Protocol of the Session on March 23, 2017

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Wortmeldungen liegen mir von dem Kollegen Dr. Kai Dolgner für einen Dreiminutenbeitrag sowie von dem Kollegen Dr. Patrick Breyer für die Nutzung der Restredezeit seiner Fraktion vor.

Weil er sich zuerst gemeldet hatte, hat zunächst der Abgeordnete Dr. Dolgner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gab hier eben einen interessanten Schlagabtausch über das Urteil des Verfassungsgerichts zum kommunalen Finanzausgleich. Unsere Zwi

schenrufe bezogen sich nicht darauf, wie groß der Kuchen im Vergleich zum Landeskuchen ist und sein soll, oder darauf, wie da die Aufgaben bestimmt werden. Das ist auch gar nicht das Zentrum der Kritik der CDU gewesen. Das war das Zentrum der Kritik des Torge Schmidt und auch des Kollegen Dr. Garg, dessen Rede ich mir gerade eben noch einmal angeguckt habe.

Daniel Günther aber hat sich damals hierher gestellt und hat behauptet:

„Ihr Ziel war es, den Landkreisen das Geld wegzunehmen. Deswegen haben Sie zum Beispiel auch Lasten, die die Kreise haben, wie etwa die Schülerbeförderung, einfach außen vor gelassen. Sie machen Politik zulasten des ländlichen Raums. Das werden wir nicht durchgehen lassen.“

(Beifall CDU - Volker Dornquast [CDU]: Ist richtig!)

Das haben Sie noch einmal wiederholt. Daran, dass Sie jetzt klatschen, sieht man, dass Sie das Urteil gar nicht gelesen haben, liebe Kollegen von der CDU.

(Beifall SPD - Beate Raudies [SPD]: Genau! - Weiterer Zuruf Tobias Koch [CDU])

Ich lese es Ihnen jetzt einmal vor. Zum Soziallastenausgleich heißt es da:

„Durchgreifende Bedenken bestehen weder gegen die Einführung eines solchen Parameters für Soziallasten an sich noch gegen dessen Gewichtung. Insbesondere werden hierdurch die Kreise nicht im Verhältnis zu den kreisfreien Städten benachteiligt.“

(Beifall SPD - Zurufe SPD: Aha!)

Zu den Schülerbeförderungskosten hat das Gericht entschieden:

„Dass im Rahmen einer derartigen Abwägung die Kosten der Schülerbeförderung letztlich nicht berücksichtigt wurden, ist nicht zu beanstanden, da - worauf die Landesregierung zutreffend hinweist - diese auf anderem Wege, nämlich über § 114 Schulgesetz, abgewickelt werden.“

Dieser Punkt wurde also auch zurückgewiesen.

(Beifall SPD)

Die angebliche Benachteiligung des Kreises Stormarn durch den Wegfall der zusätzlichen Kreisumlage: zurückgewiesen. Die angebliche Manipulation

(Lars Harms)

der Hebesätze zugunsten der kreisfreien Städte: zurückgewiesen.

Das Einzige, was Sie bei den Hebesätzen erreicht haben, ist, dass sie teilweise um 30 % erhöht werden müssen. Da haben Sie aber Ihre eigene Klage nicht verstanden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Auch die in dem Gesetz vorgesehene besondere Berücksichtigung zentralörtlicher Funktionen - von der insbesondere die großen kreisfreien Städte sowie die Mittelstädte profitieren - ist entgegen dem Vorbringen der Antragstellerinnen zulässig.“

Dieser Punkt ist also auch zurückgewiesen.

(Volker Dornquast [CDU]: Nein! Zulässig!)

- Nein, die Klage ist damit zurückgewiesen. Herr Dornquast, meine Güte, wie tief kann man mit Zwischenrufen eigentlich sinken? Das ist doch unglaublich!

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dann wurde hier behauptet, man hätte die Theater doppelt angerechnet und damit die Theaterstandorte, also die kreisfreien Städte, gestärkt. Sie können das alles nachlesen:

„Der Einwand doppelter Berücksichtigung verschiedener Bedarfe, insbesondere der Aufwände für die Theater, greift nicht durch. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass die berücksichtigten Bedarfe für die Theater im Hinblick auf die absoluten Beträge nicht mehrfach Eingang in die Berechnungen gefunden haben.“

Sie haben uns vorgeworfen, wir würden zugunsten einer Gruppe manipulieren.

Richtig ist: Das Verfassungsgericht hat gesagt, dass die Regierung nicht hinreichend dargelegt hat, wie die Bedarfe - auch im Verhältnis zueinander - gedeckt werden. Es geht um die Sorgfalt. Um die Größe des Kuchens kann man sich immer streiten. Das Gericht hat aber den Vorwurf zurückgewiesen, dass wir in der Verteilung zugunsten einer Gruppe manipuliert hätten und den ländlichen Raum bewusst ausbluten lassen würden, wie Daniel Günther es heute noch einmal gesagt hat. Das ist ganz eindeutig, Herr Kollege Koch.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN - Unruhe)

Da geht es um diese ganzen Mechanismen. Auch die Einrichtung der Entlastung der Grundsicherung hat das Gericht zurückgewiesen.

Herr Kollege!

Den Rest erzähle ich Ihnen morgen. Stellen Sie doch eine Zwischenfrage, Herr Koch, dann erkläre ich Ihnen das gern noch einmal im Detail.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dieses Instrument funktioniert nicht mehr.

Jetzt hat zur Nutzung der Restredezeit der Piratenfraktion der Abgeordnete Dr. Patrick Breyer das Wort. Die Redezeit wird auf 9 Minuten festgelegt.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte doch noch einmal auf die Große Anfrage zurückkommen. Ich erinnere daran, dass wir eingangs in unserem Redebeitrag Ihr Handeln an den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag gemessen und gezeigt haben, bei welchen Punkten beides auseinanderfällt. Nun hat die Kollegin Eka von Kalben, die jetzt leider nicht da ist, dankenswerterweise den Versuch unternommen, das zu rechtfertigen und die Gründe zu nennen, warum man nicht das macht, was man vereinbart und versprochen hat.

Der erste von ihr genannte Grund war, man habe Kompromisse eingehen müssen. Nun ist natürlich jedem klar, dass man sich nach einer Wahl zusammensetzen, sich einigen und Kompromisse eingehen muss, was die eigenen Wahlprogramme und Wahlversprechungen angeht. Tatsächlich neu war mir aber, dass man sich, wenn man sich als Koalition auf einen Koalitionsvertrag verständigt hat, bei der Umsetzung noch einmal darüber streitet und wieder Kompromisse eingeht. Im Endeffekt kommt so in einigen Punkten sogar das Gegenteil der ursprünglichen Versprechungen heraus.

Ich finde, dass sich die heutige Debatte gelohnt hat, weil wir gelernt haben, dass alles, was in Ihren Koalitionsverträgen steht, unter Kompromissvorbehalt

(Dr. Kai Dolgner)

steht und manchmal auch das Gegenteil dabei herauskommen kann.

Ich frage mich nur, ob das auf Bundesebene eigentlich auch so gehandhabt wird. Herr Dr. Stegner, ich erinnere mich, dass gerade Ihre Partei auf Bundesebene immer wieder alle möglichen Sachen mit Vehemenz verteidigt hat. Alle Formulierungen, die die CDU Ihnen bei den Koalitionsverhandlungen abgerungen hat, trägt die SPD wider bessere Erkenntnis mit, weil es in irgendeinem Satz im Koalitionsvertrag steht - sei es in Bezug auf die schwachsinnige Pkw-Maut, sei es in Bezug auf das Erziehungsgeld, die Herdprämie.

Da frage ich mich schon, wie es sein kann, dass im Bund so penibel auf die Einhaltung des Koalitionsvertrages geachtet wird und dass er hier im Land so wenig wert ist. Ich kann mir das nur so erklären, dass die Koalitionspartner in Schleswig-Holstein nicht willens und nicht in der Lage sind, tatsächlich einzufordern, was sie ausgehandelt haben. Das finde ich wegen der Glaubwürdigkeit der Politik sehr schade.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki zu?

Ja, ich lasse die Zwischenfrage gern zu.

Herr Kollege Dr. Breyer, ich möchte diese Regierungskoalition nicht verteidigen, aber ich frage Sie trotzdem. Leuchtet es Ihnen ein, dass man in einem Koalitionsvertrag auf Bundesebene beispielsweise vereinbart: Wir wollen die Beziehungen zur Türkei intensivieren. - Nach Herrn Erdogan lässt sich das nicht mehr realisieren, und es wäre sogar sinnlos, es noch zu versuchen. Eine Veränderung der tatsächlichen Gemengelage kann also dazu beitragen, dass ursprüngliche Vereinbarungen obsolet geworden sind oder anders getroffen werden müssen. Ist das einleuchtend?

- Herr Kubicki, dann zeigen Sie mir mal den Herrn Erdogan, der die Koalition daran gehindert hätte, zum Beispiel die Grenzwerte für den Eigengebrauch weicher Drogen abzusenken, wie es versprochen worden ist, oder viele andere Punkte umzusetzen, die im Koalitionsvertrag ganz konkret festgehalten waren, zum Beispiel die Nebenein

künfte von Abgeordneten betragsgenau zu veröffentlichen.