuverschuldung auskommt. So mussten wir scharf auf die Bremse treten. Wir haben uns darauf verständigt, dass, wenn wir feststellen, dass wir Schritte erreichen können, die wir erreichen wollten, wir uns dann wieder zusammensetzen und schauen, wenn wir mehr Luft haben, für welche Maßnahmen wir dann wieder investieren wollen im Bereich Infrastruktur und Bildung.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sind Sie in der Lage, Herr Kollege Kubicki, eine Zwischenfrage zuzulassen?

Ich lasse gern eine Zwischenfrage zu, Frau Präsidentin.

Herr Habersaat, Sie haben das Wort.

Herr Kubicki, haben Sie auch wahrgenommen, dass es heute ein Gerichtsverfahren um das Gymnasium in Wentorf gibt und dass es heute Streit vor Ort an diversen Gemeinschaftsschulen gibt, wo es um die Frage geht, wie es da weitergehen soll, und dass es an anderen Schulstandorten Unruhe gibt wegen Ihrer Schulgesetzänderung vom letzten Jahr?

(Christopher Vogt [FDP]: Die Leute wollen aber G 9 an Gymnasien!)

Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Gemeindevertretung in Wentorf dem überwiegenden Willen der Bürgerinnen und Bürger, jedenfalls der Schüler und Eltern, nicht nachkommen will.

(Beifall bei der FDP)

Ich halte es für richtig, dass die Menschen ihr Recht im Zweifel auch vor Gericht erstreiten.

(Anita Klahn [FDP]: Bravo! Genau die rich- tige Antwort!)

Normales Regierungshandeln bedeutet schlicht und ergreifend, dass wir uns auf die zu bewältigenden Aufgaben vorbereiten. Wir haben uns nach einem Beschluss des FDP-Parteitags - wir wollen 300 Stellen im System erhalten, woher auch immer die

Zahl kommt und wie auch immer das begründet sein mag - darauf verständigt, zwei Dinge zu prüfen: