„Der Schleswig-Holsteinische Landtag fordert die Landesregierung weiterhin auf, eine Null-Toleranz-Politik an den Schulen durchzusetzen. Auch auf vermeintlich geringe Vorfälle muss eine eindeutige Reaktion erfolgen.“
Frau Klahn, ich bin hier ganz bei Ihnen. Es kann nicht sein, dass Turnbeutelvergesser ungeschehen davonkommen.
(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Anita Klahn [FDP]: Herr Krumbeck, Sie wissen genau, wie das gemeint ist! - Unruhe)
Wir alle kennen das Sprichwort: Früher hat er seinen Turnbeutel vergessen, heute raubt er Banken aus. - An dieser Stelle werden wir uns dem Änderungsantrag der Koalition anschließen. Darin ist alles zu Ihrem Antrag gesagt.
Lassen Sie uns lieber über das Bildungs- und Teilhabepaket sprechen. Herr Stegner, Sie haben gestern gesagt, in Schleswig-Holstein könne jeder Abitur machen, unabhängig vom sozialen Status der Familie. Ich werde Sie einmal in Ihrer roten Welt besuchen. Es scheint dort ja ganz schön zu sein. Die Realität sieht leider immer noch anders aus. Schülerinnen und Schüler aus sozial schwachen Familien haben es ohnehin schon schwer. Es kommt nicht von ungefähr, dass man vom Einkommen der Familie auf den voraussichtlichen Bildungsabschluss schließen kann. Immer noch drohen Kindern aus finanziell schwachen Haushalten Ausgrenzung aus der Klassengemeinschaft oder Ausschluss von schulinternen Aktivitäten - von Defiziten bei den Lernleistungen kaum zu sprechen. Selbst ein Monatsticket für den Bus oder die Teilnahme am gemeinschaftlichen Schulessen kann zum Streitfall werden. Auch in Schleswig-Holstein gibt es nach wie vor diese Bildungsbenachteiligung.
Erste Stimmen dazu haben wir im Bildungsausschuss gehört, weitere werden Ende März folgen. Sie zeigen, dass wir noch einiges tun müssen, um Bildungsgerechtigkeit in Schleswig-Holstein herzustellen. Das zeigt auch das Gutachten des IPN, das mit auf unsere Initiative hin entstanden ist.
Im Durchschnitt kommen Eltern auf Kosten von 1.000 € pro Schuljahr und Kind. Das Minimum, das eine Familie ausgeben muss, liegt unter Berücksichtigung aller Materialien des persönlichen Schulbedarfs bei 420 €. Die 100 € aus dem Bildungs- und Teilhabepaket wirken da nur wie ein Witz. Die tatsächlichen Kosten können damit kaum gedeckt werden.
Wohlgemerkt: Wir reden hier unter anderem von Familien, die Hartz IV beziehen, bei dem das Kindergeld nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf das Einkommen angerechnet wird. Deshalb fordern wir in unserem Antrag unter anderem die Anhebung der Mittel für den persönlichen Schulbedarf auf diese 420 €.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, zum Welttag der Poesie hat ihr Parteivorstand Folgendes verkündet: Rosen sind rot, Veilchen sind blau, Gedichte sind schwierig - wir machen Gerechtigkeit.
Jetzt ist Ihre Stunde gekommen: Die Erhöhung des Bildungs- und Teilhabepakets wäre gerecht, sie wäre sogar sozial gerecht und ein wichtiger Schritt in Richtung vollständige Lernmittelfreiheit.
In Ihrem Bericht, Frau Ministerin, sprechen Sie von einer Verbesserung der Schüler-Endgeräte-Relation. Statt 8,7 Schüler müssen sich nur noch 8,1 Schüler ein Endgerät teilen.
Ich verstehe ja, dass wir nicht von heute auf morgen alle unsere Schülerinnen und Schüler mit einem Tablet ausstatten können, wie die FDP es zum Beispiel gefordert hat. Wir müssen es auch nicht.
(Beifall Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Johannes Callsen [CDU]: Tabletts gibt’s in der Kantine! - Hei- terkeit)
Rund 90 % aller Kinder und Jugendlichen haben bereits ein Smartphone. - „Smartphone“ klingt noch viel besser als „Tablet“. In einigen schulischen Bereichen ist das Konzept „Bring Your Own Device“ längst Alltag. Die meisten Apps werden heute
schon für Android und Apple programmiert. Klassen können so schon heute ohne große Kosten digitale Lernmittel einsetzen.
In Ihrem Bericht, Frau Ministerin Ernst, haben Sie bereits erkannt, dass „Bring Your Own Device“ weiter gefördert und verbreitet werden soll. Ich finde diese Erkenntnis gut und unterstütze das außerordentlich.
Ich konnte mich am Dienstag auf unserer Veranstaltung zu diesem Thema selbst davon überzeugen: Hennig Fietze vom Offenen Kanal Kiel hat uns in seinem Vortrag die Möglichkeiten vorgeführt.
Jetzt kommt das Aber: Wie Sie im Abschlussbericht feststellen, gibt es nur in knapp zwei Drittel der Schulen ein fest installiertes WLAN. Das ist eindeutig zu wenig.
Hier herrscht auf allen Seiten noch dringender Handlungsbedarf. Der Handlungsbedarf in Ihrem Ministerium, Frau Ernst, ist allerdings noch größer, denn die Schulen tanzen Ihnen auf der Nase herum. Es nützt nichts, wenn Sie hier Schönwetterreden halten, wie toll der Beschluss sei, der die Schulen auffordert, Handys stärker im Unterricht einzusetzen. Das können Sie nicht machen, wenn die Realität anders aussieht.
Wir haben darüber schon im Bildungsausschuss diskutiert. Die „Kieler Nachrichten“ haben hierzu im Januar eine kleine Umfrage an den Schulen gemacht. In der Regel müssen die Schüler immer noch ihr Smartphone bei Betreten der Schulen ausschalten - trotz Plenarbeschluss. Hier ist eine bessere Kommunikation mit den Schulen vonnöten. Gleichzeitig müssen entsprechende Medienkonzepte ausgearbeitet werden. Sonst bringt es auf Dauer nichts mit „Bring Your Own Device“.
Hier müssen Sie noch aktiver werden, Frau Ernst. Sie müssen Schulen konkret in die Pflicht nehmen und ihnen Handlungsanweisungen an die Hand geben. Nur in Mitteilungsblättern darauf hinzuweisen, bringt die Digitalisierung nicht voran. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Krumbeck: Über das Gewaltpotenzial eines Turnbeutels können wir uns gern unterhalten. Es hängt davon ab, ob er ein Fluggeschoss ist, und davon, was da drin ist. Unterhalten Sie sich gern einmal mit Lehrkräften. Sie haben versucht, es etwas ins Lächerliche zu ziehen. Machen Sie sich doch einmal ernsthaft Gedanken, was Sie da wirklich formuliert haben.
Die Bildungspolitik der Regierungskoalition zeichnet sich durch Niveauverlust und Nivellierung der Ansprüche aus. Das belegt der vorliegende Bildungsbericht. Der Bericht stellt die Entwicklungen im Bildungsbereich durchaus übersichtlich dar, das ist gelungen.
Ohne Zahlenzauber kommt aber auch dieser Bericht nicht aus. Mit allen Mitteln versucht die Landesregierung zu verschleiern, wie sich die Bildungsausgaben entwickelt haben und wie viele Lehrerstellen durch diese Landesregierung tatsächlich abgebaut worden sind. Bei der Zahl der Lehrkräfte wird vonseiten der Landesregierung auf einmal mit sogenannten Vollzeitlehrereinheiten über Schuljahre hinweg gerechnet.
Natürlich wird nicht dargestellt, wie die Landesregierung diese Zahlen berechnet. Es fließt erst einmal alles ein: Stunden von Referendaren, von Vertretungslehrkräften - einfach alles. Dabei gibt es keine Stunde mehr Unterricht, wenn eine Vertretungslehrkraft Unterricht erteilt. Das ist ungefähr genauso sinnvoll wie die Einbeziehung der Pensionslasten für Lehrkräfte in die Bildungsausgaben, wie es die Landesregierung macht.
- Na klar! Pensionen verbessern die Bildungsqualität? - Wunderbar! In Schönfärberei ist die Landesregierung wirklich ein Meister.
Dabei hilft ein einfacher Blick in den Haushalt: Für das Jahr 2017 weist der Stellenplan 21.848 Planstellen für Lehrer aus. Im Haushalt 2012 waren es noch 23.117 Stellen. Seit 2014 baut diese Landesregierung jeden Tag eine Lehrerstelle ab. Das ist Fakt. Fakt ist auch, dass diese Landesregierung allein in diesem Jahr mit 150 Stellen fast ein Zehntel aller Referendariatsstellen abbaut.
Ich möchte noch zwei weitere aktuelle Zahlen nennen, die die Bilanz dieser Landesregierung kennzeichnen. Das Statistische Bundesamt weist aus, dass Schleswig-Holstein bei den Ausgaben für Schüler auf den letzten Platz aller Bundesländer zurückgefallen ist. Das ist besonders bitter, wenn man bedenkt, dass das gesamte Haushaltsvolumen seit Beginn der Legislaturperiode um über 2 Milliarden € angewachsen ist. Was ist davon nun tatsächlich im Bildungsbereich angekommen? Wenig.