Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Ich eröffne die Sitzung. Frau Abgeordnete Sandra Redmann und Herr Abgeordneter Wolfgang Baasch sind weiterhin erkrankt. - Wir wünschen den beiden Abgeordneten gute Besserung!
Beurlaubt sind für die SPD-Fraktion Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner, für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Dr. Andreas Tietze und für die FDP-Fraktion Herr Abgeordneter Christopher Vogt. Sie befinden sich auf einer wichtigen Auslandsreise des Parlaments. Wegen entsprechender auswärtiger Verpflichtungen sind für die Landesregierung Herr Ministerpräsident Albig und heute auch Frau Ministerin Dr. Wende beurlaubt.
Bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne die Besuchergruppe des Regionalen Bildungszentrums Eckener-Schule in Flensburg und die Familie Friedrich. Das sind Gäste unserer Frau Abgeordneten Simone Lange aus Flensburg, die sie heute hierher begleitet haben. - Seien Sie alle herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/1308
b) Bericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung beim Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags über die Situation der behinderten Menschen in Schleswig-Holstein sowie über seine Tätigkeit 2011 bis 2012
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Weil es in diesem Tagesordnungspunkt um einen Bericht geht, richtet sich die Reihenfolge der Redner nach der Größe der Fraktionen. Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Heike Franzen das Wort.
Bevor wir jedoch in die Debatte einsteigen, möchte ich unseren Beauftragten begrüßen. Herr Dr. Uli Hase sitzt oben auf der Tribüne. Bei diesem wichtigen Tagesordnungspunkt ist so Ihr wichtiges Auge bei uns Abgeordneten. - Herzlich willkommen und vielen Dank, dass Sie da sind!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute gemeinsam den Bericht des Landesbeauftragten. Ich möchte ihm sehr herzlich für seinen Bericht danken.
Außerdem beraten wir den Antrag der Koalitionsfraktionen zum Aktionsplan für Menschen mit Behinderung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bericht des Beauftragten ist auch dieses Mal sehr umfangreich und aufschlussreich, doch der Antrag der Koalitionsfraktionen ist leider armselig. Das kann man wirklich nicht anders sagen.
Die Landesregierung soll einen solchen Aktionsplan erstellen. Es gibt keine konkrete Zielsetzung und keine Antwort auf die Frage, was der Plan bewirken und bis wann er erarbeitet sein soll. Ich hoffe, dass dies noch in dieser Legislaturperiode geschehen wird. Der Auftrag an die Koalitionsfraktionen lautet: Frau Ministerin, erstellen Sie irgendwann einmal einen Aktionsplan; was drin steht, ist nicht so wichtig. Ich glaube, so ein Antrag im Parlament hätte viel mehr Substanz haben können. Ich finde, das wird der Politik für Menschen mit Behinderung leider überhaupt nicht gerecht.
Dabei gibt der Bericht des Landesbeauftragten wirklich genügend Anhaltspunkte, die aufgegriffen werden müssen. Nach wie vor ist die Barrierefreiheit eine der wesentlichen Herausforderungen, der wir uns stellen müssen. Gehen Sie mit uns den ef
fektiven und praktikablen Weg. Wir haben dies bereits im Rahmen der letzten Haushaltsberatungen beantragt, und wir werden es auch in diesem Jahr wieder beantragen: Legen Sie mit uns gemeinsam einen Fonds für Barrierefreiheit auf, um die Kommunen bei der Umsetzung zu unterstützen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben aufgrund eines von der damaligen Sozialministerin Frau Trauernicht erarbeiteten Plans ein behindertenpolitisches Gesamtkonzept entwickelt. Lassen Sie uns dieses Konzept zu einem Aktionsplan weiterentwickeln und unter anderem die Bereiche Behinderung am Arbeitsmarkt oder auch Behinderung im Alter angehen, anstatt die Erarbeitung eines Aktionsplans auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben.
Der Anhang des Berichts enthält eine Studie über die Einstellung von personalverantwortlichen norddeutschen Arbeitgebern zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung. Diese macht doch deutlich, dass wir an dieser Stelle, was die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt angeht, noch sehr viel Aufklärungsarbeit zu leisten haben. Das ist ein Bericht, der gute Chancen und Handlungsmöglichkeiten bietet und aufzeigt, wo wir konkret ansetzen können. Darüber hinaus besteht weiterer Handlungsbedarf bei der Frühförderung. Hier macht der Landesbeauftragte einen sehr konkreten Vorschlag über einen moderierten Prozess. Diesen sollten wir aufgreifen und miteinander diskutieren.
Auch das Thema Inklusion in der Schule liegt im Moment offen auf dem Tisch. Die Forderung nach einer Qualitätsüberprüfung ist absolut berechtigt, denn wir wollen ehrlich sein: Wir wissen nicht, ob und wie erfolgreich wir mit dem, was wir im Augenblick in Bezug auf Inklusion in Schulen machen, tatsächlich sind.
Ich sage: Dort, wo Menschen, wo Kinder aufgrund ihrer Behinderung zu Außenseitern werden, ist unsere Inklusionspolitik gescheitert. Das können wir uns nicht leisten.
Daher unterstützt die CDU-Fraktion den Vorschlag des Landesbeauftragten und die Entwicklung von Förderzentren in Richtung Kompetenzzentren.
Weitere Themen, die wir im Rahmen eines solchen Aktionsplans aufgreifen müssen, umfassen die Frage der Situation der Taub-Blinden und deren Bedarfe und die Frage der Anerkennung von Schwerbe
hinderung von Menschen mit Migrationshintergrund. Ein weiteres Thema ist der barrierefreie Tourismus. Ein Thema ist bereits im Landtag angekommen, das ist das Thema der Einführung von leichter Sprache.
Gerade die Einzelbeispiele aus der Arbeit des Landesbeauftragten zeigen, dass wir weiterhin Barrieren in den Köpfen der Menschen abbauen müssen, und zwar insbesondere bei der Verwaltung. Leistungen für Menschen mit Behinderung sind keine Sozialhilfeleistungen, sondern notwendige Leistungen, um Nachteilsausgleiche sicherzustellen. Das ist immer noch eine Botschaft, die wir weitertragen müssen.
Abschließend möchte ich mich sehr herzlich bei Uli Hase, unserem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, und seinem gesamten Team bedanken. Wir danken Ihnen für Ihren Einsatz für Menschen mit Behinderung, den Sie unermüdlich in unserem Land leisten. Das ist eine wertvolle Arbeit, die Sie alle gemeinsam leisten. Nehmen Sie bitte den Dank der CDU-Fraktion entgegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Landesbeauftragten und den Antrag der Koalitionsfraktionen wollen wir gern im Sozialausschuss beraten; in der Hoffnung, dass wir in diesen Antrag ein bisschen Substanz hineinbekommen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Hase! Eigentlich würde mein Kollege Wolfgang Baasch diese Rede jetzt gern halten. Ich weiß, dass er das liebend gern gemacht hätte, nicht nur aus politischer Verantwortlichkeit für dieses Thema, sondern auch aus tiefster Überzeugung und wegen seines jahrzehntelangen Engagements für Menschen mit Behinderung. Deshalb wünsche ich Wolfgang auch von dieser Stelle alles Gute und gute Besserung!
nen und Mitarbeitern ganz herzlich bedanken, für Ihren informativen und vor allem aufschlussreichen Bericht, aber auch für die wunderbare Arbeit, die Sie tagtäglich für unser Land mit den Menschen und für die Menschen mit Behinderung leisten. Herzlichen Dank dafür!
Dieser Bericht hält uns als Parlament und der Gesellschaft einen Spiegel vor: Wie gehen wir als Politik und als Gesellschaft mit denen um, die vielleicht mehr als alle anderen Schutz, Begleitung, Anerkennung, aber auch Gleichberechtigung und Teilhabe im besten Sinne der Selbstverständlichkeit brauchen? Ich meine Selbstverständlichkeit in der Kita, in Schule, im Arbeitsleben, in der Politik, in der Freizeit, beim Wohnen, beim Bauen, in den Verwaltungen, in und mit den Medien, im Umgang miteinander, beim Einkaufen und so weiter, eben ein selbstverständliches Miteinander.
Unsere Gesellschaft besteht nun einmal aus den unterschiedlichsten Menschen. Hier geht es doch nicht nur um Menschen mit den anerkannten eingeschränkten Fähigkeiten, zum Beispiel Sehen, Hören, Sprechen, Laufen, Fühlen und so weiter, nein, hier geht es auch um Menschen, die laut Zeugnis vielleicht alles können, beste Noten haben, aber im mitmenschlichen Bereich überhaupt nicht zurechtkommen. Um es mit anderen Worten zu sagen: Wer bedarf also mehr der Inklusion: Menschen, die nach unserem allgemeinen Verständnis und Begriffen gesund sind, wie zum Beispiel der Mathematikprofessor, der zwar gute Berechnungen anstellen kann, der aber im mitmenschlichen Umgang überhaupt nicht zurechtkommt, oder aber der Gehörlose, der zwar nicht hören kann, der aber hervorragende Sozialkompetenzen mitbringt?
Es ist diese Vielfalt, die unsere Gesellschaft bunter, aber eben auch robuster macht. Jeder hat seine Stärken und Schwächen. Und nur wenn wir gewillt und vor allem fähig sind, diese Stärken und Schwächen anzugehen, sie zu fördern und zu nutzen, geben wir allen die Möglichkeit, einen Beitrag zum Großen und Ganzen zu leisten. Das muss unser Weg sein, und das genau ist der Weg der Inklusion. Durch Ausgrenzung von im System klar definierten Einschränkungen schaffen wir es nicht. Stattdessen gehen uns viele Ressourcen und positive Erlebnisse verloren.