Warum unterstützt Schwarz-Gelb Steuerhinterzieher? Das Bundeskabinett hat vorgestern ein Steuerabkommen mit der Schweiz beschlossen, ein Geschenk für deutsche Schwarzgeldanleger. Das Schwarzgeld deutscher Kunden bei Schweizer Banken wird einmalig besteuert, und zwar zum Freundschaftssatz von 21 bis 41 %. Dafür bleiben die Steuerbetrüger anonym und haben ihr Schwarzgeld legalisiert. Dadurch gehen dem deutschen Gemeinwesen Milliarden verloren. Wer ein großes Vermögen hat, wird vom Staat unterstützt, wenn er versucht, sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung zu entziehen.
Das muss man sich einmal vor dem Hintergrund der gestern zum Thema Mindestlohn von CDU und FDP gehaltenen Reden auf der Zunge zergehen lassen. Ungerechter geht es kaum.
Sie behaupten, die SPD könne nicht mit Geld umgehen. Warum verschenken Sie denn Milliarden aus zweifelhaften Gründen? Warum unterstützt Schwarz-Gelb korrupte Unternehmen?
Es bestünde die Möglichkeit, mit Hamburg ein gemeinsames Korruptionsregister einzurichten. In dem Register sollen Firmen erfasst werden, die aufgrund von Vergehen wie Korruption, Schwarzarbeit oder auch Insolvenzverschleppung verurteilt worden sind. Ziel ist es, diese Unternehmen bis zu drei Jahre lang von öffentlichen Aufträgen auszuschließen.
Bis 2006 gab es ein solches Register in Hamburg, das vom damaligen CDU-Senat aber abgeschafft wurde. Der SPD-Senat arbeitet derzeit an einem neuen Entwurf. Schleswig-Holstein hat sich entsprechenden Überlegungen bisher nicht angeschlossen.
Dabei machen Korruption, Schwarzarbeit und andere illegale Praktiken im Wirtschaftsverkehr nicht an Ländergrenzen halt. Ein gemeinsames Register mit Hamburg wäre ein sinnvoller Schritt hin zu dem Ziel eines bundesweit geführten Korruptionsregisters.
Auch in diesem Zusammenhang geht es darum, jene zu bestrafen, die sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entziehen, und die zu belohnen, die sich anständig verhalten. Warum wirft sich der Mittelstandsbeauftragte nicht für die anständigen Unternehmen in die Bresche? Warum wollen Sie staatliche Aufträge an korrupte Unternehmen vergeben können?
Zusammenarbeit mit Hamburg ist nötig. Diese Aussage stimmt, egal, wer gerade die Regierung stellt. Es kann doch nicht sein, dass unser Ministerpräsident sich vorstellen kann, der letzte von SchleswigHolstein zu sein, solange die CDU in Hamburg die Mehrheit hat. Kaum hat die SPD in Hamburg eine Mehrheit, ist von guter Nachbarschaft keine Rede mehr.
Wir brauchen gute Nachbarschaft. Wir brauchen eine verlässliche, regelmäßige und institutionalisierte Zusammenarbeit. Natürlich können Hamburg und Schleswig-Holstein der Kern einer guten norddeut
schen Zusammenarbeit sein. Was war das denn vorhin für eine Argumentation, Herr Kollege Matthießen? Wir können die regelmäßige parlamentarische Kontrolle gemeinsamer Einrichtungen verbessern. Darüber hinaus können wir auf Parlamentsebene einen Rahmen schaffen, in dem die Potenziale der weiteren Zusammenarbeit ausgelotet werden können. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes hat im Übrigen nicht ergeben, dass das unmöglich ist.
Gegen Wirtschaftskriminalität, für gute Nachbarschaft. Dafür steht die SPD. Das ist unser Fazit. Ich hoffe, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FPD, bei Ihnen fällt es nicht genau umgekehrt aus.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin jetzt etwas sprachlos. Zunächst dachte ich, Herr Habersaat hätte die falsche Rede mit ans Rednerpult genommen. Ich fragte mich, zu welchem Thema er eigentlich gesprochen hat.
Was Ihre Aussage zum Korruptionsregister angeht, möchte ich aufs Schärfste zurückweisen, was - so wie ich es verstanden haben - Sie an Unterstellungen für schleswig-holsteinische Unternehmungen ausgesprochen haben.
Ich will an dieser Stelle auch nicht weiter über die Vor- und Nachteile der norddeutschen Kooperation sprechen; denn über die Vor- und Nachteile ist fast zwei Jahre lang diskutiert worden.
Ich bin auch nicht so freundlich wie der Kollege Matthießen, der sich in seiner Rede nicht auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes bezogen hat. Ich hingegen möchte das gern tun.
Der Antrag der Opposition zur Bildung gemeinsamer länderübergreifender Ausschüsse zur Kontrolle länderübergreifender vollziehender Gewalt und zur Bildung gemeinsamer Untersuchungsausschüsse wurde schließlich von SPD und Grünen im Innen- und Rechtsausschuss zurückgezogen, nachdem der Wissenschaftliche Dienst den Antrag
in Bausch und Bogen zerrissen hatte. Der Wissenschaftliche Dienst hat festgestellt, dass durch die Einrichtung gemeinsamer Gremien mit anderen Bundesländern sowohl das Demokratieprinzip, die verfassungsmäßig garantierte Stellung der Abgeordneten, das Bundesstaatsprinzip sowie das Prinzip der Gewaltenteilung berührt und teilweise verletzt wird.
Man kann sagen: Das verwundert nicht, weil auf der linken Seite des Hauses die fehlende Kenntnis des Staatsrechts nichts Neues ist. Dieses Mal haben wir es schwarz auf weiß.
Dass nach dem Antrag von SPD und Grünen das Land, aber nicht der Landtag gemeinsame Ausschüsse zum Zweck der Kontrolle länderübergreifender Akte vollziehender Gewalt einsetzen können soll, kommentierte der Wissenschaftliche Dienst mit:
“Soweit hiermit die Vermischung der parlamentarischen Exekutivkontrolle mit regierungsinterner Aufsicht einhergehen würde, könnten die verfassungsgemäßen Aufgabenfelder der beiden Staatsgewalten miteinander verfassungswidrig verquickt sein.”
Hinsichtlich des Antrags auf gemeinsame Untersuchungsausschüsse lautet der Hinweis des Wissenschaftlichen Dienstes, dass auch dieser auf verfassungsimmanente Grenzen stößt.
Man muss wirklich dankbar sein, dass die harschen Worte des Wissenschaftlichen Dienstes für ein bisschen Einsicht gesorgt haben.
Auch der Antrag der Opposition zu einer Klageverpflichtung der Landesregierung, der in seiner konkreten oder besser unkonkreten Formulierung mehr Fragen als Antworten aufwirft hinsichtlich des Weisungsrechts des Landtags bei der Mitwirkung im Bundesrat in Angelegenheiten der Europäischen Union, begegnet erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken, die der Wissenschaftliche Dienst dezidiert aufgeführt hat. Der Bundesverfassungsgesetzgeber hat sich nämlich für das Ratsprinzip, also die Bestimmung der Mitglieder des Organs Bundesrat durch die Regierungen entschie
den und gegen das Senatsprinzip, wonach die Mitglieder vom Volk gewählt werden. Ich zitiere aus dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes:
Nach Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes bestehen Bedenken dagegen, diese bundesverfassungsrechtliche Grundentscheidung über Regelungen in den Landesverfassungen aufzuweichen.
Das ist wohl wahr. Auch dabei hätte ich mir Einsicht in die eigene Unfähigkeit gewünscht sowie ein Zurückziehen des Antrags von der Opposition.
Unabhängig von den für die Antragsteller blamablen Aussagen des Wissenschaftlichen Dienstes zu den Inhalten der Anträge, die deutlich machen, dass es der Opposition an elementaren Kenntnissen der Staatsprinzipien der Bundesrepublik fehlt, kann es einen schon in Rage bringen, dass Sie diese Entwürfe ohne Anhörungen schnell durch den Innenund Rechtsausschuss winken wollten und dann kurz vor der Wahl durchs Parlament. Wir reden immerhin von Verfassungsänderungen, die Sie - mir nichts, dir nichts -durchprügeln wollen. Auch das ist ein Beweis dafür, dass Sie das Demokratieprinzip dieses Landes überhaupt nicht verstanden haben oder immer nur dann verstehen wollen, wenn es Ihnen gerade in den Kram passt.
Was von der von der Opposition initiierte Enquetekommission “Norddeutsche Zusammenarbeit” bleibt, sind zwei Anträge von FDP und CDU, die die norddeutsche Zusammenarbeit wirklich voranbringen können. Sie sind praktisch, einfach und gut. Dies ist erstens ein Prüfautomatismus bei Gesetzesvorhaben, der mit sich bringt, dass Regierung und Parlament jeweils prüfen müssen, ob eine Kooperation mit anderen Ländern möglich ist, ähnlich der Prüfung von Konnexität. Dies ist zweitens die Einrichtung einer „Parlamentarierkonferenz Nord”, die sich mit konkreten norddeutschen Problemen und deren Lösungen befassen soll. Als erstes Thema dieser Parlamentarierkonferenz haben wir die Energiewende vorgeschlagen, die auch SPD und Grünen am Herzen liegt.
Deswegen können Sie nichts gegen diese Vorschläge haben. Stimmen Sie mit uns diesen Vorschlägen zu; denn diese sind im Gegensatz zu Ihren Vorschlägen bestimmt auch verfassungsgemäß.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Brand-Hückstädt, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Auch die Landesregierung hat Gesetzentwürfe zurückgezogen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Gerrit Koch [FDP]: Aber nicht, weil sie ver- fassungswidrig waren!)
Lieber Herr Matthießen, ich glaube, Sie sind im falschen Film. Wir reden heute nicht über den Nordstaat. Sondern wir reden über die norddeutsche Kooperation, und diese ist enorm wichtig.
Diese Debatte lässt sich aufgliedern in zwei große Themenkomplexe, die letztlich auf den gleichen Punkt zurückgehen. Wie organisieren wir Politik in einem vernetzten kooperierenden Lebensraum? Wie überwinden wir, dass jedes Land und jeder Nationalstaat seine eigene Suppe kocht?