Wenn mir hier jemand erzählen will, dass das der Grund für das Brandzeichen ist, ist das schlicht nicht wahr. Das ist nicht der Grund dafür, dass die Pferde ein Brandzeichen kriegen.
es jederzeit identifiziert werden kann. Das ist Fakt. Fakt ist auch, dass dem Fohlen mit dem Schenkelbrand enorme Schmerzen zugefügt werden, die so nicht mehr notwendig sind. Die Aspekte des Tierschutzes stehen für den SSW über den wirtschaftlichen Interessen der Zuchtverbände.
Sowohl der Bundesrat als auch das Bundeslandwirtschaftsministerium sprechen sich gegen den Schenkelbrand aus. Die Gründe liegen auf der Hand. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung im Bundesrat daran festhält, den Schenkelbrand als alternative Kennzeichnungsmethode zu ermöglichen.
Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Frau Dr. Juliane Rumpf, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Matthiessen, zu Ihrer Pauschalkritik an mir und meiner Politik darf ich genau wie Herr Hildebrand an die Diskussionen erinnern, die wir zum Thema Tierschutz in diesem Hohen Hause geführt haben. Bei diesen Diskussionen haben wir viel fraktionsübergreifende Übereinstimmung gehabt. Ich fände das eine Anerkennung wert. Auch in diesen Zeiten könnte man so etwas einmal benennen.
Sehr geehrter Herr Meyer, eines möchte ich von Anfang an klarstellen: Schleswig-Holstein versucht nicht, den Beschluss des Bundesrats zu unterlaufen, sondern beabsichtigt, mit der neuen Bundesratsinitiative eine moderne und praxisnahe Regelung zu schaffen. Nach Europäischem Recht ist die Kennzeichnung für die ab 1. Juli 2009 geborenen Equiden mittels eines elektronischen Transponders vorgeschrieben. Das stellen wir nicht infrage. Gleichzeitig wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, unter bestimmten Bedingungen alternative Kennzeichnungsmethoden zuzulassen, und die Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten tut dies auch. Die Bundesratsinitiative unseres Landes zur
Warum tun wir das? - Weil wir das ausnahmslose Verbot des Schenkelbrandes für falsch und vollkommen überzogen halten.
In Verbindung mit der DNA-Analyse halten wir den Schenkelbrand für das sicherste und nicht manipulierbare Identifizierungssystem, das es gibt. Es ist dem Transponder darin eindeutig überlegen. Das haben wir gehört.
Auch aus Tierschutzsicht gibt es aus meiner Sicht keine Argumente dagegen. Wir haben zahlreiche Untersuchungen und Gutachten. Wir haben uns auch die Expertise von dem wohl renommiertesten Wissenschaftler auf diesem Gebiet, dem Schweizer Veterinärmediziner Herrn Professor Schatzmann, geben lassen. Herr Matthiessen, er kommt zu dem Schluss, dass beide Systeme Schmerzen und Erschrecken auslösen können. Eine Vorzüglichkeit weder des Schenkelbrandes noch des Transponders lässt sich danach objektiv nicht feststellen. Die Eingriffe, wenn sie fehlerfrei geschehen, sind tolerierbar und für den Identifizierungszweck auch erforderlich.
Das dermatologische Gutachten, das wir ebenfalls haben anfertigen lassen, sieht dagegen deutliche Vorteile des Schenkelbrandes. In den Vergleichsproben hat der Gutachter festgestellt, dass die Epidermis unter gebrannten Lederhautpartien in keinem Fall verändert war, dagegen fand er bei allen mit Transpondern gekennzeichneten Pferden Veränderungen infolge des Einstichs und des gesetzten Fremdkörpers, und zwar Fibrosierungen, die von teils dichten entzündlichen Infiltraten durchsetzt waren, wie es im Gutachten heißt. Die Gefahr einer Infektion ist bei einem Durchstoß der Epidermis natürlich erhöht. Ich empfehle die Lektüre dieser Expertisen, die wir auf der Homepage des Ministeriums veröffentlicht haben.
Aus den genannten Gründen halte ich es aus Tierschutzsicht für absolut vertretbar, den Zuchtverbänden weiterhin zu ermöglichen, ihre Tiere mittels DNA-Analyse und Schenkelbrand zu identifizieren. Dies wäre auch bei der Neuregelung die Ausnahme. Denn die meisten Fohlen werden künftig nur noch mit dem Transponder ohne Brand ausgestattet.
Ehe Ihre Rede zu Ende ist, möchte ich auf die Frage in meiner Rede zurückkommen: Haben Sie Ihren Tierschutzbeirat mit dieser Frage befasst?
- Das habe ich nicht, denn ich traue mir hier aufgrund der vorliegenden Expertisen und Gutachten allein ein Urteil aus Tierschutzsicht zu.
Meine Damen und Herren, in der leider oft zu sehr emotional und nicht fachlich geführten Debatte wird der Schenkelbrand immer wieder als Relikt aus alter Zeit dargestellt, das von den Verbänden allein aus wirtschaftlichen Gründen verteidigt werde. Selbstverständlich ist zum Beispiel der Holsteiner Brand ein besonderes Markenzeichen, das die weltweite Spitzenstellung dieser Rasse nach außen dokumentiert. Aber ist das denn verwerflich? Dahinter verbirgt sich ein Zuchtprogramm, das unsere schleswig-holsteinischen Züchterinnen und Züchter über Generationen hinweg entwickelt haben. Der Brand ist insofern Kennzeichen innerer Werte. Dies gilt selbstverständlich für alle anderen Rassen genauso, ob das nun Trakehner, Hannoveraner oder Mecklenburger sind.
Es ist an der Zeit, dass emotional abgerüstet und eine fachliche Debatte geführt wird. Alle Gründe sprechen für unseren Weg, den wir mit unserem Änderungsantrag beschritten haben. Ich halte es für unverantwortlich, eine jahrhundertealte Tradition, die als äußeres Selektionsmerkmal mit dazu beigetragen hat, dass die deutsche Pferdezucht heute Weltspitze ist, ohne nachvollziehbare Begründung und ohne Not zu opfern.
Ich hoffe auf Unterstützung des Schleswig-Holsteinischen Landtags und der anderen Bundesländer. Parallel sollten wir uns dafür einsetzen, auch in der anstehenden Novelle des Bundestierschutzgesetzes eine Öffnung für die nach EU-Recht vorgesehene Ausnahmeregelung vorzusehen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Worten der Kollegin Sellier sehr aufmerksam zugehört. Wenn man das Gutachten liest, es kennt und sich ein bisschen mit Tierzucht, mit der Pferdezucht, auskennt, dann weiß man, dass es sich keiner in der Branche leicht macht. Man hat dort in der Tat die schwere Wahl zwischen dem Chippen und dem Brandzeichen. Ich verstehe auch, dass Abgeordnete einer Fraktion, die sich nicht alle in der Tiefe mit dem Thema beschäftigt haben, zögern, überlegen und jeweils nach ihrem Gewissen eine Entscheidung treffen wollen.
Das Gutachten selber wägt lange ab, auch der Gutachter braucht länger, um zu einem Ergebnis zu kommen. Das zeigt die Schwere dieser Materie. Wir haben uns entschieden, weil das Gutachten am Ende doch zu einer für uns relativ eindeutigen Auswahl kommt.
Aber in dieser Debatte hat mich wirklich extremst geärgert, dass sich ein Tierarzt - jemand, der von der Passion und von Berufs wegen eigentlich eine Expertise mitbringt - hier vorne hinstellt, Herr Matthiessen, und ernsthaft den Schenkelbrand mit dem Stierkampf vergleicht. Das ist armselig und peinlich für den Berufsstand.
- Doch, das hat er. Das ist im Protokoll nachzulesen, dass er gesagt hat „antiquiert“, und dann hat er den Vergleich zum Stierkampf gezogen.
Aber eines werden wir tun, wir werden Ihre Aussagen, die Sie hier gemacht haben, allen, die sich im Pferdebereich mit viel Leidenschaft ihren Tieren und dem Tierwohl mit viel Herzblut widmen, weitergeben. Sie können diese dann selber bewerten. Es war wirklich „oberpeinlich“, Herr Kollege.
Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Ich schlage Ihnen vor, abweichend von der Geschäftsordnung den vorliegenden Änderungsantrag in der Drucksache 17/2319 zu einem selbstständigen Antrag zu erklären. - Widerspruch sehe ich nicht, dann werden wir so verfahren.
Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/2254, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, SSW und
sieben Abgeordnete der SPD-Fraktion. Wer stimmt gegen diesen Antrag? - Das sind die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP sowie
13 Abgeordnete der SPD-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? - Enthalten haben sich drei Abgeordnete der SPD-Fraktion. - Damit stelle ich fest, dass der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/2254, abgelehnt worden ist.
Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/2319, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP sowie neun Abgeordnete der SPD-Fraktion. Wer stimmt gegen diesen Antrag? Das sind die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW sowie acht Abgeordnete der SPD-Fraktion. Wer enthält sich? Das sind vier Abgeordnete der SPD-Fraktion. Dann stelle ich fest, dass der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/2319, angenommen worden ist.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich darauf hinweisen, dass sich die Parlamentarischen Geschäftsführer darauf verständigt haben, die Tagesordnungspunkte 35, 38, 42, 48 und 61 heute von der Tagesordnung abzusetzen und in der März-Tagung aufzurufen. Der Tagesordnungspunkt 44 wird ohne Aussprache behandelt.