Protokoll der Sitzung vom 25.04.2012

Ich möchte noch einmal etwas zu der Thematik sagen, weil bei der FDP die Wogen hochschlugen, als noch einmal inhaltlich über das ganze Gesetz diskutiert wurde. Erstens. Das wurde schon gesagt: Der Alleingang Schleswig-Holsteins ist einfach ein Affront gegen die anderen Bundesländer - ohne Wenn und Aber. Ich finde, es ist unbotmäßig für unser kleines Bundesland.

Das Zweite, bei dem Sie wirklich hochgegangen sind, war, als Sie gesagt haben, dass die Glücksspielsucht nicht gefördert wird. - Natürlich wird sie gefördert! Sie waren doch in den Ausschüssen. Sie haben doch die Anhörung mitbekommen. Sie haben doch den Bremer Professor gehört, der gesagt hat: Logischerweise wird es, wenn die Wahrnehmbarkeit des Angebots durch zusätzliche Werbung erhöht wird, auch mehr Anwenderinnen und Anwender und User geben, die das Glücksspielangebot wahrnehmen. Das bedeutet letztlich auch einen Anstieg der Glücksspielsucht.

Das Dritte, das ich überhaupt nicht verstehe, ist, warum das Land überhaupt so etwas macht. Glücksspiel ist kein Risiko für die Anbieter, sondern eine Lizenz zum Gelddrucken. Ich finde es schon sehr erstaunlich, dass Sie von CDU und FDP sich für diese Lizenz zum Gelddrucken hergeben. Da reichen Fahrten nach Malta und nach Sylt, und schon stehen Sie Gewehr bei Fuß.

Herr Kubicki, ich möchte noch einmal auf die Rechtsdebatte eingehen, die Sie hier aufgebracht haben. Es ist in der Tat so, dass Glücksspiel bisher so, wie es von vielen Menschen betrieben wird, illegal ist, weil es nicht dem Glücksspielstaatsvertrag und nicht dem jetzt geltenden Recht in SchleswigHolstein und Deutschland entspricht.

Herr Kollege Schippels, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

In dieser Legislaturperiode nicht mehr, nein.

(Monika Heinold)

(Zuruf des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP])

Herr Kubicki, ich habe mich gefragt, wie Sie darauf kommen. Wie kommen Sie darauf, diese Argumentation anzuführen und zu sagen, dass es dieses illegale Glücksspiel gibt und dass wir es aus der Illegalität holen müssen, weil es das sowieso gibt? Da habe ich mich immer gefragt, woher Sie das haben. Inzwischen weiß ich das. Inzwischen weiß ich das, weil wir jetzt eine Debatte mit den Piraten über das Urheberrecht haben. Da habe ich die Geschäftsführerin - Weisband heißt sie - gehört. Sie sagt: Hunderttausende Menschen laden sich die Musiktitel runter. Sind das alles Verbrecher? - Nein! Deswegen müssen wir das Urheberrecht entsprechend ändern.

Da haben Sie offensichtlich Ihre Argumentation her. Das ist genauso falsch wie das, was die Piraten formulieren.

Es ist wie bei dem Steuerabkommen mit der Schweiz. Verbrecher, Schwarzgeldsünder werden hofiert und aus der Illegalität geholt. Das Mittel dazu ist Kapitulation. Es gibt sogar noch eine Belohnung für die illegalen Taten.

Das, Herr Kubicki, ist Ihre Vorstellung von Recht und die der Piraten -, Ihre Vorstellung von einem Rechtsstaat. Unsere ist es nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion des SSW erteile ich dem Herrn Abgeordenten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 15 von 16 Bundesländern haben sich gemeinsam auf den Weg gemacht, um den sensiblen Glücksspielbereich über einen neuen Staatsvertrag zu regeln. Anstatt sich anzuschließen, hat die Landesregierung unser Land immer weiter isoliert.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Wie bei CCS!)

Noch dazu sind mit dem Glücksspielgesetz von CDU und FDP die Weichen für ein nahezu uneingeschränktes Glücksspielangebot gestellt. Die Auswirkungen auf das Spielverhalten und die Zahl der krankhaften Spieler hier in Schleswig-Holstein sind dabei völlig ungewiss. Eines muss ich deshalb deutlich feststellen: Unsere Regierung schaut stur auf

vermeintliche Mehreinnahmen und nimmt dabei für die einzelnen Personen enorme Risiken in Kauf.

Als Begründung dafür, dass die Hand der anderen Länder mehrmals ausgeschlagen wurde, haben CDU und FDP immer wieder die fehlende Notifizierung des Staatsvertrags durch die EU-Kommission genannt. Diese liegt mittlerweile vor. Die Tatsache, dass sie an Bedingungen geknüpft ist, kann dabei doch niemanden ernsthaft verwundern. Damit ist aus Sicht des SSW die wesentliche Begründung von CDU und FDP für den schleswigholsteinischen Alleingang hinfällig.

Im gemeinsamen Dringlichkeitsantrag aus der vergangenen Tagung haben wir hierauf hingewiesen und den Beitritt zum Glücksspielstaatsvertrag gefordert. Dieser ist nach unserer Meinung die notwendige und einzig richtige Konsequenz. Die regierungstragenden Fraktionen haben auch diese letzte Chance auf eine bundeseinheitliche Lösung - und damit auf die Möglichkeit, für einen besseren Schutz der Spieler zu sorgen - verstreichen lassen. Dieses störrische und uneinsichtige Verhalten ist aus unserer Sicht unverantwortlich.

Natürlich bietet die Mitteilung der Europäischen Kommission vom 20. März 2012 einen gewissen Interpretationsspielraum. Um ehrlich zu sein, hätten wir uns ein noch klareres Signal aus Brüssel gewünscht. Aber bei so umfassenden Änderungen, wie sie der neue Glücksspielstaatsvertrag vorsieht, ist es absolut logisch, dass damit umfangreiche und mitunter auch kritische Anmerkungen einhergehen. Man muss sich einfach bewusst machen, dass wir es hier mit einem stetigen Prozess zu tun haben, der über die Notifizierung hinausreicht. Wir können zu diesem Zeitpunkt gar keine endgültige Rechtssicherheit haben. Woran aber auch CDU und FDP nicht vorbeikommen, ist die Tatsache, dass die Mitteilung aus Brüssel eindeutig grünes Licht für den Ratifizierungsprozess gibt. Die Kommission erkennt die Bekämpfung der Glücksspielsucht, des Schwarzmarktes und der Kriminalität als überragende Gründe des Allgemeinwohls an. Beschränkungen von Glücksspielangeboten sind damit gerechtfertigt. Dabei ist doch völlig klar, dass die Mittel, die eingesetzt werden, um diese Ziele zu erreichen, kontinuierlich überprüft und evaluiert werden müssen.

Wir haben wiederholt gesagt, dass die SPD mit dem eingebrachten Gesetzentwurf den einzig richtigen Weg vorgibt. Kein Zweifel: Das schleswig-holsteinische Glücksspielgesetz muss so schnell wie möglich rückgängig gemacht werden. Es dient einseitig den Interessen der Glücksspielindustrie und nicht

(Ulrich Schippels)

den Menschen im Land. Es ist auch deshalb falsch und gefährlich, weil es mit der von der Kommission geforderten Kohärenz in den Mitgliedstaaten bricht. Die Glücksspielanbieter geben sogar offen zu, dass sie von Schleswig-Holstein aus deutschlandweit aktiv werden wollen. Diese Möglichkeit darf das Land der Glücksspielbranche nicht einräumen. Das wäre in höchstem Maße unsolidarisch gegenüber den anderen Bundesländern und würde das ohnehin schlechte Verhältnis zu manchem Bundesland noch einmal verschlechtern.

Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Für den SSW bleibt das oberste Ziel bei der Neuregelung des Glücksspiels der umfassende Schutz der Spieler. Nach unserer Auffassung ist die Politik in der Pflicht, Glücksspielangebote so zu beschränken, dass die Entstehung von Sucht möglichst effektiv verhindert wird. Genau hier - in der Prävention liegt unsere politisch wichtigste Aufgabe, nicht darin, vermeintliche Mehreinnahmen auf Kosten Spielsüchtiger zu generieren.

Das Glücksspielgesetz von CDU und FDP vernachlässigt aber nicht nur die Suchtprävention, sondern es ist auch finanzpolitisch höchst zweifelhaft und nicht zuletzt unsolidarisch gegenüber den anderen Bundesländern. Für uns ist deshalb völlig klar: Der Beitritt Schleswig-Holsteins zum Regelwerk der 15 anderen Länder ist allemal besser als das Glücksspielgesetz von CDU und FDP.

(Beifall beim SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: In welchem Parlament wird das bis- her beraten?)

- Kollege Kubicki, die Kollegin Heinold hat ja recht: Wir haben ein Problem. In dem Moment, in dem das Glücksspielgesetz in dieser Wahlperiode, also in dieser Landtagstagung, nicht mehr aufgehoben wird und Sie Lizenzen vergeben, obwohl Sie wissen, dass hier im Parlament demnächst eine andere Mehrheit bestehen wird,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

- lieber Kollege von Boetticher - haben andere Mehrheiten und damit auch die Bürger dieses Landes Schleswig-Holstein nicht mehr die Chance, durch ihre Wahl Einfluss darauf zu nehmen, ob die Glücksspielindustrie hier angesiedelt wird.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich finde, jeder guten demokratischen Partei steht es gut zu Gesicht, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, mit ihrer Wahlentscheidung auch darauf

Einfluss zu nehmen. Sie sollten hier eben nicht Nägel mit Köpfen machen und Voraussetzungen schaffen, die dann dazu führen, dass wir möglicherweise Regresszahlungen verantworten müssen, wenn wir uns an das halten, was die Bürger eigentlich wollen. Also halten Sie sich zumindest mit der Vergabe von Lizenzen zurück, und geben Sie den Bürgern eine Chance, über das Glücksspielgesetz zu entscheiden.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich gemeldet, weil die Kollegin Heinold den Regressanspruch angesprochen hat. Das ist ein Punkt, auf den wir auch hingewiesen haben. Nur, Frau Kollegin Heinold, nicht das Handeln der SPD oder die, die fordern, das Gesetz aufzuheben, verursachen diese Regressansprüche. Das Problem ist genau so, wie der Kollege Harms das eben auch dargestellt hat. Die Vorstellung, dass in 15 deutschen Ländern Onlinepoker verboten ist und es in einem Land zugelassen wird, ist eine sehr eigenartige Vorstellung, wenn man Leuten, die Lizenzen haben, sagt: Ihr dürft auch nur das tun, was woanders in Deutschland erlaubt ist.

Deswegen ist das, was der Kollege Harms gesagt hat, genau der richtige Punkt. Wo bleibt eigentlich der Respekt vor den Wählern, wenn man in eineinhalb Wochen wählt, aber gleichzeitig sagt, wir wollen noch Fakten schaffen, wissend, dass man die Mehrheit verliert. Das ist kein Respekt vor den Wählern. Da fragt man sich: Wem sind Sie eigentlich verpflichtet, meine sehr verehrten Damen und Herren?

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wem sind Sie eigentlich verpflichtet, wenn Sie mit der Vergabe der Lizenzen nicht darauf warten können, was die Wählerinnen und Wähler entscheiden? Die schütteln nämlich den Kopf. Mich können Sie hier beleidigen. Das tun Sie auch ständig. Aber das, was Sie kritisieren, ist nicht meine Position, sondern die von 15 anderen Ländern, von CSU/ FDP in Bayern, von CDU/FDP in Niedersachsen, von CDU/FDP in Hessen, von CDU/FDP in Sach

(Lars Harms)

sen-Anhalt, von SPD/CDU in Berlin, von SPD/ CDU in Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Die kritisieren Sie alle, Ihre eigenen Parteifreunde. Sie halten die und deren Juristen alle für dämlich und sagen: Einer ist klug, und 15 sind doof. Geisterfahrer, die so etwas machen, landen meistens an Orten, an denen es sehr still und ruhig ist. Das wollen wir nicht. Deswegen sollten Sie das überdenken und nicht uns beschimpfen. Sie beschimpfen eigentlich Ihre eigenen Parteifreunde.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Dr. Stegner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Nein, ich möchte den Entzug vom parlamentarischen Leben helfend begleiten und leite das damit ein, dass ich seine Zwischenfrage nicht zulasse.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie werden im Juni weinen, wenn ich Ihnen gegenübersit- ze!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt noch einen zweiten Punkt. Ich habe jetzt verstanden, was Sie mit Wachstum meinen. Man spricht mit den Menschen und mit Wirtschaftsvertretern in diesem Land und fragt: Wie findet ihr das eigentlich, dass diese Regierung unter Wachstum Wachstum durch Onlinepoker versteht? Das ist die Vorstellung von Wertschöpfung in Schleswig-Holstein, die Sie haben. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Wir sind lieber für ehrliche und gute Arbeit in Schleswig-Holstein. Das ist unsere Vorstellung von Wachstum und nicht dies hier.

(Beifall bei SPD und SSW)

Sie bringen das wirklich fertig - egal, was da kommt.

Herr Kollege Arp, eines muss ich Ihnen schon sagen: Es ist sehr lustig, wenn Sie mir Englisch beibringen wollen. Ich weiß gar nicht, wie man auf so eine Idee kommen kann. Wir können gern versuchen, einen englischen Text zu lesen, und sehen dann, wo wir landen. Nur weil man einmal nach Malta geflogen ist, Herr Kollege Arp, versteht man noch keine englischen Texte. Das ist wohl nicht die Voraussetzung dafür.